Dünnes Eis

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Das Genfer Rahmenabkommen…

Von Detlef zum Winkel

In Genf wurde mit zweitägiger Verspätung eine Einigung in den P5+1 Verhandlungen verkündet. Nach der Überschreitung der selbst gesetzten Frist hat man noch bis zum 2.4. gewartet, um sich nicht anhören zu müssen, die Diplomaten hätten sich auf einen Aprilscherz verständigt. Das Abkommen besteht aus einem Kommuniqué und sogenannten Eckpunkten. Das Kommuniqué ergeht sich offenbar in Allgemeinheiten. Es enthält Formulierungen derart, dass das iranische Atomprogramm einem Kontrollsystem von Kontrollen unterworfen werde (SPON). Die Beschränkungen, denen der Iran zugestimmt habe, hätten eine Dauer von „bis zu“ 25 Jahren. Was immer das heißen mag. Dafür würden die Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden. Obama feierte das Ergebnis sogleich als historischen Erfolg.

Von den Eckpunkten erfährt man zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal, wie viele es davon gibt. Werden wir es je erfahren? FAZ.net beschreibt das merkwürdige Prozedere so: „Da wird zunächst ein ziemlich nichtssagendes Kommuniqué verlesen. Ein gemeinsames Papier gibt es nicht, jedenfalls vorerst nicht öffentlich. Und dann darf sich jede Seite über die angeblichen Inhalte äußern, so, wie sie meint, dass das die Leute bei sich zu Hause gerne hören“. So etwas nennt man ein Abkommen mit geheimen Neben- oder Zusatzvereinbarungen. Die deutschen Alphamedien stört das nicht. Hier finden wir leider auch ein ziemlich nichtssagendes Berufsverständnis.

Als Konkretisierungen werden mündlich genannt:

  • Der Iran wird von seinen derzeit rund 19.000 Uranzentrifugen nur noch 6.000 betreiben. Das klingt besser, als es ist: auch bisher waren immer höchstens 10.000 Zentrifugen in Betrieb. Von einer Zerstörung der ungenutzten Zentrifugen ist keine Rede.
  • In der unterirdischen Anlage von Fordo verbleiben 1.000 Zentrifugen. Damit sollen andere Materialien, aber kein Uran mehr angereichert werden – technisch gesehen eine Weltneuheit. Fordo soll ein Zentrum für Nuklearphysik werden. Das hört sich nur dann gut an, wenn man unausgesprochen davon ausgeht, dass es dort Anfang 2013 einen Unfall gegeben hat, der allerdings von allen Seiten dementiert wurde. Dann hätte Nuklearphysik dort schon so umfangreich stattgefunden, dass es in Zukunft hauptsächlich um Fragen der Entsorgung geht.
  • 95% der Bestände an angereichertem Uran sollen ins Ausland gebracht oder verdünnt werden. Ob sie zu Brennelementen verarbeitet werden, bleibt offen. Theoretisch könnte Iran seine Bestände also in Syrien deponieren?
  • Der angeblich nahezu fertiggestellte Schwerwasserreaktor von Arak soll so modifiziert („redesign and rebuild“) werden, dass damit „kein waffenfähiges Plutonium“ mehr erbrütet wird. Andere Schwerwasserreaktoren werde Iran nicht errichten.

Über ein Einfrieren von Forschung und Entwicklung scheint keine Einigung erreicht worden zu sein.

Bis zum 30. Juni sollen die noch offenen Fragen geklärt werden, um ein endgültiges Abkommen zu erzielen. An dieser Stelle soll nicht vorschnell alles schlecht geredet werden. Was die bisher bekannt gewordenen Abreden über Urananreicherung betrifft, so kann man darin einen realen und nicht unbedeutenden Fortschritt sehen. Das Problem dabei sind die Hintertüren, die es bei jedem dieser Eckpunkte gibt. Außerdem muss man jetzt immer bedenken, dass wir hierzu nur die „westliche Version“ zu hören bekommen, während die iranische Version vermutlich anders lautet.

Was den Schwerwasserreaktor betrifft, so haben es Obama und seine beiden in Genf anwesenden Minister Kerry und Moniz versäumt, einen Anruf nach Los Alamos zu tätigen. Dort ist genügend Kompetenz versammelt, um zu beurteilen, ob man einen Schwerwasserreaktor und insbesondere den IR-40 von Arak so umbauen kann, dass damit kein waffenfähiges Plutonium mehr zu gewinnen wäre. Das ist wirklich ein Aprilscherz, aber ein ziemlich verhängnisvoller.

Diese Frage wurde nicht von den Außenministern, sondern von den in Genf anwesenden Fachministern erörtert. Dabei hat der Leiter des iranischen Atomprogramms, Ali Akbar Salehi, seinen amerikanischen Gegenspieler, den US-Energieminister Ernest Moniz, über den Tisch gezogen. Und Steinmeier? Der hätte wohl auch unterschrieben, dass man mit Schwerwasserreaktoren Radieschen züchten kann. Hauptsache, wir sind unter den Lieferanten.

7 Kommentare

  1. Mit den Zentrifugen sollen andere Stoffe als Uran angereichert werden, der Schwerwasserreaktor von Arak soll modifiziert werden, so dass damit kein waffenfähiges Plutonium erbrütet werden kann …

    Klar… und morgen modifizieren die Autobauer die Verbrennungsmotoren so, dass diese kein CO2 mehr ausstoßen.

    Und Obama sagt: Iran müsse für den Atom-Deal als Voraussetzung Israel nicht anerkennen.

    Ich schlage vor, dass die amerikanischen und europäischen Nuklearexperten, insbesondere die Deutschlands, in den Iran reisen und den Mullas in der Nukleartechnik und bei der Errichtung der Reaktoren helfen. Damit erspart man die unnötigen, halbherzigen und verlogenen Verhandlungen mit dem Iran. Die Sanktionen sollten auch gleich aufgehoben werden.

    Der Iran wird sich früher oder später seine Atombombe sowieso bauen, und der Westen möchte das auch gar nicht verhindern, denn hier wird es vielversprechende Geschäfte geben.

    Und Israel: wem interessiert Israel …

    Kyniker

    • „Und Obama sagt: Iran müsse für den Atom-Deal als Voraussetzung Israel nicht anerkennen.“

      Was de facto eine Verabschiedung der bisherigen Unterstützung Israels in dessen Existenzrecht seitens der Obama Regierung bedeutet.

      Aber wundert das jemandem. Und ich meine als Grund nicht die unsägliche Regierung, besser Politik, Netanjahus.

      Kyniker

  2. „Auch Außenminister Colin Powell habe die Bedrohung durch Irak verzerrt dargestellt, sagte Thielmann den Angaben zufolge. Powell habe am 5. Februar im UN-Sicherheitsrat Aluminiumröhren als Beweis für ein irakisches Atomwaffenprogramm angeführt, obwohl er von der Geheimdienstabteilung mehrmals informiert worden sei, dass diese Röhren nicht für die Produktion von waffenfähigem Atommaterial geeignet seien.

    „Ich habe es sehr bedauert, dass Powell sich dennoch vor dem UN-Sicherheitsrat und vor der Welt auf diese falschen Beweise berief“, sagte Thielmann laut ZDF.“

    „Dies sei ein „Schandfleck“ in seiner Karriere, sagte Powell. Schließlich sei er es gewesen, der für die Vereinigten Staaten der Welt diese Argumentation präsentiert habe. Das werde immer Teil seines Lebenslaufes sein. „Es war schmerzlich. Es ist jetzt schmerzlich“, sagte Powell in dem Interview, das am Freitag abend ausgestrahlt werden soll.“

    http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/irak-krieg-powell-schandfleck-meiner-karriere-1255325.html

    Ich erinnere mich gut an den Tag als Powell diese Rede hielt – und ich war restlos enttäuscht von ihm, denn er war der einzige in der Bush Administration, den ich für einen anständigen Menschen hielt.

    Zumindest ist er tatsächlich der einzige, der den Anstand hatte, die Irreführung der Öffentlichkeit nachträglich öffentlich zu bedauern und einzuräumen. Dass er aus der Bush Administration, die grenzenloses Leid über die Zivilbevölkerung im Nahen Osten brachte und die gesamte Region heillos destabilisierte, was Terrorbewegungen wie dem IS erst den Weg ebnete, bald gegangen wurde, war sicher kein Zufall.

    • Hallo Jane,
      ja, schön, kann Deinem Beitrag soweit zustimmen, doch was hat dieser mit den Atomverhandlungen mit den Iran zu tun.

      Der Iran wird es keinem direkt auf die Nase binden, dass er die Atombombe will. Wenn es ihm nur um eine friedliche Nutzung ginge, braucht er nicht die Zentrifugen in dieser Anzahl und zusätzlich einen Schwerwasserreaktor, mit dem sich generell Plutonium gewinnen lässt. Schwerwasserreaktoren werden gerade dann eingesetzt, wenn kein angereichertes Uran zur Verfügung steht, da er mit natürlichen Uranisotopen betrieben werden kann.

      Zentrifugen und Schwerwasserreaktoren bilden eine prima Grundlage für na was wohl…

      Kyniker

      • Der Iran wurde 10 Jahre von seinem irakischen Nachbarn mit Krieg überzogen, damals war Hussein noch Partner der USA und von diesen dazu angestachelt. Von Bush wurde der Iran zu der ‚Achse des Bösen‘ gezählt. Bush begründete seinen Krieg gegen den Irak mit gefälschten ‚Beweisen‘, und das obwohl der Irak mit der IAEA am Ende uneingeschränkt zusammen arbeitete. Der Iran ist von amerikanischen Militärstützpunkten praktisch umzingelt.

        Kann es da verwundern, wenn der Iran möglicherweise ebenfalls zu einer Politik der Zweideutigkeit greift und zumindest die Welt im Glauben lassen will, es könnte sein? Denn wer die Bombe hat (oder hätte) darf sich sicher fühlen. Wenn der Iran Israel angreifen würde, wäre das nationaler Selbstmord – denn es ist auch unter Experten schon lange unumstritten, dass Israel eine Menge Atomsprengköpfe besitzt und sein Zweitschlagspotential dürfte erheblich sein.

        Der Iran hat die letzten 200 Jahre lang nie ein anderes Land angegriffen und auch seit der islamischen Revolution ist dies nicht geschehen.

        Lt israelischer und amerikanischer Geheimdienste hat der Iran keine Atombombe und baut wohl auch an keiner.

        Seit den 90ern warnt Netanyahu die Welt vor der iranischen Bombe, nur passiert ist nichts.

        Ahmadinedjad, der mit seinem berühmten und etwas verfälschten Zitat ‚Das Besatzungsregime müsse Geschichte werden‘ – immer wieder als DIE Begründung für das ganze Kesseltreiben herhalten muss, hatte in besagter Rede ausdrücklich Ayatholla Khomeini zitiert – und den hat Israel, wie erstaunlich bis Ende der 80er mit Waffen im Wert von Hunderten Millionen Dollar belieferte. Anscheinend, hat einem diese Rethorik noch keine große Probleme bereitet.

        Mir gefällt auch vieles nicht an der Republik der Ayathollas, aber es ist gut, dass es im Nahen Osten noch ein muslimisches Land gibt, dass nicht destabilisiert und kolonisiert ist.

        Ich wüsste wirklich nicht, was an Saudi-Arabien oder Pakistan besser wäre, wahrscheinlich sind die schlimmer, aber denen liefern wir Waffen und hätscheln sie, als unsere Verbündeten, obwohl die ganzen Terrorbewegungen dort ihren Anfang nahmen, die Pakistanis die Atombombe längst haben und die Saudis die Menschenrechte viel schlimmer missachten.

        Die Menschen haben ein Recht ihre Entwicklung selbst und ohne westliche Entmündigung voranzutreiben. Die Iraner sind da zweifelsfrei auf einem guten Weg.

        Letztendlich geht es doch um die westlich/israelische Hegemonie über den arabischen Raum – und nicht etwa eine reale Bedrohung wegen einer herbei phantasierten ‚Auslöschung Israels‘.

        Was diese hegemonialen Großmachtsträume bisher angerichtet haben, können wir dieser Tage im grenzenlosen Leid in Syrien sehen – die Taliban, Al-Kaida, IS – sie alle hätte es sonst wohl nie gegeben und die Christen würden immer noch friedlich in den muslimischen Ländern leben, so wie 2000 Jahre lang zuvor.

        Der Iran ist auch das einzige Land, in dem es immer noch eine nennenswerte jüdische Gemeinde gibt, die dort gerne und gut lebt und absolut keine Lust hat nach Israel auszuwandern – trotz aller attraktiver Angebote.

      • Hallo Jane,
        Zentrifugen und Schwerwasserreaktoren bilden eine Grundlage für den Bau einer Atombombe. Des weiteren eignet sich der Iran Kenntnisse der Kernverschmelzung an, international und legal.

        Wenn man sich die P5 + 1 Verhandlungen ansieht bekommt man Zweifel, das der Westen, auch die USA, mittlerweile den Besitz einer Atombombe des Irans verhindern möchte.
        Kyniker

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