Mehr Fernsehtipps für den Juni

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Vom 16. bis 30. Juni 2012…

Sa, 16. Jun · 17:55-18:55 · Das Erste (ARD)
Auf das Leben! – jüdisch in Deutschland

Kann es in Deutschland jemals wieder „normales“ jüdisches Leben geben? Dieser Frage spürt Gesine Enwaldt in Hannover nach. Die dortige jüdische Gemeinde war vor 1933 eine der größten und reichsten Deutschlands. Davon ist im heutigen öffentlichen Bewusstsein kaum etwas geblieben. Dennoch geht der Wiederaufbau des jüdischen Lebens voran – vielfältiger, widersprüchlicher und leidenschaftlicher, als manch Außenstehender ahnt. Der Film zeigt das Alltagsleben Hannoveraner Juden, die unterschiedlicher nicht sein können: Rabbi Benjamin Wolff leitet in Hannover das orthodoxe jüdische Bildungszentrum Chbad Lubawitsch. Er ist mit seiner Familie aus Israel nach Hannover gekommen, um „das Judentum in Hannover zu entwickeln“ und die Traditionen zu lehren. Arkadi Litvan, der zweite Vorsitzende der ältesten und größten jüdischen Gemeinde in Hannover, stammt aus Odessa. Die meisten seiner Gemeindemitglieder sind ebenfalls aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen, obwohl kaum einer von ihnen religiös ist. Beim Gottesdienst sind Männer und Frauen streng getrennt. Im Keller der Synagoge befindet sich die Mikwe, das Tauchbad für die rituelle Reinigung der Frauen nach dem Zyklus. Katharina Seidler hat Mitte der 90er Jahre der orthodoxen Gemeinde den Rücken gekehrt. Jetzt ist sie die zweite Vorsitzende der liberalen Gemeinde Hannovers. Sie will die alten Traditionen mit dem modernen Leben verknüpfen. Ihre Gebetssprache ist zwar immer noch hebräisch, aber die Stellung der Frau ist eine völlig andere. Tochter Rebecca Seidler hat den ersten liberalen Kindergarten Deutschlands gegründet. Sie gibt in der neuen Synagoge, dem ganzen Stolz der jungen liberalen jüdischen Gemeinde, ihrem Freund Tino nach vier Jahren „wilder Ehe“ das offizielle Ja-Wort. Salomon Finkelstein trifft sich einmal in der Woche in einem Hannoverschen Café mit einem alten Freund, um Erinnerungen auszutauschen. Die beiden haben Terror und Todeslager überlebt und lange geschwiegen. Nun schildert Salomon Finkelstein seine persönlichen Erinnerungen an den KZ-Arzt Mengele. Professor Andor Izsak versucht, die Musik der Synagogen, die die Nazis für immer vernichten wollten, zu neuem Leben zu erwecken. Er stammt aus Ungarn und baut nun in Hannover das Europäische Zentrum für Jüdische Musik auf. Die jüdische Synagogenmusik übt er sogar in der christlichen Kirche mit dem christlichen Kirchenchor ein. Dagegen erlaubt die orthodoxe Synagoge beim Gottesdienst keine Musik. Andor Izsak fühlt sich deshalb mit dem Herzen in der traditionellen Gemeinde, aber mit dem Kopf und den Ohren in der liberalen Gemeinde zu Hause. So unterschiedlich sie sind, eins ist ihnen gemeinsam: Sie alle müssen sich in ihrem Umfeld immer wieder mit den absonderlichsten Fragen auseinandersetzen. Ob deutsche Schuldgefühle, jüdische Identität oder die Sicherheitslage – die Juden in Deutschland müssen sich immer einen Gedanken mehr machen als andere. Einfach ganz normal jüdisch sein? Selbstverständlich ist das noch lange nicht.

Sa, 16. Jun · 19:30-20:15 · BR-alpha
1000 Jahre Fürth

Zum 1000-jährigen Bestehen präsentierte sich Nürnbergs Nachbarstadt Fürth mit all seinen Gesichtern und Geschichten, die sie geprägt haben und noch heute nach außen darstellen. Von den Bamberger Erzbischöfen, den Ansbacher Markgrafen, den berühmten Bürgern Erhard, Kissinger, Schickedanz und Ullstein, der herausragenden jüdischen Geschichte, die ihr den Namen „Fränkisches Jerusalem“ einbrachte, spannt sich der Bogen bis zur innovativen Industrie- und Universitätsstadt von heute. Zum Portrait der 1000 Jahre alten Stadt Fürth gehört beides, die Geschichte und die Rolle als Wirtschaftsstandort, in der sie in vielen Bereichen Spitzenplätze einnimmt.

So, 17. Jun · 01:15-01:47 · arte
Pinhas und seine Nachbarn

Der kleine Pinhas und seine Mutter sind russische Einwanderer in Jerusalem. Pinhas Mutter, die nachts arbeitet und eine Affäre mit einem verheirateten Mann hat, vernachlässigt ihren Sohn. Als dieser sich mit einer religiösen Nachbarsfamilie anfreundet, nimmt ihn deren Glauben immer mehr ein – mit unvorhersehbaren Folgen. Der neunjährige Pinhas und seine alleinerziehende Mutter leben als russische Einwanderer in Jerusalem. Mit ihren Nachtschichten als Kassiererin eines 24-Stunden-Supermarktes hält die Mutter den Haushalt nur mit Not über Wasser. Wenn ihr Sohn nachmittags aus der Schule kommt, liegt sie noch übermüdet im Bett, die restliche Zeit verbringt sie mit ihrem verheirateten Liebhaber. Als Pinhas im Treppenhaus die gleichaltrige Nachbarstochter und deren erwachsenen Bruder Shimon kennenlernt, ändert sich sein Leben. Der einsame Junge fühlt sich von der Wärme und dem Zusammenhalt, den die religiöse jüdische Familie ausstrahlt, magisch angezogen. Shimon wird für Pinhas zu einer Art Mentor und macht ihn mit den Schriften der Thora vertraut. Dabei ist dem jungen Mann nicht bewusst, wie wörtlich der kleine Junge die religiösen Erzählungen nimmt …

So, 17. Jun · 09:30-10:30 · SWR
Giora Feidmann und das Gershwin Quartet

Aufzeichnung aus dem Mozartsaal im Schwetzinger Schloss vom 4. Mai 2012 – faszination musik, Mitwirkende: * Giora Feidman: Klarinette * Michel Gershwin: Violine * Natalia Raithel: Violine * Juri Gilbo: Viola * Kira Kraftzoff: Violoncello Hintergrundinformationen: Das Ensemble Gershwin Quartet leitet seinen Namen nicht von George Gershwin ab, dem Schöpfer der einzigartigen „Rhapsody in Blue“. Diesen Namen wählten die Musiker vielmehr, weil ihr Primarius der Geiger Michel Gershwin ist. Die „Gershwins“ spielen natürlich mit dem Sound ihres populären Namens, der ihnen aber auch Programm ist. War George Gershwin denn nicht einer, der schon vor Jahrzehnten das praktizierte, was man heute „Cross Over“ nennt? Seine Grenzüberschreitungen zwischen Klassik und Folk, Oper und Blues verdankten sich allerdings keiner Mode, denn sie entsprachen seinem künstlerischen Naturell, das man als undogmatisch und offen beschreiben kann. Musikalisches Schubladendenken, hier E-, dort U-Musik, ist auch den „Gershwins“ fremd. Und es spricht Bände, dass sie unter den klassischen Komponisten solche favorisieren, die ebenso dachten: Immerhin schrieb Mozart mit Begeisterung Kontretänze für Faschingsbälle, während Schubert ganze Serien von Ländlern komponierte. Gleiches lässt sich auch von den Komponisten des 20. Jahrhunderts sagen, deren Quartette die „Gershwins“ im Gepäck haben: von Astor Piazzolla, dem Vertreter des Tango Nuevo, oder von Heitor Villa-Lobos, der so manche seiner Melodien und Rhythmen den Amazonas-Indianern abgelauscht haben will. So fügt sich die Zusammenarbeit mit Giora Feidman perfekt ins Bild, gelingt es doch auch ihm mit immer wieder erstaunlicher Mühelosigkeit, die musikalischen Sprachen zu wechseln. „Lang lebe Giora, seine Klarinette und seine Musik. Er schlägt Brücken zwischen Generationen, Kulturen und Schichten, und er tut es mit vollendeter Kunst!“, schwärmte kein Geringerer als Leonard Bernstein von dem in New York lebenden Musiker. Mitverantwortlich für diese Fähigkeit des Überbrückens ist sicherlich Feidmans Biographie. Als Sohn jüdischer Einwanderer aus Bessarabien in Argentinien geboren, wächst er in einer Musikerfamilie auf. „Fast immer“, meint er, „vollzieht sich unsere erste Berührung mit Musik durch eine menschliche Stimme, deren Singen uns beruhigt, uns tröstet, uns fröhlich macht. Für mich waren das die jiddischen Lieder, die meine Mutter für mich sang …“ Bliebe noch zu ergänzen, dass er 1956 von Buenos Aires ins Land seiner Väter übersiedelte, um Mitglied des jungen Israel Philharmonic Orchestra zu werden; und dass er zu Beginn der 1970er Jahre nach New York kam. Von hier aus startete er seine Weltkarriere als Solist, als einer der bedeutendsten Interpreten von Klezmer-Musik.

Mo, 18. Jun · 05:00-05:52 · arte
In fremder Haut – Kriegskinder auf der Suche nach ihrer verlorenen Identität

In den Wirren des Zweiten Weltkrieges wurden in Europa zahlreiche Kinder verschleppt, vor den Nazis versteckt oder sie gingen verloren. Und sie wuchsen in Heimen oder bei Adoptivfamilien auf. Viele von ihnen waren lange Zeit nicht in der Lage, sich auf die Suche nach ihrer wahren Identität zu machen. Die Dokumentation begleitet vier Menschen quer durch Europa, bei ihrer Suche nach der wahren Identität. Der Zweite Weltkrieg hat unvorstellbare Opfer gefordert: Er hat Familien zerrissen und zahllosen Menschen, vor allem Kinder, ihrer Identität beraubt. Sie gingen verloren, wurden verschleppt oder versteckt. Die meisten von ihnen wurden sich erst später bewusst, woher das latente Gefühl ihrer Entfremdung rührt. Viele wagen sich jetzt im Herbst ihres Lebens an die schwierige Suche nach ihrer ursprünglichen Herkunft. So hat Ulla Nielsen, Psychologin in Grönland, seit Kriegsende eine rastlose Odyssee durch Heime und Pflegefamilien durchlebt. Ihr leiblicher Vater war deutscher Besatzungssoldat in Dänemark. Nach dem Krieg waren die Kinder der Feinde verpönt. Die Dokumentation begleitet Ulla Nielsen bei ihrer ersten Begegnung mit einem Verwandten väterlicherseits, mit dem sie auch ein Stück der eigenen Identität wiederfindet. Michael Reiner spricht wie seine Nachbarn in einem Osttiroler Bergdorf den heimischen Dialekt. Dabei stand seine Wiege, wie er später erfuhr, fernab in der Ukraine. 1945 fand er als Kind Unterschlupf in der Alpenregion, als die britischen Besatzer einen Tross kosakischer Hilfssoldaten Hitlers mit ihren Familien in Stalins Reich abschoben. Der Film berichtet mit Originalaufnahmen von diesem weithin unbekannten „Drama an der Drau“ und erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Eingewöhnung. Der pensionierte Konzertmeister Dieter Stanzeleit ist fest überzeugt, in Wahrheit rumänischer Thronfolger zu sein. Als versteckt gehaltener Königssohn, so hat er in schwer zugänglichen Archiven herausgefunden, sei er in den Kriegswirren in Hitlers Hauptquartier geraten und später in einer deutschen Familie unter neuer Identität aufgewachsen. Die Dokumentation zeigt ihn auf seiner spannenden Spurensuche durch Bukarest. Dort hat er inzwischen eine neue Heimat gefunden. Erst mit 35 Jahren fand der katholische Priester Romuald Weksler-Waszkinel aus dem polnischen Lublin heraus, dass er in einem jüdischen Ghetto geboren wurde. Die heimliche Adoption durch christliche Eltern rettete ihm das Leben. Erst heute hat er Einzelheiten seiner Vorgeschichte in Erfahrung gebracht und in Israel Verwandte seiner leiblichen Eltern getroffen. Wie für alle Protagonisten der Dokumentation bleibt für ihn die zentrale Lebensfrage: Wo komme ich her? Wer sind meine wahren Eltern? Und wer bin ich in Wirklichkeit?

Mo, 18. Jun · 20:15-22:10 · arte
Die Ehe der Maria Braun

Deutschland im Jahre 1943. Der Zweite Weltkrieg tobt. Im Bombenhagel wird ein provisorisch eingerichtetes Standesamt getroffen. Die einstürzende Mauer gibt den Blick frei auf ein Brautpaar: Der Soldat Hermann Braun und das Mädchen Maria heiraten. Nur einen Tag nach seiner Hochzeit muss Hermann wieder an die Ostfront. Maria bleibt zurück im Deutschland des Bombenkriegs, kämpft gemeinsam mit ihrer verwitweten Mutter ums tägliche Überleben. Sie sehnt das Kriegsende herbei, das ihr auch ihren Hermann wieder zurückbringen wird. Davon ist sie überzeugt. Nach der Invasion und der Besetzung durch die Alliierten beginnt sie ihr Leben zu organisieren. Sie steht am Bahnhof, wann immer ein Zug mit Heimkehrern aus dem Osten eintrifft. Sie versorgt sich auf dem Schwarzmarkt mit dem Lebensnotwendigen. Schließlich findet sie sogar einen Job als Bedienung in einem Club für amerikanische Soldaten. Dort lernt sie den schwarzen GI Bill kennen. Als ein Kriegsheimkehrer die Nachricht von Hermanns Tod überbringt, geht sie eine Beziehung mit Bill ein. Bill unternimmt Ausflüge mit ihr, es gibt amerikanische Zigaretten, Nylonstrümpfe und Swing. Sie lernt Englisch, er lernt Deutsch. Maria wird schwanger. Doch eines Tages steht Hermann in der Tür. Er ohrfeigt Maria. Es kommt zum Handgemenge zwischen Hermann und Bill. Maria greift ein, erschlägt Bill mit einer Flasche. Vor dem Militärgericht nimmt Hermann die Schuld auf sich und geht ins Gefängnis. Maria verliert ihr Kind und reist zur Nachbehandlung zu einem befreundeten Arzt. Auf der Zugfahrt begegnet sie dem Industriellen Karl Oswald, einem Emigranten, der nach dem Ende der Naziherrschaft nach Deutschland zurückgekehrt ist, um seine enteignete Fabrik wieder zu übernehmen. Maria wird zunächst in Oswalds Firma und bald auch in seinem Privatleben unverzichtbar. Maria schafft mit Hilfe von Oswald den sozialen Aufstieg und erlebt den Wohlstand der Wirtschaftswunderjahre. Dennoch hält sie an ihrer Liebe zu Hermann fest.

Mo, 18. Jun · 22:10-23:02 · arte
Es war einmal … Die Ehe der Maria Braun

„Die Ehe der Maria Braun“ aus dem Jahr 1979 ist der berühmteste Film Rainer Werner Fassbinders. Anhand der Geschichte einer jungen Frau (dargestellt von Hanna Schygulla) beleuchtet der Regisseur den Wiederaufbau des zerbombten Westdeutschlands sowie das Verschweigen und Verdrängen der Nazivergangenheit. Die Dokumentation von François Lévy-Kuentz schildert rückblickend die Entstehung und Rezeption des Films. Dabei verbindet sie Auszüge aus dem Film und Archivdokumente mit aufschlussreichen Interviews der Protagonisten, allen voran der Hauptdarstellerin. „Die Ehe der Maria Braun“ kam 1979 in die deutschen Kinos und wurde schnell zu einem internationalen Erfolg. Am exemplarischen Schicksal einer jungen Frau behandelt Rainer Werner Fassbinder (1954-1982) den Wiederaufbau Westdeutschlands nach der Kapitulation Nazideutschlands. Wie zahlreiche deutsche Frauen, deren Männer gefallen, verschollen oder in Kriegsgefangenschaft geraten sind, muss Maria Braun mit den katastrophalen Verhältnissen im zerstörten und besetzten Nachkriegsdeutschland allein zurechtkommen. Resolut und mutig, aber auch mit einem gewissen Zynismus beteiligt sie sich am Wiederaufbau. Als nach vielen Wirrungen schließlich ihr Ehemann auftaucht, ist die „Mata-Hari des Wirtschaftswunders“ eine reiche Geschäftsfrau geworden. Schon allein das Porträt dieser – herausragend von Hanna Schygulla gespielten – Frau ist ein Meisterwerk. Doch darüber hinaus wirft Fassbinder als einer der ersten westdeutschen Nachkriegsregisseure einen schonungslosen Blick auf die jüngste deutsche Vergangenheit. Er nutzt die melodramatische Geschichte des Films, um sich mit dem Opportunismus seiner Landsleute auseinanderzusetzen, die über den Errungenschaften des Wiederaufbaus unliebsame Erinnerungen an die Nazizeit ausblendeten. Filmausschnitte, Archivaufnahmen von Rainer Werner Fassbinder und kürzlich aufgenommene Gespräche mit unter anderen Hanna Schygulla, Michael Ballhaus und Günter Lamprecht liefern wertvolle Zeugnisse über die bewegte Entstehungsgeschichte des Films und über die Persönlichkeit des produktivsten und gesellschaftskritischsten unter den deutschen Filmemachern, der 1982 im Alter von nur 37 Jahren starb.

Mi, 20. Jun · 02:40-04:05 · 3sat
Die Verwandlung des guten Nachbarn

Der Aufstand im Vernichtungslager Sobibór im Oktober 1943, bei dem zehn SS-Offiziere und mehrere Lagerwachen getötet wurden, ist ein Schlüsselereignis im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Plan und Ablauf sind beispiellos. Einer der damaligen Insassen war Thomas Toivi Blatt, der 1927 in dem jüdischen Getto Izbica in Polen geboren und im Alter von 15 Jahren mit seiner Familie nach Sobibór gebracht wurde. Dort musste er mit ansehen, wie Mutter, Vater und Bruder in die Gaskammern geschickt wurden. Beim Aufstand gelang ihm zusammen mit 320 weiteren Insassen die Flucht. Die wiedergewonnene Freiheit erwies sich jedoch als Illusion. Alte Freunde, frühere Nachbarn verweigerten die Hilfe, einer seiner vermeintlichen Beschützer versuchte sogar, ihn umzubringen. Thomas Toivi Blatt ist einer von 53 Sobibór-Insassen, die den Krieg überlebt haben – nach eigener Einschätzung mit sehr viel Glück. 40 Jahre lang arbeitete Blatt an seinem Lebensbericht „Nur die Schatten bleiben“. Heute lebt er in den USA, kehrt jedoch jedes Jahr nach Polen zurück, unter anderem nach Izbica und Sobibór. Peter Nestler hat Thomas Toivi Blatt auf zwei Reisen in Polen mit der Kamera begleitet. Dabei hat ihn vor allem ein Thema angetrieben, das bereits in seinem Film „Flucht“ eine Rolle spielte: die plötzliche, unbegreifliche Verwandlung von gewöhnlichen Mitbürgern, guten Nachbarn und sogar Freunden in Verräter, Diebe, Peiniger und Mörder. So entstand ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm der Erinnerung an den Holocaust.

Mi, 20. Jun · 04:05-05:30 · 3sat
Flucht

1934 muss der aus Frankfurt stammende jüdische Maler Leopold Mayer Deutschland verlassen. Er reist nach Luxemburg, Belgien, England und Frankreich, erhält aber nirgendwo eine Aufenthaltsgenehmigung. 1935 ist er gezwungen, nach Deutschland zurückzukehren. Dort wird ihm Berufsverbot erteilt und die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Mayer geht erneut nach Frankreich. Als die Deutschen Paris besetzen, wird er bald von der Gestapo verfolgt. Ebenso wie zuvor in Deutschland, werden nun auch seine Kunstwerke der Pariser Zeit zerstört. Mayer muss fliehen. Er wird in Lagern der Vichy-Regierung interniert, kann aber immer wieder entkommen. 1944 gelingt ihm die Flucht in die Schweiz. Peter Nestler unternimmt die Reise auf den Fluchtwegen von Leo Maillet, wie sich Leopold Mayer seit 1942 nannte, zusammen mit dessen Sohn Daniel, der auch Maler geworden ist. Vor der Kamera zeichnend, begleitet Daniel Maillet die gemeinsame Spurensuche. Der Film „Flucht“ folgt Maillet auf seinen Fluchtwegen und in die Verstecke vor der Gestapo und der französischen Gendarmerie. Ein Zyklus von Bildern, die er auf der Flucht malte und zeichnete, bilden das Rückgrat des Films.

Mi, 20. Jun · 20:15-22:30 · Sat.1
Leg dich nicht mit Zohan an

Komödie mit Adam Sandler in der Hauptrolle als Ex-Mossad-Agent, der in Israel seinen eigenen Tod inszeniert und nach New York City auswandert, um dort den Beruf des Frisörs zu ergreifen. Innerhalb kürzester Zeit wird er beim weiblichen Klientel zum Star – doch dies lässt seine Gegner auf ihn aufmerksam werden.

Fr, 22. Jun · 05:00-05:52 · arte
Überleben im Versteck – Jüdische Kinder und ihre Retter

Mehr als eineinhalb Millionen jüdischer Kinder wurden während des Dritten Reiches von den Nazis ermordet. Überlebt haben die Shoah nur wenige Zehntausend, in zum Teil absurden Verstecken. Der Dokumentarfilm zeigt drei ehemals versteckte Kinder auf ihrer Reise in die Vergangenheit zu den Orten ihrer Zuflucht. Erinnerungen werden wach und lange verdrängte Gefühle brechen sich Bahn. Emotional und bewegend erzählen drei Frauen von ihrer Kindheit, von Gefahr und großem Mut und davon, wie ihr ganzes Leben von diesen Erfahrungen geprägt wurde. „Ich fühle mich wie ein Singvogel, dem man die Flügel beschnitten hat und der im Dunkeln gegen die Stangen seines engen Käfigs anfliegt. ‚Heraus, heraus‘, schreit es in mir, ich habe Sehnsucht nach Luft und Lachen“, so beschreibt Anne Frank 1943 in ihrem Tagebuch das Gefühl ihrer Kindheit, einer Kindheit im Versteck. Anne Frank wurde verraten, deportiert und starb 1945 im KZ Bergen Belsen. Anne Frank war eines von 1,6 Millionen jüdischen Kindern, die im Dritten Reich ermordet wurden. Überlebt haben nur einige Zehntausend, traumatisiert und für ihr Leben gezeichnet. Für viele war das Versteck die einzige Chance, den Deportationen in die Lager und damit dem Tod zu entkommen. Herzzerreißende Szenen spielten sich ab, wenn Eltern ihre Kinder oft völlig fremden Menschen übergaben und sie einem ungewissen Schicksal überließen, um ihnen das Leben zu retten. Ob sie einander jemals wieder sehen würden, war mehr als ungewiss. Der Dokumentarfilm erzählt die dramatischen und anrührenden Schicksale dreier ehemals versteckter Kinder während der Shoah. „Meine Eltern hatten mich verlassen. Warum? Was habe ich falsch gemacht?“, fragt sich Lore Baer, die mittlerweile in New York lebt, bis heute. Auch wenn sie längst verstanden hat, dass ihre Eltern sie nur retten wollten. Fünf Jahre war Lore alt, als die Eltern sie bei holländischen Bauern versteckten und untertauchten. Als sie sie nach dem Krieg wieder abholen wollten, wollte Lore nicht mit. Die Eltern waren ihr fremd geworden. Unter Tränen erzählt die Wahlkanadierin Eva Kuper vom Wiedersehen mit ihrer Retterin: „62 Jahre hat es gedauert, bis ich sie gefunden habe.“ Eine Nonne hatte sie im Alter von drei Jahren in einem Kloster bei Warschau versteckt. Durch einen unglaublichen Zufall fand Eva die heute 96-jährige Schwester Klara wieder, die ihr ganzes Leben lang auf ihre kleine „Evunia“ gewartet hatte. „Gott hat Dich zu mir zurückgebracht!“, sagte sie, als sie ihre Evunia wieder in den Armen hielt. Rosette Wielblad aus Frankreich berichtet von ihrem Leben auf der Flucht von Versteck zu Versteck. Ihre Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Bis heute, so Rosette, wird sie das Gefühl nicht los, nie mehr ein Zuhause gefunden zu haben.

So, 24. Jun · 10:15-10:45 · HR
Das Sonntagsgespräch – Georg M. Hafner im Gespräch mit Lilo Günzler, Frankfurter Zeitzeugin

Sie hat viele Jahre geschwiegen – sechzig Jahre kein Wort zu ihrer Vergangenheit. Weder ihr Mann noch ihre Kinder, noch ihre Freunde und Arbeitskollegen wussten etwas über ihre Herkunft und ihr Schicksal als versteckte Jüdin in Frankfurt: Lilo Günzler, geboren 1933 in Frankfurt, im Jahr der „Machtergreifung“ Adolf Hitlers, wollte niemanden mit ihrer tragischen Kindheit im Terror der Nazis belasten, schon gar nicht ihre Kinder. Sie hat erst kürzlich ihr Schweigen gebrochen und ihre Erlebnisse in einem Buch zusammengetragen, das den bezeichneten Titel „Endlich reden“ trägt. „Lilo Günzler sammelt Geschichte, sie ist Geschichte und wird Geschichte für die Nachkommen in Frankfurt bleiben“: Mit diesen Worten erhielt Lilo Günzler 2009 das Bundesverdienstkreuz aus den Händen der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth. Mit Lilo Günzler spricht Georg M. Hafner im „Sonntagsgespräch“ im hr-fernsehen.

So, 24. Jun · 23:25-00:50 · MDR
Leben nach Auschwitz – Gerdas Schweigen

1967 bekommt die in Ost-Berlin lebende Familie Elstermann Besuch aus New York: „Tante Gerda“ ist eigentlich eine ehemalige Nachbarin der Elstermanns, eine Jüdin, die im Berlin der Nazi-Zeit aufgewachsen und nach dem Krieg nach Amerika ausgewandert ist. Der damals siebenjährige Knut Elstermann fragt Gerda nach ihrem Kind – und erntet das entsetzte Schweigen aller Anwesenden. Knut ist verwirrt und beschämt. Diesen Sonntagnachmittag wird er nie vergessen. 30 Jahre später besucht Knut Elstermann, heute ein bekannter Journalist, Gerda in New York und stellt ihr diese Frage erneut. Sie berichtet von engen Familien- und Freundschaftsbanden der Vorkriegszeit, vom Überleben jüdischer Freunde und Bekannte, aber auch von Deportation und Tod. Es ist die Geschichte einer Suche nach Wahrheit in Akten und Zeitzeugenberichten sowie in der eigenen Erinnerung. Die Filmemacherin Britta Wauer ist Gerdas Geschichte nachgegangen und begleitet die Begegnungen und Gespräche Elstermanns mit Gerda, die als Jüdin in Nazi-Deutschland Grauenvolles erleben musste. Ausgehend von Gerdas Begegnung mit Knut, seinen hartnäckigen Fragen, die schließlich eine Antwort bekommen, zeichnet sie mit großem Respekt und unverkennbarer Liebe zu ihrer Protagonistin das filmische Porträt einer faszinierenden Frau, die sich mit trotzigem Lebensmut ein Leben nach Auschwitz aufgebaut hat. Der Ausgangspunkt dieses neuen Lebens war ein Schweigen über den Endpunkt des alten – ein Schweigen, das Gerda bis zu ihren Gesprächen mit Knut Elstermann auch gegenüber ihrem Sohn Steven nicht brach.

Di, 26. Jun · 07:30-08:00 · SWR
Spuren der NS-Zeit – Jugend unter Hitler

Die Folge enthält Szenen aus dem Jahr 1939, nach der Besetzung der Tschechoslowakei. Überzeugte Nazis machen Karriere, die Jungen sind stolz auf die harte Erziehung in der Adolf-Hitler-Schule. Gleichzeitig kommt es, dargestellt anhand der Spielszenen, zu Brüchen in den Familien: Bei einem überzeugten Nazi wird ein jüdischer Vorfahr festgestellt. Der Rest der Familie wendet sich von ihm ab. Ebenso reagiert ein Junge, dessen Vater inhaftiert wird, weil er einem regimekritischen Bekannten zur Flucht verhilft. Die Kinder einer jüdischen Familie werden mit einem Sonderzug abtransportiert. Ebenso reagiert ein Junge, dessen Vater inhaftiert wird, weil er einem regimekritischen Bekannten zur Flucht verhilft. Die Kinder einer jüdischen Familie werden mit einem Sonderzug abtransportiert. Die letzten Bilder zeigen, während Goebbels den totalen Krieg propagiert, die Katastrophe von 1945.

Di, 26. Jun · 21:00-21:45 · ZDF
Brauner Terror – Blinder Staat

14 Jahre lang lebten die Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Untergrund, verübten Morde, Bombenanschläge und Raubüberfälle, ohne dass die Ermittler ihnen auf die Spur kamen. Die „Frontal 21“-Dokumentation zeichnet das Leben und die Taten der Terroristen nach und belegt das Versagen von Verfassungsschutz und Polizei. Angehörige der Täter und der Opfer, Zeugen der Taten sowie verantwortliche Ermittler nehmen Stellung zu einer in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Verbrechensserie. War es die Eitelkeit einzelner Ermittler, die verhinderte, dass das Trio gefasst werden konnte? Zeugen der rassistischen Morde berichten in der ZDF-Dokumentation, dass ihre Aussagen über die beobachteten Täter bewusst ignoriert wurden. Die Spur zu den Neonazis ging immer wieder verloren, weil die Fahnder irrtümlich ausländische Verbrecherkartelle hinter den Morden an acht Türken, einem Griechen und einer Polizistin vermuteten. Wären die Ermittler der richtigen Spur zum Nazi-Trio gefolgt, hätten sie den Fall an übergeordnete Behörden abgeben müssen. Das aber, so belegen Dokumente, sollte verhindert werden. Der frühere Thüringer Verfassungsschutzchef Helmut Roewer gesteht Fehler des Geheimdienstes bei der Observation des Neonazi-Trios ein. So habe man die Beschaffung der Mordwaffen nicht bemerkt. „Das haben wir nicht gesehen“, sagt Roewer in der ZDF-Dokumentation: „Damit muss man leben.“ Die Eltern von Uwe Böhnhardt berichten, wie sie sich drei Mal mit den Untergetauchten treffen konnten, ohne dass Polizei und Verfassungsschutz eingriffen. Dabei wurden die Telefone der Familien intensiv abgehört und der Bekanntenkreis des Trios jahrelang überwacht. „Wenn wir als Eltern Gelegenheit haben, sie zu treffen, mit ihnen zu telefonieren, dann ist es nicht vorstellbar, dass die Behörden das nicht mitbekommen haben“, sagt Brigitte Böhnhardt im ZDF-Interview. „Brauner Terror – Blinder Staat“ schildert mit Hilfe von Zeitzeugen den Werdegang des Trios Zschäpe, Böhnhardt. Mundlos von den frühen neunziger Jahren bis zum Ende der Terrorzelle im November 2011 und dokumentiert das Scheitern der Ermittlungsbehörden, deren Fahnung über ein Jahrzehnt erfolglos blieb.

Di, 26. Jun · 23:00-23:45 · BR-alpha
Bou lass dir nix gefallen – Arno Hamburger, Nürnberger und Jude

Lebensgeschichte von Arno Hamburger, der als Jude 1939 nach Palästina ging, nach dem Krieg in die Heimat zurückkehrte und als Stadtrat von Nürnberg, Vors. der israelitischen Kultusgemeinde und Leiter des jüdischen Altersheims tätig ist. Nürnberg im Jahr 1933: Für den zehnjährigen Arno Hamburger geht eine glückliche Kindheit zu Ende. Seine jüdische Familie verliert alles: zuerst die materielle Lebensgrundlage, dann die Menschenwürde. Der Vater gibt seinem Sohn das Motto mit auf den Weg: „Bou hau hi, lass Dir nix gefallen.“ Mit 16 Jahren kann Arno nach Palästina ausreisen. Nach Kriegsende kehrt er als Soldat der britischen Armee in seine Heimat zurück. Seine Eltern haben den Holocaust überlebt. Arno Hamburger bleibt bei ihnen in Nürnberg. Er hilft seinem Vater, die israelitische Kultusgemeinde wieder aufzubauen. Und er wird ein engagierter, streitbarer Bürger der Stadt. Arno Hamburger steht überall in vorderster Reihe, wo es um die Bewahrung von Erinnerung und die Verteidigung der Demokratie geht. Mit 85 Jahren zieht der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde zum sechsten Mal für die SPD in den Stadtrat ein. Der Film begleitet Hamburger auf eine Reise in die Vergangenheit, sucht ihn in seinem Alltag als Leiter des jüdischen Altenheims auf und fragt nach den bedeutendsten Entwicklungen im ereignisreichen Leben dieses Nürnberger Juden. Arno Hamburger: Sein Leben, seine Gedanken.

Di, 26. Jun · 23:25-01:15 · BR
Am Ende einer Flucht

Fast fünf Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird der französische Nazi-Kollaborateur Brossard von seiner Vergangenheit eingeholt: Offenbar versucht ein israelisches Kommando, ihn durch einen Profikiller zu liquidieren. Auch die französische Justiz will den Kriegsverbrecher endlich zur Rechenschaft ziehen. Während Brossard quer durch Frankreich flüchtet, bereitet die Richterin Livi eine Anklage gegen ihn vor. Frankreich, 1944: In einem kleinen Dorf hilft Pierre Brossard, ein junger Soldat des Vichy-Regimes, den deutschen SS-Truppen bei der Verhaftung und Hinrichtung sieben jüdischer Franzosen. 48 Jahre später: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Pierre Brossard ein Leben auf der Flucht geführt. Bei einem katholischen Orden in der Provence, der mit dem Vichy-Regime sympathisierte, hat er Unterschlupf gefunden. Nun aber holt ihn seine Vergangenheit ein. Nachdem er sich in letzter Sekunde vor einem Profikiller retten konnte, der offenbar von einem jüdischen Kommando auf ihn angesetzt wurde, sucht Brossard Hilfe bei dem ehemaligen Polizeikommissar Vionnet, seinem alten Vichy-Verbindungsmann. Zur gleichen Zeit setzt die idealistische Richterin Annemarie Livi alles daran, Brossard für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen – kein leichtes Unterfangen, da in den Polizeibehörden zahlreiche Sympathisanten des Vichy-Regimes sitzen. Mit Hilfe des Gendarmerie-Colonels Roux versucht sie, Brossard ausfindig zu machen, der unterdessen seine Flucht aus Frankreich vorbereitet.

Mi, 27. Jun · 05:00-06:20 · 3sat
Sigmund Freud

Sigmund Freud, Spross einer jüdischer Kaufmannsfamilie, kam am 6. Mai 1856 in Freiberg, heute Pribor, Tschechien, zur Welt. Im Alter von vier Jahren kam er mit seiner Familie nach Wien, wo er bis zu seiner Vertreibung 1938 lebte und wirkte. Am 23. September 1939 starb er in London im Exil. Nicht nur seinem ureigensten Gebiet, der Psychologie, hat Freud seinen Stempel aufgedrückt. Er war auch eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Wissenschafts-, Geistes- und Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Der renommierte Musikwissenschaftler, Autor und Regisseur Otto Brusatti begab sich für sein Porträt „Sigmund Freud“ in Wien, New York, Rom, Paris und London auf die Suche nach den Spuren des Begründers der Psychoanalyse.

Mi, 27. Jun · 20:15-21:45 · MDR
Der Kniefall des Kanzlers

Warschau am 7. Dezember 1970: Willy Brandt kniet vor dem Ehrenmal, das an das Warschauer Ghetto erinnern soll. Ein Bild, das um die Welt geht und schnell zu einer Ikone wird. Eine symbolische Geste, für die der deutsche Kanzler international höchste Anerkennung erntet und mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird. Eine Geste, die in Deutschland polarisiert wie nie zuvor und die Gesellschaft in zwei Lager spaltet. Für seine Anhänger ist Willy Brandt ein Visionär, ein Hoffnungsträger für Frieden und Versöhnung – ein deutscher Kennedy. Im Dezember 2010 jährte sich der welthistorische Kniefall von Warschau zum vierzigsten Mal. Aus diesem Anlass haben die Autoren Sebastian Dehnhardt und Manfred Oldenburg einen präzisen Blick hinter die Kulissen der Brandtschen Ostpolitik geworfen – und gleichzeitig auf den widersprüchlichen Charakter Willy Brandts. In den Fokus rücken sie die Persönlichkeit Brandts und dessen Kampf für Versöhnung und eine friedlichere Welt – gegen äußere und innere Widerstände. Als Politiker ein Menschenfänger, der Millionen Menschen begeistert und für eine ganze Generation zur politischen Ikone wird, legt Willy Brandt privat ein völlig anderes Gesicht an den Tag: unberechenbar, introvertiert und depressiv. Der Mann, der sich nach außen jovial, charmant und witzig gibt, der nach den schönen und unbeschwerten Dingen im Leben giert, ist innerlich zerrissen. Doch woher rühren diese Selbstzweifel, seine Menschenscheue und seine Unfähigkeit, soziale Nähe herzustellen? In „Der Kniefall des Kanzlers. Die zwei Leben des Willy Brandt“ stellt Brandts problematische Kindheit und sein erstes Leben als Herbert Frahm in den Mittelpunkt einer Dokumentation. Der renommierte Psychoanalytiker Günter Seidler untersucht, wie Willy Brandts bewegte, vaterlose Kindheit und seine Flucht vor den Nazis ins norwegische Exil ihn als Politiker und Mensch in seinem zweiten Leben geprägt haben. Dabei entsteht ein Psychogramm, das Brandt in seiner ganzen Ambivalenz – von uneingeschränkter Jovialität bis zur absoluten Verschlossenheit – zeigt. Offen erzählt Peter Brandt vom privaten Willy Brandt und gewährt dabei tiefe Einblicke in das Familienleben und das zeitlebens kühle Verhältnis zu seinem Vater. Die Versöhnung, nach der Willy Brandt politisch strebte, rückte privat in immer weitere Ferne, gipfelte sogar in der faktischen Enterbung der Kinder in seinem Testament. Einer der wenigen Menschen bei denen Brandt Nähe findet, ist Heli Ihlefeld, mit der er eine langjährige Affäre hat. Doch ausgerechnet diese Liaison markiert einen der Gründe für seinen frühzeitigen Rücktritt. Heli Ihlefeldt erinnert sich in der Dokumentation an die gemeinsamen Begegnungen und berichtet von Brandts Aura, die vor allem Frauen in seinen Bann zog.

Do, 28. Jun · 17:45-18:30 · 3sat
Die Biblischen Plagen (3/3) – Flucht aus dem Pharaonenreich

Mit dem Exodus der Juden endet die Kette der Zehn Plagen. Noch heute feiern die Juden das Passahfest in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten und die Befreiung aus der Knechtschaft als Geburtsstunde ihres Volkes. Allein 600.000 Männer führte Moses laut Bibel durch die Wüste. Eine utopische Zahl, wie die moderne Wissenschaft festgestellt hat – vermutlich waren es nur 6.000 Menschen. Die Frage, ob „der Exodus“ überhaupt als historisches Großereignis zu werten ist, diskutieren Fachleute nach wie vor kontrovers. Die letzte Folge der dreiteiligen Reihe „Die Biblischen Plagen“ stellt wissenschaftliche Untersuchungen des Auszugs der Juden aus Ägypten vor.

Fr, 29. Jun · 04:45-05:15 · HR
Entweder Broder – Die Deutschland-Safari, 1/5, Guck mal, wer sich da verschwört

In der ersten Folge der neuen Staffel der preisgekrönten Fernsehreihe begegnen Henryk und Hamed erstaunlich vielen Menschen, die sich ganz sicher sind, dass die Welt, wie wir sie kennen, „eine große Lüge ist“. Die Juden brocken uns den ganzen Ärger ein, die Medien stehen unter deren Einfluss, und finstere „Illuminaten“ lachen sich dabei heimlich ins Fäustchen. Zugegeben, selbst Foxterrierhündin Wilma musste mittlerweile lernen, dass der Weihnachtsmann nicht existiert. Doch die ganze Wahrheit ist um einiges grausamer. Henryk und Hamed werden auf ihrer Reise in ein riesiges Komplott eingeweiht: Zehn Jahre danach erfahren sie exklusiv die ganze Wahrheit darüber, wer wirklich hinter den Anschlägen vom 11. September 2001 steckt. War gar Osama Bin Laden ein trickreicher CIA-Agent? Auch die NPD scheint an einer profunden Aufklärung der wahren Hintergründe interessiert zu sein. Doch es kommt noch schlimmer, die Sängerin Indira Weis bringt es beim koscheren Mittagsmahl mit Broder klar auf den Punkt: „Das ganze Leben ist ein Spiel, und wir sind nur die Kandidaten!“ Bei Jehova: Ist tatsächlich alles nur eine gut inszenierte Dschungelshow, und wir sind nur armselige, fremdbestimmte Marionetten? „Entweder Broder – Die Deutschland-Safari“ ist eine Sendung ohne politische Schutzzonen – nicht rechts, nicht links, sondern raffiniert und wach, böse und heiter. Eine Gratwanderung zwischen Journalismus und Satire, eine Medizin gegen die eigenen Schranken im Kopf, ein Mix aus investigativer Reportage, Schwarzem Humor und anarchistischen Späßen.

Sa, 30. Jun · 06:30-06:45 · SWR
Meine Geschichte – Frauen im Widerstand – Freya von Moltke

Freya von Moltke, Jahrgang 1911, Mutter zweier Söhne und Juristin wie ihr Mann Helmuth James von Moltke, verstarb am 1. Januar 2010. In ihrem langen Leben war sie eine der wenigen Frauen, die von der politischen Opposition gegen das Naziregime und dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 Zeugnis ablegte. Sie hatte regen Anteil an den politischen Gedanken und Aktivitäten ihres Mannes, der auf dem Schloss der Familie im schlesischen Kreisau eine Gruppe von Menschen mit sehr verschiedenen Ansichten um sich versammelt hatte – den sogenannten Kreisauer Kreis – , deren gemeinsamer Nenner die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus war. Liberale und Konservative, Sozialdemokraten und Christen gehörten dazu. Mit bemerkenswerter politischer Schärfe analysiert Freya von Moltke die damaligen Geschehnisse. Im Januar 1944 wurde Helmuth James von Moltke auf Grund einer Denunziation verhaftet. Der Volksgerichtshof unter Roland Freisler verurteilte ihn zum Tode. Am 23. Januar wurde er hingerichtet. Er hatte also keinen Einfluss mehr auf die Vorbereitungen des Attentatsversuchs am 20. Juli 1944, bei dem einige Mitglieder des Kreisauer Kreises beteiligt waren.

Sa, 30. Jun · 18:02-18:30 · RBB
Alles koscher in Berlin?

Es sind 55 Quadratmeter „Jiddischkeit“, wie die Juden sagen würden, so etwas wie jüdisches Herz und jüdische Seele: das Café Bleibergs mitten in Berlin-Charlottenburg. Hier kümmert niemanden besonders, wie normal oder nicht normal jüdisches Leben in Deutschland 60 Jahre nach dem Holocaust wieder ist, am allerwenigsten die ewig gestresste Chefin des Etablissements persönlich. Die heißt Manuela Ramona Gabriela Chaya Ruth Hoffmann-Bleiberg und hatte von Gastronomie noch keinen Schimmer, als sie vor rund drei Jahren ihr Café eröffnete. Doch heute ist das Café Bleibergs für viele längst wie eine zweite Familie geworden. In seinen südländisch angehauchten Räumen treffen sich alle möglichen einsamen Seelen und skurrilen Gestalten. Da ist etwa Ugi, die mongolische Köchin, die gern behauptet, die „einzige Jüdin aus der Mongolei zu sein“. Da ist Stammkunde Boris, ein Autoverkäufer, der heute schon frommer ist als alle anderen, obwohl er noch gar kein Jude ist, sondern erst einer werden will. Da ist natürlich aber auch Rabbiner ‚Euer Ehren‘ Jitshak Ehrenberg, der immer ein Auge darauf hat, dass in Manuela Bleibergs Café wirklich alles koscher ist. Und nicht zu vergessen Georg, der Antiquitätenhändler und selbsterklärte Gigolo, der im weißen Anzug auf seinem Motorrad durch Berlin düst und nichts so sehr liebt wie die Klezmerabende im Bleibergs. Wenn Jossifs Combo ‚Klezmer Chidesh‘, zu deutsch: das ‚Klezmerwunder‘, zum Tanz aufspielt, hält es dort keinen mehr auf den Stühlen. Autor Uri Schneider hat mit der Kamera das Leben und die Leute im Café Bleibergs beobachtet und herausgekommen ist dabei etwas, was er selbst mit augenzwinkernder Ironie eine „unorthodoxe Dokumödie“ nennt.

Sa, 30. Jun · 21:55-23:25 · 3sat
Auf das Leben! – Jüdisch in Deutschland

Die Jüdische Gemeinde in Hannover war vor 1933 eine der größten und reichsten Deutschlands. Davon ist im öffentlichen Bewusstsein kaum etwas geblieben. Der Wiederaufbau des jüdischen Lebens in Hannover geht dennoch voran – vielfältiger, widersprüchlicher und leidenschaftlicher als Außenstehende es ahnen. Die Dokumentation „Auf das Leben! – Jüdisch in Deutschland“ zeigt das Alltagsleben der Juden in Hannover heute.