Zwischen Peres’ Festlichkeiten und dem atomaren Iran

3
23

Wenn es etwas gibt, das Präsident Shimon Peres auf die Palme bringt, dann ist dies das Aufzeigen von Themen aus seiner politischen Vergangenheit, an die er sich lieber nicht erinnert. So geschah es mir vor wenigen Jahren, als ich in einem kurzen Ha’aretz-Artikel schrieb, dass Peres der erste war, der Siedlungen in den Gebieten bauen ließ…

Kommentar von Yoel Marcus, Ha’aretz, 21.06.2013
Übersetzung von Daniela Marcus

Am Morgen der Veröffentlichung des Artikels erhielt ich als Allererstes einen Anruf aus dem Haus des Präsidenten: „Der Präsident würde Sie gern sprechen.“ Ich konnte kaum ein „Guten Morgen“ äußern, da attackierte Peres mich auch schon: „Sie sind ein Schuft! Ist das etwa alles, was ich getan habe?“

Ich erinnerte ihn an Sebastia und seine Unterstützung für die Siedler und die „Sicherheits-Advokaten“ jener Zeit. Doch der ehrenwerte Präsident erwiderte wütend: „Was ist mit dem Atomprogramm? Und was ist mit den Waffen aus Frankreich? Und was ist…“. Es ist nicht angenehm, einen Präsidenten platzen zu hören. Seitdem ist unsere Verbindung abgebrochen. Peres wurde jedermanns Präsident. Er unterstützte nicht länger die Siedlungen, aber er nutzte seine Stellung auch nicht dazu, gegen die extreme Rechte und den Siedlungsbau vorzugehen.

Peres hat den Frieden nicht erfunden, aber er hat ausgiebig Gebrauch von ihm gemacht. Premierminister Benjamin Netanyahu zollt ihm den Respekt, der sich für einen Präsidenten gehört, und besucht den Wohnsitz des Präsidenten penibel Woche um Woche. Aber ansonsten tut er als Premierminister, was er tun möchte. Während der grandiosen Geburtstagsfeier für Peres, erwähnte Netanyahu –wie erwartet– seinen Bruder Yoni, der während einer Operation, die Peres genehmigt hatte, getötet worden war, nämlich bei der Rettung der israelischen Air-France-Geiseln in Entebbe.

Nach der letzten Wahl spielte der umstrittene Präsident, der in seinem fortgeschrittenen Alter so etwas wie ein medizinisches Wunder ist, die Rolle des internationalen Friedensführers. Die neuen Gesichter in Netanyahus Regierung –Naftali Bennet (Habayit Hayehudi), Yair Lapid (Yesh Atid), Tzipi Livni (Hatnuah)– und die Abwesenheit der ultra-orthodoxen Parteien in der Regierungskoalition, ließen Hoffnung aufkommen, dass die Regierung eine neue Seite aufschlagen würde. Die Beziehung zum amerikanischen Präsidenten Barack Obama verbesserte sich im Anschluss an die Übereinkunft, dass Israel den Iran nicht ohne amerikanische Einwilligung angreifen würde – eine Einwilligung, nach der es keine Chance gibt, dies jemals gewährt zu bekommen.

Doch als die iranische Bedrohung ein Alibi dafür wurde, kein Friedensabkommen mit den Palästinensern zu erzielen, geschah in Teheran etwas Dramatisches. Die acht Jahre der umnachteten Herrschaft des früheren Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad endeten, und Hasan Rowhani, ein Moderater und ein Politiker aus der Zeit des Ayatollah Ruhollah Khomeini, wurde gewählt. Experten der amerikanischen Regierung und sogar die berühmte Journalistin Christiane Amanpour, die ihre Kindheit im Iran verbrachte, sehen diesen Wechsel als einen Umbruch, der den Aufstieg der moderaten Iraner bestätigt.

Gibt es so etwas wie einen moderaten Iraner? Die allwissende Stimme kommt aus Jerusalem und sagt, er sei gefährlich, er sei ein Lügner und es sei der geistige Führer Ayatollah Ali Khamenei, der Entscheidungen treffe. Es spielt keine Rolle, dass 50% von Rowhanis Wählern zwischen 18 und 35 Jahren alt waren, dass 28 Millionen Teenager ihn auf Facebook unterstützten und Zehntausende von jungen Menschen seine Wahl feierten und bis zum Morgengrauen in den Straßen tanzten.

Rowhani repräsentiert eine neue Ära. Es war nicht Angst, die Obama dazu veranlasste zu erklären, dass die Zeit für eine Annäherung gekommen sei. Nur das arrogante Israel nimmt damit vorlieb, seinen berühmten Angriff um ein weiteres Jahr zu „verschieben“. Ephraim Halevy, früherer Chef des Mossad, ist der einzige, der den Umbruch im Iran als Grund sieht, Israels kriegerische Aussagen zu überprüfen. „Dies ist der Moment, genau zu beobachten, was dort geschieht, und zu schweigen“, sagte er.

Viele Leute setzen ihre Hoffnung auf die gegenwärtige israelische Regierung. Livni ist für die Friedensgespräche verantwortlich, die Ultra-Orthodoxen sind nicht Teil der Regierung, Lapid und seine Freunde deuten eine neue Ära in der Politik an. Jacob Perry von der Partei Yesh Atid und weitere seinesgleichen rufen offen nach einem historischen Kompromiss, der den israelisch-palästinensischen Konflikt löst. Der lächelnde und clevere Bennett, der sich mit scheinbar moderaten religiösen Leuten umgibt und viele Unterstützer anzieht, hat sich nicht als Friedenstaube erwiesen. Auch scheint er nicht wirklich die Kontrolle über seine Partei zu haben, die sich aus extremistischen Elementen zusammensetzt.

Nachdem er Frieden als einen Stachel im Fleisch bezeichnet hat, würde sich der Mann, der Millionen von Schekel durch Hightech verdient hat, als praktischer Politiker erweisen, wenn er jetzt die Regierung verlassen und dem Frieden erlauben würde, zu sprechen.

3 Kommentare

  1. Ich bin Iraner und hatte und habe kein Problem mit Israel und deren Bevölkerung gehabt. Ich begrüße die Ansicht des ehrenwerten Journalisten.
    IRI ist unser Problem und wir werden damit fertig.
    Wenn Iran angegriffen wird, werden wir weder Israel noch Amerika je als Freund bezeichnen.
    Wir werden uns auf die Seite unsere Regierung schlagen.
    Denkt bitte daran, Iran ist nicht Irak.

  2. Rowhani ist in seinem Stil unbestreitbar anders als sein Vorgänger. Ich würde aber
    trotzdem abwarten, was er in der Praxis tut, bevor ich ihn mit Lorbeeren überhäufe, wie
    deutsche Medien tun. Sie verwechseln – absichtlich oder nicht – nämlich oft kultiviertes
    Äußere und / oder Benehmen mit Inhalt.
    lg
    caruso

  3. Danke für diesen lesenswerten, auf langjährigen journalistischen Tätigkeiten erwachsenen Kommentar.

Kommentarfunktion ist geschlossen.