Ich frag ja nur…

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Die Deutschen haben ein neues Lieblingsobjekt entdeckt: Flüchtlinge…

Von Ramona Ambs

Flüchtlinge, am liebsten aus Syrien, denn die sind- das schreiben ja alle Medien rauf und runter- gut gebildet und hoch motiviert. Also Leute, die wir hier für unsere Wirtschaft brauchen können. Und wenn man sie lieb & laut begrüßt, dann hat man auch noch gute Publicity. Selbst die New York Times lobt die Empfangsszenen am Münchner Hauptbahnhof. Und keine Frage: Es ist wirklich wunderschön, dass so viele Leute spontan zusammenfinden, um die Flüchtlinge zu begrüßen und mit den notwendigsten Utensilien zu versorgen. Mich freut das sehr, zeigt es doch, dass es im Prinzip möglich ist, Großes und Großartiges, auch ganz ohne staatliche Organisation, zu leisten: nämlich Menschlichkeit.

Dennoch kann ich mich nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass einige, die sich da nun an den Bahnhöfen tummeln, das Ganze als cooles Happening sehen, bei dem man Selfies mit Flüchtlingen machen kann und sich danach auf Facebook als den guten Mensch von Sezuan- äh, nee, moment- München oder Berlin oder Frankfurt etc. verkaufen kann. Ich frage mich, wie lange diese Euphorie anhält. Und ich frage mich, wie echt diese Zuneigung ist.

Und das ist nicht nur Nörgelei und Miesmacherei meinerseits, sondern hat einen sehr konkreten Grund:

Ich habe zwei Jahre lang ehrenamtlich als Deutschlehrerin für Flüchtlingskinder gearbeitet. In meiner „Klasse“ waren damals, Ende der Neunziger Jahre, vor allem Kinder aus dem Kosovo. Sie wurden morgens von dem Containerdorf am Stadtrand mit einem Bus zur Schule gefahren. Es gab direkt neben der Schule ein großes Grundstück, auf dem die Container ursprünglich hätten stehen sollen. Es war nahe bei einem Spielplatz und einem Park, nahe an einem Einkaufszentrum- kurz: mitten im Stadtgebiet.

Aber die Anwohner, alles gehobenes Bürgertum in einem Stadtviertel, in dem vor allem grün und schwarz gewählt wurde, wehrten sich gegen die Aufstellung. Man hatte zwei Argumente, die aus Sicht der Anwohner dagegen sprachen. Das erste Argument: Man wolle den eigenen Kindern nicht zumuten, das Flüchtlingselend in den Containern, direkt vor der eigenen Haustür zu haben, weil sie deren Anblick traumatisieren könnte. Das zweite Argument: Man wolle den Flüchtlingen nicht zumuten in so einer reichen Umgebung zu wohnen, weil sie das demoralisieren könnte und ihnen die eigene Armut noch stärker verdeutlichen würde.

So kamen die Container an den Stadtrand und die Kinder wurden morgens mit dem Bus zur Schule und mittags wieder zurück an den Stadtrand gebracht. Da sie alle in einer Vorbereitungsklasse waren, ergaben sich auch keine Kontakte zu den anderen Schülern. Denn so schnell hat dann eben doch keiner deutsch gelernt, dass man sie problemlos in die vorhandenen Klassen hätte integrieren können. Und viel Zeit blieb auch nicht. Als ich eines Morgens zum Unterricht kam, fehlten 13 Kinder. Sie waren am frühen Morgen abgeholt und mit ihren Familien abgeschoben worden…

Das ist nun 15 Jahre her.

Eine der Anwohnerinnen von damals, die sich so sehr um das Wohl ihrer Kinder und das Wohl der Asylbewerber sorgte, war nun in Frankfurt dabei. Ihre Tochter, mittlerweile erwachsen und dank des Einsatzes ihrer Mutter völlig untraumatisiert, ebenso. Sie haben Süßigkeiten und Plüschtiere verteilt an die ankommenden Flüchtlinge. Und sie haben die Bilder davon auf Facebook gepostet. Sie sind gute Menschen. Sie haben nichts gegen Asylbewerber. Hatten sie auch damals nicht. Haben sie ja gesagt. Sie waren stets um das Wohl aller bemüht… und deshalb waren sie auch diesmal wieder mit dabei. Beim Winken und Schenken.

Zwei unter Vielen.

Aber wenn dann keine Züge mehr kommen, die Presse abgereist ist und die Flüchtlinge in den Unterkünften leben und ihre Kinder hier in die Schulen kommen – wie viel Liebe und Zuneigung wird dann diesmal übrig sein? Und was, wenn sich raus stellt, dass die Flüchtlinge vielleicht nicht motiviert, sondern traumatisiert sind?

Was, wenn sie ihre Kopftücher auf behalten wollen? Was, wenn sie sich nicht so integrieren wollen, wie sich die Leute das nun vorstellen? Kurz:

Was passiert, wenn die Leute merken, dass Flüchtlinge auch nur Menschen sind? Wird die Liebe dann auch noch da sein?

Ich frag ja nur…

11 Kommentare

  1. hallo nussknacker,

    wir sind hier mit menschen in allergrößter not unmittelbar konfrontiert – wir haben zu helfen! Diverse probleme, die sich in der folge ergeben können, und da gebe ich dir auch durchaus recht, die möglichkeiten sind auch mir bewußt, sind, im augenblick, nachgeordnet; allerdings nicht geeignet, um hier einen generalverdacht zu erheben. Asyl ist ein menschenrecht, ausnahmslos und unumstößlich! Was jetzt, so denke und empfinde ich, zählt, ist der mensch, sein schicksal. Herkunft, kultur und prägung spielen in diesem zusammenhang keinerlei rolle. Wir haben alles zu tun, um vertrauen zu gewinnen, hoffnung zu geben, und das geht.

  2. Hallo jim,

    leider kann ich Ihnen nicht zustimmen. Das Thema ist komplex und ich kann und will im Folgenden nicht auf jeden Aspekt eingehen sondern mich auf ein paar wenige beschränken.

    Mein Beitrag mag vielleicht schroff klingen, doch ich sehe keine bessere Möglichkeit, als Menschen, die aus anderen Kulturkreisen hierher flüchten, direkt bei ihrer Ankunft deutlich zu machen, dass hier andere Gesetze herrschen als in ihrer Herkunftsheimat und dass sie diese akzeptieren müssen. Das will ich nicht als unverbindliche Empfehlung vermittelt wissen sondern als Forderung. Die neue Heimat darf nicht die Fortsetzung der alten sein. Gerade am Anfang besteht die Möglichkeit, diese Menschen anzusprechen. In dieser Umbruchsphase sind die meisten noch offen für solche Botschaften. Wenn diese sich in ihrem Alltag eingeigelt haben, ist es zu spät.

    Wir haben hier in sehr weiten Bereichen eine freie Gesellschaft. Die Menschen, die zu uns flüchten haben ganz andere Erfahrungen. Sie kommen meist aus extrem autoritären und repressiven Gesellschaften, von denen sie geprägt wurden. Sie sind froh, hier aufgenommen zu werden. Doch dann beginnt der Alltag, die Suche nach einer besseren Wohnung, nach einem Job, nach Freunden und Bekannten usw. Das kann nicht ohne Frustrationen abgehen, besonders für die erste Generation bedeutet dies mangels Qualifikation möglicherweise, für den Rest des Lebens auf H4 angewiesen zu sein. Dann beginnen viele auf Vertrautes zurückzugreifen: Religion, Tradition, Verklärung der Vergangenheit, Pflege von Feindbildern, die die eigene Misere „erklären“ und erleichtern.

    Zwei Beispiele:

    Wenn, wie jüngst geschehen, in einem deutschen Flüchtlingsheim Jagd auf einen Insassen gemacht und dieser attackiert wird, weil er angeblich eine Koranseite zerrissen hat, dann hat sich der daran beteiligte Mob klar positioniert. In Pakistan kommt es in diesen Fällen immer wieder zu Lynchmorden. Für solche Neubürger darf hier kein Platz sein.

    Wir haben in diesem Land jede Menge biodeutsche Antisemiten. Unter den Flüchtlingen dürfte es eine nicht geringe Zahl geben, die ebenfalls dieser „Meinung“ sind. Ich will, dass diesen klar gemacht wird, dass der Hass, der die Gesellschaft in ihrem Herkunftsland zusammenkittet hier nicht akzeptiert wird.

    Wir müssen uns positionieren – auch gegen unsere Bequemlichkeit –, wenn wir unsere freie Gesellschaft erhalten wollen.

    • Hallo nussknacker56,

      ich gebe Ihnen Recht und stimme mit Ihnen überein.
      Wenn wir weiterhin in einer freien, pluralistischen und säkularen Gesellschaft leben wollen, müssen wir jenes den Flüchtlingen aus allen Ländern deutlich machen, wo die Grenzen sind.

      In den Flüchtlingsunterkünften ist aber bereits zu beobachten, dass sich die Flüchtlinge genauso wie in deren Herkunftsland verhalten – warum sollten sie es auch nicht – und Frauen, je nach Herkunft, schön „zu Hause“ bleiben müssen, während die Männer in Gruppen auf der Straße stehen (und auch mal gerne Vorgärten düngen).

      Meine Befürchtung ist aber, dass diese Haltung von den (pseudo) Gutmenschen als Kulturimperalismus und sogar rassistisch und faschistisch gewertet wird.
      Schon jetzt wird davon geredet, Deutschland werde sich ändern. Ich hoffe im Sinne und Geiste der Aufklärung, hinter der intellektuell sehr weit zurückgefallen wird (so sehe ich es).

      Zynisch: Deutschland wird sich ändern, und die Frauen können sich schon mal modisch schicke Kopftücher kaufen.

      Kyniker

      • Wollte es mir eigentlich ersparen:

        „Zynisch: Deutschland wird sich ändern, und die Frauen können sich schon mal modisch schicke Kopftücher kaufen.“

        „Heinrich Rothmund, Leiter der Eidgenössischen Fremdenpolizei ab 1919, warnte insbesondere vor der „Verjudung“ der Schweiz. Auch war man der Ãœberzeugung, dass die Schweiz den Flüchtlingen nicht als Asylland, sondern bloss als Transitland zur Verfügung stehen sollte. Vor diesem Hintergrund sind die Verhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland, die nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 zur Kennzeichnung der Pässe deutscher Juden durch den „J-Stempel“ führten, Teil einer Geschichte, die sich nicht auf die „dunklen Jahre“ der nationalsozialistischen Herrschaft beschränken lässt.“

        aus dem offiziellen Amt für Migration der Schweiz (jugendweb)

      • Hallo ente,
        in der Tat kann man meine zynische Bemerkung in dieser Weise verstehen, doch wollte ich damit nicht vor eine „Islamisierung“ warnen sondern davor, im vorauseilenden Gehorsam, damit die Flüchtlinge sich nicht provoziert fühlen, doch am besten auch Kopftücher usw zu tragen.
        Ich habe mich, das ist unbestritten, hier nicht deutlich genug ausgedrückt.
        Kern meines Schreibens ist aber: Schon jetzt wird davon geredet, Deutschland werde sich ändern. Ich hoffe im Sinne und Geiste der Aufklärung. Und füge gerne hinzu, dass in deren Sinne die Asylanten und Flüchtlinge in Deutschland integriert werden und sich integrieren, Religionsfreiheit inbegriffen.

        Dein Zitat finde ich an dieser Stelle auch unter meiner Erklärung interessant, zeigt es doch wie ein vermeintlich neutrales, klassischen Asylland wie die Schweiz sich im zweiten Weltkrieg gegenüber jüdischen Flüchtlingen verhalten hat. Hier hat die Schweiz, wohl um die Auschwitz wissend, Juden auch nach 1938 nach Deutschland abgeschoben. Antisemitismus war und ist in er Schweiz genauso verbreitet, wie in anderen Ländern.

        Kyniker

      • Hallo ente,
        natürlich müssen wir den Flüchtlingen und Asylanten helfen. Doch man wäre blauäugig, wenn die Integration der Flüchtlinge keine Probleme geben wird.
        Viel schlimmer ist es aber, dass von Seiten der Wirtschaft und der Politik zwischen guten Flüchtlingen/Asylanten und schlechten Flüchtlingen/Asylanten unterteilt wird, alleine auf Grund deren Herkunft! Das eigentliche Wesen des Asylrechts wird damit aufgegeben und ausgehöhlt; demnächst per Gesetzt so eingeführt. Oder meint jemand, Sinti und Roma werden in Ungarn, Albanien, Kosovo und anderen Ländern nicht verfolgt und unterdrückt.
        Um wieder den Bogen auf Ramona Ambs Artikel zurück zu schlagen: dieses, das Einteilen nach guten und schlechten Asylanten, diese Befürchtung steckt implizit in ihrem Artikel.
        Kyniker

  3. Wer das nicht akzeptieren will, muss gehen bzw. nötigenfalls abgeschoben werden. Ich sehe leider kaum entsprechende Anstrengungen vonseiten der dafür zuständigen Politiker und Institutionen.

    Hallo, nussknacker,

    denke, die aus Syrien bzw. Afghanistan geflüchteten Menschen derart kategorisch mit etwaigen Verhaltenskodizes zusätzlich unter Druck setzen zu wollen, wäre eindeutig der falsche Weg.

    Alles hat seine Zeit.

    Jetzt, unmittelbar, gilt es, diesen Menschen beizustehen ihre Ängste zu mildern, Sicherheit zu bieten, Respekt und Anerkennung zu gewähren.

    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass unser vereintes Europa diese, im Verhältnis zu bisher gemeisterten Krisen eher lächerliche Anforderung, wohl stemmen wird.

    • Hallo Jim,
      ich gebe Dir Recht, das unmittelbar den Flüchtlingen geholfen werden muss. Ich sehe dabei aber keinen Widerspruch ihnen deutlich zu machen, dass sie sich nach den Gesetzen der BRD zu halten haben, wozu auch so Sachen wie Gleichberechtigung, Religionsfreiheit usw. gehört, auch dass Vergewaltigung kein Kavaliersdelikt ist.

      „Jetzt, unmittelbar, gilt es, diesen Menschen beizustehen ihre Ängste zu mildern,…“

      Ich habe gestern auf Tagesschau 24 einen Bericht über die Behandlung der psychisch Traumatisierten Kinder der Flüchtlinge gesehen. Dass es an Psychologen und Psychiater für die Behandlung der Flüchtlingskinder fehlt, wundert doch niemanden der weiß, dass der Artige Einrichtungen generell in Deutschland Mangel sind. Und wenn man diesen Kindern, wie generell Traumatisierten, nicht hilft, hat man ein großes Integrationsproblem mit ihnen bzw. werden sie als Verhaltensgestörten später zu den schlechten Asylanten zählen, die keiner haben möchte…

      Kyniker

  4. Hallo Kyniker,

    mir wäre auch viel wohler, wenn das Ganze nüchterner angegangen werden würde. So löblich das Engagement von etlichen Helfern ist, so sehr macht es mich misstrauisch, wie ausdauernd diese Tätigkeit ist. Den Flüchtlingen tut man keinen Gefallen, wenn man sie mit Blumen überschüttet und hinterher gemeinsam einen Eierkuchen isst. Vor allem ist es mit reinen Hilfsangeboten nicht getan.

    Unbedingt notwendig sind Gespräche über die Erwartungshaltung der Flüchtlinge, ihre Nöte, die Chancen und die Realität hierzulande aber auch parallel die Vermittlung von Anforderungen an die Flüchtlinge, die unabdingbar sind:
    1. Akzeptanz einer säkularen Gesellschaft – Religion ist zwingend Privatsache
    2. Gleichstellung von Mann und Frau
    3. Hier gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia oder vergleichbare Konstruktionen

    Wer das nicht akzeptieren will, muss gehen bzw. nötigenfalls abgeschoben werden. Ich sehe leider kaum entsprechende Anstrengungen vonseiten der dafür zuständigen Politiker und Institutionen.

    • Hallo nussknacker56,

      zu Akzeptanz einer säkularen Gesellschaft:
      Die Folklore der Flüchtlinge werden jene nicht so freiwillig ablegen.

      In Deutschland sind die hiesigen Salafisten bereits unterwegs um die Flüchtlinge ab zu holen.
      Das wird erst recht ein Thema werden, wenn sich Deutschland als das herausstellt, was es ist: eben nicht das „gelobte Land“, das die Flüchtlinge nur mit offenen Armen aufnimmt.
      Und soziale Konflikte sind heute bereits vorgegeben. Ich denke an der 3. Generation der Gastarbeiter und an die Ãœbersiedler.

      P.S: Es fehlen übrigens nicht qualifizierte Arbeitskräfte sondern die, die für geringeren Lohn arbeiten! So sind die Qualifizierten unter den Flüchtlingen hoch willkommen.

  5. „Was, wenn sie ihre Kopftücher auf behalten wollen? Was, wenn sie sich nicht so integrieren wollen, wie sich die Leute das nun vorstellen?“
    Ich möchte hier nicht schlecht reden, doch ist das leider nicht unwahrscheinlich. Der Zentralrat der Muslime hat gewarnt, dass die Flüchtlinge ihre Konflikte mit nach Deutschland (oder wo auch immer) bringen würden.
    Nicht, dass man mich missversteht: es ist richtig, den Flüchtlingen zu helfen.
    Und die deutschen Politiker werden schon für die Spannungen zwischen Deutschen und Flüchtlingen sorgen.

    Kyniker

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