Beobachtungen und Gedanken zur Fan-Kultur

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Andere Länder, andere Sitten, andere Einstellungen. Was dem einen taugt, das lehnt der andere strikt ab. Das gilt auch für die Fußballfankultur in Europa. Hier ein paar sehr unterschiedliche Haltungen, die mit Geschichte, mit Mentalität, aber auch mit Charakter zu tun haben…

Von Robert Schlickewitz

Die Niederländer sind mehrheitlich nichtjüdisch, dennoch dient ihrer Spitzenmannschaft Ajax Amsterdam ein jüdisches Lied als Solidaritäts- und Identitätsstifter. Sowohl im Stadion, als auch in den Kneipen, sogar auf den Straßen singen Ajax-Fans ‘das‘ jüdische Lied Hava nagila.

Die Anhänger der britischen Mannschaft Tottenham Hotspur nennen sich sogar „Yids“ und benutzen als Erkennungszeichen jüdische Symbole bzw. pflegen sie eine Art jüdischer Fankultur, zu der gleichfalls das Absingen von Hava nagila gehört.

Alleine die Vorstellung, dass sich in Deutschland eine ähnliche Fankultur herausbilden könnte, erscheint absurd. Am allerwenigsten mag man sich die Anhänger der Mannschaft FC Bayern München beim Absingen von Hava nagila vorstellen.

Der Verein trug zwar lange Zeit über, vor sehr langer Zeit, den Spitznamen „Judenclub“ – wegen seines jüdischen Vorsitzenden Kurt Landauer – und die Vereinsoberen von heute bemühen sich auch redlich das Andenken an diesen Juden hochzuhalten – sie ernannten ihn 2013 immerhin posthum zu ihrem “Ehrenvorsitzenden“, jedoch kommt dies offensichtlich bei den Fans nicht an.

Eine kleine private Umfrage in München, wie denn das wäre, ein ganz bekanntes jüdisches Lied als Vereinslied oder Siegeslied einzuführen, so zum Anstimmen und Anfeuern im Vereinsheim, oder unterwegs mit anderen Fans, oder im Stadion, erbrachte folgende Antworten:

„Na! Bittschee ned! Koane Jud’nliada bittschee!“

„Find I goa ned guad – dös brauch’ma ned in Bayern!“

„Dös warat mia zu aufg’setzt, na, liaba ned!“

„Mia mecht’n unsane Gaudi und koane Jud’n.“

„Fuaßboi is Fuaßboi und Auschwitz is Auschwitz!“

„Lasst’s uns mit dene Jud’n in Ruah, de soin se liaba um eanane Palis kimmern, dos de ned aa herkemman!“

„Herrgott-na, ned scho wiada Jud’n!“

Bayern outet sich bekanntlich regelmäßig bei Volksbefragungen als judenfeindlichstes Bundesland und eine Änderung dieses Zustands läge jenseits jedweder Vorstellungskraft. Die Bayern sind halt so.

Zum Nachlesen:

Kurt Landauer: https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Landauer

Ungeliebte Vereinsgeschichte: Bayern Münchens jüdischer Meistermacher

http://www.spiegel.de/einestages/ungeliebte-vereinsgeschichte-a-948426.html

Fanlieder/Fankultur beim FC Bayern-München:

https://de.wikipedia.org/wiki/FC_Bayern_M%C3%BCnchen#Zuschauer_und_Fankultur

Warum ein jüdisches Lokal in München dichtmacht (2016)

https://www.welt.de/regionales/bayern/article158451750/Warum-ein-juedisches-Lokal-in-Muenchen-dichtmacht.html

Zahlen zeigen: Immer mehr antisemitische Verbrechen in Bayern (2017)

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.hetze-mord-gewalt-zahlen-zeigen-immer-mehr-antisemitische-verbrechen-in-bayern.01f92f31-4174-451c-b337-f56141c3d4bf.html

Deutlich mehr antisemitische Straftaten (2017)

http://www.sueddeutsche.de/bayern/spd-anfrage-deutlich-mehr-antisemitische-straftaten-1.3351642

Antisemitismus ist in Bayern besonders hoch (2008)

http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Antisemitismus-ist-in-Bayern-besonders-hoch-id4617951.html

Ausländerfeindliche Einstellungen in Bayern weit verbreitet (2015)

http://www.sueddeutsche.de/bayern/mitte-studie-auslaenderfeindliche-einstellungen-in-bayern-weit-verbreitet-1.2423644

Jüdische Fankultur bei Ajax Amsterdam:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ajax_Amsterdam#J.C3.BCdische_Symbolik_und_Fanrivalit.C3.A4t

Tottenham Hotspur und jüdische Fankultur:

https://de.wikipedia.org/wiki/Tottenham_Hotspur#Anh.C3.A4ngerschaft

Hava Nagila (הבה נגילה) ist ein hebräisches Volkslied… Der Titel bedeutet übersetzt „Lasst uns glücklich sein“. Es ist ein Lied der Feier, sehr beliebt im Judentum. In der Popkultur wird es als Metonym für das Judentum benutzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hava_Nagila

Hava nagila im Sport:

https://en.wikipedia.org/wiki/Hava_Nagila#Use_in_sports

 

Bild- und Tondokumente Hava Nagila im Fussball (NL)

Hava Nagila (Ajax)

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=6vXQSDZf7RA[/youtube]

 

AFC Ajax fans song – Hava Nagila

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=In8iS3arXXM[/youtube]

 

PsvAja 23.4.2017 (1-0) : Hava nagila

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=8QVwuI-H_yg[/youtube]

 

HAVA NAGILA HAVA AFCA AJAX uit kutrecht ISRAEL HAPOEL MACCABI BNEI ZION

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=P2rcuXy7CeQ[/youtube]

 

Feyenoord – Ajax Supportershome Hava Nagila

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=jbTZjclUXnM[/youtube]

 

Andere sportliche Ereignisse und Hava nagila

 

Rugby world cup – Hava Nagila

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=TTG834P5ogc[/youtube]

 

Hava Nagila with the Phanatics

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=s9BP6s2ZDBY[/youtube]

2 Kommentare

  1. „Andere Länder, andere Sitten, andere Einstellungen. Was dem einen taugt, das lehnt der andere strikt ab. Das gilt auch für die Fußballfankultur in Europa. Hier ein paar sehr unterschiedliche Haltungen, die mit Geschichte, mit Mentalität, aber auch mit Charakter zu tun haben…“
    „Die Niederländer sind mehrheitlich nichtjüdisch, dennoch dient ihrer Spitzenmannschaft Ajax Amsterdam ein jüdisches Lied als Solidaritäts- und Identitätsstifter.“

    Na, da würde ich mir ja mal den hier verfügbaren TAZ Artikel zu Ajax ansehen, oder als anscheinend nicht Fußballaffin, Beitar Jerusalem googlen. 1. Liga 3:0 am Wochenende gewonnen. Deren Solidaritäts- und identitätstiftenden Lieder halte ich persönlich für die europäische Fußballidee eher ungeeignet. Von einer Fan Befragung mal abgesehen.

    Ab und zu hilft, statt singen, auch ein Kurt Landauer Stadionweg oder ein Kurt Landauer Turnier durchaus mehr und länger, muß ich als Frankfurter Schlappe Anhänger (gerne auch zu googln) neidlos anerkennen.

  2. Es ist hier der angemessene Ort die Bayern noch einmal an ihre ungeheure Schuld vor der Geschichte zu erinnern.

    Ohne Bayern hätte es Hitler und den Holocaust gar nicht geben können.
    Mit seinem oberösterreichisch-niederbayerischen Dialekt der frühen Jahre hätte man den Braunauer in allen anderen deutschen Landesteilen lediglich für einen Hanswursten gehalten und nicht hoch kommen lassen. Nur in Bayern fand er Menschen die ihm vorurteilsfrei zuhören konnten. In Bayern bekam er schließlich dann den nötigen Sprachunterricht verpasst, um sich auch im übrigen Deutschland passabel verkaufen zu können.

    Hier noch einmal für die zahlreichen Geschichtsvergessenen und Ungebildeten unter den Bayern eine kurze Aufzählung von wissenswerten Aspekten zur eigenen (meist verdrängten) Geschichte:

    Allgemeine bayerische Geschichte:
    http://www.hagalil.com/2016/08/bayerische-tabus/
    und
    Drittes Reich:
    http://www.hagalil.com/2016/09/bayern-5/

    Bildet Euch, Ihr Bayern!
    (Eurer Kinder wegen, damit die sich nicht ein mal für Euch schämen müssen.)

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