2017 beginnt nicht gut für Köln

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Extrem rechte Gruppierungen mobilisieren „wegen Silvester“ gleich zweimal nach Köln…

Susanne Müller

Die Sprache dieser extremen Rechten aus Köln ist eindeutig: „Während eine mutige alte Frau für ihre Meinung hinter Gitter gesperrt werden soll“ – gemeint ist die mehrfach verurteilte unverbesserliche Shoahleugnerin Ursula Haverbeck – „werden perverse ausländische Sexualstraftäter mit der Freiheit belohnt! Komm auch du am 14.01.2017 zu unserer Demonstration nach Köln, um ein Zeichen gegen diesen menschenverachtenden Zeitgeist zu setzen!“

Gleich an den ersten beiden Samstagen des kommenden Jahres – 7. und 14.1.2017 – haben zwei extrem rechte Einzelpersonen zu Demonstrationen und Kundgebungen nach Köln eingeladen, um auf ihre Weise den ersten Jahrestag der Silvesterübergriffe in Köln rechtsextrem zu instrumentalisieren. Und auf FB-Seiten von Pro Köln, Pro NRW wie auch der Kölner AfD wird seit Wochen offen gegen den Auftritt eines Kölner Flüchtlingschores am 31.12. an der Seite der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Rekers gehetzt. In einem Post vom 13.12. verlinkt die Kölner AfD einen Beitrag aus der sehr rechten „Jungen Freiheit“: „Kölns Oberbürgermeisterin läßt Flüchtlingschor zu Silvester singen“ und fügt den Kommentar hinzu: „Dass ein Asylbewerber-Chor zum einjährigen Jubiläum der letzten Silvesternacht eine glorifizierende Kulisse vorgaukelt, spricht den Opfern Hohn.“

Weiterhin hatte für den 31.12. zuerst die im Zerfall befindliche NPD sowie anschließend – als diese „Solidarisierungskundgebung“ vom Kölner Polizeipräsidenten Mathies verboten wurde – die Kölner AfD zu Protesten auf die Kölner Domplatte eingeladen. Auch deren Versammlung wurde von Mathies verboten.

Die offiziellen Einlader der beiden Kölner Kundgebungen sind nicht die inzwischen miteinander verfeindeten, parlamentarisch gescheiterten Minigruppierungen Pro Köln und Pro NRW sondern Einzelpersonen aus dem Grenzbereich zu den autonomen Nationalisten: Für den 7.1.17 mobilisiert die extrem rechte Aktivistin Ester Seitz – die inzwischen als eine Wegbegleiterin der Minigruppierung Pro NRW um Beisicht gilt  – unter dem die Shoah relativierenden Motto „Ein Jahr nach dem Kölner Sex-Pogrom: Kein Vergeben, kein Vergessen!“ zu einer Kundgebung in einer Kleinstraße unweit des Domes sowie anschließendem Protestmarsch durch Köln. Die aus Neumarkt bei Nürnberg stammende Seitz, die seit 2014 als rechtsradikale Daueraktivistin in den Medien multipräsent ist, hatte 2015 den „Widerstand Ost West“ organisiert.[i]

Die Resonanz hierauf ist auf Facebook eher bescheiden. Zeitgleich mobilisiert ein breites Spektrum Kölner antifaschistischer Gruppierungen zu Gegenprotesten. So werden am 7.1.17 ab 13 Uhr beim Hauptbahnhof der Kölner Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck sowie der Linken-Landtagsabgeordnete Daniel Schwerdt sprechen.

Einen größeren Anklang findet voraussichtlich die Kundgebung vom 14.1. Anmelder ist der extrem rechte Aktivist Jan Fartas aus Köln, der seit mehreren Jahren in Köln-Zollstock eine kleine Gruppe von „Aktivisten“ aus dem Spektrum der „Autonomen Nationalisten“ um sich versammelt hat. Der 1988 geborene, kahlköpfige Fartas wurde zu einer Gefängnisstrafe von acht Monaten wegen Gewalttätigkeiten wohl 2011 oder 2012 verurteilt, wurde wegen einer guten Sozialprognose jedoch frühzeitig wieder entlassen.[ii] Zuvor hatte er Anschluss in der linken Hausbesetzerszene gesucht, war dort jedoch wegen seiner Gewaltfantasien und seiner ausländerfeindlichen Sprüche nicht angekommen. In Köln-Zollstock finden sich seit Jahren gehäuft rechtsextreme Aufkleber und Mobilisierungsaufrufe für Neonazi-Aufmärsche.[iii]

Auf linken Websites wird ausdrücklich vor Fartas ausgeprägter Gewaltbereitschaft gewarnt. Auch die Beschmierung eines Gedenksteins in Köln-Sülz im Juni 2016 – auf BnR spricht man von einer „antisemitischen Handschrift[iv] – wird dieser Gruppierung zugerechnet.[v]

Bundesweite Prominenz erlangte Fartas im Juli 2016 durch einen Fernsehauftritt bei Dunja Hayalis Donnerstags-Talk, in dem er sich gemeinsam mit einem halben Dutzend Kölner kahlköpfiger Aktivisten unter dem Banner „Köln für deutschen Sozialismus“ bei einer Bielefelder Nazikundgebung in Szene setzte. Gegenüber Dunja Hayali präsentierte er seinen Unterarm: „Ja, wir sind Nationalsozialisten“ verkündete er voller Stolz in die Fernsehkamera. Dies habe er auch auf seinem Arm eingraviert.[vi]

Auf einer Kölner Facebookseite präsentiert sich Fartas als Anmelder der Demonstration „Keine Gewalt gegen Deutsche!“ gemeinsam mit Paul Breuer, ehemals Kameradschaft Köln und Angeklagter im Aktionsbüro-Mittelrhein-Prozess in Koblenz. Breuer war bereits 2006 zu einer Haftstrafe verurteilt worden[vii] und hatte 1999 die erste große Kölner Neonazi-Demonstration angemeldet.[viii] Fartas spricht von einer „recht freundlichen Atmosphäre“ bei ihrem Kooperationsgespräch im Kölner Polizeipräsidium. In einem Facebookbeitrag vom 23.12. veröffentlicht Fartas eine auf einem in Sichtweite zum Dom gelegenen Boot aufgenommene, mit martialischer Musik untermalte Videobotschaft mit einem Mobilisierungsaufruf zur Kundgebung. In einem weiteren Beitrag auf dieser FB-Seite vom 19.11. wird in unverhohlener Nazidiktion von der „verbrecherische Politik der absichtlichen, gegen die einheimische Noch- Mehrheitsbevölkerung der Weißen europäischen Ursprungs“ gesprochen. Und: „Hier kann man die typische Handlungsweise dieses morschen Minussystems, in welchem wir gezwungen sind zu leben, erkennen.“ Es wird von „aggressiv raubende und vergewaltigende rassefremde Zuwanderern“ in Köln gesprochen wie auch vom „totalen Verschweigen der massenhaften schwersten Straftaten seitens der Polizei.“ Deshalb werde ihre Demonstration am 14.1. auch zum Kölner Polizeipräsidium führen. Die Kölner Behörde stünden „stellvertretend für ein moralisch bankrottes Minussystem, das nicht mal mehr so tut, als ob es deutsche Belange vertritt“ und die Deutschen „abgeschrieben“ habe. Abschließend bitten die Kölner Demoanmelder um ein deutliches Zeichen, „daß nicht alle Volksgenossen diese antideutsche Politik der BRD/EU stillschweigend hinnehmen. Bitte schwarz/weiß/rote Fahnen, sowie weitere stolze Fahnen und Transparente mitbringen, BRD- sowie NRW- Fahnen werden ausgeschlossen“ heißt es wörtlich.

Am 26.12. mimt besagte rechtsradikale Kölner Website den Philosophen – was angesichts des Auftretens und der Diktion dieser militanten Kleingruppe unfreiwillig komisch wirkt – , indem sie Werner Sombart[ix] zitiert: „Es lohnt sich nur zu leben für etwas, wofür sich auch zu sterben lohnt.“ Wenn das keine Ankündigung ist.

Die Mobilisierungen gegen diesen rechtsextremen Spuk laufen. An beiden Samstagen werden an mehreren zentralen Kölner Orten wie etwa dem Bahnhofsvorplatz Gegenkundgebungen u.a. von „Köln stellt sich quer“ und „Köln gegen Rechts“ stattfinden. Das Jahr 2017 beginnt nicht gut für Köln.

Linktipp: Köln: Gefährliche neue Bündnisse – Hooligans, Türsteher und Rechtsrextremisten organisieren Übergriffe auf „Fremde“

Bild oben: Jan Fartas (grüner Pullover), Mai 2015 © Redaktion Kein Veedel für Rassismus, http://www.keinveedelfuerrassismus.de/faschos-kriegen-kette/

[i] http://www.fr-online.de/frankfurt/demo-anmelderin-ester-seitz-in-frankfurt-wer-steckt-hinter–widerstand-ost-west–,1472798,30897890.html

[ii] https://www.lotta-magazin.de/nrwrex/2013/05/k-k-lner-neonazi-wegen-k-rperverletzung-verurteilt

[iii] „Extrem militant und gewaltbereit. Hier marschieren die Köpfe der Kölner Neonazi-Szene“, Express, 20.10.2015: http://www.express.de/koeln/extrem-militant-und-gewaltbereit-hier-marschieren-die-koepfe-der-koelner-neonazi-szene-22996498

[iv] „Antisemitische Handschrift“, Blick nach Rechts (BnR) 30.6.2016: http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/antisemitische-handschrift sowie auf haGalil: https://www.hagalil.com/2016/07/antisemitische-handschrift/

[v] http://koeln-nachrichten.de/lokales/stadtteile/gedenkstein-fuer-nazi-opfer-geschaendet/

[vi] https://www.youtube.com/watch?v=p9FQxzVrZUc (ab Min 2:38)

[vii] http://www.bnr.de/content/ae-ausfall-ae-der-spitzenkader

[viii] http://www.koelnganzrechts.de/jugend/kameradschaft.html

[ix] Werner Sombart (1863 – 1941) war ein stark antisemitisch motivierter Soziologe und Volkswirt. Er war Mitglied der 1933 gegründeten „nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht“ und gehörte im August 1934 zu den Unterzeichnern des Aufrufs „Deutsche Wissenschaftler hinter Adolf Hitler“, der im Völkischen Beobachter erschien. Weiterhin publizierte er mehrere antisemitische Publikationen, u.a. „Die Juden und das Wirtschaftsleben“ und die „Zukunft der Juden“. Dass die Zollstocker Nazi-Prolls Sombart wirklich gelesen haben dürfte als eher unwahrscheinlich gelten.

2 Kommentare

  1. Sry, aber wenn man selber anscheinend feststellen kann, daß diesen Spinnern jede Unterstütung fehlt, sollte man dies auch nicht aufwerten.

    „Die Resonanz hierauf ist auf Facebook eher bescheiden“

    „Die offiziellen Einlader der beiden Kölner Kundgebungen sind nicht die inzwischen miteinander verfeindeten, parlamentarisch gescheiterten Minigruppierungen Pro Köln und Pro NRW sondern Einzelpersonen aus dem Grenzbereich zu den autonomen Nationalisten“

    „zwei extrem rechte Einzelpersonen zu Demonstrationen und Kundgebungen nach Köln eingeladen,“

    Bin mir sicher, dazu muß es keinen Artikel geben.

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