Jüdisches Denken – Jüdische Denker

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Prof. Agnes Heller und Natan Scharanski zu Gast bei der Europäischen Janusz Korczak Akademie…

Vom 1. bis zum 3. März veranstaltete die Europäische Janusz Korczak Akademie e.V. (EJKA), gemeinsam mit der Jewish Agency for Israel (JAFI), ein Seminar zum Thema „Jüdisches Denken – Jüdische Denker“ in München. Hauptreferentin war die weltweit renommierte jüdische Philosophin Prof. Agnes Heller. 30 Teilnehmer, vornehmlich Studenten aus Deutschland und der Schweiz, erlebten Agnes Heller als lebende Legende unter den jüdischen Denkern. Nicht nur ihre geistigen Fähigkeiten, sondern auch ihre offene Persönlichkeit, ihr Humor und die erstaunlich gute physische Verfassung, in der sich die 1929 Geborene befindet, hinterließen einen bleibenden Eindruck. Schnell wurde klar, dass Frau Heller das Unterrichten von Studenten leidenschaftlich betreibt.

In ihrem Einführungsvortrag gab Prof. Heller einen historischen Überblick über den Judenhass, angefangen bei der Judeophobie der antiken Griechen und Römer, über den durch das Christentum hervorgebrachten Antijudaismus, bis hin zum Antisemitismus der Moderne. Dabei wurde den Anwesenden bewusst, welche Elemente den Judenhass seit über 2.000 Jahren ständig prägten, und welche Komponenten spezifisch für eine der Perioden waren. Prof. Heller zeigte letztlich auf, mit Hilfe welcher Strategien Juden seit dem beginnenden 19. Jahrhundert versucht haben, dem Antisemitismus entgegenzutreten – Dissimilation nach vorheriger Assimilation, Eintreten für den Sozialismus/Kommunismus und Zionismus.

Im Zentrum des zweiten Vortrags von Agnes Heller stand ihre persönliche Biographie, die Erfahrungen aus der Verfolgung durch die Nazis und die Kommunistische Partei in Ungarn. Sie schaffte damit die Grundlage für die Darstellung ihrer Betrachtungen auf die Situation der Juden in Europa heute, besonders in Ungarn, wo Agnes Heller nach mehreren Jahrzehnten in Australien und New York wieder beheimatet ist. Sie betonte, dass nicht primär der existente Antisemitismus in Ungarns Regierung sie dazu bewog, als intellektuelles Aushängeschild die Opposition zu unterstützen. Ihr Engagement erkläre sich ebenso sehr aus der augenscheinlichen Beschneidung und Zurückdrängung elementarer Freiheiten, wie der Versammlungs- und Pressefreiheit.

In ihrem letzten Vortrag ging Frau Heller der Frage, was jüdische Philosophie überhaupt sein kann, nach. Dabei stellte sie eine Reihe wichtiger jüdischer Philosophen, zum Beispiel Maimonides, Spinoza, Mendelssohn und Hermann Cohen, sowie deren Beiträge vor. Im Vorfeld hatte die EJKA diesen Vortrag für alle Interessenten auch außerhalb des Seminars geöffnet, so dass erfreulicherweise die Räume mit über 60 Teilnehmern, überfüllt wurden. Der Begeisterung angesichts der Persönlichkeit von Prof. Heller konnte dies auch bei den Tagesgästen jedoch keinen Abbruch tun.

Nach Frau Hellers Vortrag füllten sich die EJKA-Räume schließlich noch mehr. Grund dafür war der Auftritt Natan Scharanksis, Vorsitzender der JAFI, in dessen Beisein das neue Büro, das sich die EJKA gemeinsam mit dem Münchner Büro der JAFI teilt, eingeweiht wurde. In seinem Ehrenvortrag betonte Scharanski die Bedeutung einer Verbindung von Partikularität und Universalität: nur wer in seiner Identität gefestigt ist und diese als Basis seines Handelns nutzt, könne für die Freiheit der Allgemeinheit dienlich sein. Scharanski argumentierte, dass der jüdische Staat sich seiner jüdischen Identität und seiner Verantwortung gegenüber allen Juden auf der Welt bewusst sei, und er gleichzeitig vehement an die Prinzipien der Freiheit glaube und festhalte. Dagegen erlebten die Staaten Europas, aufgrund der Annahme, dass nationale Identität zwangsläufig Kriege zur Folge habe und der daraus abgeleiteten breiten Ablehnung starker nationaler Identitäten, eine Hilflosigkeit gegenüber fundamentalistischen Bestrebungen. In den letzten Jahren, so Scharanski, sei aber ein Umdenken auch in Europa zu spüren.

Besonders beeindruckend waren die persönlichen Erinnerungen, in denen Scharanski die Zuhörer in seine Kindheit während des Stalinismus zurückführte, mitnahm zu seinen ersten politischen Aktivitäten in der Sowjetunion und schließlich auf die Verhörbank des KGBs. Scharankis Haltungen, so wie er selbst betonte, beruhen nicht auf wissenschaftlichen Forschung und Tätigkeit, sondern auf seinen persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen.

Die Europäische Janusz Korczak Akademie ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit Sitz in München. Als Bildungseinrichtung mit Fokus auf jüdische, interkulturelle und interreligiöse Bildung bietet die EJKA ein breites Spektrum an Veranstaltungen für Jung und Alt an.

–> Agnes Heller – Eine jüdische Intellektuelle und Weltbürgerin

1 Kommentar

  1. „Die Europäische Janusz Korczak Akademie ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit Sitz in München. Als Bildungseinrichtung mit Fokus auf jüdische, interkulturelle und interreligiöse Bildung bietet die EJKA ein breites Spektrum an Veranstaltungen für Jung und Alt an.“

    Ich moechte die Gelegenheit nutzen:

    -Janusz Korczak:

    „Janusz Korczak, eigentlich Henryk Goldszmit (* 22. Juli 1878 oder 1879[1] in Warschau; † nach dem 5. August 1942 vermutlich im Vernichtungslager Treblinka), war ein polnischer Arzt, Kinderbuchautor und bedeutender Pädagoge. Bekannt wurde er vor allem durch seinen Einsatz für Kinder. So begleitete er die Kinder seines Waisenhauses beim Abtransport in ein Vernichtungslager, obwohl das auch für ihn selbst den Tod bedeutete.“

    Aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Janusz_Korczak

    J

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