VENICE GHETTO + 500

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Im Brennspiegel der Kulturen – eine Multimediaschau im Münchner Gasteig…

Der lombardische Fotograf Edegildo Zava (Bild oben (c) Ghetto Venice) erzählt in seinem vor Jahren entstanden Bilderzyklus „Venetian Ghetto: The very first“ von einem beinah menschenleeren Ghetto mit seinen in die Höhe schießenden Bauten, die Venedigs Skyline bilden. Luigi Viola, venezianischer Multimedia-Artist, greift in seinem neuen Video „Der Himmel über dem Ghetto“ nach Details in der oberen Perspektive und begibt sich auf eine Reise in eine andere Dimension, die einfühlsam musikalisch untermalt wird. Die seit einigen Jahren im venezianischen Ghetto – heute ein Viertel wie alle anderen – lebende israelische Künstlerin Michal Meron läßt die Geschichte vom Ghetto in strahlenden Farben wieder aufleben.

Bild aus: Luigi Viola, "Der Himmel über dem Ghetto"
Bild aus: Luigi Viola, „Der Himmel über dem Ghetto“, (c) Luigi Viola

Eine Multimedia-Ausstellung mit vielen Facetten: Spiritualität, Lebensfreude, Nachdenklichkeit, in deren Mittelpunkt das venezianische Ghetto in seinem 500sten Gründungsjahr als Brennspiegel der Kulturen zwischen Orient und Okzident über die Jahrhunderte hinweg steht.

GASTEIG – GLASHALLE – FOYER KLIEINER KONZERTSAAL
03. – 20. Dezember 2016
FOTOS – VIDEO – LITHOGRAFIEN
DOKUMENTATION
RAHMENPROGRAMM
ERÖFFNUNG: 03. Dezember 2016 um 18:00 Uhr

Als erste kamen deutschsprachige Juden…

Es waren deutschsprachige Juden die ersten Flüchtlinge, die 1516 das Ghetto von Venedig besiedelten. Deutsche und Italiener aus dem venetischen Hinterland, die im Jahre 1527 die erste Synagoge, die „ Scola Tedesca“ errichteten, deren trapezförmiger Umriss der Form des Ghettos selbst nacheiferte. Drei Jahrhunderte lang lebten 5.000 bis 6.000 Juden aus den deutschsprachigen Gebieten, später aus Spanien, Portugal, Süditalien und dem Osmanischen Reich auf engstem Raum und nächtlich von Wachen bewacht, für deren von der Republik erzwungene Bezahlung sie selbst aufkommen mussten.

Venedig war aber auch der erste Ort auf der Welt, der Juden erlaubte, sich auf städtischem Boden anzusiedeln. Die Tore, die am Abend geschlossen wurden, boten ihnen zugleich Schutz vor Übergriffen. Ein Leben unter widrigen Umständen, dem die Juden durch ein Übermaß an Erfindungsgeist und Kreativität zu trotzen lernten. Ein kreativer Elan, der sich in einer schätzenswerten literarischen Produktion, nicht zuletzt auch in der Errichtung von fünf prächtigen Synagogen materialisierte, eine davon von Baldassarre Longhena restauriert, dem Erbauer der Votivkirche „Santa Maria della Salute“.

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(c) Michal Meron, Öffnung des Ghettos durch Napoleon

Das venezianische Ghetto war durchdringlicher als man ahnen könnte. Die Juden selbst nannten es in ihrer typischen jüdisch-venezianischer Sprache „Chatzer“: Einzäunung. Venezianer und Fremde unterschiedlicher Herkunft besuchten es ungehindert, während jüdische Gelehrte und Intellektuelle Zugang zu den elitären Akademien der Stadt hatten.   Gekrönte Häupter holten sich bei ihnen Rat; bei Adligen waren sie willkommene Gäste. Mit 700 Druckereien und Verlagen war Venedig im XVI. Jahrhundert die Hauptstadt des Buches in Europa. Dort wurden auch die ersten hebräischen Bücher gedruckt, darunter der „Babylonische Talmud“(1520-23), der heute zu den Schätzen der Bayerischen Staatsbibliothek zählt. Das Ghetto war eines der herausragendsten Zentren rabbinischer Kultur, nach Außen offen und von geistiger Brillanz geprägt. Es entwickelte sich mit der Zeit als Ort des regen interkulturellen und interreligiösen Dialogs. Nach der Aufhebung des Ghettos im Jahre 1797 durch Napoleon und insbesondere nach der Emanzipation der Juden nach Anschluss Venedigs 1866 an dem italienischen Einheitsstaat, verließen die meisten Bewohner das Ghetto, um mitten in der Stadt zu wohnen, einige von ihnen in herrlichen Palästen, zu dessen Restaurierung sie mit enormen finanziellen Aufwand und viel Liebe zur Kunst beitrugen. Viele spielten eine beachtliche Rolle bei der Modernisierung Venedigs in der Zeit der „Belle Epoque“.

Das in den letzten Jahren revitalisierte Ghetto ist heute ein reizvolles Stadtgebiet, ein wenig abseits stets wachsender Touristenströme. Es gilt als „Ort der Erinnerung“ für Besucher aus der ganzen Welt. Ein Jüdisches Museum, das z.Z. umgebaut und erweitert wird, und seine prachtvolle Synagogen laden zur Wiederentdeckung eines Viertels mit magischer Anziehungskraft ein. Die Multimedia-Schau VENICE GHETTO + 500 will ein Echo des umfangreichen Veranstaltungsprogramms sein, das im Jahre 2016 das Ghetto-Gedenkjahr in Venedig begleitet hat.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der vor Ort erworben werden kann.

Rahmenprogramm

GASTEIG – Vortragsaal der Stadtbibliothek München
Sonntag, den 11. Dezember 2016 – 11:00 Uhr

Matinée
Vorführung des Dokufilmes von Emanuel Rund
„ Sefarad – 500 Jahre Vertreibung der Juden aus Spanien”
ZDF 1992 – 15 Min.

Lesung
Das Ghetto von Venedig in den Augen illustrer Besucher im Laufe der Jahrhunderte
Redakteur und Moderator Thilo Ruf liest aus Geschichten, Berichten, Zeugnissen
Anschließend nach kurzer Pause um 13:00 Uhr
Vorführung des Dokufilmes von Emanuela Giordano
„ Il Ghetto di Venezia- 500 anni di vita” – F/I
2015 HD – Tangram Film – 68 Min. – OmeU

Sonntag, den 18.12.2016 – 18:00 Uhr
Filmvorführung:
„Der Kaufmann von Venedig“ – GB/I 2004 Regie: Michael Radford
Historische Verfilmung des Stücks von W. Shakespeare mit Al Pacino – Lynn Collins –
Jeremy Irons – Deutsche Fassung 104 Min.

Weitere Informationen unter: www.proarte-muenchen.biz