Weltkrieg im Internet

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Das „geehrte Oberhaupt der Islamischen Revolution“, Seine Exzellenz Ayatollah Sayed Ali Khamenai, ist der populärste nahöstliche Politiker. Das ergab eine Studie der israelischen „Profile Group“, spezialisiert auf Internet-Kampagnen…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 27. November 2011

Die „Qualität“ der Homepages nahöstlicher Politiker wurde anhand der Besucherzahlen und Verlinkungen gemessen. Weil der iranische Ayatollah auf http://english.khamenei.ir/ sehr aktiv ist, lockt er viele Treffer der Suchmaschinen an. Dessen Homepage liegt in vielen Sprachen vor, darunter auf Deutsch, Swahili, und Hausa. Die Seiten enthalten hasserfüllte Sprüche wie „Die USA sind der Großterrorist der Welt“ oder: „Die Feinde, insbesondere die USA und ihre Handlanger und das zionistische Regime, sollten wissen, dass … jeder Übergriff und sogar schon eine Bedrohung mit voller Macht so erwidert wird, dass die Aggressoren von innen heraus dem Zerfall anheimfallen.“ Gleichwohl errechnet der Algorithmus der Suchmaschine Google bei Khamenai einen „hoch qualitativen Inhalt“. Dekel Shurur von „Profile-Group“ erklärt, dass da gezielt ständig neue oder abgewandelte Texte eingestellt würden, was die Trefferzahl automatisch erhöht.

Im Vergleich dazu liegt die Webseite http://en.netanyahu.org.il/ des israelischen Premiers nur auf Hebräisch, Englisch und Russisch vor und wird nur von Israelis besucht. Netanjahus Twitter ist veraltet. Die letzte Meldung verkündet die „bevorstehende Freilassung des Soldaten Gilad Schalit“. Das ist schon vor über einem Monat passiert. Seine Fangemeinde bei Linkedin hat ganze 200 Mitglieder und sein Kanal bei Youtube wurde seit April 2010 nicht mehr aktualisiert. Bei Facebook hat Netanjahu 150.000 „Freunde“, weniger als fast jeder andere nahöstliche Politiker. Der britische Premier David Cameroon hat übrigens ebenso viele Anhänger, doch Bundeskanzlerin Merkel kann mit 116.000 Fans nicht einmal Netanjahu das Wasser reichen, während Österreichs Kanzler Werner Faymann mit 4909  noch weniger „Freunde“ hat, als das nahöstliche Schlusslicht, Präsident Mahmoud Abbas, mit 7.800 Fans.

Die Webseite des http://president.ps/ Abbas erhält in Nahost die schlechtesten Noten, obgleich sie ständig mit Neuigkeiten gefüttert wird.

Das Königreich Jordanien schlägt nicht nur Netanjahu mit der attraktiven Königin Rania. Bei http://www.queenrania.jo erweist sich die Gattin des Königs Abdullah als erfolgreiche Webnutzerin mit 1,7 Millionen Anhängern bei Twitter und über 800.000 Fans bei Facebook unter „Queenrania“. Bei Youtube wurden ihre Videos schon 1,6 Millionen mal angeschaut. König Abdullah hat 240.000 Freunde bei Facebook, 100.000 mehr als der israelische Premier.

Völlig abwesend ist der syrische Präsident Baschar Assad. Er hat nicht einmal eine eigene Webseite. Spärliche persönliche Daten über ihn findet man bei der syrischen Baath-Partei. Deren englische Version ist allerdings noch als „Baustelle“ ausgeschildert.

Auf Anfrage hatte Dekel Sharur auch die Werte europäischer Politiker geprüft. Schlecht steht es um http://www.bundeskanzlerin.de von Angela Merkel. Ihre Seite wird nur von Deutschen angesteuert. Russlands Präsident Medvedev hingegen genießt bei Internetsurfern aus aller Welt höchste Popularität, mit ähnlichen Werten wie Irans Ayatollah Khamenai.

Mit großem Abstand folgen die britische Queen, Nicolas Sarkozy und David Cameroon, für den sich nur Briten interessieren. Weit abgeschlagen folgt Merkel. Auch im Vergleich mit nahöstlichen Führern schneidet Merkel schlecht ab, ist aber populärer als Netanjahu und Abbas.

Bei Facebook hat Merkel 116.000 Fans, Sarkozy 406.000 und die britische Queen immerhin 507.000. Diese drei Europäer erreichen aber nicht einmal zusammen genommen die Werte des jordanischen Königspaares.

Die nahöstlichen Führer müssen sich laut Dekel Sharur infolge des „arabischen Frühlings“ intensiver mit den Sozialnetzen im Internet auseinander setzen „um relevant zu bleiben“. Die europäischen Regierungen glauben offenbar, mit traditionellen Medien wie CNN und BBC ihre Ansichten in der Welt verbreiten zu können und vernachlässigen deshalb das Internet.

Die weltweit populärste aller Politiker-Homepages heißt http://www.barackobama.com. 24 Millionen Surfern „gefällt“ http://www.facebook.com/barackobama.

Sharur war Journalist und hat sich auf Internetkampagnen für amerikanische und europäische Firmen spezialisiert, Kunden zu bringen. Dazu gehört das Ermitteln von Internetverkehr zu Webseiten und deren Analyse. „Zu meinem Erstaunen hat noch niemand diese Methode angewandt, um die Popularität von Politikern im weltweiten Netz zu ermitteln.“

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com