AJC weist Vorwürfe von Antisemitismusforschern zurück

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Das American Jewish Committee Berlin weist Aussagen einer Studie des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU-Berlin zurück, nach denen jüdische und zivilgesellschaftliche Organisationen antisemitische Vorfälle übertrieben und instrumentalisierten. In einer Stellungnahme zur jüngsten Studie des ZfA  warnt das AJC daher vor einer Verharmlosung des Judenhasses…

„In einer Zeit, in der Juden ihre Zukunft in Deutschland und Europa in Frage stellen, darf man nicht die Gefahr des Antisemitismus verharmlosen. Der Studie mangelt es an Sensibilität für die Ängste und Sorgen von Juden, die nach den vielen antisemitischen Protesten im Sommer letzten Jahres deutlich gestiegen sind“, sagte Deidre Berger, Direktorin des AJC Berlin Ramer Institute.

Berger zeigte sich überrascht über das Ausmaß an Vorwürfen in der Studie: „Anstatt diese Sorgen ernstzunehmen, wird den Juden Befangenheit beim Thema unterstellt. Einschätzungen von jüdischen Vertretern werden abgewertet und in der Studie weitestgehend nicht berücksichtigt.“

Die judenfeindlichen Proteste im vergangenem Jahr haben verdeutlicht, dass Pädagogen, Polizei- und Justizkräfte in der Praxis häufig Schwierigkeiten gibt, Antisemitismus in Bezug auf den Nahostkonflikt zu erkennen. Auch vor diesem Hintergrund wurden große Erwartungen in die Antisemitismus-Studie des ZfA gesetzt.

Die am 7. Januar vorgestellte Untersuchung „Antisemitismus als Problem und Symbol – Phänomene und Interventionen in Berlin“ wurde vom ZfA im Auftrag der Senatsinnenverwaltung (Landeskommission Berlin gegen Gewalt) erstellt. Erklärtes Ziel der Studie ist es, einen besseren Überblick über Ausdrucksformen des Antisemitismus und mögliche Handlungsstrategien zu verschaffen. Stattdessen beinhaltet sie eine Grundsatzdebatte über das Phänomen als solches und der Arbeit gegen Antisemitismus.

„Antisemitismus ist kein Symbol, sondern ein Angriff auf demokratische Werte. Statt die Erscheinungsformen des Judenhasses gründlich zu untersuchen, greift die Studie richtungsgebende Handlungskonzepte gegen Antisemitismus an. Die Autoren werfen dabei der deutschen Demokratie insgesamt vor, den Kampf gegen Antisemitismus, die Erinnerung an den Holocaust und die Beziehungen zu Israel zum Zwecke politischer ‚Macht- und Delegtimierungsstrategien‘ zu missbrauchen. Diese Fundamentalkritik an Grundfesten der deutschen Demokratie verdeutlicht eher den Charakter der Studie als politische Streitschrift denn als eine objektive wissenschaftliche Untersuchung “, so Berger weiter.

In der Stellungnahme „Antisemitismus im Deutungskampf“ warnt das AJC Berlin Ramer Institute vor einer Trivialisierung des Antisemitismus als vermeintlich gerechtfertigte Reaktion auf die Politik der israelischen Regierung.

„Die anti-israelischen Demonstrationen vom Sommer 2014 haben gezeigt, wie leicht Israelkritik in Antisemitismus abgleiten kann. Anstatt jedoch diesen Grenzüberschreitungen zwischen Kritik an Israel und Antisemitismus zu analysieren, nehmen die Autoren radikale Israelkritiker in Schutz und betrachten diese sogar als Opfer politischer Diffamierungskampagnen“, so Berger.

Die Studie erweckt den Eindruck, antijüdische Stimmungen unter Muslimen zu verteidigen. So wird Feindschaft gegenüber Juden in der Studie beispielsweise auf „unmittelbare eigene leidvolle Erfahrungen bzw. auf Erfahrungen der Eltern- und Großelterngeneration im nahöstlichen Konfliktgeschehen“ zurückgeführt und damit legitimiert. Zugleich betonen die Verfasser, dass antisemitische Aussagen Ausdruck antimuslimischer Diskriminierungserfahrungen sein können. Die Studie lobt daher Programme, die sich vordergründig mit Rassismus und nur untergeordnet mit Antisemitismus beschäftigen.

„Die Studie klammert die verbreiteten antisemitischen Stereotype in der muslimischen Welt aus und weist Studien zurück, die das Thema ansprechen. Wir brauchen Studien, die das Problem benennen und nicht versuchen, den Antisemitismus wegzuerklären. Antisemitismus – unter welchen Umständen auch immer – darf niemals gerechtfertigt sein“, sagte Berger. „Für die pädagogische Arbeit ist es wichtig, muslimische Schüler nicht paternalistisch von oben herab als Opfer zu betrachten. Vielmehr muss man sie als gleichberechtigte Staatsbürger in den Kampf gegen Antisemitismus einbeziehen.“

Das AJC fordert in seiner Stellungnahme konkrete Handlungsschritte, u.a., Hintergrundinformationen und Handlungsstrategien als verpflichtenden Standard in die Ausbildung von Lehrern, Polizisten, Justizbehörden und anderen Beamten zu integrieren. Des Weiteren muss das polizeiliche Erfassungssystem antisemitischer Straftaten refomiert werden, um ein besseres Lagebild zu erhalten.

Das American Jewish Committee eröffnete 1998 das Ramer Institute for German-Jewish Relations in Berlin und setzt sich mit politischen Initaitiven und pädagogischen Programmen für die Bekämpfung des Antisemitismus ein. Mit der Taskforce Education on Antisemitism vernetzt das AJC Berlin Ramer Institute NGOs und Bildungsträger im Bereich der Antisemitismusbekämpfung.

Stellungnahme zur Kritik des AJC an der Studie „Antisemitismus als Problem und Symbol. Phänomene und Interventionen in Berlin“

1 Kommentar

  1. Der ehemalige Leiter Wolfgang Benz hat anscheinend ganze Arbeit geleistet. Feindschaft von Muslimen oder Arabern gegen Juden sei also auf „… unmittelbare eigene leidvolle Erfahrungen bzw. auf Erfahrungen der Eltern- und Großelterngeneration im nahöstlichen Konfliktgeschehen“ zurückzuführen, viel schöner kann Antisemitismus nicht umgedichtet werden. Gratulation an das ZfA. Ich schlage vor, den Laden umzubenennen und dicht zu machen.

    Wie auch immer, der Grundtenor dieser „Studie“ kann nur als perfide bezeichnet werden und verdient darüberhinaus den George-Orwell-Preis.

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