Besuch: Die Bundeskanzlerin in der Gedenkstätte Dachau

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Die deutsche Bundeskanzlerin besucht auf Einladung des Überlebenden und Präsidenten der Lagergemeinschaft, Max Mannheimer, die Gedenkstätte Dachau. Frau Merkel wird bei ihrem einstündigen Besuch einen Kranz niederlegen, das Museum besichtigen und ein Gespräch mit Überlebenden, unter Ausschluss der Presse, führen…

Sie ist die erste deutsche Bundeskanzlerin, die diese Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus besucht. Dabei diente das KZ-Dachau als Modell-Projekt für die späteren SS-Konzentrationslager und die dort eingeführte „Strafordnung“ zum Vorbild. Der Kommandant Dachaus wurde konsequenterweise zum Leiter der „Inspektion der Konzentrationslager“, der zentralen Koordinierungsstelle der KZ, ernannt. Insofern steht Dachau als Symbol für alle Verbrechen der Bewacher und das unsagbare Leid der Häftlinge in den Lagern. „Für das Unrechtssystem des Nationalsozialismus waren die Konzentrationslager die wichtigsten Einrichtungen, um die Politik der ständigen Drohung, der Aussonderung, der Ausbeutung und schließlich der Vernichtung durchzusetzen“, bemerkte schon Horst Köhler aus Anlass des 65. Jahrestages der Befreiung des KZ Dachau. Er war der erste Bundespräsident, der diese Gedenkstätte besuchte: im Jahr 2010.

Nicht nur die Politik, sondern auch die Stadt selber haben diesen Ort lange ignoriert. Erst 1965 wurde auf Druck der Überlebenden eine Gedenkstätte errichtet. Bis in die 80er Jahre wurde befürchtet, dass dadurch dem Ansehen der Stadt geschadet würde. Heute besuchen 800.000 Menschen aus aller Welt die Gedenkstätte und auch auf lokaler Ebene hat sich die Politik der Ignoranz geändert. Spätestens seit Peter Bürgel, Oberbürgermeister Dachaus, 2005 eine richtungsändernde Rede hielt, scheint sich die Stadt ihrem Erbe zu stellen.

Nun setzt Frau Merkel auch auf gesamtdeutscher Ebene ein Zeichen. Es hat lange gedauert, wie der Bundespräsident Joachim Gauck in einer Rede im Juli 2013 betonte, „bis die Mehrheit in Deutschland annehmen konnte, dass die Deutschen nicht Verführte oder Unterdrückte, also Opfer des Hitler-Regimes waren, sondern als Bürger jenes verbrecherischen Staates oft selbst schuldig geworden sind: die einen im kriminellen, die anderen im politischen oder auch moralischen Sinn“. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist elementar für die Zukunft, was nicht allein die NSU-Mordserie so schrecklich vor Augen geführt hat. Der Besuch der Kanzlerin bringt die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte wieder auf das Tableau.

Die Zeitungen berichten aus diesem Anlass nicht nur über die Geschichte der KZ, sondern auch über den Umgang der jungen Bundesrepublik mit diesen Stätten des Terrors und der Morde. Jenseits der moralischen und symbolischen Dimension, sind auch handfeste Hoffnungen mit dem Besuch verbunden. Wie „Die Welt“ berichtet, verweist die Gedenkstätte auf nötige finanzielle Zuwendungen, zum Beispiel für den Ausbau der pädagogischen Arbeit. Der Besuch Frau Merkels ist ein Zeichen, kann aber kein Schlusspunkt sein.

Levi Salomon, Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA)

5 Kommentare

  1. Wie kann man nur den ersten Satz überlesen!

    Da steht: „Die deutsche Bundeskanzlerin besucht auf Einladung des Ãœberlebenden und Präsidenten der Lagergemeinschaft, Max Mannheimer, die Gedenkstätte Dachau.“

    Wer dieser Max Mannheimer ist, erläutert Wikipedia:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Mannheimer

    Zitat daraus:

    „1993 erhielt Mannheimer die Auszeichnung Chevalier de la Légion d’Honneur der Republik Frankreich.

    Mannheimer wurde von der Georg-von-Vollmar-Akademie mit dem Waldemar-von-Knoeringen-Preis ausgezeichnet, den die Akademie alle zwei Jahre an herausragende Persönlichkeiten verleiht, die in der Tradition der Arbeiterbewegung und der Ziele des demokratischen Sozialismus stehen.

    2005 erhielt er den Oberbayerischen Kulturpreis.

    Weiterhin ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes,

    des Bayerischen Verdienstordens und

    der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber.

    Im Jahr 2000 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgezeichnet.

    2009 erhielt er die Ehrenbürgerschaft in seinem Heimatort Neutitschein.

    2010 wurde er Ehrenmitglied der israelitischen Kultusgemeinde München und erhielt die Bayerische Verfassungsmedaille in Gold.

    Der Bildungsbereich des Jugendgästehauses Dachau wurde ihm zu Ehren in Max-Mannheimer-Studienzentrum umbenannt. Die offizielle Namensgebung fand am 29. Juli 2010 statt.

    Am 26. Mai 2012 erhielt er den Europäischen Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft und am 12. September 2012

    das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland überreicht durch den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer.“

    Die Politikerin, der Politiker, die/der einer Einladung eines solchen Mannes nicht dankbar Folge leistet, muss erst noch gefunden werden.

    Und es ist ein Affront, Max Mannheimer bzw. die Lagergemeinschaft Dachau indirekt zu düpieren, wenn man Frau Merkel dafür kritisiert, dass sie die Einladung annahm. Wohlgemerkt: nicht sie hatte ihn eingeladen, sondern er samt der Lagergemeinschaft, alle hochbetagt, sie als Repräsentantin der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland.

    Vielleicht hätte Mannheimer damit noch die paar Jahre warten sollen, bis sie sich zur Ruhe gesetzt hat, damit sich das nicht auf ihren Beliebtheitsgrad, den sie sich nun bei Ewiggestrigen gründlich verscherzt haben dürfte, auswirkt? Mit 93 hat man ja noch soo viel Zeit.

    P.S.: was ist eigentlich ein „IQ“?
    Bin ich Jesus? Alles kann man nicht wissen.

    • Ein deutsches Staatsoberhaupt sollte keiner Einladung bedürfen, sondern von sich aus auf den Gedanken kommen, dass es angemessen wäre die Gedenkstätte Dachau bzw. Auschwitz zu besuchen.

      Auch nicht nur einmal und nie wieder, sondern am besten immer wieder. Bei den allfälligen Reisen der Kanzler und Bundespräsidenten in die diversen Bundesländer böte sich dies geradezu an. Es gab ja, breit übers Land verteilt, genügend solcher Lager und gibt heute eine ganze Reihe von Gedenkstätten:

      Bisingen
      Hailfingen-Tailfingen
      Hessental
      Wiesengrund
      Aufkirch
      Dachau
      Flossenbürg
      Hersbruck
      Stammlager IV B
      Ravensbrück
      Sachsenhausen
      Uckermark
      Neuengamme
      Breitenau
      Wöbbelin
      Bergen-Belsen
      Esterwegen
      Moringen
      Drütte
      Witten-Annen
      Hinzert
      Osthofen
      Neue Bremm
      Pirna Sonnenstein
      Lichtenburg
      Langenstein-Zwieberge
      Wille
      Husum-Schwesing
      Ladelund
      Kaltenkirchen
      Mittelbau Dora
      Buchenwald
      usw.

      Wenn Bundeskanzler und Bundespräsident Besuche dort, sozusagen als ganz normal, miteinplanen würden, könnte sich durchaus etwas im Bewusstsein der so abgestumpft-gleichgültigen Bürgermehrheit ändern.

      Bei Ihren weiteren Ausführungen, efem, stimme ich Ihnen selbstverständlich zu.

  2. Die Bundeskanzlerin wird grundsätzlich alles tun, von der sie annimmt, dass es ihrer Wiederwahl nutzen könnte. Und sei es, dass sie öffentlich Fliegen verspeisen müsste.

    Das Lob von sogenannten Berufsjuden (Graumann, Knobloch usw.) kommt ihr selbstverständlich auch zupasse . . .

  3. Tatsächlich eine Riesenschande, dass vor Frau Merkel noch kein Bundeskanzler auf die Idee kam die Gedenkstätte zu besuchen; Gleiches gilt für die Bundespräsidenten mit Ausnahme des erwähnten Köhler.

    Die Bundeskanzlerin täte gut daran auch die Gedenkstätte Auschwitz einmal zu besuchen. Sie würde damit ein Zeichen setzen.
    Für mich, der ich Dachau schon kannte, war der Eindruck von Auschwitz ungleich tiefer und bewegender. Die ungeheuren Ausmaße der Anlage, die bis zum Horizont sich erstreckenden Ãœberreste der Lagerbaracken, die auch unbesetzt, bedrohlich erscheinenden Wachtürme, der undurchdringliche, überall angebrachte, inzwischen angerostete Stacheldraht, Zäune, die Ruinen des Krematoriums, die Bahngeleise, das Mahnmal…
    Die Besucher, denen man begegnet, kommen aus den verschiedensten Ländern, zahlreiche israelische und polnische Schulklassen darunter, Deutsche sind leider in der Minderzahl.
    Ein Besuch durch Frau Merkel dort könnte durchaus bewirken, dass mehr deutsche Polenreisende die Gedenkstätte bei ihrer Routenplanung mitberücksichtigen würden. Außerdem wäre so ein Besuch ein Zeichen wider die deutsche Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit, Wurschtigkeit, Passivität, wider das allgemeine Desinteresse…

    • Tote Juden sind beliebt heutzutage, sagt man.
      die soll sich lieber um die überlebenden und
      deren nachkommen in israel sorgen,
      und vor Arschtonns NEOantisemitismus
      schützen.

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