Exkursion zum jüdischen Friedhof in Schwanfeld

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In Schwanfeld im Landkreis Schweinfurt existierte bereits bis 1298 eine Jüdische Gemeinde, die jedoch während der „Rintfleisch-Verfolgung“ ausgelöscht wurde…

Von Judith Bar-Or

Erst ab 1579 gab es dann im Ort bis 1942 wieder Juden und eine Gemeinde mit einer 1786 erbauten Synagoge , einem Ritualbad, einer 1784 errichteten Schule und einem bereits 1579 in der Nähe des Dorfes angelegtem Friedhof, der heute an dem Ludwig-Gutmann-Weg rechts der Straße nach Obereisenheim liegt.

Auf diesem ehemaligen Bezirksfriedhof, auf dem zahlreiche jüdische Gemeinden, u.a. Schwanfeld, Bibergau, Dettelbach, Estenfeld, Gochsheim, Rimpar, Schwebheim, Theilheim Untereisenheim, Werneck, Zeilitzheim, u.a.m. ihre Verstobenen bestatteten, führte das Fortbildungsinstitut der Diözese Würzburg am letzten Tag im April eine Exkursion durch, die offensichtlich recht großen Anklang fand, da sich 30 Teilnehmer/innen – Geistliche der Diözese Würzburg, Studierende der kath. Theologie, aber auch ganz „normale“ Interessierte aus der näheren und weiteren Umgebung – daran beteiligten.

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte deren Leiterin, Frau Dr. Monika Berwanger, sehr herzlich vor dem Friedhof den Referenten, Rektor i.R. Israel Schwierz und alle Exkursionsteilnehmer. Danach informierte Israel Schwierz, langjähriger Lay Leader der jüdischen US-Militärgemeinde in Franken, alle Anwesenden über die religiöse und abstammungsmäßige Gliederung des jüdischen Volkes und über die religiösen Richtungen des Judentums. Anschließend begaben sich alle Exkursionsteilnehmer auf den Friedhof, wo am Eingang einzelne Grabsteine exemplarisch erklärt wurden, und zwar die verschiedenen Symbole als auch die immer vorkommenden Inschriften.

Im Anschluss an die allgemeinen Informationen begab sich Frau Dr. Berwanger mit den Mitgliedern des hebräischen Lesekurses der Universität Würzburg zu weiteren ausgewählten Grabsteinen, um dort die jeweiligen Inschriften zu entziffern. Israel Schwierz, selber über viele Jahre lang Mitglied der Chewra Kaddischa (= Heilige Beerdigungsbruderschaft) der IKG Würzburg, informierte in dieser Zeit vor der Tahara-Halle (= Leichenhalle zur Durchführung der rituellen Reinigung vor der Bestattung) die anderen Exkursionsteilnehmer sehr anschaulich über jüdische Sterbe- und Beerdigungsriten, über die Trauerzeiten, aber auch über Verhaltensregeln auf jüdischen Friedhöfen und bei jüdischen Beerdigungen sowohl in der Galut (=Diaspora) als auch in Israel.

Nachdem die Mitglieder des Lesekurses das Entziffern der Grabsteine erfolgreich beendet hatten begaben sich alle Exkursionsteilnehmer in die (früher) doppelstöckige Tahara-Halle, wo sie nicht nur den steinernen Tisch betrachten konnten, auf dem die Tahara (= Waschung und rituelle Reinigung mit Wasser) durchgeführt wurde, sondern auch eine weitere Besonderheit – einen Ziehbrunnen innerhalb des Gebäudes. Hier wurde also das zum Durchführen der Tahara notwendige Wasser nicht von außen herbeigeschafft, es konnte im Gebäude selber geschöpft werden. Die Zwischendecke des einst doppelstöckigen Gebäudes existiert heute nicht mehr; im oberen Raum hielten sich früher die Menschen auf, die Totenwache hielten. Auch hier informierte Israel Schwierz über weitere Aspekte, die mit Tod und Bestattung in Verbindung standen und beantwortete zahlreiche Fragen.

Exkursion zum jüdischen Friedhof in Schwanfeld

Nach fast zwei Stunden, nachdem der Wissensdurst gestillt war, bedankte sich Frau Dr. Berwanger sehr herzlich beim Referenten, aber auch bei allen Teilnehmern der Exkursion für die gute und offene Zusammenarbeit. Ihren besonderen Dank sprach sie zum Abschluss der Veranstaltung dem Bürgermeister von Schwanfeld, Herrn Richard Köth, für seine stetige große Hilfsbereitschaft und Unterstützung bei der Planung und Durchführung der Exkursion aus.

Es ist äußerst erfreulich, dass sich sowohl katholische Theologen als auch ganz „normale“ Menschen intensiv mit dem Judentum und mit Zeugnissen jüdischer Vergangenheit in ihrer Heimat befassen. Diesem Bestreben hat Frau Dr. Berwanger mit der von ihr geplanten und durchgeführten Exkursion voll Rechnung getragen. Daher gebührt ihr und allen, die ihr hilfreich zur Seite standen, besonders auch Herrn Schwierz und Herrn Bürgermeister Köth, tiefer Dank und größte Anerkennung aller. Die sehr erfreuliche Anzahl der Exkursionsteilnehmer lässt hoffen, dass dies nicht die letzte Veranstaltung dieser Art des Fortbildungsseminars der Diözese Würzburg gewesen sein mag.