A.V. Kadimah

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Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung (Wien 1882-1938)…

Von Israel Schwierz

Im August d. J. erschien in Graz im Eigenverlag die Dokumentation über die älteste jüdisch-nationale Studentenverbindung, herausgegeben von Prof. Harald Seewann. Damit hat der weithin bekannteste Studentenverbindungshistoriker eine weitere, möglicherweise sogar die letzte Lücke in der Dokumentation der jüdischen Verbindungen im deutschsprachigen Raum geschlossen.

Nach einem sehr übersichtlichen Inhaltsverzeichnis und einem äußerst beeindruckenden Vorwort des Herausgebers kann der interessierte Leser den ersten Seiten der Dokumentation nicht nur eine umfassende Literaturauswahl, die die Kadimah betrifft, entnehmen, sondern auch deren Stammdaten und das Bundeslied. Auch das Briefpapier der Verbindung im Wandel der Zeiten wird sehr anschaulich dargestellt, sowie deren Geschichte und Fundstücke zu ihrer Chronik. Es folgen dann wichtige und sehr interessante Aufsätze, wie ein Aufruf zum Beitritt zur Kadimah, Statuten der Verbindung aus dem Jahr 1883 sowie das Protokoll der ersten ordentlichen Plenarsitzung. Weitere Beiträge sind dem Verhältnis zur Burschenschaftsfrage, den Ansichten hierzu aus jüdischen Studentenkreisen, dem 25-semestrigen Stiftungsfest 1896, das die Farbenannahme beinhaltete, sowie der den jüdischen Verbindungsstudenten von ihren nichtjüdischen Mitstudierenden verweigerten Satisfaktion – bekannt als „Waidhofener Prinzip, der Universität in Wien sowie den jüdischen Studentenverbindungen in Österreich gewidmet.

Es folgen weitere sehr informative Aufsätze über den Statuten-Auszug von 1904, den Tod des Ehrenburschen der AV Kadimah, Theodor Herzl, über das akademische Verbindungswesen, das Stiftungsfest der Kadimah 1907, die Erklärung der jüdisch-nationalen Verbindungen Wiens sowie über Studentenkrawalle auf der Universität in den Jahren 1908/09, 1912, 1913 und 1931. Sehr informativ wird nicht nur die Eingabe an das Rektorat der Techn. Hochschule Wien bzgl. Farbentragens auf Hochschulboden, das 30jährige Bestehen der Verbindung, die Reaktivierung der Kadimah nach dem 1 Weltkrieg, sowie die Annahme der dunkelblauen Samtmütze als Kopfcouleur vom 13.1.28 und die Statuten der Verbindung von 1929 dokumentiert, sondern auch das Memorandum des Ringes der Alt-Herren-Verbände der zionistischen Verbindungen in Wien, die 50-Jahrfeier der Verbindung, der Kampf gegen das Assimilantentum sowie die Gründung des Bundes Zionistischer Verbindungen 1935. Mit der letzten Chargen-Meldung an die Pol.-Dion Wien vom 26.2.1938 und der behördlichen Auflösung der AV Kadimah wird die Dokumentation der ältesten jüdischen Studentenverbindung in Europa abgeschlossen.

Es folgen dann jedoch äußerst interessante Beiträge über die nach dem Ende der NS-Herrschaft in Europa neu entstandene AV Kadimah in Israel und in den USA: das 75. Stiftungsfest in Haifa und in New York 1958, einen Bericht über die wehrhafte Kadimah (The fighting Kadimah) , eine short story der Verbindung, ein weiterer Bericht über die Benennung einer Straße in Ost-Jerusalem nach der jüdischen Verbindung 1986 sowie ein weiterer über kritische Stimmen aus den eigenen Reihen, die jüdischen Verbindungen betreffend.

Ein äußerst tiefschürfendes und interessantes Abkürzungsverzeichnis, zahlreiche tief beeindruckende Anmerkungen sowie ein sehr informativer Nachtrag schließen diese mit viel Leidenschaft, ja mit Herzblut konzipierte und herausgegebene Dokumentation harmonisch ab.

Mit der Konzeption und der Herausgabe der Dokumentation über die AV Kadimah ist es dessen Autor in der Tat gelungen, der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung der Welt ein ewiges Denkmal zu schaffen. Dafür gebührt ihm der tiefste Dank und die größte Anerkennung aller, denen der ehrliche Umgang mit den deutschen Studentenverbindungen – und hier ganz besonders mit den jüdischen – ein Herzensanliegen ist.

Harald Seewann: A.V. Kadimah, Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung (Wien 1882-1938), Eine Dokumentation, Graz 2017, Broschüre, Format DIN-A-4, 488 Seiten, Preis: 36.– EUR (zzgl. Porto), Bestellanschrift: Prof. Harald Seewann, A-8020 Graz, Resselgasse 26 Email: c.h.seewann@aon.at