Pretzfeld und Hagenbach – jüdische Landgemeinden in der fränkischen Schweiz

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In unserer neuen Artikelreihe stellen wir Relikte des fränkischen Landjudentums vor. Jahrhundertealte aufgelassene Friedhöfe, Gebäude, die einst als Synagogen dienten, aber auch andere steinerne Zeugnisse, wie etwa Inschriften oder Symbole. Das Landjudentum ist schon lange nicht mehr existent. Bereits im 19. Jahrhundert lösten sich zahlreiche der kleinen Gemeinden auf. Die restlichen wurden während des Nationalsozialismus liquidiert. Doch vereinzelt gab es nach 1945 erneut jüdisches Leben auf dem Land – davon zeugen die Hachscharot-Kibbuzim, Bauernschulen, in denen Überlebende der Shoa für ihre Zukunft in Erez Israel ausgebildet wurden…

Am Rand einer Streuobstwiese liegt der jüdische Friedhof Hagenbach, Foto: nurinst-archiv

Pretzfeld und Hagenbach – jüdische Landgemeinden in der fränkischen Schweiz

In den beiden oberfränkischen Gemeinden ist eine jüdische Bevölkerung über Jahrhunderte nachweisbar; in Pretzfeld ab zirka 1320, in Hagenbach dreihundert Jahre später, um 1640. Zwei historische Friedhöfe sind noch erhalten. Das Gräberfeld in Pretzfeld soll zum Anfang des 17. Jahrhundert eingeweiht worden sein, der erste bekannte Grabstein stammt jedoch erst aus dem Jahr 1732. Etwa zu dieser Zeit wurde auch der Friedhof in Hagenbach angelegt. Die Blütezeit erlebte die jüdische Gemeinde Hagenbach im 19. Jahrhundert, als sie auch Sitz des Bezirksrabbinats war und über eine eigene jüdische Grundschule, eine Synagoge und eine Mikwe verfügte. Während die Schule aufgrund mangelnder Kinder im frühen 20. Jahrhundert aufgelöst und das Ritualbad verkauft wurde, bestand die Synagoge bis Anfang 1939. Zwar konnte das Niederbrennen in der Pogromnacht wegen der Brandgefahr für die Nachbarhäuser verhindert werden, jedoch ordnete das örtliche Bezirksamt den Abriss des Gebäudes an. Die jüdische Gemeinde war bereits 1934 aufgelöst worden.

Auch in Pretzfeld sind eine jüdische Grundschule, eine Synagoge sowie eine Mikwe dokumentiert. Bedingt durch die Auswanderungswelle nach Übersee zur Mitte des 19. Jahrhunderts schrumpfte die jüdische Gemeinschaft auf nur wenige Mitglieder zusammen, 1866 wurde die Gemeinde offiziell aufgelöst, das Synagogengebäude einige Jahre später verkauft. Die Mikwe ist noch erhalten, da sie sich auf Privatgelände befindet, sie ist jedoch nicht zugänglich.

Der Hagenbacher Friedhof befindet sich etwa 500 bis 600 Meter südwestlich des Dorfes am Hang an einer Streuobstwiese und verfügt über rund 380 Grabsteine. Die jüdische Begräbnisstätte in Pretzfeld liegt zwei Kilometer nordöstlich auf dem sogenannten Judenberg und ist über einen Forstweg erreichbar.

Der auf dem „Judenberg“ gelegene jüdische Friedhof Pretzfeld ist mit einer hohen Bruchsteinmauer umfriedet. Dennoch kam es in den 1990er Jahren mehrmals zu Schändungen. Foto: nurinst-archiv

Anfahrt:

Wer mit dem Auto kommt, fährt auf der A 73 bis Forchheim und dann weiter auf der B 470 in Richtung Ebermannstadt nach Pretzfeld.
Parkmöglichkeiten gibt es neben der Kirche.

ÖPNV: Von Nürnberg mit der S-Bahn 1 nach Forchheim; dort umsteigen in die agilis Bahn Richtung Ebermannstadt. Vom Pretzfelder Bahnhof zur St. Kilian Kirche sind es zu Fuß rund fünf Minuten. 

Rundwanderung:

Die etwa 9 km lange Rundwanderung „Kirschenweg“ führt an den jüdischen Friedhöfen Pretzfeld und Hagenbach vorbei.

Einkehr:

Mit einem Besuch des Brauereigasthofs Nikl kann man den Tag ausklingen lassen.

Quellen:

Klaus Guth, Jüdische Landgemeinden in Oberfranken 1800–1942, Bamberg 1988.
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918–1945. Geschichte und Zerstörung, München 1979.
Josef Seitz, Hagenbach/Pretzfeld, in: Gerhard Philipp Wolf/Walter Tausendpfund, Jüdisches Leben in der Fränkischen Schweiz, Erlangen 1997.

Index – Juden in Franken – ein historischer Überblick