Syriens Beschuss der Nachbarstaaten

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Der syrische Beschuss türkischer Dörfer, jordanischer Stellungen und der von Israel kontrollierten Golanhöhen geht nach Einschätzungen israelischer Militärs mit hoher Wahrscheinlichkeit von der syrischen Opposition aus. Das berichteten das israelische Fernsehen und der Rundfunk…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 5. Oktober 2012

Die Kämpfer der Opposition in Syrien hätten ein Interesse, umliegende Länder in einen Krieg gegen Syrien zu ziehen. Die Logik dazu liege auf der Hand, sagte der Reporter im Fernsehen. Die syrische Opposition könne nur profitieren, wenn die Regierungsarmee durch einen Krieg gegen Israel oder gegen die Türkei gebunden wäre, anstatt Hochburgen der Opposition in Aleppo, Homs oder Damaskus mit Panzern zu beschießen und mit der Luftwaffe zu bombardieren. Der Reporter fügte hinzu, dass die Truppen der Regierung Assads bisher darauf geachtet hätten, die Arsenale mit Kampfstoffen für chemische und biologische Kampfstoffe vor Übergriffen der Oppositionskämpfer zu schützen. Die Amerikanern hatten Syrien eine rote Linie gesetzt und das Durchsickern nicht-konventionaler Kampfstoffe an die Hisbollah im Libanon oder an Oppositionsgruppen als Interventionsgrund bezeichnet.

Der Beschuss des türkischen Grenzdorfes Akcakale mit Granaten aus Syrien war kein Einzelfall. In Akcakale hat es fünf Tote gegeben, darunter eine Mutter und ihre vier Kinder. Beschossen wurden Ortschaften im Libanon und in Jordanien. Seit Mai 2011 kam es immer wieder zu Schüssen syrischer Scharfschützen auf Flüchtlinge jenseits der Grenzen. Dabei wurde mehrmals Menschen getötet, im Libanon wie in der Türkei. Am 2. August kam es zu einem heftigen Gefecht zwischen syrischen und jordanischen Truppen, wobei zwei syrische Flüchtlinge und ein jordanischer Soldat verletzt wurden.  Zehn Tage später kam es erneut zu einem schweren Gefecht. Am 19. August schlugen vier aus Syrien abgeschossene Raketen  in Jordanien ein und verletzen ein junges Mädchen. Jordanien reagierte mit einer Protestnote an den syrischen Botschafter in Amman.

Grenzzwischenfälle entlang der türkisch-syrischen Grenze passierten häufiger und hatten mehrfach Tote zur Folge, darunter einen libanesischen Kameramann, der das Geschehen an der Grenze filmte. Mehrfach haben die Türken schon Truppen an die Grenze verlegt. Anfang Juli ließ die türkische Armee Kampfjets gegen syrische Hubschrauber aufsteigen, die sich der Grenze näherten.

Im September schlugen zweimal Granaten auf den israelisch-kontrollierten Golanhöhen ein, ohne Schaden anzurichten. Von Israel aus können die Kämpfe zwischen syrischen Rebellen und Regierungstruppen in grenznahen Ortschaften, darunter in der Stadt Kuneitra, beobachtet werden. Vor einigen Tagen ließ Israel alle Touristen vom Gipfel des Hermonberges evakuieren, weil jenseits der Waffenstillstandslinie, auf der syrischen Seite, bewaffnete Zivilisten gesichtet wurden, deren Absichten ungewiss waren.

Der schwerwiegendste türkisch-syrische Zwischenfall passierte am 3. Juni, als die Syrer bei Latakia einen türkischen Militärjet abschossen. Bis heute sind viele Einzelheiten unklar, so die Absichten des türkischen Flugzeugs. Die Piloten konnten sich angeblich mit Fallschirmen retten. Der TV-Sender Al Arabia veröffentlichte derweil Geheimpapiere, wonach die die Piloten von den Syrern lebendig aufgegriffen wurden, aber auf Anraten russischer Berater kurz darauf ermordet und ins Mittelmeer geworfen worden seien.

Gemäß dem Völkerrecht kann jeder Beschuss vom angegriffenen Land als klassische Kriegserklärung interpretiert werden und mit militärischen Mitteln abgewehrt werden. Gleichwohl wird heutzutage abgewogen und nicht blindlings zurückgeschlagen. Beispiele dazu lieferte tödliche grenzüberschreitende Attacken entlang der „Friedensgrenze“ zwischen Israel und Ägypten oder Raketenbeschuss auf Eilat von Jordanien aus.

Das herkömmliche Völkerrecht erweist sich im Nahen Osten kaum mehr anwendbar. In den meisten arabischen Staaten verfügen nicht mehr nur die Regierungen über das Machtmonopol. Im Libanon und bei den Palästinensern halten sich politische Parteien einen „militärischen Arm“, mit dem sie eigenmächtig Krieg führen. Beispiele dazu liefern der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen und der Libanonkrieg von 2006. Den hatte die Hisbollah, die als Partei im libanesischen Parlament vertreten ist, mit der Entführung von zwei israelischen Soldaten ausgelöst. Im ägyptischen Sinai hat ein Machtvakuum zur Entstehung bewaffneter Gruppen geführt. Die greifen Israel und ägyptische Stellungen an. Syrien hatte seit 1973 gewissenhafter als jeder andere arabische Staat Zwischenfälle an seiner Grenze zu Israel vermieden, um keinen Krieg zu provozieren. Doch jetzt, mit dem Bürgerkrieg, hat die Regierung des Präsidenten Assad das alleinige Gewaltmonopol an bewaffnete oppositionelle Milizen verloren.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

11 Kommentare

  1. Ahmadinedschads Einfluss auf die in die Enge getriebene und deshalb ihm immer schamloser Avancen machende, katzenbuckelnde syrische Regierung beginnt deutlich zu werden: die Ausfälle gegen Israel mehren sich zusehends. In gleicher Weise, wie A. sich seit Jahren darin gefällt, um zu versuchen, über diesen Umweg mehrheitlich sunnitisch dominierte, vor allem arabische Staaten zu beeindrucken:

    http://sana.sy/eng/21/2012/10/12/446562.htm

    Demzufolge ist der Staat Israel DIE Bedrohung des Islam und nebenbei des Christentums, Zitat:

    „The People’s Assembly urged Arab, Islamic and international media institutions to expose the Israeli occupation’s crimes and racial policies against Muslims and Christians and its attempts to change the historic aspects of Jerusalem.“

    Na klar. Jerusalem. Das zieht immer.

    Lächerlicher kann sich die syrische Regierung, in der bisher trotz allem – noch – Freiheiten für seine BürgerInnen gelten, von denen die Menschen im Iran nur träumen können, kaum machen, aber wer mit dem persischen Löwen tanzen will, muss mitbrüllen. Dabei kann es nicht schaden, mögen sich die Propagandastrategen in Syrien denken, wenn sie versuchen, Christentum mit einzubinden.

    Dass es dazu kommen konnte – viel Schuld ist bei der unverhohlenen Unterstützung des Westens für die menschenfressende „syrische Revolution“ zu suchen. Israel darf es ausbaden. Denn ganz gleich, wer bei dem syrisch/arabischen Gemetzel gewinnt – beide Seiten sind extrem israelfeindlich eingestellt, die syrische Regierung mehr denn je Dank der Unterstüzung des Iran. Ein gemeinsamer Nenner bei allen Kriegsparteien, von dem kein Mensch voraussagen kann, welch unterschwellige Rolle er noch spielen wird.

  2. Nur gemeinsam ist man stark…Davit Ben Gurion(studierte in Istanbul) und Mustafa Kemal Atatürk(Aus türk. Selanik,Jerusalem des Balkans) würden nur den Kopf schütteln! Ironie des Schicksals der brüderlichkeit, die Angst vor der Hamas, in Medinat Israel und die Angst gegen der PKK, in der Republik Türkei.

    • Na, da bin ich mir mal nicht so sicher. Gehe eher davon aus, daß die NATO sich in den Bauch beißt, momentan hier auch noch so mitspielen zu müssen. Als die Free Gaza Schiffchen der Kumpels von Erdogan ausliefen, war man eigentlich wohl eher auf anderer „gemeinsam“ Linie. Jetzt muß man dringend einen Kurdenstaat verhindern und Hatay groß machen.

      Könnte in die Hose gehen.

      Der Wetterbericht sagt: Bei ständig wechselndem starken Wind, franst die Fahne.

  3. Mehr fällt ihnen wohl nicht ein…

    Argumente, Fakten, damit wären Sie wohl überfordert. Sie sind wohl gerne Teil des „entfesselten Mobs“.

    Dass Herr Pfeifer Jane argumentativ versucht zu korrigieren oder zu widersprechen ist überzeugender als ihr Boykott Aufruf!

    Aber es ist wohl menschlich, – wenn man nicht mehr weiterweiß -, dann flippt man eben schon mal aus…

  4. Grenzschießereien hin oder her, aber… Also alles was recht ist – das geht denn doch zu weit, your Excellency Mr. President of the Syrian Arab Republic , Bashar al-Assad:

    „PROVINCES, (SANA)_The Syrian Arab Army on Saturday destroyed 2 DShK-equipped cars*) and 7 Mercedes automobiles, killed a number of terrorists, among them 4 Turks at al-Isharat neighborhood in Bustan al-Qasr in Aleppo city“

    *) Überschwere Maschinengewehre sowjetischer Bauart, montiert auf Pickups, angeblich aus Saudi-Arabien an die Aufständischen geliefert

    Sieben Mercedes, MERCEDES !!! zerstört? Das geht zu weit. Wir fordern von Ihnen ein sofortiges Ende derartiger verantwortungsloser Angriffe auf deutsche Wertarbeit. Sonst zeigen Ihnen unsere türkischen NATO-Verbündeten mit ihren Leopard Panzern mal, wozu deutsche Technik sonst noch in der Lage ist – außer feinste Automobile zu bauen. Die Ihre Truppe gefälligst nicht anzutasten hat!

    Und was ist das denn:

    „DAMASCUS, (SANA) – The Syrian Armed Forces on Saturday marked the 39th anniversary of the October Liberation War that restored the Arab nation’s pride, dignity and influential presence in the international arena and boosted its standing among the nations and peoples of the world.“

    Zuviel °1984″ von George Orwell gelesen? Newspeak geübt? Oder was soll diese Umdeutung des hinterhältigen Ãœberfalls auf Israel an dessem höchstem Feiertag, was in rascher Folge zum kompletten Verlust der Golanhöhen führte und zuvor den zunächst total überraschten „zionistischen Feind“ bis auf 32 km an Damaskus vorrücken ließ?

    Naja, an irgendwas muss man sich halt hochziehen, wenn man fast alles gegen sich hat, und sei es am eigenen Zopf wie dazumal Münchhausen.

    Vielleicht klappts ja. Im Namen der nicht sunnitischen Minderheiten wäre es zu hoffen: seit dem 29./30. 09. bringt die FSA keine der sonst täglichen Siegesmeldungen mehr auf ihrer Webseite…

    Quellen:

    http://sana.sy/eng/21/2012/10/06/445667.htm

    http://www.free-syrian-army.com/en/news/

  5. http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_4266/

    Ulrich W. Sahm schreibt, dass syrische Oppositionelle Türkisches Gebiet beschießen, um einen Krieg gegen Syrien zu entfachen, damait die Assad treue Regierungsarmee geschwächt werde.

    Da im Nahen Osten selbst das Unmögliche möglich ist, incl. Wunder aus Judentum, Christentum, Islam, Bahai, Kommunismus, Atheismus und anderen vergessenen Religionen, weiß niemand, ob Assad treue Soldaten, bezahlte Rebellen, Idealisten, Fundamentalisten, Al-Quaida-Terroristen oder von der Türkei bezahlte Söldner absichtlich oder zufällig türkisches Gebiet beschossen haben. Die verwendeten Waffen geben wenig Auskunft, da Waffen aus allen Herren Länder dort vorhanden sind und unabhängig des politischen und religiösen Bekenntnisses von allen Gewalttätigen verwendet werden. So werden von den USA gekaufte und erbeutete russische Gewehre der Türkei übergeben, die damit ihre Söldner ausrüstet, um im Zweifelsfall die Schuld auf jemanden anderen zu schieben.

    Schlimm ist, dass auf Basis dieser verworrenen Lage NATO und UNO den Türken freie Hand zur Vergeltung geben, syrisches Gebiet zu bombardieren und die dort vorhandenen Menschen beliebig zu töten.

    • “ … türkisches Gebiet beschossen haben. Die verwendeten Waffen geben wenig Auskunft, … “

      Die Presseagentur des syrischen Staates liefert die Erklärung. Türkische Granaten waren es. Abgefeuert aus Mörsern, die die Türkei zuvor an die Aufständischen lieferte. Was einer gewissen Komik nicht entbehrt, trotz der sinnlosen Verluste an so vielen Menschenleben, sollte es denn wahr sein:

      http://sana.sy/eng/22/2012/10/06/445523.htm

      Zitat:

      „Yurt Newspaper: Erdogan’s Government Handed over the Mortars to Armed Groups in Syria which Shelled Akcakale Town“

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