Der Richard-Wagner-Trauerkommers

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Zum Jahresende 2016 veröffentlichte der Grazer Historiker Professor Harald Seewann im Eigenverlag die vorliegende Dokumentation, die den Anlass des Trauerkommerses – das Ableben von Richard Wagner – aber auch die Reaktion der deutschnationalen Studentenverbindungen der Donaumonarchie auf dieses Ereignis sehr anschaulich widerspiegelt…

Von Israel Schwierz

Nach einer Einleitung in das Thema wird der Leser mit Auszügen von Beiträgen von mehreren führenden Persönlichkeiten des deutschnationalen, aber auch des deutsch-liberalen Studententums in der Donaumonarchie konfrontiert, die den Richard-Wagner-Trauerkommers bettreffen, , so cand. Iur. Carl Beuerle, F.F. Masaidek, Prof.Dr. Kurt Knoll, Dr. Oskar Scheuerund Karl Becke. Es folgt auch eine sehr gründliche Erklärung darüber, wie es zum antijüdischen „Waidhofener Prinzip“ kommen konnte. Eine Abschrift des Polizeiberichts über den nicht unumstrittenen Richard-Wagner-Kommers, eine Resolution der deutsch-nationalen Korporationen Wien sowie ein ausführlicher Bericht über die Bestrafung von F.W. Dafert und Hermann Bahr – beide Hauptveranwortlichen für die Durchführung des Kommerses mit der Relegation von der Universität – vervollständigen in sehr anschaulicher Weise die Dokumentation. Daran schließen sich 66 Seiten mit 42 diversen Berichten von Presseorganen aus allen Teilen der Donaumonarchie und aus den verschiedensten verschiedensten politischen Richtungen – von unabhängig über gemäßigt bis konservativ und deutsch-national – an. Hinweise auf studentengeschichtliche Literatur runden das exzellente Werk harmonisch ab.

Was hat der Richard-Wagner-Trauerkommers aber mit dem Judentum zu tun? Es ist – laut Prof. Seewann – weitgehend unbekannt, dass der spätere Schriftsteller Hermann Bahr- zur Zeit des Kommerses noch Angehöriger der Wiender akademischen Burschenschaft ALBIA, auf Grund seiner Kommersrede von der Wiener Universität relegiert wurde. Er war – so Prof. Seewann – sich später als weltanschaulicher Wendehals erweisend – der Grund, weshalb sich sein Bundesbruder Theodor Herzl von der ALBIA abwandte. Daher könnte man ein wenig überspitzt behaupten – obwohl es eigentlich stimmt! – dass der moderne Zionismus seine Entstehung dem Richard-Wagner-Trauerkommers und dessen Folgen verdenkt. Was wäre gewesen, wenn Herzl als damals Deutsch-Fühlender in der Burschenschaft ALBIA verblieben wäre und nicht zu seinen jüdischen Wurzeln gefunden hätte?

Mit der Veröffentlichung der vorliegenden Dokumentation hat Professor Harald Seewann wieder einmal einen sehr informativen Beitrag über die sich äußerst schroff und feindlich gegenüberstehenden weltanschaulichen, religiösen und politischen Standpunkte der Stundentenschaft in der Donaumonarchie des ausgehenden 19. Jahrhunderts aufgezeigt: auf der einen Seite die deutsch-nationale Studentenbewegung, auf der Gegenseite die liberalen, auch jüdisch beeinflussten Studierenden. Für seine exzellende Arbeit gebührt ihm daher der höchste Dank und die Anerkennung aller, denen der ehrliche Umgang mit der untergegangenen Studentengeschichte der Donaumonarchie, aber auch des Deutschen Reiches ein Herzensanliegen ist.

Die äußerst empfehlenswerte Dokumentation kann gegen eine Gebühr von 16.–    EUR+ Porto direkt beim Verfasser bezogen werden: Prof. Harald Seewann, c.h.seewann@aon.at