Eine Portion Nächstenliebe bitte!

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Jaaa, jaaaa- ich weiß. Wir Juden feiern kein Weihnachten. Aber ich darf mir doch bestimmt trotzdem was wünschen, oder? Ich integrier mich auch vorher brav und esse ein paar Schokoladen-Nikoläuse. Ganz wie Ihr wollt! Ich mach sogar ein besinnliches Gesicht an Eurem Heilligabend, ehrlich, —-aber dafür müsst Ihr mir was schenken. Es ist sogar ein außerordentlich christlicher Wunsch, den ich habe- zumindest theoretisch…

Von Ramona Ambs

Ich wünsch mir nämlich von Euch zu Weihnachten, dass Ihr diese christliche Nächstenliebe mal heftigst zelebriert.

Ich mein, hej,… Weihnachten das ist doch -laut eigener Aussage-, das „Fest der Liebe“.

Liiiebe!, Leute, Liiiiebe!

Das ist dieses schöne warme Gefühl, bei dem man am liebsten die ganze Welt  umarmen will… das ist dieses Gefühl, bei dem man laut singend durch die Straßen tanzen will… das Gefühl, bei dem unwichtige Dinge unwichtig bleiben.

So ein Gefühl ist das.

Das sollte man Euch also irgendwie anmerken…

Es passt nämlich überhaupt nicht zu Eurem Fest der Liebe, wenn Ihr Euch an Supermarktkassen vordrängelt, mit dem Auto rumhupt, weil alles nicht schnell genug geht oder die ganze Zeit rumschimpft, weil Euch Eure Familie jetzt schon nervt, der Baum nadelt oder Ihr bald wieder Geschenke umtauschen müsst.

Euer Jesus, dessen Geburtstag Ihr da ja feiert, war doch eigentlich ein ganz sympathischer Freak. Gut, ob er gewollt hätte, dass Ihr seine Party so begeht, ist fraglich… immerhin war der Mann Jude. Vermutlich hätte er es besser gefunden, wenn Ihr ein paar Flüchtlinge einladen würdet… Oder ein paar einsame Leute, die keine Familie haben… oder eben ganz im Sinne jüdischer Tradition: Gastfreundschaft, Menschenliebe, Armenrecht und Armenfürsorge praktizieren würdet…kurz: Zedakah und G`milut Chessed.

Ich denke, das würde ihm besser gefallen als diese Weihnachtsgansbaumlamettageschenkenummer.

Aber wenn Ihr neben dem Baum, der Gans und dem Strohstern vielleicht auch was Gutes für andere tut, dann wäre das schon mal ein Anfang. Wenigstens wär dann hier oder dort ein bißchen was spürbar vom sogenannten Fest der Liebe. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

5 Kommentare

  1. „Liiiebe!, Leute, Liiiiebe!

    Das ist dieses schöne warme Gefühl, …“ das einem den Geist, die Seele und das Herz zerreißen wird, wenn sie nicht (mehr) erwidert wird. Gefühle sind schön, doch prinzipielle, moralische Haltungen besser.
    Ein gebrochenes Herz ist sehr schwer zu heilen.

    Kyniker

  2. Hallo Frau Ambs,

    alle Jahre wieder die übliche Kritik an Weihnachten und dem sogenannten „christlichen Abendland“. Letztere Bezeichnung ist mittlerweile nur verlogen, wie das „C“christliche in CDU, CSU und „S“ozial in SPD. Das gilt aber auch für bspl. Parteien in der Schweiz wie der CVP … 🙁

    Zu Liebe schreiben Sie:
    „So ein Gefühl ist das.

    Das sollte man Euch also irgendwie anmerken…“

    „Erlöster sollten mir seine Jünger (und Jüngerinnen, d.A.) aussehen“, schrieb schon, frei zitiert, Friedrich Nietzsche.

    Weihnachten als „Fest der Liebe“ ist leider auch nur eine folkloristische Interpretation einer zentralen christlich theologischen Aussage zu Weihnachten.

    Auch wenn ich diese Satire, Kritik von Ihnen als misslungen halte, da abgestanden, bin ich auf Ihre weiteren sehr gespannt. 🙂 Ihre Beiträge sind ansonsten, das sage ich gerade als Christ (diese Irrationalität leiste ich mir), sehr lesenswert.

    Weiterhin alles Gute
    Kyniker

  3. Ja, ja – wie schön das mal wieder allzu menschliches Anlass zu einer der zahllosen routinierten, anti-goyischen, ambschen Watschen bietet. Die Kritik wird übrigens durchaus von Christen auch geteilt und ist schon sowas wie ein Jahr für Jahr beklagter alter Hut; zudem – fast alle Deutschen feiern zwar Weihnachten, sind aber keine Gläubigen, oder ganz bewusst und formal gar gar keine Christen.

    Und natürlich gibt es auch solche, die’s anders angehen:

    „Die Kälte Nothilfe und das Yaam Berlin laden Heiligabend Obdachlose und alle anderen Berliner zu einem gemeinsamen Weihnachtsfest…. Auch 2015 wird es ein Showprogramm von Musikern, Artisten und anderen Showacts geben. Die Getränke und das Essen sind kostenlos und es werden neue Kleidung und Geschenke der Sponsoren verteilt. Spaß und Tanz bis in den Morgen verspricht dann die abschließende Party mit Barney Millah. Das Mitbringen von Hunden ist erlaubt.“

    http://www.berlin.de/events/3718621-2229501-weihnachten-fuer-alle-weihnachtsfest-fue.html

    Aber die Sache mit den Flüchtlingen steht wohl bewusst vor der ‚jüdischen Tradition‘, da hört die jüdisch-israelischen Gastfreundschaft denn wohl doch eher auf; denen geht’s nämlich in Israel noch mal deutlich schlechter als in Deutschland:

    „In der „offenen“ Anstalt Cholot, die Israel aufgrund einer Gerichtsentscheidung gegen das Gefängnis Saharonim einrichten ließ, ist dreimal am Tag Appell. Wer ihn versäumt, kann sofort nach Saharonim verlegt werden…Selbst wer ein Visum hat, darf nicht arbeiten..„Mir reicht es“, sagt der junge Mann erschöpft. „Ich kann mich selbst nicht mehr ernähren und die Polizei verfolgt mich.“ Obwohl der Gedanke an die Heimat düstere Erinnerungen weckt, ist er „schon fast entschlossen, freiwillig zu gehen“.

    http://www.taz.de/!137894/

    • Anti-Goyisch? Da muss die Pfarrerin in der reformierten Gemeinde, die ich besuche, wegen analoger Kritik an den Auswüchsen von Weihnachten im Allgemeinen und dem Bild christlichen Wirkens im besonderen irgendwie auch anti-goyisch sein …

      Antisemitische Momente und Denken sind heute aber kein Einzelfall.

      Kyniker

  4. Liebe Ramona,

    ich erspare mir Zeitpunkt, Diskussion und sonstiges Geplapper :

    „So ein Gefühl ist das.

    Das sollte man Euch also irgendwie anmerken…“

    Und dies ist bekannt und brauchen wir nicht wieder!

    Ente

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