Bloodymir & Kyrill I., plus Donald & MTC wg. Paul Pelosi an Halloween 2022 auf der Pennsylvania Ave

0
53
Bild oben: Nancy und Paul Pelosi  - Flickr / CC BY 2.0

Ein Aufzug zum heidnischen Totenfest, der an der Zeit wäre, meint

Christian Niemeyer

George Grosz (1893-1959), der geniale Berliner Maler (und Pazifist), der den schon auf ihn wartenden NS-Häschern in letzter Minute via USA entkam, beschrieb auf dem Höhepunkt der Schrecknisse des Ersten Weltkrieges sein Gemälde Widmung an Oskar Panizza (1917/18) mit den Worten:

„In einer seltsamen Straße wälzt sich zur Nacht eine höllische Prozession entmenschter Figuren, in den Augen spiegeln sich Alkohol, Syphilis, Pest.“[1]

Wäre ich Maler, würde meine zeitgemäße Variante den in der Überschrift genannten Titel tragen und also, auf dem Höhepunkt der Schrecknisse von Putins Krieg in der Ukraine, Folgendes zeigen:

„In der Pennsylvania Ave. zwischen Weißem Haus und Kapitol wälzt sich zur Nacht eine höllische Prozession entmenschter Figuren, angeführt von Trump & Putin, mit Putins KGB-Kumpel Kyrill I., Patriarch von Moskau, im Schlepptau. In einer seitlich versetzt platzierten Blondine in Stöckelschuhen meinen kritische Beobachter Marjorie Taylor Greene (= MTG) erkennen zu können. Alle geblendet nach der ‚Methode Nietzsche‘[2].“

Etwas ausführlicher geredet, ausgehend vom Zeichen „Pennsylvania Ave.“, bekannt geworden durch den Trump-Witz: „I love Pennsylvania Avenue!“: Jene vom Weißen Haus in Richtung Kapitol weisende legendäre, insgesamt elf Kilometer lange Straße in Washington D.C., die Donald Trump seine Anhänger an jenem fatalen Januartag 2021, vor dem Kapitol redend, zu gehen wies, kennt der Kinobesucher von einer überlangen Schnittsequenz auf ein Straßenschild, mit dem Kapitol im Hintergrund, aus dem Thrillers Arlington Road (1999). Der Hintergrund: Diese Straße ist in etwa von diesem Abschnitt an seit dem Oklahoma City Bombing vom 19. April 1995 (verschärft seit nine/eleven) für den Autoverkehr gesperrt – ein dezenter Hinweis also darauf, dass dieser geniale Thriller (mit Jeff Bridges und Tim Robbins in den Hauptrollen) zwar seinem Skript nach von einem ganz anderen, fiktiven Anschlag auf ein FBI-Gebäude handelt, aber durchaus als Anspielung auf jenen 1995er Anschlag mit 168 Toten und mehr als 800 Verletzten verstanden werden kann, also auf den schlimmsten Anschlags in den USA vor nine/eleven. Was aber hat dies mit Trump zu tun?

 

Vordergründig nichts, wäre da nicht der wenige Monate vor nine/eleven hingerichtete Attentäter Timothy McVeigh, ein Golfkriegsveteran mit posttraumatischer Belastungsstörung. Er wurde offenbar, wie auch Anders Breivik (Jg. 1979)[3], inspiriert vom (verbotenen) S/F-Roman The Turner Diaries des US-Naziführers William Pierce (1933-2009), von dem ausgehend, wie Gideon Botsch (2012: 109) sowie Tanjew Schultz (2018: 260 f.) gezeigt haben, eine Spur weist bis hin zu den NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.[4]

Eine Nebenspur, gewiss, deswegen vorerst zurück auf die Mainstreet: McVeighs via Pierce belehrter toxischer Rassismus (und Antisemitismus) muss im Kontext der geistigen Lage der USA der 1960er Jahre als Symptom verbucht werden, etwa auch mit Seitenblick auf die Attentate auf die Kennedys, aber auch auf Martin Luther King, des Weiteren auf den Rassismus des Präsidentschaftskandidaten George Wallace. Summarisch zu gedenken ist in diesem Zusammenhang auch der rechte, sowohl antiintellektualistische als auch antisemitische US-Protest gegen die Kritische Theorie à la Adorno & Co., in pejorativer Wertung, die Thomas Grumke in einer brillanten Studie von 2004 nachahmt: gegen eine „kleine Gruppe aus Deutschland geflohener jüdischer Philosophen“ (Grumke 2004: 177) – ein Widerstand, der seit den 1990er Jahren unter der von Trump rehabilitierten Losung „America first“ geführt wird. So betrachtet scheint etwas transparenter als zuvor, wie die Sache speziell in Deutschland weitergehen könnte. Wobei es unbedingt hilfreich ist, den seit nine/eleven zügig in Mode gekommenen Machiavellismus in der Politik zumal des Bush/Blair-Lagers zu beachten, also die in Il Principe (1532) aus der Feder Niccoló Machiavellis niedergelegte Lehre, dass – zitiert wird hier aus dem (neu-rechten) Staatspolitischen Handbuch des IfS – „die Selbsterhaltung des eigenen Gemeinwesens zentrale Norm politischen Handelns sein muß und in bestimmten Situationen auch ein (nach herkömmlicher Auffassung) amoralisches Handeln erfordert.“ (SH 2: 89) Dieses Zitat stammt vom neu-rechten Historiker Hans-Christof Kraus, schon vor seinem Ruf nach Passau (2007) einer der rührigsten Mitarbeiter an Caspar von Schrenck-Notzings Lexikon des Konservatismus (1996), in welchem sich aus der Feder von Johannes Rogalla von Bieberstein folgende Bestimmung findet zu Verschwörerthesen:

„Sie sind nicht gekennzeichnet durch unparteiisches Erkenntnisstreben, vielmehr sind sie interessengebundene Instrumente des politischen Kampfes, dienen der Mobilisierung der eigenen Parteigänger und der Stigmatisierung der Gegner. Soweit sie nicht in machiavellistischer Weise hergestellt und gehandhabt werden, sind sie ein ins Aggressive gerichteter Ausdruck der Angst, die in Krisen aus einer realen vielfach zu einer wahnhaft-neurotischen wird.“ (Rogalla von Bieberstein 1996: 574)

Dies ist wunderbar treffend auf den Punkt gebracht und sei hier zumal unter dem Gesichtspunkt gewürdigt, dass ausgerechnet ein Rechtspopulist, wiederum unter Berufung auf Machiavelli, das Betriebsgeheimnis aller heutigen Verschwörertheorien sowie aller damaligen und noch kommenden Fake-News-Propagandisten ausplaudert, sein eigenes eingeschlossen, und dieses lautet auf: Trumpismus ohne Trump ist möglich – quod erat demonstrandum. Aber mehr als dies, gab doch das eben beigezogene Lexikon des Konservativismus von 1996 zusammen mit Schrenck-Notzings (Buch-) Nachlass den Nucleus ab für die Berliner Bibliothek des Konservatismus, die wiederum als Szenetreff der Neuen Rechten mit Hans-Christof Kraus als gerne gesehenem Gast gilt. Kein Wunder, gilt Kraus doch als Intimus Schrenck-Notzings, dieses 2009 verstorbenen, 2012 von Karlheinz Weißmann (SH 3: 207 ff.)[5] zum neu-rechten Vordenker ausgerufenen konservativen Publizisten.[6] So betrachtet, aber auch im Blick auf die Politik der AfD, hat es mit Kraus’ auf Rogalla von Bieberstein rekurrierendes Mitbringsel von 2010, also mit der Idee, dass Machiavellis Der Fürst (so der deutsche Titel) als Schlüsselwerk der Neuen Rechten in Betracht kommt[7], durchaus etwas auf sich, wird doch so etwas Licht geworfen auf den Machiavellismus der neu-rechten Szene resp. der AfD insgesamt. Erklärbar wird so auch die Hochschätzung, die „amoralisches Handeln“ als Mittel der Politik in diesen Kreisen erfährt, „besonders seit nine/eleven“, soll heißen: Fake News sind keine Erfindung dieser Partei oder Donald Trumps, sondern eher schon eine solche von dessen Partei und seines Vor-Vor-Gängers, der auf seine Weise deutlich machte, dass nun ground zero erreicht sei, von dem ab alles anders werde und nichts mehr so sei wie früher. Was man übrigens aktuell auch vom 24. Februar 2022 sagt. Wird dereinst also two/twenty-four also genauso in aller Munde sein als ground zero, wie nine/eleven in den ersten fünfundzwanzig Jahren dieses Jahrhunderts? Nur weil ein Bekloppter in Moskau den Nachweis führen wollte, Trumpismus ohne Trump sei möglich, heiße aber korrekterweise „Putinismus“? Oder sollten wir besser, auch auf die Gefahr, uns den Zorn des „weißen Zaren“ einzuhandeln, „Putinismus“ durch „Neo-Stalinismus“ ersetzen? Sowie, demnächst in diesem Theater: Wo wird alles wohl enden angesichts der Nicht-enden-wollenden Freude der „Putinizer“ aus der AfD? Etwa nicht doch noch im Dritten Weltkrieg, den wir längst schon hätten, wenn alle (Frauen) so nahe am Wasser gebaut wären wie Marietta Slomka und alle (Männer) solche Chauvis wären wie der Möchtegern-Kanzler Friedrich Merz (CDU).

So diese kleine Zwischenrede und Erläuterung zu meiner Gemäldeskizze, um den Einschub „Pennsylvania Ave.“, statt, bei Grosz, „seltsame Straße“ zu erläutern. Aufgabe des Folgenden wird es sein, auch die anderen Aspekte dieser Skizze zu erläutern. Dabei bedarf allererst wohl weniger das Pärchen „Trump & Putin“ der Begründung denn das Duo

Trump & Kyrill I., zu Halloween auch auftretend als „Bloodymire & sein untoter Würdenträger“

Es ist vielleicht noch nicht jedem aufgefallen, vor allem nicht dem Spiegel-Autoren-Trio Alexander Chernyshev, Christian Neef & Bernhard Zand, die Kyrill I. aus Moskau noch am 29.10.2022 mittels der Bemerkung, „seit Kriegsbeginn auf der anderen Seite  dieses Konflikts stehend“[8], von einem Antreiber zu einem Getriebenen machen – aber seit seinem 70. Geburtstag am 7. Oktober[9], erst recht in den letzten Tagen vor Halloween, änderte sich unter dem diabolischen Einfluss Kyrills I. Fundamentales bei einem Kameraden, der inzwischen als Vampir „Bloodymyr“ auf Friedensdemonstrationen auf Plakaten durch die Welt getragen wird: Putin. Der noch im Februar in Kiew zur Begeisterung der neuen „Friedenspartei“ AfD so etwas wie eine grünversiffte Bande von drogensüchtigen Nazi-Juden auszumachen verstand, die es qua „Spezialoperation“ auszuschalten gelte. Um sich seit Neuestem als Ergebnis seines Ratgebers Kyrill I. fast als wiedergeborener Geistheiler (Ras-) Putin zu gebärden, als im „heiligen Krieg“ befindlich und also unangreifbar. Entsprechend lehrte Kyrill I. diesem (Ras-) Putin das ursprünglich für dieses Operation gedachte Attribut „Entnazifizierung“ durch „Entsatanisierung“ zu ersetzen. Dabei angetrieben von Motiven, die Aleksej Pawlow vom russischen Sicherheitsrat in diesen Tagen, wie auf den Glockenton seines Meisters hin, auf den Punkt brachte. In der Ukraine gäbe es, so Pawlow, wie nun deutlicher geworden sei, „satanische Sekten“ sowie „satanische Kirchen“, die in ihrer unersättlichen Blutgier dazu aufriefen, so viele Russen wie möglich zu töten.

Eher am Rande wichtig: Der zusätzliche Hinweis Pawlows, dass die Ukraine sich durch „Internetmanipulationen und Psychotechnologien […] von einem souveränen Staat in eine totalitäre Hypersekte“ verwandelt habe. Denn dieser angebliche Souveranitätsverfall sollte jene im Februar begonnene „Spezialoperation“ nachträglich als nicht völkerrechtswidrig rechtfertigen, gleichsam als erlaubte Schutzmaßnahme aller souveränen Staaten weltweit. Derlei erkennbar von Hitler abgelauschtes Hantieren mit Nebelkerzen sollte man, mit Oscar Wilde gespottet, noch nicht einmal ignorieren.

Ohnehin wichtiger: Hinter Putin, beglückt seine Arme öffnend und ihn mit Titeln wie „Chefexorzist“ und „Kämpfer gegen den Antichristen“[10] adelnd, steht, wie gesagt und nun etwas genauer erläutert, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, der Patriarch von Moskau (seit 2009), Kyrill I. (*1946). Kurz: Mit diesem vormaligen KGBler und, von daher, Putin-Freund, der dessen Regentschaft als „Wunder Gottes“ adelte, steht auf einmal das Mittelalter mit Hexenprozessen und allem anderen Bohei mitten auf dem Schlachtfeld. Es bereichernd mit Bellizismus, kämpferischen Antifeminismus, veritabler Homophobie und Segnungen gefallener russischer Soldaten mit dem Hinweis, ihr Tod sei mit dem „Heilsopfer Christi“ vergleichbar – eine Äußerung, welche die orthodoxe Theologin und Menschenrechtsanwältin Natallia Vasilevich aus Belarus einem Bericht auf ORF vom 26. September 2022 zufolge[11] als „blasphemisch“ verwarf. Summarisch geredet und um die Sache auf den Punkt zu bringen: Natürlich gehört Kyrill I., jedenfalls meinem gesunden Rechtsempfinden zufolge, Ende des Krieges, wie Putin, vor einen Internationalen Kriegsgerichtshof und, zusammen mit diesem sowie Lawrow & Co., wg. Teilhabe bei der Vorbereitung eines völkerrechtswidrigen Krieges hingerichtet.

Einverstanden, dies kam jetzt etwas populistisch daher – weswegen zur Erläuterung dieser meiner persönlichen Schwäche, die ich vielleicht mit dem ukrainischen Ex-Botschafter Andrij Melnyk teile, vielleicht noch das durch die Initialen A.M. freigesetzte Geständnis gehört, dass ich die Ungerechtigkeit (und dies als Mann und Merkel-Gegner!) darüber tief empfinde, dass eine Frau (eben A.M.) längst in Deutschland im Knast säße und für sämtliche politische Ämter gesperrt wäre, hätte sie nur 10% dessen verbrochen, was ein Mann, eben Donald Trump, auf dem Kerbholz hat. Womit nicht gesagt sein soll, sie habe nicht genug anderes auf den Kerbholz, erwähnt sei hier nur Dieselgate. Sowie: Geredet werden müsste in diesem Zusammenhang auch über unseren Bundespräsidenten, der uns alle mit Geschwafel vom Rang „Die Friedensdividende ist aufgebraucht!“ in keineswegs wohlverdienten Schlaf zu versenken sucht.

Bleiben wir also vorerst beim Balken im Auge unseres Bruders. Was soll man zu selbigem sagen? Etwa, dass die USA zutiefst suizidal veranlagt sind, so wie 1933 die Deutschen? So dass sie noch nicht einmal die Power hatten, die Strecke von KW 5/2021 bis zu KW 43/2022 zu durchmessen? Geschweige denn die vom 27. zum 28. Oktober 2022? Okay, das kam jetzt etwas unvermittelt daher, so dass ich vielleicht etwas genauer erläutern muss, von wem oder was ich gerade rede: nämlich von

MTG, zu Halloween, meinem Gemälde zufolge, auftretend als Untote, die umgetrieben wird von der Sorge, sie habe den Hammer des Nancy-Pelosi-Attentäters vom 27. Oktober 2022 bereitgestellt

Einverstanden: Die Überschrift klingt erneut ein wenig kompliziert, so dass Vereinfachungen angebracht scheinen. Eine habe ich bereits eingeführt: MTG ist das zumal von ihren Fans geliebte Kürzel für Marjorie Taylor Greene (Jg. 1974). Diese ist, wie ich andernorts darlegte[12], eine seit Januar 2021 im Repräsentantenhaus sitzende gewählte Republikanerin, als „Trump auf Stöckelschuhen“ nicht unzutreffend beschrieben.[13] So ergriff sie beispielsweise in einer Fraktionssitzung das Wort; der Redakteur der mir aus persönlichen Gründen besonders ans Herz gewachsenen Schaumburger Zeitung musste daraufhin vermutlich einige Mühe walten lassen, nicht in haltloses Lacher zu verfallen, als er Folgendes niederlegte:

„Die Frau behauptet, dass satanische Demokraten und Hollywoodgrößen einen Kindesmissbrauchsring betreiben. Sie unterstützte einen Aufruf zur Exekution von Parlamentssprecherin Nancy Pelosi. Das Schulmassaker in Portland wurde nach ihren Angaben von Waffengegnern inszeniert, und die Waldbrände in Kalifornien, so behauptete sie, seien von einer jüdischen Bankiersfamilie mit einem Laser aus dem Weltall entzündet worden.“ (SZ Nr. 030/2021: 2)

Wie man sieht: Alles ist normal, von Trump aus betrachtet. Und: Es bedarf nicht Trumps persönlich, um Irrsinn dieser Art abzusetzen – Trumpismus reicht vollkommen, vorerst beschreibbar als Gefühl nach vier Jahren Irrsinnsberieselung à la Trump, derlei müsse dann wohl normal sein und alles daneben daneben und alles davor verrückt.

Dass die Sache nicht ganz so einfach ist – und ich bitte jetzt darum, den in Fettdruck (nicht im Original!) gehaltenen Satz sich gleichsam auf der Zunge zergehen zu lassen, – offenbarte KW 43/2022: Am 27. Oktober 2022, gegen 2.00 morgens, wurde der 82-jährige Geschäftsmann Paul Pelosi von dem mutmaßlichen 42-jährigen Täter David DePape[14] halb totgeschlagen (Diagnose: Schädelbruch). Erkennbar war Paul Pelosi nur Notnagel für seine nicht-präsente Gattin Nancy, die, wie eben gesehen, in KW 5/2021 von Taylor Greene mit Exekutionsaufruf bedacht worden war. Festnahme also für diese ‚blonde Bestie‘, wegen des Verdachts der geistigen Brandstiftung? Nicht, dass ich, ein Jura-Laie, oder Wikipedia, ein Niemeyer-Laie, wüssten.

Einverstanden: Dass ich ein populistischer, scharf schießender Hund bin, habe ich oben bereits in aller Offenheit als mein Problem angesprochen. Andererseits: Wer mich als Krimiautoren kennt und schätzt – wie ein weit weniger scharfer Hund namens Sammy –, wird nicht überrascht sein ob meiner gründlichen Recherche, die mich bis in die Welt des mafiös agierenden vormaligen US-Präsidenten Ronald Regan (1911-2004) zurückführt, unter der Frage:

Ist MTG womöglich der Fleisch gewordene Alptraum Ronald Reagans aus seiner Zeit beim Mafia-Paten Lew Wassermann, dem Chef von MCA? Nur dass MTG nicht heranreicht an Reagans Traumfrau Jane Wyman, die im Übrigen unter keinen Umständen so geredet hätte wie MTG über Nancy Pelosi! So dass diese nun verzweifelt am Krankenbett ihres Mannes steht!

Zugegeben, meine alte Schwäche: Immer eine Spur zu überdreht! Deswegen nun eine Kleinarbeitung dieser These, beginnend mit der Seriösesten aller Seriösen, Julia Shapero, Breaking News Reporterin at the Hill Washington. Am 28. Oktober um 16:16, also einen Tag nach dem Mordanschlag auf Paul Pelosi, berichtete Shapero auf yahoo!news, allerdings ohne sich des Exekutionsaufrufs MTGs von KW 5/2021 zu erinnern: Sie, MTG, habe einen (weiteren) „Warnschuss“ abgegeben, diesmal in Richtung von Unternehmen, die nach dem von Trump choreografierten Kapitol-Aufstand vom Januar 2021 Wahlkampfspenden an „die 147 Gesetzgeber, die gegen die Zertifizierung der Ergebnisse der Wahlen 2020 gestimmt hatten, nicht zu unterstützen.“[15] Besonders perfide und von MTG geflissentlich ignoriert: Der Täter hatte nur einen Tag zuvor seine Tat mit einem Leitruf jener Aufständischen vom 6. Januar 2021 begründet. Und also gerufen, wie unmittelbar nach dem Attentat, was die deutschen Nachrichtenmagazine angeht, nur die Zeit, nicht der Spiegel noch der Tagesspiegel herausstellte(n): „Wo ist Nancy?“[16] Kein Problem, dieses Indiz für MTG – jedenfalls solange sie, nach der Straußenvogel-Methode (Kopf in den Sand!), diesen Kontext unerwähnt ließ (was sich spätestens jetzt als eine Art Blondinen-Rat erweist). Und ein Problem für sie spätestens seit dem 30. Oktober 2022 um 11:45. Als Rachel Sharp auf independent.co.uk eine Äußerung MTG’s von 2019 zu Nancy Pelosi ausgrub des Inhalts:

„Sie ist eine Verräterin an unserem Land, sie hat sich des Verrats schuldig gemacht.“[17]

Dies ist zwar noch nicht ganz die Geschichte aus KW 5/2021 aus der SZ – aber wohl eine Generalprobe dazu. So dass sich Andrea Livnat (oder jemand aus der Leserschaft dieses trefflichen deutsch-jüdischen Nachrichtenmagazins) hoffentlich anerbötig macht, den zuständigen US-Anklagebehörden für den für Dienstag anberaumten Prozess gegen David DePape aus Berkeley wg. versuchten Mordes an Paul Pelosi diesen Beitrag zugänglich zu machen. Und vielleicht auch MTG. Dies mit dem Rat, sie solle sich so rasch als möglich einen Anwalt nehmen.  

Die Nebenpointe hab‘ ich noch, die endgültig die Zwischenüberschrift als berechtigt ausweisen können müsste: Ist MTG womöglich das lange gesuchte Westerngirl auf Augenhöhe, wie es das von Reagan nach Mafiaart protegierte und vom Sohn eines jüdisch-russischen Immigranten namens Lew Wassermann (1913-2002) geführte Medienunternehmen MCA noch in den 1950er Jahren an der Seite von Ronald Reagan, des „James Stewart für Arme“, für Hollywood dringend gesucht hatte? Und das, apropos Arme, er, Reagan (vor seiner Nancy, gleichfalls der Mafia-Verbindungen verdächtig) vorübergehend in jenen der bezaubernden Jane Wyman (1917-2007) gefunden zu haben schien? Dies gesetzt, könnte man glatt mutmaßen, MTG sei, als Botschaft an MCA und die Republikaner, Reagans mafiaanaloge „Jane Wyman für Arme“ – eine Vorstellung, die allerdings schon an der unbestreitbaren Schönheit und Kultiviertheit der Wyman hoffnungslos abprallt.

War`s das, Doc? Im Prinzip schon, abgesehen von einer Ableitung, die nicht vom Biographischen ihren Ausgangspunkt nimmt, sondern vom Sprachduktus unserer Halloween-Queen aus Georgia, zwischenzeitlich Fitnesstrainerin in Atlanta. Und die unter der Fragestellung stehen könnte:

Was also ist Trumpismus, von MTG’s handling des Falles Paul Pelosi aus betrachtet?

Den Ausgangspunkt für das Folgende markiert MTG‘s Versprechen, die Verweigerung von Wahlkampfspenden für Kapitol-Putschbefürworter werde „nicht vergessen werden“ – ein Satz, über den Kant nicht, wohl aber Freud wie Nietzsche gespottet hätten, womit der ärmliche IQ von MTG – auf Augenhöhe mit der „Vogelscheuche“ (Nietzsche) Kant – hinreichend belegt scheint. Den Rest der MTG-Ferndiagnose trug „DrDave“ nach mit seinem 16 Stunden nach dem von Julia Shapero eingestellten Kommentar:

„I’m pretty sure that this ist the textbook definition of extortion.“

Und „Tom“ ergänzte, nochmals eine Sunde später:

„The party of hate and violence. That is their only agenda. Hate, violence and revenge, don’t forget revenge.[18]

Kurz: Wer bisher nicht wusste, was Trumpismus ist – hier, als Ergebnis der verzweifelten Abwehr gegen MTG, findet er eine perfekte Liste der den Trumpisten auszeichnenden Eigenschaften. Allerdings auch, dies sei unter „mangelnde Trennschärfe“ zugestanden, der Eigenschaften eines jeden Mafiosi, sei er nun irischer (Ronald Reagan), italienischer (Gaetano Riina) oder, um Putin nicht zu vergessen, russischer Herkunft. So gesehen steht also für einen Umzug à la George Grosz für Halloween 2023 schon einmal das erste Personal zur Verfügung – so es Kirchenfürsten der Finsternis vom Typ Kyrill I. nicht, im Verein mit Putin sowie Trump inklusive einer nützlichen Idiotin wie MTG, geschafft haben, diesen Planeten endgültig in die Luft zu sprengen.

Ist Elon Musk aus Südafrika, der reichste Mann der Welt, der die Sache mit Putin nach Männerart im Boxkampf klären will – eine Unhöflichkeit gegenüber den Klitschko-Brüdern, wie mir scheinen will, – also tatsächlich der einzig Normale in diesem Zirkus, weil er weiß, worauf es wirklich ankommt: nämlich auf SpaceX, also auf eine (Flucht-) Rakete via Mars? Und erklärt sich aus diesem Luxus, dass er als neuer Twitter-Besitzer nichts Dringlicheres zu tun wusste, als in einer Antwort auf Hillary Clinton ohne jeden Beleg zu mutmaßen, „dass Pelosi in einen Streit mit einem Mann geraten sein könnte, den er selbst ins Haus gelassen habe“[19] – und bei dem es sich, wie spiegel.de am 30.10. um 20:36 ergänzte, um einen „männlichen Prostituierten“ gehandelt haben soll. Wenn dies stimmt und Musk zur Tatzeit nicht besinnungslos betrunken war, dann, so kann ich nur sagen, bin ich wirklich froh, mir vor zwei Jahren keinen Tesla zugelegt zu haben, sondern einen VW ID. 3. Mit dem ich zur durch Musks Schwachsinn vom noch gesteigerten Not bis zum Mars fahren würde. Natürlich mit Sammy und meiner Familie im Gepäck. Denn wie, um alles in der Welt, sollte ich ohne meine Frau auf dem Weg zum Mars bloß eine Ladestation finden!

Autor: Prof. Dr. Christian Niemeyer (bdfj), TU Dresden (Emeritus) / Berlin  

Weitere Literatur:

Botsch, G. (2012): Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland. 1949 bis heute. Darmstadt.
Fleischhauer, J. (2020): How dare you. Vom Vorteil, eine eigene Meinung zu haben, wenn alle dasselbe denken. München.
Grumke, Th. (2004): „Take this country back!“ Die neue Rechte in den USA. In: Gessenharter, W./Pfeiffer, Th. (Hg.): Die Neue Rechte – eine Gefahr für die Demokratie? Wiesbaden.
Rogalla von Bieberstein, J. (1996): Verschwörerthese. In: Schrenck-Notzing, C. v. (Hg.): Lexikon des Konservativismus. Graz, Stuttgart.
Schultz, T. (2018): NSU. Der Terror von rechts und das Versagen des Staates. München.

Bild oben: Nancy und Paul Pelosi  – Flickr / CC BY 2.0

[1] Zit. n. meinem Buch Sex, Tod, Hitler. Eine Kulturgeschichte der Syphilis (1500-1947) am Beispiel von Werken vor allem der französischen und deutschsprachigen Literatur. Heidelberg 2022, S. 263.

[2] Anspielung auf VM 390: „Die Anhänger eines großen Mannes pflegen sich zu blenden, um sein Lob besser singen zu können.“ (zit. nach dem von mir herausgegebenen Band: Friedrich Nietzsche: Die Hauptwerke. Ein Lesebuch. Tübingen 2012, S. 87). Ansonsten wird Nietzsche zitiert nach einer römischen Ziffer, die sich auf die Werkausgabe (= KSA) bezieht.

[3] Urheber der 2011er Anschläge in Oslo und auf der Insel Utoya mit 77 Opfern, zumeist Jugendliche eines sozialistischen Zeltlagers (vgl. mein Schwarzbuch Neue / Alte Rechte, Glossen, Essays, Lexikon. Weinheim Basel 2021, Online-Material, S. 32).

[4] Auf deren (und Beate Zäpsches) Kappe gehen zwischen 1999 und 2007 zehn Morde an türkischen Mitbewohnern (inkl. einer Polizistin) sowie 43 Mordversuche, 3 Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle sowie eine schwere Brandstiftung (vgl. Fn. 3, S. 72). Das skandalöse Versagen der Sicherheitsbehörden in diesem Fall wurde jüngst durch den Kabarettisten Jan Böhmermann durch Veröffentlichung angeblicher Geheimakten erneut ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. (vgl. www.mopo.de/news/politik-wirtschaft/boehmermann-nsu-akten-veroeffentlichung-sorgt-fuer-diskussionen/)

[5] SH = Staatspolitisches Handbuch. Bde 1-4. Hrsg. v. E. Lehnert u. K. Weißmann. Bd. 5, Hrsg. v. E. Lehnert. Schnellroda 2009 ff.

[6] Kraus ist der historische Doktorvater von Benjamin Hasselhorn, als dessen theologischer Doktorvater Notger Slenczka fungierte, der, anders als Kraus und Hasselhorn nicht neu-rechts, sondern nur konservativ orientiert ist. Anstatt, wie Niklas Weber (2020), hierüber aufzuklären, erklärte Jan Fleischhauer unlängst das Ernstnehmen Karlheinz Weißmanns fast schon zu einem Testfall der Demokratie, andernfalls die „für das intellektuelle Klima in Deutschland“ typische „Selbstabschließung eines geistigen Milieus“ (Fleischhauer 2020: 204) forciert werde – ein, wie mir scheinen will, deutlich übertriebenes Argument, das, nebenbei, nicht nur Fleischhauers komplette Unwissenheit in Sachen der von Weber aufgedeckten Zusammenhänge offenbart, sondern auch dem Niveaus des von Weißmann substantiell Beigetragenen nicht Rechnung trägt.

[7] Apart in diesem Zusammenhang, dass dieses Buch Nietzsche nur in dunkelsten Stunden, etwa beim Sammeln von Aufzeichnungen zu seinem vorübergehend geplanten Werk Der Wille zur Macht als (gleichfalls) „böses Buch […], schlimmer als Machiavelli“ (IX: 241), Vorbild war.

[8] Der Spiegel Nr. 44/29.10.2022, S. 12.

[9] S. www.hagalil.com/2022/10/geheimrede-zu-putin/

[10] S. www.msn.com/de-de/nachrichten/welt/chefexorzist-wladimir-puzin-erh-c3-a4t-w-c3-a4hren-heiligen-krieges-des-kremls-neuen-bizarren-titel/ar-AA1…

[11] S. religion.orf.at/stories/3215269/

[12] Vgl. mein Schwarzbuch Neue / Alte Rechte, Glossen, Essays, Lexikon. Weinheim Basel 2021, S. 126 ff. sowie die am 4. April 2022 präsentierte Neufassung dieses Kapitels (vgl. www.hagalil.com/2022/04/trumpismus/).

[13] Die für Blondinenwitze geeigneten Aussetzer der nine/eleven- als auch Corona-Leugnerin, zuletzt die Verwechslung von „Gestapo“ mit „Gazpacho“ (eine Gemüsesuppe), werden auf Wikipedia zuverlässig dokumentiert.

[14] Klarname nach Shawna Mizelle, CNN v. 29. Oktober, 21:01 mit der zusätzlichen Information, dePape habe auf Facebook „Memes und Verschwörungstheorien über Covid-19-Impfstoffe, die Wahl 2020 und den Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar gepostet“ (s. edition.cnn.com/2022/10/29/politics/paul-pelosi-attack-david-depape/index.html), noch deutlicher, am 30. Oktober, 12: 15: „In Blogposts und Social-Media-Seiten spuckte der 42-jährige transphobe, antisemitische und rassistische Ansichten aus und verbreitete Verschwörungstheorien über den Covid-19-Impfstoff, den Holocaust und QAnon.“ Ähnlich wie CNN, aber weniger präzise als, zuletzt zitiert, independent.co.uk/news/world/americas/us-politics/paul-pelosi-depape-hammer-nancy-b2213078.html vom 30. Oktober, 12:15 und ohne Beachtung der hier aufgedeckten MTG-Fährte: BamS Nr. 44 / 30. Oktober, S. 16.

[15] news.yahoo.com/majorie-taylor-greene-warns-companies-141602622,html?guccounter=1&guce_referrer=aHROcHM6Ly93d3cuYmluZy5jb20v&g…

[16] www.zeit.de/politik/ausland/2022-10/angriff-nancy-pelosi-ehemann-reaktionen

[17] www.independent.co.uk/news/world/americas/us-politics/paul-pelosi-depape-hammer-nancy-b2213078.html.

[18] news.yahoo.com/majorie-taylor-greene-warns-companies-141602622,html?guccounter=1&guce_referrer=aHROcHM6Ly93d3cuYmluZy5jb20v&g…

[19] www.msn.com/de-de/nachrichten/other/nach-angriff-auf-paul-pelosi-musk-leitet-verschwörungstheorie-auf-twitter-weiter/ar-AA13y55r. www.spiegel.de/ausland/elon-musk-verbreitet-auf-twitter-verschwörungstheorie-zu-paul-pelosi-a-803Se300-758b-455a-9954-b8865d993665