Top-Ten-Liste antisemitischer und antiisraelischer Äußerungen 2013

2
35

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum, eine internationale Menschenrechtsorganisation, die dafür bekannt ist, neuzeitlichen Antisemitismus zu bekämpfen und Nazis des 2. Weltkriegs zur Rechenschaft zu ziehen, veröffentlichte am Montag seine 2013er Top-Ten-Liste antisemitischer und antiisraelischer Äußerungen…

Von Benjamin Weinthal, Jerusalem Post, 30.12.2013
Übersetzung: Daniela Marcus

An die oberste Stelle seiner Liste setzte das Zentrum die „völkermörderischen Drohungen gegen den jüdischen Staat“ des iranischen Obersten Führers Ayatollah Khamenei. Im November beschrieb Khamenei Israel als den „tollwütigen Hund in der Region“ und fügte hinzu: „Seine Oberhäupter sehen aus wie Bestien und können nicht Menschen genannt werden.“ Khamenei sagte kurz vor den iranischen Wahlen, die „Zionisten“ seien in Wirklichkeit die Akteure, die die Vereinigten Staaten unter Kontrolle hätten. Hiermit führte er gemäß dem Wiesenthal-Zentrum „die alte Lüge einer globalen jüdischen Konspiration“ weiter.

Der türkische Premierminister Recip Tayyip Erdogan erreichte den zweiten Platz der Liste, weil er die Schuld für die Aktionen der türkischen Antiregierungsdemonstranten, die im Juni mehr Demokratie forderten, auf die „Zinslobby“ schob. Erdogans Stellvertreter sagte, damit sei „die jüdische Diaspora“ gemeint. Das Wiesenthal-Zentrum teilte mit, Erdogan habe suggeriert, die Vertreibung des ägyptischen islamischen Präsidenten Mohammed Morsi aus dem Amt sei von Israel gesteuert worden.

Die 2013er Liste des Wiesenthal-Zentrums betont das Versagen der internationalen Gemeinschaft, dem zeitgenössischen Antisemitismus entgegenzutreten. Hierzu nennt es staatlich gesponserten Drang, Juden und Israel zu attackieren, und die Rolle, die ein Angestellter der UNO, Autoren, Akademiker, Kirchengruppen und Berühmtheiten beim Schüren von Hass gegen Juden spielen.

Rabbiner Marvin Hier, Vorstand und Gründer des Wiesenthal-Zentrums sprach am Sonntag aus Herzliya per Telefon mit der Jerusalem Post und sagte, das Ziel der diesjährigen Liste sei, „den Standpunkt deutlich zu machen“, dass autorisierte Personen oder ein Premierminister oder der Oberste Führer des Iran aufgrund ihrer Position oder Macht keinen Freibrief erhalten sollten.

„Der Rest der Welt sollte ihnen gegenüber nicht so freundlich gesinnt sein. Es ist nicht richtig, sich mit dem Premierminister der Türkei zu treffen, wenn dieser ein gewöhnlicher Eiferer ist“, sagte Hier. Er fügte hinzu, dass die Äußerungen von Erdogan und Khamenei „eindeutig Antisemitismus“ seien. Erdogan, der Washington besucht hat, sollte in der amerikanischen Hauptstadt nicht willkommen sein, sagte Hier: „Wenn Sie die antisemitische Karte spielen, unterhalten wir, die USA, keine geschäftlichen Beziehungen mit Ihnen.“

Hier kritisierte das Bild, das in Genf aufgenommen worden war und euphorische Außenminister zeigte, die im November das Atomabkommen mit dem Iran feierten. Denn die tödlichen Drohungen, mit denen Khamenei Israel ins Visier genommen hatte, wurden außer Acht gelassen. „Die freudige Stimmung“ stellte sich ein, obwohl das iranische Oberhaupt nur wenige Tage zuvor zur „Eliminierung des Staates Israel“ aufgerufen und damit klar gemacht hatte, dass Irans exzentrische Außenpolitik die Auslöschung Israels ist.

Erwähnenswert sei auch, dass auf der diesjährigen Liste zwei antiisraelische jüdische Amerikaner stehen, deren Sprache zum Antisemitismus beitrage, sagte Hier. Es handelt sich hierbei um Richard Falk, den UNO-Sonderberichterstatter für die palästinensischen Gebiete. Er belegt den dritten Platz. Der andere ist der Journalist Max Blumenthal, der Platz 9 erreichte.

Rabbiner Hier sagte gegenüber der Jerusalem Post, er betrachte Falk und Blumenthal unbedingt als Vertreter der Kategorie jüdischer Antisemiten. „Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte des jüdischen Volkes“, sagte Hier über die Existenz antijüdischer Tiraden, die aus dem Mund von Juden kommen. Er betonte, dass man Menschen nach ihren Worten urteilen müsse. „Sie können ein Antisemit sein, wenn Sie wie Antisemiten reden.“

Hier fuhr fort: „Richard Falk sollten keinen Freibrief erhalten, nur weil er Jude ist. Wir sind der Meinung, dass Richard Falk ein wirklicher Antisemit ist. Und Blumenthal beurteilen wir nach dem, was er schrieb. Er überschritt die Grenze zum unverhohlenen Antisemitismus.“ Auch Blumenthal erhalte keinen Freibrief, nur weil er Jude sei, fügte Hier hinzu.

Gemäß der Liste des Wiesenthal-Zentrums verwendete Blumenthal in seinem Buch „Goliath“ Kapitelüberschriften, die Israel mit dem Naziregime gleichsetzten. Kapitel in dem Buch sind z. B. überschrieben mit „Sommercamp der Zerstörung“, „Verabredung mit dem Teufel“, „Es gibt keinen Traum“, „Das Konzentrationslager“, „Die Nacht zerbrochenen Glases“ und „Wie man Heiden tötet und Menschen beeinflusst“. Das Zentrum versichert, dass Blumenthal „zustimmend Charakterisierungen israelischer Soldaten als ‚jüdische Nazis‘ zitiert“.

Dr. Eric Alterman, ein bekannter Englischprofessor in der Stadt New York, schrieb, dass Blumenthals Buch eine Nominierung für ein hypothetisches Buch des Monats der Hamas sein könnte. Alterman veröffentlichte seine kritische Rezension von Blumenthals Buch in der linksgerichteten Wochenzeitschrift The Nation, für die er als Kolumnist arbeitet.

Josh Block, ein früherer Sprecher der Clinton-Regierung und nun Leiter der Organisation The Israel Project, sprach mit der Jerusalem Post aus Washington und sagte: „Ich bin sicher, seine (Blumenthals) Kollegen von der Hisbollah-Zeitung, für die er jahrelang als Autor gearbeitet hat, sind erfreut und überhaupt nicht überrascht darüber, ihren Kumpel auf dieser Liste zu sehen – warum sonst sollten sie ihn angestellt haben. Es stellt sich heraus, dass die Antisemiten von Al-Akbar und Irans Press TV (ein iranischer Auslandsfernsehsender) diesen modernen jüdischen Pater Coughlin (ein Priester, der im 20. Jh. lebte und seine antisemitischen Positionen über Rundfunkpredigten verbreitete) vor allen anderen entdeckt haben.“

Das Wiesenthal-Zentrum sagte, Falk habe argumentiert, Israel könnte einen nazi-ähnlichen Holocaust organisieren. Außerdem verteidige er palästinensischen Terror als „das Recht auf Widerstand“, weil Selbstmordanschläge bedeutenden Druck auf Israel ausübten.

Europäische Karikaturisten aus Norwegen, Deutschland und Frankreich landeten aufgrund ihrer Darstellungen von Israel und Juden auf dem siebten Platz der Liste. Rabbiner Abraham Cooper, stellvertretender Dekan des Simon-Wiesenthal-Zentrums, sagte gegenüber der Jerusalem Post: „Es ist besonders ärgerlich und empörend, dass inmitten all dessen zwei deutsche Zeitungen Karikaturen veröffentlichten, die −bewusst oder nicht− die tief verwurzelte europäische antisemitische Symbolik des Juden als Giftmörder einsetzten. Diese Bilder vergiften und sie bestätigen die vergiftete Haltung gegenüber Israel und dem jüdischen Volk.“

Das Zentrum schrieb: „Die Diskussionen in Deutschland über die atomaren Verhandlungen der P5+1-Staaten mit dem Iran und den anhaltenden israelisch-palästinensischen Konflikt wurden durch Karikaturen in zwei verschiedenen Zeitungen (Badische Zeitung und Stuttgarter Zeitung), die den israelischen Premierminister Netanyahu als Giftmörder der Friedensgespräche darstellten, beschädigt. Dieses Motiv geht zurück auf ein bösartiges mittelalterliches Lügenmärchen. Dieses Mal ist es nicht das Trinkwasser, das vergiftet wird, sondern eher alle Hoffnungen auf Frieden.“

Henryk M. Broder, ein federführender deutscher Autor und Experte für neue Formen des Antisemitismus, sprach ein Lob dafür aus, dass die Liste die Karikatur der Badischen Zeitung als antisemitisch einstufte. Er sagte gegenüber der Jerusalem Post: „Es trifft den Nagel auf den Kopf.“

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Freiburg, der Stadt, in der die Badische Zeitung herausgegeben wird, schrieb in einer Stellungnahme an die Jerusalem Post: „Angesichts dieser Platzierung wäre es wünschenswert, wenn die Redaktion der Badischen Zeitung noch einmal ihre Stellungnahme zur Karikatur überdenkt. Wir hoffen, dass die Badische Zeitung in Zukunft mehr Sorgfalt hinsichtlich der Veröffentlichung antisemitischer Darstellungen walten lässt. In diesem Zusammenhang möchten wir erwähnen, dass sich Antisemitismus auch hinter Antizionismus verbergen kann.“

An vierter Stelle der Liste stehen politische und kirchliche Gruppen und außerdem Roger Waters, der Mitbegründer der britischen Rockband Pink Floyd. Waters wurde aufgelistet, weil er „Israel als einen Apartheid-Staat“ verunglimpfte. Außerdem „vergleicht er Israel mit Nazi-Deutschland und er leugnet, dass das iranische Regime irgendeine Bedrohung für den jüdischen Staat darstellt“.

Die amerikanische Studienvereinigung ASA wurde genannt, weil sie Israel für einen Boykott aussonderte. Die rechtsgerichtete extremistische ungarische Partei Jobbik rief zu einer Registrierung von Juden aus „Sicherheitsgründen“ auf. Die Vereinigte Kirche von Kanada wurde aus folgendem Grund aufgelistet: „Während Christen in Syrien leiden, im Irak ethnischer Säuberung zum Opfer fallen und in Ägypten bedroht werden, befürwortete die Vereinigte Kirche von Kanada einen Boykott gegen Israel – dem einzigen Staat im Mittleren Osten, der volle Religionsfreiheit und Schutz aller Religionen garantiert.“

Der New Yorker Schulbezirk Pine Bush belegte den achten Platz der Liste, weil er darin versagte, jüdische Schüler vor „antisemitischen Verunglimpfungen und körperlicher Misshandlung durch Schläger“ zu schützen.

Die Glorifizierung von Hitler in Ländern mit moslemischer Mehrheit und anderswo kam auf Platz 6 der Liste.

Alice Walker, Autorin und Preisträgerin des Pulitzer-Preises, wurde wegen ihres neusten Buches „Pin in the Cushion“ an neunter Stelle der Liste mit aufgeführt. Das Zentrum beschreibt das Buch als „eine Hetzrede gegen den jüdischen Staat. Walker stellt den von der Hamas beherrschten Gazastreifen als freundlichen Ort dar“ und vergleicht Israelis mit den Nazis.

Die Liste beinhaltet auch einen Aufruf an Tony Parker, den Star der Basketball-Profiliga NBA, sich für einen von ihm gezeigten nazi-ähnlichen Gruß zu entschuldigen.

Die gesamte Liste befindet sich auf Englisch hier: http://www.wiesenthal.com/atf/cf/%7B54d385e6-f1b9-4e9f-8e94-890c3e6dd277%7D/TOP-TEN-2013.PDF

2 Kommentare

Kommentarfunktion ist geschlossen.