Gewalt aus der Kurve

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Vergangene Woche kam es in Jerusalem zu rassistischen Übergriffen von Fans des rechten Fußballclubs Beitar auf arabische Israelis. Der Verein leugnet die Angriffe, die Polizei zögert mit ihren Ermittlungen…

Von Hannes Bode
Jungle World v. 29.3.2012

Als ein »beschämendes, schockierendes und rassistisches Ereignis« beschrieb der Geschäftsführer des Einkaufszentrums Malha in Jerusalem gegenüber der linksliberalen Tageszeitung Haaretz die Übergriffe nach einem Heimsieg des Erstligisten Beitar Jerusalem. Hunderte Fußballfans waren am Montagabend vergangener Woche in das Einkaufszentrum geströmt, wo sie rassistische Lieder sangen und »Tod den Arabern« riefen. Einige Fans belästigten und bespuckten Augenzeugenberichten zufolge drei arabische Frauen und deren Kinder. Als arabische Reinigungskräfte eingriffen, eskalierte die Situation. Die Reinigungskräfte versuchten, die Fans zu vertreiben, und drohten mit ihren Besenstielen. Daraufhin wurden sie von Dutzenden Fans angegriffen und geschlagen. Einige der Opfer sollen »gegen Schaufenster geworfen« worden sein, auf die zehn Opfer seien jeweils bis zu 20 Angreifer losgegangen. Einige Fans sollen in umliegenden Geschäften und Restaurants – erfolglos – nach Messern und Stöcken gefragt haben. Die spät eintreffende Po­lizei schaffte es nach 40 Minuten, die Angreifer wegzuschicken und das Einkaufszentrum vorzeitig zu schließen. Festgenommen wurde jedoch niemand, die Polizei ermittelte nicht. Begründet wurde das damit, dass die Opfer keine Anzeigen erstattet hätten. Erst nachdem am Freitag vergangener Woche Haaretz den Vorfall bekannt gemacht hatte und als die anderen großen Tageszeitungen nachzogen, nahm die Polizei die Ermittlungen »in alle Richtungen« auf und begann am Sonntag, die Aufnahmen der Überwachungskameras zu sichten.

Der Fußballverein erklärte unterdessen, dass es sich bei der Angelegenheit nur um eine Auseinandersetzung »zwischen einem Fan und einem Arbeiter« gehandelt habe. Ein Verantwortlicher von Beitar behauptete gar gegenüber Haaretz, »ein paar Fans« hätten nur einem Mann geholfen, der von einem Araber angegriffen worden sei. Diese Taktik ist nicht neu, regelmäßig gibt sich der Verein als Opfer, wenn vom Sportgericht wieder einmal eine Strafe wegen Fangewalt oder rassistischer Gesänge ausgesprochen wird. Bei­tar ist der Verein mit den meisten meldepflichtigen Vorfällen und Strafen, auch wenn der gesellschaftliche Rassismus natürlich auch bei anderen Vereinen nicht halt macht und rassistische Rufe in fast allen Stadien des Landes zu hören sind.

Die Fanbasis des traditionell rechten Vereins ist insbesondere nach der Etablierung der Ultra-Kultur in Israel durch die Gruppe La Familia radikalisiert worden. Das letzte Mal wurde über den Verein wegen rassistischer Fangewalt berichtet, weil etwa 20 seiner Fans arabische Reinigungskräfte im Stadion zusammengeschlagen hatten. Nun finden sich im Fanforum unter Zitaten aus einem in der Haaretz erschienenen Artikel zu den jüngsten Vorkommnissen Kommentare wie »Respekt an alle, die dabei waren«, »Wie es sich gehört – die Araber ficken« oder: »Sowas muss überall häufiger passieren (…), bis die Hurensöhne nach und nach tot sind.«

Früher als »Likud-Verein« mit besten Beziehungen zur Politik bekannt, bezieht sich der harte Kern der Fans von Beitar nun auf die rassistische Terrororganisation Kach bzw. Kahane Chai, die im Geist des 1990 ermordeten Ultranationalisten Meir Kahane die Deportation aller Araber aus »Großisrael« zum Ziel hat. Ein riesiges Kach-Wappen wurde bereits in der Fankurve entrollt, die Rufe »Tod den Arabern« werden bei Spielen mit lauter Popmusik übertönt. Das Management des Vereins hat noch nie in seiner Geschichte einen arabischen Spieler verpflichtet – einmalig in der israelischen Liga.

Der Verein und die Polizei können mit ihrer Taktik des Leugnens und Verzögerns dem öffentlichen Druck kaum standhalten. Einige Knesset-Abgeordnete meldeten sich bereits zu Wort, NGO und viele Kommentatoren äußerten scharfe Kritik – am »Rassismus des Vereins« und am Vorgehen der Polizei. Der Polizeikommandant des ­Distrikts Jerusalem ordnete schließlich umfangreiche Ermittlungen und eine interne Untersuchung an. Die Resultate bleiben abzuwarten.

20 Kommentare

  1.  
    Selten mit derart niederträchtig zu Tage tretender bornierter Blödheit, wie hier vom Teilnehmer mfb verkörpert, konfrontiert gewesen.
    Denke, derartige Äußerungen sollten doch nun endlich irgendwelche Konsequenzen nach sich ziehen.
    Irgendwann muss man, denke ich, auch so einem beispiellosen Blödmann zu erkennen geben, dass es Mindeststandards und auch Grenzen gibt, die, innerhalb einer einigermaßen zivilisierten Gesellschaft, ganz einfach nicht , so wie von ihm hier bereits hundertfach getan, zu überschreiten sind.
     
    Müßig und unangebracht wäre es allerdings, Lebensleistung und Lebenswerk des Herrn Pfeifer, hier in diesem Zusammenhang noch anzuführen. Es ist allgemein bekannt, erfordert allergrößten Respekt und Bewunderung.
     
     
     

  2. „Und ich habe keinen Zweifel daran, dass die deutsche Polizei gegen “deutsche Fans” ermitteln würde. “

    Wie in Rostock-Lichtenhagen, jango-jack? 

    Herr Pfeifer, eine Auseinandersetzung mit m-jango-f-jack-b ist mehr als müßig. Der eine schafft kein posting ohne ins bleidigende abzugleiten, der andere träumt gerne mal von deutschen Bombern über Tel Aviv, die Israel, „wie damals Serbien“, zeigen, „wie man sich benimmt“. Auf geschlossenen Ressentiments basierende Projektionen lassen sich nur schwer dem Betreffenden aufzeigen, haben sie doch welterklärende Funktion… Auseinandersetzung mit Rassismus sucht man hier vergeblich.

  3. MFB und JangoJ, Sie projizieren auf mich Ihre niederträchtige Gesinnung.
    Ich verurteile jeden Rassismus, egal wer der Täter ist. Im Gegensatz zu solchen windigen anonymen Antisemiten, habe ich mit meinen Taten gezeigt, dass ich seit vielen Jahren gegen Rassisten tätig bin.
     
     

    • NEIN, Herr Pfeifer,

      Sie haben noch niemals gezeigt, dass Sie gegen Rassisten tätig sind.
      Sie haben stets nur gezeigt, dass Sie für Israel (und nebenbei für das Judentum) tätig sind.
      Sie haben niemals gezeigt, das Sie Rassismus in Israel stört .. Sie relativieren israelischen Rassismus als völlig normal – gleichzeitig springen Sie jederzeit aus dem Hösken, wenn sich irgendwer Kritik an Israel erlaubt.
      Auch bei sonstigem Rassismus  finde ich keine Stellungnahme von Ihnen – es sei den, es geht gegen Juden oder Israel.

      Das ist ein bisken einseitig! 

      JA – Sie sind ein eineindeutiger Streiter für Israel .. das alleine wäre nicht tadelswert ..
      ABER -  jedes ehrliche Statement, was gegen Idrael ausgelegt werden kann, wird von Ihnen verunglimpft und negiert .. und das ist tadelswert!

      ich weis, Sie haben keinen Beruf erlernt .. und es ist deshalb nicht ganz fair, Sie an wissenschaftliche Standardts zu messen – trotzdem erwarte ich von einem, der wie Sie „Fakten“ fordert, selber erst mal zu liefern .. 

       ..  oder finden Sie das jetzt niederträchtig??

    • @ mfb

       
      ich weis, Sie haben keinen Beruf erlernt .. und es ist deshalb nicht ganz fair, Sie an wissenschaftliche Standardts zu messen – trotzdem erwarte ich von einem,  

      Wenn man arrogant ist, dann ist der Massstab an sich selbst auch nicht sehr hoch, wie man hier sieht. Es ist nie gut das Mass der eigenen Schuhe zu nehmen.

       

  4. @ Karl Pfeifer
    Da relativiert er wieder mit seinem ABER…
    “ Ich zweifle ob in einer deutschen oder österr. Stadt nach einem Terrorangriff auf Zivilisten, die Passanten so ruhig bleiben würden. “
     
    Und ich habe keinen Zweifel daran, dass die deutsche Polizei gegen „deutsche Fans“ ermitteln würde. DAS ist hier das Problem. Dass es überall Rassisten gibt schein leider so zu sein, aber das solche Rassisten nicht von der Polizei verfolgt werden passiert meiner Meinung nur bei einem rassistischen Polizeiapparat.

    • @ Jango,

      wenn in Israel Araber auf offener Strasse erschlagen werden, wird „Herr Pffeiffer“ dies mit „das ist doch überall so“ relativieren.

      Wenn irgendwo auf der Welt jemand einen Juden schief anguckt, betätigt „Herr Pffeiffer“ sofort die Antisemitismussirene.  

      Ich lese niemanden, den ich für amoralischer halte als „Herrn Pffeiffer“. 

  5. Gewalt, und vor allem rassistische Gewalt, im Zuge von Fussballspielen ist leider weltweit keine Seltenheit. Der Zynismus, mit dem bspw. jango-jack hier auftritt, ist nicht nur äußerst unangebracht, sondern offenbart auch die Gefühlsarmut, mit denen hier auf Rassismus und dessen Opfern reagiert wird. Schön ins eigene Credo eingegliedert, nur kein Blick auf die Situation, bravo.

    Nebenbei: in israelischen Medien war sehr wohl zu lesen, dass die Gewalttäter keine Unterstützung bei Gewerbetreibenden und Passanten im Einkaufszentrum fanden. Nur solche Reaktionen fügen sich vielleicht nicht so ganz ins Bild. 

    Ja, Rassismus ist zu bekämpfen, nicht nur in Stadien, sondern immer. Die Reaktionen der Polizei werden sicher untersucht werden und der Verein wird auch nicht umhin kommen sich mit dem Problem Rassismus auseinanderzusetzen.

    Wie Herr Pfeifer auch schon ganz richtig angemerkt hat: es ist absurd zu erwarten, dass es in Israel keinen Rassismus (oder Sexismus, oder Homophobie) gäbe, denn – leider! – gibt es ihn überall, in jedem Land, in jeder Kultur. Wichtig ist jedoch ihm entschlossen entgegenzutreten. Und das geschieht.  

  6.  Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und geborene Israeli Dieter David Graumann sollte umgehend alle Fussballspieler von Beitar Jerusalem nach Auschwitz schicken.
    Sowas macht sich immer gut. Das sei “eine starke Geste mit hoher Symbolkraft, gerade für die jüngere Generation”, so Graumann.
     
     

  7. Hier gibt es Poster, die von Juden etwas erwarten, was es leider nirgendwo gibt, dass alle 100 % Demokraten und Humanisten werden.
    Ich hoffe, dass die israelische Polizei diejenigen vor Gericht bringt, die Gesetze brechen. 
    Im übrigen denke ich, dass in Deutschland  wo rassistische Morde passiert sind mit Zustimmung der lokalen Bevölkerung sollten doch ein paar Poster die sich darauf spezialisiert haben aus der Ferne in Israel Fehler zu suchen, in erster Linie den Balken im deutschen Auge bemerken.
    Ich kann mich erinnern an einem späten Nachmittag in Jerusalem zur Zeit der zweiten Intifada nach einem Terroranschlag in der Jaffastr. angekommen zu sein. Ich nahm den Bus in die Stadtmitte und der Fahrer teilte 50 Meter vor der Kreuzung King George – Jaffa Str. mit, dass er wegen einem Terroranschlag stoppen muss. Ich stieg mit allen Passagieren aus. Die Straße war abgesperrt und es standen in der Menschenmenge ein paar Kachleute, die schrieen „Tod den Arabern“, niemand aus der Menge stimmte zu. Sie blieben allein.
    Ich zweifle ob in einer deutschen oder österr. Stadt nach einem Terrorangriff auf Zivilisten, die Passanten so ruhig bleiben würden.

  8. Ich weiß gar nicht was die Haaretz hat, es handelte sich bei den Reinigungskräften um getarnte Hamasterroristen, die grade dabei waren aus ihrem Besenstiel eine Rakete zu basteln. Das ist Antisemitismus pur zu behaupten jüdische Israelis hätten „Araber“ angegriffen, sie haben sich nur verteidigt.

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