Palästinensischer Gesandter in Prag stirbt bei Explosion

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Am Neujahrstag erschütterte eine Explosion im diplomatischen Viertel die tschechische Hauptstadt Prag. Dabei starb der palästinensische Gesandte in Tschechien. Der Sprengstoff soll beim Öffnen eines alten Tresors gezündet haben. Um die Herkunft des Sprengstoffs ranken sich nun Spekulationen, konkrete Ergebnisse gibt es aber bisher nicht…

Prager Polizei ermittelt nach Tod von palästinensischem Botschafter

Der Tod des palästinensischen Botschafters in Tschechien, Dschamal al-Dschamal, nach der Explosion eines Safes in seiner Wohnung gibt weiter Rätsel auf. Mittlerweile wurden auf dem Gelände der Diplomatenresidenz auch Waffen gefunden, die angeblich nicht zugelassen waren. Bei der Explosion geht die Polizei derzeit von einem Unglück aus. Nach ihren bisherigen Erkenntnissen könnte eine in Tschechien illegale Tresor-Sicherung nach „unsachgemäßem Umgang“ hochgegangen sein.

Dschamal al-Dschamal (Foto: ČTK)Hören: MP3…
Dschamal al-Dschamal (Foto: ČTK) 

Ein Botschaftssprecher widersprach unterdessen Angaben des palästinensischen Außenministers Riad Malki, dieser hatte behauptet, der Tresor habe über Jahrzehnte unbenutzt in einer Ecke gestanden. In den Safe sei regelmäßig Geld für den täglichen Zahlungsverkehr der Botschaft abgelegt worden, sagte der Sprecher im Tschechischen Rundfunk. Ein Sprecher des tschechischen Inlandsnachrichtendienstes BIS bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur ČTK, dass es keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gebe. Der Dienst unterstütze die Arbeit der Polizeiermittler mit Informationen über Al-Dschamal und dessen Verbindungen und Kontakte.

Die Beziehungen der Tschechischen Republik zur Autonomiebehörde der Palästinenser sind nicht einfach. Traditionell ist Tschechien ein enger Verbündeter Israels, allerdings hat die damals noch kommunistische Tschechoslowakei den Staat Palästina schon 1988 anerkannt. Bereits ein Jahr zuvor hatte die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) ein Verbindungsbüro in Prag eingerichtet. Aus dieser Zeit soll auch ein Tresor stammen, den der palästinensische Gesandte Dschamal al-Dschamal am Mittwoch öffnete.

Andrea Zoulová ist Sprecherin der Prager Polizei. Am Mittwochabend sagte sie: „Höchstwahrscheinlich ist es zur Zündung eines explosiven Mechanismus gekommen, der im Inneren der Tresortüren installiert war.“

Die palästinensische Gesandtschaft in Prag ist derzeit dabei, in ein neues Gebäude umzuziehen. In der dortigen Wohnung hat sich auch die Explosion ereignet, bei der Dschamal zunächst schwer verletzt wurde. Obwohl die Sanitäter bereits sechs Minuten später vor Ort waren und den 56-Jährigen sofort ins Prager Militärkrankenhaus brachten, erlag der Palästinenser noch am selben Tag seinen Verletzungen.

Dschamal al-Dschamal war seit Ende der 1980er Jahre bis 2005 in Tschechien tätig, danach bekleidete er in Ägypten (Alexandria) den Posten des Generalkonsuls. Seine Beglaubigungsurkunde als Gesandter für Tschechien hat Dschamal im Oktober 2013 erhalten. Der ehemalige Nahost-Korrespondent des Tschechischen Rundfunks und derzeitige Leiter des Zentrums für Nahost-Studien an der Prager Metropolitan University, Břetislav Tureček, kannte den Mann persönlich: „Er war ein erfahrener und versierter Karrierediplomat, der wohl zur oberen Schicht des palästinensischen Corps gehörte. Sonst wäre es wohl auch schwer gewesen, auf diesen Posten in Prag zurückzukehren.“

Warum der Tresor explodierte, ist weiter unklar. Zunächst hatte der palästinensische Außenminister Riad al-Malki erklärt, es habe sich um einen alten Tresor gehandelt, der seit 20 Jahren nicht mehr geöffnet worden sei. Dem widersprach aber am Donnerstag der Sprecher der Prager Residenz, Nabil al-Fahal. Er sagte, der Tresor sei regelmäßig benutzt worden für den täglichen Zahlungsverkehr der Botschaft. Nun soll ein palästinensisches Team bei den Ermittlungen helfen, so al-Fahal: „Im Einklang mit dem diplomatischen Protokoll hat der Außenminister seine Zustimmung gegeben, dass sich ein palästinensisches Spezialteam an den Ermittlungen des Zwischenfalls beteiligen wird.“

Derweil kursieren zahlreiche Gerüchte über die Explosion. Es soll es sich um ein illegales Sicherungssystem am Tresor gehandelt haben, um Silvesterfeuerwerk oder um alte Vorräte von Semtex. Die Tschechoslowakei war Produzent dieses Sprengstoffes und hatte zahlreiche arabische Terrororganisationen in den 1970er und 1980er Jahren damit beliefert. Die tschechische Polizei wollte zum Stand der Ermittlungen bisher nur wenig sagen. Man müsse die Untersuchungen der Kriminaltechnik und des Ermittlungsteams abwarten, so Polizeisprecherin Zoulová.

via Radio Prag – Palästinensischer Gesandter in Prag stirbt bei Explosion.
02-01-2014 Marco Zimmermann

Dr. Khouloud Daibes, Botschafterin der PA in Berlin, ist erschüttert: „Jamal Al-Jamal hat mit seinem unermüdlichen Einsatz für die Freiheit und Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes einen unvergessenen Beitrag zur Überwindung der Besatzung Palästinas mit dem Ziel eines eigenen souveränen und unabhängigen Staates geleistet. Das palästinensische Volk hat Jamal Al-Jamal immer als Fürsprecher für enge und gestärkte Beziehungen erfahren und so werden wir ihn in Erinnerung behalten. Unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl gilt in diesen Stunden seiner Familie.“

5 Kommentare

  1. „WirtschaftsBlatt:Sie sind der Direktor eines linksorientierten Think Tanks. Welchen Kandidaten empfehlen Sie für die heutige Präsidentschaftswahl?

    Vit Kleparnik: Die Wahl ist diesmal keine Wahl zwischen links oder rechts. Milos Zeman (Ex-Premier der Sozialdemokraten, Anm.) wäre wahrscheinlich viel schädlicher für das Präsidentenamt als Karl Schwarzenberg.

    Warum?

    Das betrifft Zemans stereotypen und fast ausländerfeindlichen Aussagen über den Islam, Araber, Arbeits­losigkeit der Roma oder „nationale Fragen“, Terrorismus und seinen harten außenpolitischen Kurs, aber auch ­populistische Ansichten zur EU. <b< Seine Präsidentschaft würde wahrscheinlich den Kurs von Vaclav Klaus fortsetzen – also das Handeln am Rande oder jenseits ­seiner verfassungsmäßigen Befugnis. “

    http://www.centrum-cesta.cz/prectete-si/prispevky-v-mediich/146-simone-brunner-verh-ltnis-zur-eu-wird-sich-verbessern

    Die Parteizugehörigkeit des gegenwärtigen tschechischen Präsidenten Milos Zeman täuscht darüberhinweg, dass er seiner Gesinnung nach den neuen europäischen Rechts-Nationalisten sehr ähnlich ist, auch in seinem agressiv anti-islamischen und pro-israelischen Kurs.

    Ziemlich seltsam, was da gegenwärtig beim kleinen Nachbarn so vor sich geht. Kann es sein, dass sich da neben Ungarn eine neue antidemokratische Regierung etabliert? Und kann es sein, dass es dort Kräfte, möglicherweise regierungsnahe Kräfte gibt, die meinen Sie müssten den ‚Kampf der Kulturen‘ im eigenen Land ausfechten?

    Dass ein Tresor, der zum täglichen Zahlungsverekehr verwendet wird, von der Botschaft selbst so präpariert worden sei, ist ja ein reichlich dreister Vorwurf – dass der Bürgermeister auf Grund des Todes des palästinensischen Botschafters, diesen umgehend selbst beschuldigt ist allein schon ungeheuerlich.

  2. Nachdem, was Pavl schrieb drängt sich mir ein sehr böser Verdacht auf.

    Es gibt ein Todesopfer, das ist der palästinensische Botschafter.

    Noch ehe Ermittlungen zu einem Ergebnis kommen konnten, schlägt der Bürgermeister eine Verlegung der palästinensischen Botschaft vor, auf Grundlage der Beschuldigung des Opfers – was ziemlich unmöglich und auch ziemlich pietätslos ist.

    Was hat die Tschechei gegenwärtig für einen Präsidenten.

    Einen der gegen gängiges Völkerrecht, anti-palästinensisch und pro-israelisch agiert und den allgemeinen Konsens der Völkergemeinschaft agressiv und ohne Not in Frage stellt:

    „Der tschechische Präsident MiloÅ¡ Zeman ist am Sonntag zu einem mehrtägigen Besuch nach Israel geflogen. Dort trifft er am Montag in Jerusalem seinen Amtskollegen Schimon Peres sowie Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Doch schon vor den Gesprächen mit beiden israelischen Politikern hat Zeman für einen Affront gesorgt – einen Affront gegenüber der palästinensischen Seite. Laut der PLO könne nämlich der Vorschlag Zemans, die tschechische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlagern, den Friedensprozess im Nahen Osten gefährden“

    http://www.radio.cz/de/rubrik/tagesecho/zeman-in-israel-der-praesident-sorgt-mit-aeusserung-fuer-affront-und-aufmerksamkeit

    „Czech PM compares Arafat to Hitler

    …In an interview with Ha’aretz, the Czech leader said he had not come to Israel to promote business, but to express a sense of solidarity between two small countries. „We share a common fate,“ he said. „You, the Jews, were the first stage – that of the Holocaust – in the Nazi plan. The extermination of the Czech nation was supposed to have taken place in the second stage.“

    Without much use for diplomatic niceties, Zeman drew a parallel between Adolf Hitler and Palestinian Authority Chairman Yasser Arafat“

    http://www.haaretz.com/print-edition/news/czech-pm-compares-arafat-to-hitler-1.52606

    Tschechische Politiker machen aufs Selbstverständlichste postwendend das Opfer für den eigenen Tod verantwortlich. Ich frage mich ob es hier eine unabhängige polizeiliche Ermittlung geben wird, oder ob man nicht den Verdacht hegen wird, dass das eine in irgend einer Weise abgekarterte Angelegenheit ist???

    Der Verdacht ist freilich ziemlich ungeheuerlich – er wird jedoch wohl nur mit einer europäischen unabhängigen Ermittlung zu klären sein, aber dazu wird es wohl kaum, und vor allem kaum postwendend kommen.

    Jedenfalls ist das Verhalten des tschechischen Präsidenten und das Verhalten des Bürgermeisters offenkundig von agressiven Ressentiments und wenig Verständnis für rechtsstaatliche Neutralität geprägt.

    ???

    • „Was hat die Tschechei gegenwärtig für einen Präsidenten.“…

      … fragt Jane und belegt damit, dass ihr der ganz spezielle Wortschatz der Nationalsozialisten und Neonazis durchaus geläufig ist.

      Wikipedia meint zu dieser absolut unzeitgemäßen Bezeichnung für Tschechien bzw. für die Tschechische Republik:
      „Der Begriff Tschechei besitzt jedoch einen negativen Klang wegen der Verwendung im NS-Sprachgebrauch, insbesondere wegen der Bezeichnung ‚Rest-Tschechei‘. Vor allem die älteren Tschechen verbinden mit dem Begriff die NS-Zeit.“
      http://de.wikipedia.org/wiki/Tschechien#Kurzform_des_Landesnamens

      „Ach, wissen Sie, zeitgenosse… – kommt jetzt sicher wieder. Ja, ich weiß schon, Jane, Sie brauchen nichts zu sagen. Wir verstehen Sie auch so.

      • „Die Bezeichnung „Tschechei“ wird seit der Bildung der Tschechoslowakei 1918 verwendet“

        NS-Zeit – 1918?

        Gleiche Wikipedia-Quelle.

        Korrekt ist jetzt ausschließlich Tschechien, erst Recht hier auf dieser Plattform, die, das braucht nicht näher ausgeführt zu werden, eine besondere Beziehung zu Tschechien hat.

        „Unbedingt zu vermeiden sind belastete Wörter. Dazu gehört das vielen Deutschen immer noch viel zu schnell von der Zunge gehende Tschechei. Dieses Wort wurde in der Nazizeit häufig und abfällig verwendet (so im Zusammenhang mit „Rest-Tschechei“) und hat damit einen negativen Klang. Daran ändert sich auch nichts, wenn es von jüngeren, deutsch sprechenden Tschechen in Unkenntnis häufig selbst verwendet wird. Gerade ältere Generationen sind sehr hellhörig.“

        http://www.handelsblatt.com/archiv/verhandlungspraxis-tschechische-republik-sag-niemals-tschechei-seite-all/3024694-all.html

  3. Prager Vorort Suchdol beantragt Umzug der palästinensischen Botschaft aus seinem Gebiet.

    Der Bürgermeister von Suchdol Petr Hejl verwies am Freitag darauf, dass Diplomaten im Gebäude der Botschaft Waffen und Sprengstoff gelagert haben sollen. Er traf mit Vizeaußenminister Jiří Schneider zusammen. Das Ministerium teile die Befürchtungen und sei bereit, Verhandlungen darüber zu führen, informierte eine Sprecherin des Außenamtes nach dem Treffen.

    Der Diplomat wurde tödlich verletzt, ein politischer Hintergrund wird ausgeschlossen.

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