Der Nazi und der Spaziergänger

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Toskana… Der Name schon ist Verheißung: Zypressenbäume, Olivenhaine, die kleine Weinstube an der Piazza del Campo – eine Kulisse wie in einem Bertolucci-Film. Und mitten drin: Onkel Otto…

Von Ramona Ambs

Onkel Otto, der nicht gerne geduzt wird und der dort in einem kleinen Schlösschen haust, auf einer romantischen Anhöhe, auf die eine eigene Allee hinauf führt. „Sein Leben war kein Spaziergang“ betitelt das Zeitmagazin den Bericht über Otto Schily. Und jaaa, wirklich, so stellt man sich den Lebensabend vor, wenn das Leben kein Spaziergang war: Ein Haus am Rande von Siena, Sonnenuntergang, es duftet nach Rotwein und frisch gebackenem Brot.

"Sein Leben war kein Spaziergang"

Und Onkel Otto plaudert aus dem Nähkästchen: „Horst Mahler ist ein begabter, hochintelligenter Mann. Es ist eine unglaubliche Tragik, was aus ihm geworden ist.“

(An dieser Stelle macht Onkel Otto vermutlich ein betroffenes Gesicht, streichelt nachdenklich über sein Kinn und nimmt einen Schluck schweren Weins zu sich.) Vielleicht sollte er seinen alten Freund mal im Gefängnis besuchen, überlegt Otto und sagt: „Ich weiß natürlich nicht, ob er es zulassen würde. Ich finde es ja unsinnig, dass er im Gefängnis sitzt. Den Holocaust zu leugnen ist gewiss abscheulich, moralisch verwerflich, grotesk und törricht. Aber deshalb über Jahre ins Gefängnis? Ich finde, diesen Straftatbestand sollte man überdenken.“

Vielleicht- so philosophiert man als Leser weiter- vielleicht könnte der Horst ihn dann ja auch mal besuchen. Dort drüben, in der schönen Toskana. Juden gibts da ja auch ohnehin kaum noch. (Florenz und Livorno kann man ja meiden und die eigentlichen toskanischen Juden, vor allem aus Pitigliano, haben die deutschen Vorfahren ja vorab schon erfolgreich eliminiert.) Gute Vorraussetzungen also, um alte Kontakte wieder zu beleben und grundsätzlich mal über den Paragraphen 130 zu philosphieren. Es wird Zeit, dass man dieses heiße Eisen anpackt. Grade jetzt, wo der Antisemitismus wieder auf dem Vormarsch ist. Da wird doch auch Holocaustleugnung wieder relevant und virulent! Man kann doch nicht alle ins Gefängnis stecken. Zumal in der Toskana ja viel Platz ist. Sehr viel Platz und viel viel Verständnis.

Und abends kann man dann durch die Pinienwälder spazieren und danach bei einem Glas Chianti den letzten Überlebenden verbal ins Gesicht kotzen. Das Leben ist schön.

2 Kommentare

  1. Betrachte persönlich dies, wie immer, als Denkanregung von Ramona Ambs.

    Hierzu möchte ich gerne auch die Meinungen von Broder, Posener oder Art Spiegelman einfließen lassen:

    http://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/holocaust-leugnen-verbot-aufheben-91184/

    Einen Otto Schily mit Mahler ins selbe Boot zu setzen, mag nussknacker56 gefallen, besonders die „schimmernde“ gemeinsame Verbindung mit Israel als Einstiegsthema. Wäre bestimmt nett:

    Die Frage ist nur, wann das Boot weggluckert.

    Eigentlich ist Schily ja das „Sprachrohr der zionistischen Regierung“:

    http://www.arendt-art.de/deutsch/palestina/Stimmen_deutsch/schillY_otto_bundesinnenminister.htm

  2. Artikel von Frau Ambs sind fast immer ein Volltreffer. Wie auch hier wieder zu lesen ist. Einer könnte zu der Runde noch dazu stoßen, Christian Ströbele, und ein wunderbares Trio daraus machen.

    Ich kann mich an ein länger zurückliegendes Interview erinnern, in dem dieser Mahler ebenfalls merkwürdig verhalten „kritisiert“ hat. Zwischen den Zeilen schimmerte so etwas wie eine gemeinsame Verbindung durch. Das Thema „Israel“ wäre für die obige Runde als Einstiegsthema optimal geeignet.

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