Herodes letzte Reise

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„Die letzte Reise des Königs Herodes“. Das ist das Motto einer neuen Ausstellung im Jerusalemer Israel Museum. Sie wurde Dienstag eingeweiht und von einem präzedenzlosen Interesse der Presse aus aller Welt begleitet, wie  Museumsdirektor James Snyder bei der Pressevorschau am Morgen erklärte. Die Ausstellung läuft bis Oktober…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 12. Februar 2013

Herodes Ausstellung Jerusalem

Noch nie ist Herodes, eine der verhassten und zugleich bekanntesten Figuren der Menschheitsgeschichte eine Ausstellung gewidmet worden. Der Anlass war die Entdeckung der Grabstätte des Herodes am Abhang des Herodion-Berges westlich von Bethlehem vor fünf Jahren. Der israelische Archäologe Ehud Netzer hatte das Grab und Mausoleum des biblischen Königs nach fast dreißigjähriger Suche entdeckt und freigelegt. Beim Besuch einer Delegation von Restaurateuren des Israel Museums ist Professor Netzer am Fundort 2010 in den Tod abgestürzt.

Die empfindlichen  2000 Jahre alten Farben von Fresken an den Wänden einer Theaterloge,  „verflüchtigten sich wie in einem Fellinifilm“, erzählte Kurator David Mevorach. Deshalb war die Hilfe der Experten für die Konservierung dieser und anderer delikater Funde notwendig.

Die Loge hatte Herodes möglicherweise speziell für den Staatsbesuch des Markus Agrippas errichten und wenig später wegen dem Bau seines Mausoleums wieder zuschütten lassen.

Seitdem wurden 30 Tonnen Steine, Säulen, zerbrochener Stuck und ganze Fresken vom Herodion-Berg nach Jerusalem ins Museum gebracht. Zur Vorbereitung einer umfassenden Ausstellung wurden auch noch 250 Objekte aus eigenen Beständen und Leihgaben von Museen aus dem Ausland gesammelt.

Herodes ist in seinem Palast in Jericho 4 vor Chr. gestorben. Und da die Ausstellung seine „letzte Reise“ von Jericho zu seinem prunkvollen Grabmal auf dem 40 Kilometer entfernten Herodion nahe Bethlehem nachstellt, steht der Besucher erst einmal in dem nachgebauten „Thronsaal“ von Jericho. Gerade mal 30 Menschen finden darin Platz. „Der Saal wirkt bescheiden“, sagt Mevorach, „aber die Farben an den Wänden waren extrem teuer.“ Die Pigmente für das „kitschige Pink“ (Rosa) hatte Herodes von einem privaten Steinbruch des Kaisers Augustus in Südspanien importiert. Damit hatte Mevorach angesprochen, was sich wie ein roter Faden durch die ganze Ausstellung zieht: die engen politischen Beziehungen, die Herodes mit Rom und Größen seiner Zeit pflegte, darunter mit Kleopatra.

Herodes hatte einen ausgesuchten Geschmack: nicht nur für die Dekoration seiner Paläste, des Tempels in Jerusalem und anderer Bauten, die als sein Erbe bis heute stehen, darunter die Klagemauer, das Grabmal der Erzväter in Hebron und die massive Burg Massada.

Ein Saal ist dem ausgewählten Gaumen des Herodes gewidmet. Einige Dutzend Amphoren sind da neben beschrifteten Scherben ausgestellt. Aus der ganzen damaligen Welt ließ sich König Judäas ausgewählte Weine schicken, wobei wie heute der Ort des Weinbergs, der Jahrgang und „für Herodes“ auf die Amphoren geschrieben worden war. Auch Garum importierte Herodes, eine stinkende Fischsauce, die zu jeder römischen Mahlzeit gereicht wurde. Auf feinstem Terra Sigilata Geschirr wurde dem König und seinen erlauchten römischen Gästen das Essen gereicht. Sie tranken aus bunten Glaskrügen.

Im gleichen Saal wird auch einer der sensationellsten Funde aus einer Höhle bei Qumran am Toten Meer gezeigt: ein mit Palmwedeln gehülltes kleines Tongefäß, in dem sich noch eine Flüssigkeit erhalten hatte. Es handelt sich um das sündhaft teure Parfum „Balsam“, mit dem sich schon die Kleopatra betören ließ.

Die letzte Reise des Königs Herodes
Krug mit noch flüssigem Balsam

In der Mitte des Saales zwischen Statuen von Augustus, Mark Antonius und Kleopatra steht ein dreibeiniges steinernes Wasserbassin mit einem Durchmesser von einem Meter. Die Griffe sind mit menschlichen Fratzen des Dionysos und anderer mythologischer Figuren geschmückt. Ein fast identisches Wasserbecken hat man in einem Palast des Kaisers Augustus in Rom gefunden. Offensichtlich hatte Herodes das kostbare steinerne Becken vom römischen Kaiser persönlich geschenkt bekommen und konnte es deshalb nicht ausschlagen. Wegen der menschlichen Figuren konnte er es aus Rücksicht auf die jüdische Sitten jedoch nicht in seinem Jerusalemer Palast aufstellen. Herodes ließ es in einem luxuriösen Bad neben seinem Privattheater nahe dem Mausoleum auf dem Herodion aufstellen.

Herodes Ausstellung Jerusalem
Essgeschirr des Herodes

Herodes war zu Lebzeiten wegen seiner nicht-jüdischen Herkunft und wohl auch wegen seiner politischen Nähe zu den römischen Besatzern verhasst. Um seine Macht zu erhalten ging er über Leichen. So ermordete er seine Frau und drei seiner Söhne. Um sich „in die Herzen der Menschen einzuschmeicheln“, wie Mevorach formulierte, hatte Herodes den Jerusalemer Tempel neu gestaltet und erheblich erweitert. Weil dort heute Heiligtümer der Moslems stehen, können auf dem Tempelberg keine Ausgrabungen durchgeführt werden. Aber rund um den Tempelberg wurden viele Funde gemacht, die biblische Erzählungen und zeitgenössische Beschreibungen des Historikers Josephus Flavius voll bestätigen oder visuell bereichern.

Neben einem riesigen Säulenkapitell, dem Sarkophag eines gewissen „Simon der Baumeister“, ist da auch der 1968 gefundene Stein vom Geländer des Tempels mit der Inschrift „Zum Ort des Trompeters“ zu sehen. Dieser „Ort“ auf der Zinne ist aus jüdischen Schriften bekannt und bestätigt die Geschichte von der Versuchung Jesu. Die jüdischen Traditionen verbinden diesen „Ort des Trompeters“ auf der Zinne mit der Ankunft des Messias.

Dem teilweise rekonstruierten Mausoleum mit den Originalkapitellen und Säulen sowie drei geschmückten Sarkophagen vom Herodion ist der letzte Saal der Ausstellung gewidmet. Obwohl man keine Namen gefunden hat, vermuten die Forscher, dass der Sarkophag aus zerbrechlichem roten Sandstein, die letzte Ruhestätte des Herodes gewesen ist. Wer in den beiden anderen Sarkophagen gelegen hat, ist nicht bekannt.

Aus dem „Jüdischen Krieg“ des Historikers Josephus Flavius wissen wir, dass der Leichnam des Königs Herodes auf einer goldenen Bahre von Jericho zu seinem Mausoleum auf dem Herodion gebracht wurde. Und so wissen wir auch, dass Thraker, Germanen und Gallier, also Legionäre aus Thrakien, Deutschland und Frankreich, den König Herodes als Ehrengarde begleitet hatten.

Nach seinen Gefühlen zu dem bei Juden wie Christen verrufenen König befragt, meinte Mevorach nach fünf Jahren Beschäftigung mit der Ausstellung: „Fünf Jahre lang hat er unser Leben bestimmt. Herodes ist uns nicht sympathischer geworden. Heute können wir über Herodes vor allem sagen: er muss ein facettenreicher Mensch gewesen sein.“

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

Herodes Ausstellung bis Januar 2014 verlängert

Wegen beispiellosem öffentlichen Interesses will das Jerusalemer Israel Museum Ausstellung zu Herodes dem Großen bis zum 4. Januar 2014 laufen lassen. Ursprünglich sollte sie schon im Oktober geschlossen und wieder abgebaut werden. In den acht Wochen seit der Eröffnung am 13. Februar kamen über 75.000 Besucher und während der Pessach- und Osterfeiertage über 3.000 Besucher pro Tag.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com