Rechtsextreme Verteidigerin sozialer Interessen

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Marine Le Pen versucht sich durch eine Kampagne gegen das Abkommen zwischen drei Gewerkschaftsverbänden und dem Arbeitgeberleger vom 11. Januar 13 zu profilieren und dabei die extreme Rechte als „sozialere“ Alternative zu Gewerkschaften überhaupt zu verkaufen…

Von Bernard Schmid, Paris

Am Freitag, den 11. Januar 13 schlossen drei von fünf französischen Gewerkschaftsdachverbänden ein Abkommen mit dem Arbeitgeberlager, das manifeste soziale Rückschritte absegnet. Es hat den so genannten Arbeitsmarkt zum Gegenstand und ermöglicht den Abschluss betrieblicher Vereinbarungen zur Krisenbewältigung durch vorübergehende „Opfer“ der Lohnabhängigen. Das Abkommen bleibt zwischen den unterschiedlichen französischen Gewerkschaftsverbänden umstritten; unter den stärksten Dachverbänden wird es durch die CFDT unterstützt, aber durch die CGT abgelehnt.

Ausgerechnet die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen versucht bereits seit längerem, sich ihrerseits zu profilieren, indem sie Stimmung gegen die neue Vereinbarung macht. Darauf verwendet ihre Partei sogar einen ziemlichen Aufwand: Der Front National (FN) lancierte eine eigene Petition gegen das Abkommen. Die extreme Rechte versucht dadurch, sich zur Verteidigerin sozialer Interessen aufzuschwingen, und gleichzeitig die Gewerkschaften als solche zu diskreditieren, von denen behauptet wird, sie hätten nichts mehr mit der Lebenswelt der (allermeisten) Beschäftigten zu tun. Vordergründig spart der FN dabei ferner nicht mit sozialer Demagogie und radikalen Phrasen, und spricht von einer „sozialen Kriegserklärung gegen die Beschäftigten“. ((Vgl. http://www.liberation.fr/depeches/2013/01/17/accord-sur-l-emploi-une-declaration-de-guerre-aux-salaries-selon-le-pen_874704 sowie http://www.lemonde.fr/politique/article/2013/01/19/marine-le-pen-lance-une-petition-contre-l-accord-sur-l-emploi_1819436_823448))

Allerdings ist dabei viel Blendwerk im Spiel. So wird behauptet, das Abkommen sei deswegen schädlich, weil es allein den Großbetrieben nutze (bei denen u.a. kollektive betriebsbedingte Entlassungen erleichtert würden, was auch zutrifft) – aber nichts für die „mittelständischen Betriebe“ getan werde. Stattdessen müssten (neben denen der Arbeitnehmer/innen) die Interessen der „kleinen und mittleren Unternehmen“ viel stärker und besser berücksichtigt werden. Jene sozialen Rückschritte, die „bei den börsennotierten Großunternehmen“ durch Marine Le Pen beklagt werden, betreffen aber auch die gleichzeitig von ihr hofierten kleineren und mittelständischen Unternehmen.

Ferner widerspricht Marine Le Pen dem Abkommen auch noch an dem Punkt, wo es tatsächlich für die abhängig Beschäftigten etwas Positives erreichte – als „Gegenleistung“ für die Zugeständnisse der Gewerkschaften an das Arbeitgeberlager -, nämlich bei der stärkeren Besteuerung bzw. der Erhöhung von Arbeitgeber-Sozialabgaben für befristete Arbeitsverträge. Vor allem die sehr kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse, unter einem Monat Dauer (die im Augenblick die Mehrheit der in Frankreich abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge darstellen) werden demnach künftig saftiger besteuert. Und zwar, um die Arbeitgeber ein bisschen finanziell davon abzuschrecken, eine allzu große Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse anzustreben.

Gerade an dem Punkt erklärt Marine Le Pen  jedoch ihre strikte Gegnerschaft: Eine stärke Besteuerung von kurzfristigen Arbeitsverträge unterstelle den Unternehmen ein schuldhaftes Verhalten, und „belastet besonders die mittelständischen Betriebe“, die oft „nichts anders können als befristet einzustellen“. ((Vgl. u.a. http://gauchedecombat.com/2013/01/10/fn-et-medef-meme-combat/ und http://www.liberation.fr/depeches/2013/01/17/accord-sur-l-emploi-une-declaration-de-guerre-aux-salaries-selon-le-pen_874704)) Von wegen sozial…!