Symposium in Dresden

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Aus Anlass von 100 Jahren Denkmal für die jüdischen Gefallenen des I. Weltkrieges…

Von Judith Bar-On

Mitte Januar hatten Dr. Gunda Ulbricht und Irina Suttner mehrere Historiker und Interessierte aus Nah und Fern zu einer Tagung über ein besonderes Denkmal auf dem jüdischen Friedhof in Dresden eingeladen, und viele folgten der Einladung. Am 15.01.2016 trafen sie sich in den Räumen der Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte – HATIKVA e.V. – in der Pulsnitzer Straße 10.

Nach einer sehr freundlichen Begrüßung aller Anwesenden durch Dr. Gunda Ulbricht hielt Dr. Tim Grady von der Universität Chester, der Autor der Dokumentation „German Jewish Soldiers oft he First World War in History and Memory“ in Deutsch einen sehr interessanten Vortrag über die Jüdischen Soldaten im Ersten Weltkrieg, über ihren Kampf und ihren Tod für Deutschland, über die für sie errichteten Denkmäler, aber auch über ihre Diskriminierung und über den „Dank des Vaterlandes“, für das viele ihr Lieben und ihre Gesundheit geopfert hatten. An zahlreichen Beispielen in ganz Deutschland zeigte er auf, wie – besonders in Synagogen, aber auch auf jüdischen und kommunalen Friedhöfen und auf kommunalen „Kriegerdenkmälern“ der jüdischen Kriegsopfer gedacht wurde. Er stellte fest, dass das Denkmal für die Jüdischen Gefallenen des I. Weltkrieges auf dem neuen jüdischen Friedhof in Dresden-Johannstadt , entworfen vom jüdischen Architekten Wilhelm Haller, das noch vor dem Ende des Krieges 1916 errichtet wurde, wohl das erste seiner Art überhaupt in Deutschland ist. Eine äußerst lebhafte und interessante Diskussion, die sich bis zur Mittagspause hinzog, schloss sich den Ausführungen von Dr. Grady an.

Nach einem schmackhaften koscheren Imbiss, nach dessen Ende Interessierten die Gelegenheit geboten wurde, den angrenzenden jüdischen Friedhof zu besuchen erfolgte die sehr beeindruckende Vorstellung der Datenbank „Denkmale für Jüdische Gefallene des I. Weltkrieges“ durch Frau Irina Suttner. Daran schloss sich wiederum ein äußerst interessanter Erfahrungsaustauch über das Thema“ Denkmale für jüdische Gefallene“ an: Rektor i.R. Israel Schwierz, der Autor der Dokumentationen „Für das Vaterland starben – Denkmäler und Gedenktafeln für jüdische Soldaten in Thüringen „ und „Für das Vaterland starben – Denkmale und Gedenktafeln bayerisch-jüdischer Soldaten“ konnte einige traurige, aber auch erfreuliche Erinnerungen aus der Zeit seiner Recherchen in Thüringen und Bayern berichten, Dr. Wolfgang Weissleder stellte seine Forschungen zu Jena und Potsdam vor, Ulrike Krausse zu Magdeburg, Wolfgang Benndorf zu Görlitz und Irina Suttner zu Dresden.

Am Ende der Diskussion war jedem klar geworden, dass bis zur Wiedervereinigung Deutschlands die Beschäftigung mit den für ihr deutsches Vaterland gefallenen jüdischen Soldaten in beiden Teilen Deutschland sehr unterschiedlich verlaufen war: während in der Bundesrepublik die Erinnerung an die jüdischen Kriegstoten schon bald nach Kriegsende – mit der Einführung des „Volkstrauertages“ – gepflegt wurde, war die Beschäftigung mit den Kriegstoten des Ersten Weltkrieges – Nichtjuden wie Juden – in der DDR eigentlich ein Tabuthema. Erhalten geblieben sind eigentlich nur die Denkmale, die sich in Synagogen (falls diese die NS-Pogromnacht überstanden hatten) und Kirchen, auf jüdischen und christlichen Friedhöfen befunden haben – die kommunalen „Kriegsgedenkstätten“ haben die Zeit der DDR oft nicht überlebt. Dafür haben allerdings in der DDR die Konzentrationslager-Gedenkstätten und die der zahlreichen Außenlager, aber auch die Denkmäler an die zahlreichen Opfer der KZ-Todesmärsche in sehr vielen Orten einen besonderen Platz eingenommen, der ihnen auch gebührt.

Viel zu schnell war gegen 1600 Uhr das Ende der Tagung gekommen. Die Veranstalter bedankten sich sehr herzlich bei den zahlreichen Organisationen und Einzelpersonen, die durch ihre Recherchen zum Gelingen des Projekts beigetragen hatten. Israel Schwierz, dem wohl am weitesten angereisten deutschen Teilnehmer, überreichte Frau Dr. Ulbricht ein wertvolles Buchgeschenk, über das er sich sehr freute.

Die Tagung von HATIKVA Dresden e.V. ist in Deutschland auf jeden Fall ein Novum. Auch wenn sich Organisationen (wie der Bund Jüdischer Soldaten) und Einzelpersonen (wie Prof. Dr. Peter Appelbaum aus New York (in Englisch), Oberst Dr. Gideon Römer-Hillebrecht, Hauptmann Michael Berger, u.v.a.) seit vielen Jahren mit den Schicksalen der jüdischen Soldaten in den verschiedenen Kriegen (1866, 1870/71, 1914/18) sehr intensiv auseinandersetzen und dankenswerterweise ihre Recherchen auch in mehreren Dokumentationen veröffentlicht haben – eine so interessante und beispielhafte Tagung wie die in Dresden hat es bisher wohl noch nicht gegeben. Dafür gebührt allen Mitarbeitern von HATIKVA – besonders Frau Dr. Gunda Ulbricht und Frau Irina Suttner und all‘ ihren Helfern der höchste Dank und die größte Anerkennung aller, denen der ehrliche Umgang mit der Geschichte Deutschlands ein Herzensanliegen ist.

Es ist sehr zu hoffen, dass diese Veranstaltung nicht die letzte ihrer Art war und dass sich die anderen Bundesländer daran ein Beispiel nehmen.