Gerichtsfähige Fälschungen

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Archäologische Fälschungen können vor Gericht nicht einwandfrei als Fälschungen bewiesen werden. Nach einem siebenjährigen Prozess in Jerusalem wurde deshalb der zu Weltruhm aufgestiegene Antiquitätenfälscher Oded Golan „mangels Beweisen“ freigesprochen…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 14. März 2012

Golan hat vor zehn Jahren Schlagzeilen gemacht, als er einen 2000 Jahre alten steinernen Knochenkasten präsentierte mit der Inschrift „Jakob, Sohn des Josef, Bruder des Jesus“. Ebenso enthielt seine Sammlung eine Steinerne Inschrift aus dem 9. Jahrhundert vor Christi, die eine Renovierung des Jerusalemer Tempels unter König Joasch beschreibt. Golan hatte weitere gefälschte Funde für Millionen Dollars verhökert, weshalb die staatliche Antikenbehörde ihn schließlich verhafteten ließ und anklagte.

Beide sensationellen „Funde“ erwiesen sich als reine Fälschungen, für Golan von einem ägyptischen Juwelier namens Marco hergestellt. Mehrere Forscherteams prüften die Patina bei den Inschriften, die Inhalte der Inschriften, Schriftform und andere Elemente. Doch der Jerusalemer Richter Aharon Farkasch konnte nicht vollständig überzeugt werden, zumal es auch unter den Forschern Meinungsverschiedenheiten gab.


Das Ossuar des Herrenbruders wurde auf einem Klo von Oded Golan von der Polizei entdeckt

Der Prozess hatte 15.000 Seiten Protokolle produziert und das Urteil umfasst 500 Seiten. Der Richter erklärte, dass die Forschung noch nicht weit genug fortgeschritten sei, um gerichtsfähig eine Fälschung nachzuweisen. Deshalb habe er Golan in diesen Anklagepunkten „mangels Beweisen“ freisprechen müssen. Andere Anklagepunkte waren verjährt.

Golan sah nach dem Prozess seine Unschuld als erwiesen an und bezichtigte den Staat, „eine unverschämte Anklage gegen ihn konstruiert zu haben“. Amir Ganor, Leiter der Abteilung für Antiquitätenraub bei der Antikenbehörde, erklärte nach der Urteilsverkündung, dass das Gericht zwei die Fälschungen nicht bestätigt aber auch keineswegs die Echtheit der Objekte im Besitz von Golan nachgewiesen habe. „Wir wissen genau, wer welche Objekte wann und wo gefälscht hat.“ Obgleich die Antikenbehörde den Prozess sozusagen verloren hat, bedeute der Prozess ein Durchbruch in der Geschichte der Kunstfälschungen. Seit sieben Jahren hätten Forscher wegen dieses Prozesses viele Energien in Methoden und Techniken investiert, Fälschungen zu entdecken und nachzuweisen. Wissenschaftlicher seien vorsichtiger geworden, Antiquitäten zu beachten und zu veröffentlichen, die aus dem Handel stammten und deren ursprünglicher Fundort unsicher sei. Sammler, die Millionen in den Kauf archäologischer Fundstücken investiert hätten, seien sich dank dieses Prozesses der „Betrugsindustrie“ bewusst geworden. In der Folge habe es nach Angaben von Ganor einen deutlichen Einbruch beim illegalen Handel mit Antiquitäten gegeben, was wiederum zu einem Rückgang von Raubgrabungen an biblischen Stätten im Westjordanland geführt hätte.


Knochenkästen auf dem Ölberg

In einer offiziellen Reaktion der Antikenbehörde heißt es, dass der Staat Israel mit seiner Klage das Verbot durchgesetzt habe, den Glauben und die Geschichte der Menschen, die in diesem Land lebten und leben, nicht mit Fälschungen zu ändern.

Tatsächlich hatten Millionen Christen in der Welt wegen des vermeintlichen Sarges des „Herrenbruders“ Jakob geglaubt, einen echten, physischen Beweis für die Existenz Jesu erhalten zu haben. Und genauso glaubten Juden, durch die Joasch-Inschrift einen schlagenden Beweis für die Existenz des salomonischen Tempels gefunden zu haben. Die Fälscher wiederum waren sich dieser religiösen Emotionen bewusst und nutzten sie, um mit den gefälschten Fundstücken Millionen zu verdienen.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com