Der Wasserkrieg in Nahost

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Um Wasser führen Israelis und Palästinenser einen propagandistischen Weltkrieg. Das israelische Informationszentrum „Media Central“ hatte eine Pressetour nach Ouja und Kibbuz Almog organisiert, wo Journalisten mit dem palästinensischen wie dem israelischen „Narrativ“ zu der Wasserfrage konfrontiert wurden…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 26. Juni 2012

Im Minibus ging es zum Dorf Ouja nördlich von Jericho. Dort sprudelt die ausgiebigste Quelle im palästinensischen Gebiet. In dem 5000 Seelen Dorf stehen noch Lehmhütten, wie in biblischer Zeit. Es gehört teilweise zur palästinensischen Autonomiebehörde und teilweise zu dem von Israel kontrollierten „C-Gebiet“ im besetzten Westjordanland.

Der vom Bauer zum Bürgermeister von Ouja aufgestiegene Turki Ishibad und ein palästinensischer Aktivist der „Freunde der Erde“, Dr. Nader Al-Khateeb, erklärten, dass allein Israel Schuld an der akuten Wasserknappheit trage. Im Kibbuz Almog, dokumentierte dann der israelische Wasserexperte Dr. Haim Gewirtzman, dass Israel recht habe.

Ouja war berühmt für seine Bananenhaine, doch die wurden gerodet, „weil die Israelis uns kein Wasser für die Landwirtschaft zugestehen“, so Dr. Al-Khateeb bei der Besichtigung eines staubigen Feldes bei 40 Grad Hitze. Oujas berühmte Quelle sprudelt sogar noch Ende Juni, dank des üppigen Regens im vergangenen Winter. Doch die Israelis bohrten Brunnen in der Gegend und entzogen so der Quelle das Grundwasser, sodass es im Sommer klamm werde, sagte der Bürgermeister. Bei Gewirtzman erfahren die Journalisten jedoch, dass Oujas Quelle vom Regen in der Gegend von Ramallah in den Bergen gespiesen wird. Brunnen der palästinensischen Autonomiebehörde bei Ramallah und nicht israelische Brunnen in der Jordansenke, entziehen Quelle im Sommer das Wasser. Eigentlich logisch, denn Wasser fließt mit der Schwerkraft immer abwärts.

Und jene israelischen Brunnen bei Ouja, die Siedlungen in der Jordansenke und arabische Ortschaften, darunter auch Ouja, mit Wasser versorgen, zapfen laut Gewirtzman eine viel tiefere Grundwasserschicht an, der bisher von niemandem genutzt wurde. Messungen zwischen 1967 (als es noch gar keine Siedlungen gab) und dem Ausbruch der Intifada 1987, sowie neueren Messungen einer deutschen Universität zeigen, dass Oujas Quelle seit jeher im Sommer versiegt und dass der palästinensische Vorwurf gegen Israel abwegig sei.


Eine stacheldraht-bewehrte israelische Pumpstation unterhalb der Quelle von Ouja

Bürgermeister Ishibad machte wegen des Wasserentzugs Israel für den Niedergang der traditionellen Landwirtschaft verantwortlich. „Wir reißen die Plantagen aus, und verkaufen den Boden billig an Investoren aus Bethlehem und Ramallah. Die errichten Ferienhäuser auf Oujas Feldern.“ Nach vielen bohrenden Fragen gestand Ishibad, dass es auch in den palästinensisch verwalteten Gebieten Baupläne gebe und dass Häuser nicht auf landwirtschaftlichen Böden errichtet werden dürften. „Also werden die Häuser illegal gebaut?“ Der Bürgermeister bejahte: „Nur lassen wir keine Bulldozer auffahren, weil wir nicht wie die Besatzer wirken wollen.“ Hoch lebe die Anarchie.

Es folgte der verbreitete Vorwurf, dass Israel den Palästinensern Trinkwasser für 3 Schekel (60 Cent) pro Kubikmeter verkaufe, teurer als an seine Bürger. Doch ein Blick auf eine Wasserrechung in Jerusalem ergab, dass Israelis das drei- bis Vierfache pro Kubikmeter zahlen, bis zu 2,50 Euro per Kubikmeter. Eine halbe Stunde lang stochern die Journalisten weiter, bis der Bürgermeister herausrückt, dass die Bewohner ihr Wasser überhaupt nicht bezahlen. Es seien 650 Wasseruhren beschafft worden und seit dem 1. Juni gebe es Vorbereitungen, Wasserrechnungen zu verschicken. Den Journalisten zeigt er eine Rechnung der palästinensischen Wasserbehörde über 7.187.500,- Shekel (fast 1,5 Millionen Euro) für Wasserverbrauch. Sein Dorf benötige Hilfe, um diese Schulden abzutragen. Am Eingang seines von Japan finanzierten Rathauses bezeugen große Tafeln, dass Deutschland, Frankreich und andere Länder dem Dorf schon den Aufbau der Verwaltung, die Errichtung des Rathauses und die Asphaltierung der Straßen finanziert hätten.

Gewirtzman bestätigt anhand offizieller palästinensischer Veröffentlichungen im Internet, dass es tatsächlich bei den Palästinensern „nicht üblich“ sei, Wasserrechnungen zu bezahlen. Von der israelischen Wassergesellschaft Mekorot geliefertes Wasser werde gemessen und der palästinensischen Autonomiebehörde als Gesamtbetrag in Rechnung gestellt. Mit Steuer- und Zolleinnahmen, die Israel gemäß den Osloer Verträgen für Importe der Autonomiebehörde einziehe, werde Mekorot dann ausgezahlt. Es sei ein internes palästinensisches Problem, dass die Bevölkerung nicht zur Kasse gebeten werde, so Gewirtzman: „Die palästinensische Bevölkerung bezieht ihr Wasser kostenlos. Das führt zu verantwortungsloser Verschwendung.“ Genau so widersprüchlich wurden die Entsorgung von Abwasser und die damit einhergehende Verseuchung des Grundwassers, das Klären von Schmutzwasser zwecks Wiederverwendung in der Landwirtschaft, internationales Recht und der Verlust durch mangelhaft instand gehaltener Wasserrohre vorgestellt. Die Sichtweisen könnten nicht kontroverser sein, obgleich die von beiden Seiten genannten Zahlen weitgehend übereinstimmten und die mit den Osloer Verträgen eingerichtete gemeinsame Wasserkommission die einzige Institution sei, die auch in den schlimmsten Zeiten der Feindseligkeit während der Intifada regelmäßig tagte und per Konsens Beschlüsse fasste.

Die Palästinenser beklagen Wassermangel, was von Amnesty International mit Hinweisen auf Swimmingpools der Siedler aufgegriffen wurde, jedoch ohne die Schwimmbäder und Wasserparks in palästinensischen Städten wie Bethlehem, Jericho oder Ramallah zu erwähnen. Dr. Nader Al-Khateeb redete von Internationalem Recht, zumal doch das ganze Land und so auch der Regen allein den Palästinensern gehören. Gwirtzman kontert, dass es zu Wasserfragen bis heute kein „Internationales Recht“ gebe. Nur 16 von mindestens 35 Ländern hätten eine entsprechende UNO-Konvention unterzeichnet. Also gelten bilaterale Verträge wie Paragraf 40 der Osloer Verträge zwischen Israel und den Palästinensern, der die Wasserverteilung mit konkreten Zahlen festlegt. Al-Khateeb „belegt“, dass diese „Interimsverträge“ ab 1995 nur für 5 Jahre angelegt waren. Gwirtzman widerspricht und „beweist“, dass Israel sein Soll an Wasserlieferung um viele Millionen Kubikmeter überschreite.

Klar ist, dass Israelis wie Palästinenser das knappe Wasser für einen Propagandakrieg missbrauchen, obgleich gerade bei diesem Thema mit Kooperation und gegenseitiger Rücksicht Lösungen gefunden werden könnten: mit Entsalzung, Instandhaltung der Leitungen, Abwasseraufbereitung, Tröpfchenbewässerung und anderen Technologien.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

6 Kommentare

  1. “…zumal doch das ganze Land und so auch der Regen allein den Palästinensern gehören““

    Ach Riciano, zum einen sollte ihnen Israel nicht so leid tun, es gehört ihm tatsächlich bereits unumstößlich 77% des ehemaligen Siedlungsgebiets der Palästinenser, es geht nur um die verbliebenen 23% und auf denen sollen lt. israelischem Willen die Palästinenser nicht mal das Regenwasser auf ihrem eigenen Grund und Boden nutzen dürfen. Weiterhin sind von den 23% knapp die Hälfte auch schon soweit fest in israelischer Hand.

    Wie Sie aus den von mir eingestellten Militärorder und Verordnungen entnehmen können, kontrollieren die Israelis sogar die Wasserentnahme aus den alten Brunnen der Palästinenser mittels eingebauter Wasseruhren. Die Palästinenser sind also nicht mal berechtigt ihre alten untiefen Brunnen zu nutzen wie sie wollen. Diese Brunnen sind eh nur 10 Meter tief, mehr erlauben die Israelis nicht, anders als die der Siedler (80m) und die Israelis gestatten nicht das Aufstellen von Zisternen zum Auffangen des Regenwassers, auch nicht auf privatem Grund.

    Aus diesem Grund hat sich auch die UNO schon veranlasst gesehen zu protestieren. Nur werden solche Meldungen in der ‚aufgeklärten‘ Welt kaum zur Kenntnis genommen.

    UN verurteilt die israelische Zerstörung des palästinensischen Wassersystems

    Nachdem die Zerstörung von 27 Wasserzisternen und die Umleitung von 15 Bergquellen durch israelisches Militär während des letzten Jahres dokumentiert wurde, veröffentlichte der UN- Koordinator für Humanitäres für die besetzten Gebiete eine Erklärung, die die Angriffe auf die Wasserreserven verurteilen….“

    http://www.imemc.org/article/60580

    Und da soll einer behaupten, es würde sich hier nicht um Apartheid handeln.

    Wie ich schon sagte, das Wasser wird für die Palästinenser vor allem deshalb so teuer, weil sie über die öffentlichen, von den Israelis kontrollierten Wasserversorger nur völlig unzureichend mit Wasser versorgt werden. Die ihnen zugeteilte Wassermenge ist nur ein Bruchteil der Menge, die sie bräuchten und die z.Bsp. den Siedlern zur Verfügung steht. Daher müssen sie insbesondere in den Sommermonaten das Wasser von teuren Privatversorgern, welche mit Tanklastwagen kommen, kaufen – und DAS ist dann sehr viel teurer.

    Viele pal. Haushalte zahlen, wie man auch dem Amnestybericht entnehmen kann, ihre Wasserrechnungen nicht mehr, da sie über kein Einkommen verfügen; auf Grund der sie überall umgebenden Beschränkungen ist ein normales Wirtschaftsleben ja nicht möglich.

    Die Israelis erhalten ‚Ihr‘ Geld (es ist ja eigentlich das Wasser der Palästinenser, welches sie liefern) dennoch, wie auch schon Herr Sahm schrieb, da die Israelis ja auch die palästinensischen Zölle einnehmen und die Differenz dann eben abziehen für das Wasser, dass sie zuvor den Palästinenser geraubt haben.

    Diese ganze Besatzung ist dermaßen perfide – ich verstehe wirklich nicht, wie die Welt diesem Treiben tatenlos und sanktionslos seit 40 Jahren zuschauen kann und warum nicht mehr Juden in der Welt begreifen, dass es im demokratischen Israel kaum zu einer anderen politischen Willensbildung kommen kann, wenn die mehr als notwendige deutliche Kritik daran unterdrückt wird. Dazu muss ich allerdings sagen, dass es eine Minderheit kritischer Juden überall gibt, die auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Ich beziehe mich ja gerne auf ihre Beiträge, die oft profund und kenntnisreich sind.

    In den USA jedenfalls scheint es, dass entgegen der finanzstarken und einflussreichen jüdischen Lobbyorganisation AIPAC, immer mehr Juden die ewige Expansion Israels nicht mehr nachvollziehen wollen.

    Sollte die AIPAC irgendwann an Einfluss verlieren, dann würde der ewige Unterstützer und Bremeser in Sachen Siedlugnspolitik und ihrer Sanktionierung wahrscheinlich seine Politik ändern – das im Verbund mit den Wandlungen und Umstürzen in der arabischen Welt wäre nach all der gnadenlosen israelischen Politik denn wirklich ein düsteres Szenario für Israel – und es wäre nicht nur menschlich, es wäre auch klug es soweit nicht kommen zu lassen und einer anderen Politik den Weg zu ebenen – so lange es dazu nicht zu spät ist.

  2. Weil mein vorheriger Beitrag hinsichtlich des Layouts ziemlich verhackstückt war – hier noch mal einige dem Amnesty-Bericht etnommenen Militärorder (ich hoffe, dass das mit dem Layout diesemal besser klappt):

    Militärorder 92 wurde am 15. August 1967 erlassen und gesteht der israelischen Armee sämtliche Entscheidungsbefugnisse über alle Angelegenheiten der Wasserversorgung in den besetzten palästinensischen Gebieten zu.

    Militärorder 158 vom 19. November 1967 schrieb fest, dass Palästinenser ohne eine zuvor bei der israelischen Armee eingeholte Genehmigung keine neuen Wasseranlagen einrichten können unddass ohne Genehmigung gebaute Wasseranlagen oder Ressourcen konfisziert werden.

    Militärorder 291 vom 19. Dezember 1968 annullierte alle das Land und das Wasser betreffenden Vereinbarungen, die vor der israelischen Besetzung der Westbank Gültigkeit hatten.

    Diese und andere Verordnungen der israelischen Armee sind auch heute noch in den OPT in Kraft und gelten allein für Palästinenser.

    Ohne vorherige Genehmigung der israelischen Armee dürfen in den besetzten palästinensischen Gebieten bis heute keine Wasserprojekte(angefangen bei Rohrleitungen und Wassernetzen über Wasserreservoirs bis hin zu Brunnen, Quellen und sogar Regenwasser-Zisternen) mehr durchgeführt werden.

    In den gesamten29 Jahren von 1967 bis 1996, als dann die Palästinensische Wasserbehörde (PWA / Palestinian Water
    Authority) eingerichtet wurde, sind nur 13 solcher Genehmigungen erteilt worden. Diese bezogen sich allerdings alle auf Projekte, bei denen es allein um die Versorgung von Haushalten ging und die bei weitem nicht ausreichend waren, um wenigstens für die ausgetrockneten oder seit 1967 baufällig gewordenen Brunnen Ersatz zu schaffen.

    Das von der israelischen Armee eingesetzte Wasserrecht verhinderte nicht nur die Entwicklung neuer palästinensischer Brunnen und der entsprechenden Infrastruktur, es schränkte auch die Nutzung und den Erhalt der bestehenden Brunnen ein.

    Die nach der Quote erlaubte Wassermenge wurde dabei immer auf das Niveau gekappt, das zu jenem Zeitpunkt gültig war, als der betreffende Brunnen zum ersten Mal mit einem Wasserzähler ausgestattet wurde (70er Jahre).

    Die Militärorder 1039 vom 5. Januar 1983 (die den
    Geltungsbereich der Militärorder 1015 vom 27. August 1982 bezüglich des Anbaus von Feldfrüchten und Gemüse insofern ausdehnt, dass sie nun sowohl Gemüse als auch Obst umfasst) schreibt zum Beispiel fest:

    „Gemäß der mir übertragenen Anordnungsbefugnis und in meiner Eigenschaft als Kommandant der israelischen Verteidigungskräfte in der Region, und weil ich überzeugt bin, dass diese Anordnung für das Wohlergehen der Einwohner notwendig ist, und mit dem Ziel, die Wasserressourcen und das Agrargut dieser Region zum allgemeinen Nutzen zu erhalten ist es verboten, im Distrikt Jericho Gemüse anzubauen, außer nach Erhalt einer
    schriftlichen Genehmigung
    der zuständigen Behörde gemäß den von ihr geforderten Bedingungen (Artikel 2 A).“

    Artikel 10 der ursprünglichen Militärorder 1015 legt fest:
    „Jede Person (nat. nicht Siedler), die diesen Bestimmungen zuwiderhandelt, wird strafrechtlich verfolgt und mit einem Jahr Haft oder mit einem Bußgeld von bis zu 15.000 NIS [Neue Israelische Schekel] (rund 3.000 €) oder beidem belegt; außerdem wird für jeden weiteren Tag der Zuwiderhandlung ein zusätzliches Bußgeld von 500 NIS (rund 100 €) fällig. Sollte die betreffende Person durch ein Gericht dazuaufgefordert werden, die ohne Genehmigung gesetzte Saat zu vernichten, so kann die zuständigeBehörde die jeweiligen Anpflanzungen entfernen lassen und dem Beklagten sämtliche Kosten für die Vernichtung der Pflanzen in Rechnung stellen.“

    Israelische Militärverordnungen, die angeblich „zum Schutz“ natürlicher Ressourcen und Reserven – inklusive der Wasservorkommen – erlassen wurden, legen seit vier Jahrzehnten die landwirtschaftlichen Aktivitäten der Palästinenser in der gesamten Westbank lahm.

    Israels Politik ist und bleibt es, die Gesamtmenge an Wasser (und Boden), die der palästinensischen Bevölkerung zur Verfügung steht, einzuschränken und für sich selbst den privilegierter Zugang zum größeren Teil der Wasservorräte und des Landes in den besetzten palästinensischen Gebieten zu sichern.

    (In der Praxis sieht das dann z.Bsp. so aus):

    Am 11. März 2008 erlebte ein Delegierter von Amnesty International in der Westbank mit, wie israelische Soldaten in den Randbezirken von Jiftlik im Gebiet des Jordantals eine palästinensische Farm zerstörten. Ganz in der Nähe dieser Farm betreiben israelische Siedler große Agrarbetriebe mitsaftig bewässerten Anbauflächen.
    Mahmud Mat’ab Da’ish, seine Frau Samar, ihre sieben Kinder sowie einige ihrer Verwandten mussten entsetzt mit ansehen, wie ein israelischer Armee-Bulldozer ihre Pflanzen – und damit ihren gesamten Lebensunterhalt – dem Erdboden gleichmachte. Nachdem die jungen Gemüsepflanzen schnell zerquetscht waren, fuhr der Bulldozer weiter das Feld auf und ab. Systematisch schaufelte er die
    Tropfenbewässerungsanlage, die die Familie unter großen Kosten installiert hatte, heraus und riss sie in Stücke.
    Begleitet von Männern in ziviler Kleidung umzingelten zig uniformierte israelische Soldaten das Gelände und hinderten die Bauern, sich dem Feld zu nähern. Die Bauern baten die Soldaten inständig, wenigstens das teure Tropfenbewässerungsnetz retten zu dürfen, die Soldaten lehnten dies jedoch ab.

    Zwei Monate zuvor hatte die Armee dasselbe Feld schon einmal zerstört; die Familie hatte dann aber neue Gemüsepflanzen gesetzt und gehofft, dass diese nun am Leben bleiben durften. Einen Monatspäter kehrte die Armee jedoch zurück, diesmal um die Behausung der Familie zu zerstören – eine einfache Unterkunft, die aus dünnen Wellblechplatten, Holz und Steinen bestanden hatte.

    Danach blieb Mahmud Mat’ab Da’ish und seiner Familie nichts anderes mehr übrig, als in ein Zelt zu ziehen, das ihnen das Internationale Rot-Kreuz-Komitee (ICRC / International Committee of the Red Cross) zur Verfügung stellte.

    Samar Da’ish sagte gegenüber Amnesty International: „Warum müssen sie das Wenige zerstören, daswir haben? Welchen Schaden haben wir dadurch angerichtet, dass wir dieses kleine Stückchen Land bebauen, damit wir unsere Kinder ernähren können? Schauen Sie, sie haben keine einzige Pflanze verschont. Warum so viele Grausamkeiten gegenüber den Menschen, dem Land, der Natur?“

    Mit den Verträgen von Oslo wurde der PA keineswegs die Befugnis erteilt, über die Anlage neuer oder die Modernisierung vorhandener Brunnen oder über die Umsetzung anderer wasserbezogener Projekte zu entscheiden.

    Stattdessen kontrolliert Israel weiterhin und in fast demselben Umfang wie schon vor den Osloer Verträgen jede Entscheidungsfindung bezüglich der Wassermenge, die den vorhandenen Brunnen und Quellen in den besetzten palästinensischen Gebieten entnommen werden darf.
    Folglich erfassen und kontrollieren die israelischen Behörden nach wie vor, welche Mengen Wasseraus den Brunnen und Quellen der Westbank gewonnen werden. Dabei ist es den Palästinensern nicht erlaubt, ohne eine vorherige Genehmigung der israelischen Behörden neue Brunnen anzulegen oder die bestehenden wieder in Gang zu setzen. Solche Genehmigungen werden allerdings nur sehr selten
    erteilt.

    Die Zonen A und B sind von israelischen Siedlungen, von Siedlerstraßen und von „militärischen Sperrzonen“ umgeben (ca 40% der WB) und so in etliche voneinander abgetrennte Enklaven zersplittert. Die Mehrzahl der Palästinenser lebt in den Zonen A und B. Die für ihr tägliches Leben notwendigen Infrastruktureinrichtungensind jedoch in Zone C angesiedelt oder führen durch diese hindurch. Zu den Gebieten in der C-Zone haben Palästinenser keinen oder nur eingeschränkt Zugang. Palästinensische Bau- und Entwicklungsaktivitäten in diesen Gebieten werden von der israelischen Armee nur selten genehmigt.

    Die von der israelischen Armee verhängten Restriktionen
    verzögern oder verhindern allerdings selbst dann die Bauarbeiten für Brunnen, wenn diese durch den
    Gemeinsamen Wasserausschuss von Israelis und palästinensern (JWC / Joint Water Committee) bereits
    genehmigt sind.
    …..

    Umfassender und vollständiger Bericht von Amnesty Hagen unter:

    http://www.amnesty-hagen.de/pdf/Wassernoete%20Web%20hires.pdf

  3. Ein paar konkretere Angaben:

    Die israelische Armee zerstört regelmäßig Wasserzisternen, mit denen Palästinenser das Regenwasser auffangen.

    Israel bezieht große Mengen an Wasser von dem auf in der WB gelegenen Berg-Aquifer, wobei die Menge, welche zukünftig aus pal. Wasserhähnen (soweit vorhanden) auf 20% des Wasser begrenzt ist. Es mag sein, dass dieses nicht teurer ist,als das, was die Israelis im Land zahlen), allerdings sind durch die minimale Rationierung viele Palästinenser gezwungen Wasser von Tanklastwagen zu kaufen, welches dann auf Grund des Transports und des schwierigen Transportswegs etc. tatsächlich ein vielfaches kostet. Der Ausbau pal. Wasserinfrastruktur wird von Israel seit Jahren sabotiert, was auch von international Geleiteten Wasserprojektleitern schwer beanstandet wird.

    Die Politik der schleichenden Vertreibung dahinter ist klar; die Zahl der Palästinenser in der AREA C (gut 60% der WB) liegt nur noch bei ca. 35% im Vergleich zu der Bevölkerungszahl Anfang der 90er.

    “….Am 3. Juli 2001 zerstörten israelische Truppen Dutzende Wohnungen und Wasseranlagen in Susya und
    in verschiedenen anderen palästinensischen Dörfern in der Nachbarschaft.1 Die Regenwasserzisternen
    in Susya – von denen einige Jahrhunderte alt waren – brachte die israelische Armee mit Bulldozern zum
    Einsturz und füllte sie mit Kies und Zement auf, um zu verhindern, dass sie je wieder repariert werden
    können.

    Die Soldaten zerschlugen auch die Solaranlagen, die von einer Nichtregierungsorganisation zur Versorgung der Dorfbewohner mit Warmwasser bereitgestellt worden waren.

    Die Ungleichbehandlung beim Zugang zu Wasser zwischen Israelis und Palästinensern ist eklatant. Der palästinensische Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser pro Tag liegt bei etwa rund 70 Litern – also weit unter dem von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) empfohlenen Wert von 100 Litern pro Kopf und Tag –während sich der israelische Tagesverbrauch pro Person auf etwa 300 Liter beläuft, also
    auf etwa das Vierfache. In einigen ländlichen Gemeinden müssen die Palästinenser noch mit weitaus weniger als dem durchschnittlichen Verbrauch von 70 Litern pro Kopf und Tag überleben, in manchen Fällen sind es sogar nur 20 Liter täglich pro Person, eine Menge, die die WHO ansonsten als absolute Notfallmaßnahme für extreme Krisensituationen empfiehlt

    Die offensichtliche Ungleichheit dieses Verteilungssystems bedeutet, dass heute, gut 40 Jahre nach der israelischen Besetzung der Westbank, rund 180.000 bis 200.000 Palästinenser, die in ländlichen Gebieten leben, keinen Zugang zu fließendem Wasser haben, und dass selbst in jenen Städten und Dörfern, die ans Wassernetz angeschlossen sind, die Hähne oft trocken bleiben. Vor allem, aber nicht nur, in den trockenen Sommermonaten kommen Wasserrationierungen häufig vor. Dann steht den
    Einwohnern verschiedener Ortschaften und Dörfer nur an einem Tag pro Woche, manchmal sogar nur an einem Tag für mehrere Wochen, Leitungswasser zur Verfügung.

    Am 10. März 2008 erhielt Faiq Ahmad Sbeih auf seiner Farm in al-Farasiya einige Kilometer nördlich von Jiftlik im Jordantal in der Westbank Besuch von einer israelischen Armeepatrouille. Die Soldaten beschlagnahmten einen 1,5 km langen Gummischlauch, mit dem Faiq Ahmad Sbeih Wasser von einer Quelle auf dem Hügel über seinem Land zu seinem Bauernhof geleitetet hatte. Die Soldaten zerstörten
    auch die kurze Metallleitung, die mit dem Gummischlauch verbunden war. Auf dem Beschlagnahmebefehl, den die Militärs präsentierten, stand, dass die Leitung „wegen einer fehlenden Genehmigung“ konfisziert werde. Die Armee betrachtet das Quellwasser als „staatliches Eigentum“.

    Ohne den Zugang zu dieser Quelle bleibt palästinensischen Bauern wie Faiq Sbeih nichts anderes übrig, als mehrere Kilometer weit zu fahren, um kleine Mengen Wasser einzukaufen, die sie dann mit den Tanks auf ihren Anhängern zu ihren Feldern transportieren. Das ist die teuerste Art, an Wasser zu gelangen, zumal die Tanklaster, bei denen die Bauern das Wasser kaufen, wegen der Einschränkungen des Verkehrs vonseiten der israelischen Armee lange Umwege und weitläufige Umgehungsstraßen für
    ihre Lieferungen nehmen müssen.

    Die ungesetzlichen Siedlungen, die das Dorf al-Farasiya umgeben, sind mit derartigen Problemen nicht konfrontiert. Ihre Bewohner haben freien Zugriff auf das Wasser
    der Quelle, deren Benutzung für Faiq Sbeih und seine Familie verboten ist, und die in einem kleinen
    Bach in die israelischen Siedlungen hinunter fließt. Zudem können sich die Siedler problemlos an den reichhaltigen Wasserressourcen aus anderen Quellen dieser Gegend bedienen, zu denen Faiq Sbeih und andere palästinensische Bauern ebenfalls keinen Zugang haben.

    Ein internationaler Wasserexperte kommentiert den benachteiligenden Wasserverbrauch durch die israelischen Siedler in den besetzten palästinensischen Gebieten wie folgt:

    Seit Israels Besetzung der Westbank im Jahr 1967 verweigert es der palästinensischen Bevölkerung
    kontinuierlich den Zugang zu den Wasserressourcen des Jordanflusses und hat Palästinensern den physischen Zugang an die Flussufer schlichtweg verboten.

    „Die Palästinenser haben Zugang zu einem Fünftel der Ressourcen des Berg-Aquifers. Ungefähr 20 % des „geschätzten Potentials“ der Aquifere, die unter dem Boden Israels und dem der Westbank verlaufen, ziehen Palästinenser heraus. Israel extrahiert den verbleibenden größeren Rest und überzieht dabei ohne Genehmigung des Gemeinsamen Wasserausschusses (JWC / Joint WaterCommittee) das „geschätzte Potential“ zusätzlich noch um über 50 % bis zum 1,8-fachen des Anteils, der ihm anhand der Osloer Verträge zusteht. Ãœbererschließungen durch die Anlage von Tiefbrunnen, verbunden mit einer reduzierten Wassererneuerung, setzen den Erhalt der Aquifere aufs Spiel, und sie haben bereits zu einer Verminderung der den Palästinensern verfügbaren Wassermengen geführt, schon allein deswegen, weil ihre Brunnen flacher ausgelegt sind.“..

    wurde am 15. August 1967 erlassen und gesteht der israelischen Armee sämtliche Entscheidungsbefugnisse über alle Angelegenheiten der Wasserversorgung in den besetzten palästinensischen Gebieten zu.

    vom 19. November 1967 schrieb fest, dass Palästinenser ohne eine zuvor bei der israelischen Armee eingeholte Genehmigung keine neuen Wasseranlagen einrichten können und dass ohne Genehmigung gebaute Wasseranlagen oder Ressourcen konfisziert werden.

    (und Genehmigungen werden so gut wie nicht erteilt)

    Diese und andere Verordnungen der israelischen Armee sind auch heute noch in den OPT in Kraft und gelten allein für Palästinenser.

    Im Jahr 1982 wurde die Infrastruktur der Wasserversorgung in der Westbank, die bis dahin der Kontrolle der israelischen Armee unterstanden hatte, an die nationale israelische Wassergesellschaft Mekorot übergeben. Mekorot betreibt in der Westbank – hauptsächlich im Gebiet des Jordantals – etwa 42 Brunnen, die vor allem die israelischen Siedlungen mit Wasser beliefern. Mekorot verkauft auch einen Teil des Wassers an die palästinensischen Versorgungsbetriebe. Wie hoch der verkaufte Anteil jedoch liegt, darüber bestimmen die israelischen Behörden und nicht Mekorot.

    Unter dem neuen israelischen Militärregime, das mit der Besetzung über die palästinensischen Gebiete verhängt wurde, war es den Palästinensern nicht mehr ohne weiteres möglich, neue Brunnen zu bauen,die bestehenden in Gang zu setzen oder sie auch nur zu reparieren.

    Diese bezogen sich allerdings alle auf Projekte, bei denen es allein um die Versorgung von Haushalten ging und die bei weitem nicht ausreichend waren, um wenigstens für die ausgetrockneten oder seit 1967 baufällig gewordenen Brunnen Ersatz zu schaffen.

    Israel investierte beträchtliche finanzielle Ressourcen in die Entwicklungvon Wassernetzwerken und Infrastruktur, um die illegalen Siedlungen bedienen zu können, die es in
    den OPT errichtet hatte, vernachlässigte aber beständig die Entwicklung und die Instandhaltung der Wasserinfrastruktur für die Palästinenser. Von diesen wurde zwar verlangt, dass sie ihre Steuern an die
    israelische Militärverwaltung abführten, im Gegenzug erhielten sie jedoch kaum einen Anteil an den
    israelischen Versorgungsdiensten.

    (Auch über bestehende, alte ‚legale‘ pal. Brunnen wacht das israelische Auge – die Wasserentnahme ist auch hier streng rationiert, die Instandhaltung wird sabotiert und neue Brunnen werden nicht genehmigt)

    Die nach der Quote (für pal Brunnen) erlaubte Wassermenge wurde dabei immer auf das Niveau gekappt, das zu jenem Zeitpunkt gültig war, als der betreffende Brunnen zum ersten Mal mit einem Wasserzähler ausgestattet wurde. Diese Wasserzähler sind in den frühen 1970er Jahren installiert worden, um die Wasserentnahme zu überwachen und um sicherzustellen, dass sich die Palästinenser auch an die rationierte Zuteilung hielten. All diese Maßnahmen wurden den Palästinensern einfach aufoktroyiert. Einen Prozess der Konsultationen mit den örtlichen palästinensischen Gemeinden über die Höhe ihres Wasserbedarfs und darüber, wie dieser womöglich zu decken sei, hat es nicht gegeben.

    …(Die Militärorder beziehen sich nicht allein auf Genehmigungen und Beschränkungen des Wassers)

    vom 5. Januar 1983 (die den
    Geltungsbereich der Militärorder 1015 vom 27. August 1982 bezüglich des Anbaus von Feldfrüchten und Gemüse insofern ausdehnt, dass sie nun sowohl Gemüse als auch Obst umfasst) schreibt zum Beispiel fest:

    „Gemäß der mir übertragenen Anordnungsbefugnis und in meiner Eigenschaft als Kommandant der israelischen Verteidigungskräfte in der Region, und weil ich überzeugt bin, dass diese Anordnung für das ohlergehen der Einwohner notwendig ist, und mit dem Ziel, die Wasserressourcen und das Agrargut dieser Region zum allgemeinen Nutzen zu erhalten (Hervorhebungen durch Amnesty International) ..
    (Artikel 2 A).“

    Artikel 10 der ursprünglichen Militärorder 1015 legt fest:
    Sollte die betreffende Person durch ein Gericht dazu aufgefordert werden, die ohne Genehmigung gesetzte Saat zu vernichten, so kann die zuständige
    Behörde die jeweiligen Anpflanzungen entfernen lassen und dem Beklagten sämtliche Kosten für die Vernichtung der Pflanzen in Rechnung stellen.“

    Israelische Militärverordnungen, die angeblich „zum Schutz“ natürlicher Ressourcen und Reserven –
    inklusive der Wasservorkommen – erlassen wurden, legen seit vier Jahrzehnten die landwirtschaftlichen
    Aktivitäten der Palästinenser in der gesamten Westbank lahm.

    Ganz in der Nähe dieser Farm betreiben israelische Siedler große Agrarbetriebe mit saftig bewässerten Anbauflächen.

    Nachdem die jungen Gemüsepflanzen schnell zerquetscht waren, fuhr der Bulldozer weiter das Feld auf und ab. Systematisch schaufelte er die Tropfenbewässerungsanlage, die die Familie unter großen Kosten installiert hatte, heraus und riss sie in Stücke.

    Samar Da’ish sagte gegenüber Amnesty International:

    Dies war nur ein sehr kleiner Ausschnitt des Amnesty Berichts, der auch auf die oben im Artikel dargelegten Fakten teilweise eingeht – vollständig unter:

    http://www.amnesty-hagen.de/pdf/Wassernoete%20Web%20hires.pdf

    Da soll noch ein Mensch behaupten, es würde sich hier nicht um Apartheid handeln.

  4. “… erklärten, dass allein Israel Schuld“
     
    “Dr. Nader Al-Khateeb redete von Internationalem Recht, zumal doch das ganze Land und so auch der Regen allein den Palästinensern gehören“

    🙁

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