Kosher Nostra: Gangster Sound auf Jiddisch

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Shantel präsentiert mit seiner Anthologie KOSHER NOSTRA eine mitreißende Zeitreise durch die Spielkasinos, Revuetheater und Musikclubs der U.S.A. Der Sound ist eine wilde Mischung aus Swing, Jazz, Twist, Charleston und dem hinreißenden Charme jiddischer Gassenhauer und Balladen…

Bis heute ist nicht besonders tief in unser Bewusstsein eingedrungen, dass die Entwicklungsgeschichte des organisierten Verbrechens in den Vereinigten Staaten einen relevanten jüdischen Anteil hatte. Ein Charakter wie Hyman Roth im Film „Der Pate“ verweist auf eine der schillerndsten Figuren der jüdisch-amerikanischen Unterwelt-Geschichte: Meyer Lansky.

Filme wie „Billy Bathgate“, „Cotton Club“, „Es war einmal in Amerika“, „Der Pate“, „Bugsy“, „Casino“, „Gangs of New York“ oder die ganz aktuelle HBO-Serie „Boardwalk Empire“ oszillieren zwischen Legende, Klischee und realen Fakten. Der weit verbreitete Mythos einer Dominanz der italienischen Mafia in Amerika überlagerte vor allem für das europäische Publikum die Bedeutung der Gangster jüdischer Herkunft. Doch niemand, der sich an der History der amerikanischen Mafia versucht, kann Männer wie Meyer Lansky, Benjamin ‚Bugsy‘ Siegel, Dutch Schultz oder Louis ‚Lepke‘ Buchalter negieren, die neben den klassischen sizilianischen ‚Paten‘ die Geschicke der Unterwelt bestimmten.

Erst im letzten Jahrzehnt kam das Thema so richtig in Europa an: Der Künstler und Kurator des Jüdischen Museums Wien Oz Almog widmete dem Thema eine viel beachtete Ausstellung, die neben seinen Gemälden auch Polizeifotos, Tatortskizzen, Zeitungsartikel und die Biographien der Gangster in einer viel beachteten Installation zusammenbrachte.

Shantel, der sich schon während seiner Frankfurter Studienzeit im Rahmen einer Diplomarbeit mit dem Thema „Organisierte Kriminalität“ beschäftigte, begann eine intensive Recherche:

KOSHER NOSTRA und ihr Einfluss auf die amerikanische Musikkultur.

Unter teils abenteuerlichen Bedingungen ist es ihm gelungen, diese Anthologie zusammenzustellen, in der jeder Song auf Aspekte dieser nach wie vor im Verborgenen liegenden US-amerikanischen Kriminalitätsgeschichte verweist. Der Mythos KOSHER NOSTRA, Mafia als Methode, die Lebensumstände, Herkunft und Sterben jüdischer Gangster in Amerika erschienen verknüpft mit der Musikgeschichte der USA. Es entfaltet sich ein faszinierendes Panorama aus diversen musikalischen Genres:

  • Im Schmelztiegel New York, in Chicago, Detroit und später Las Vegas mischte sich die Musik der osteuropäischen Juden mit westlichem bzw. afroamerikanischem Jazz zu einem neuen Sound.
  • Jiddische Songs und Schlager wanderten in die Mehrheitskultur ein und wurden weltweit populär.
  • Swing, der schwarze und jüdische Musikformen zusammenbrachte, war für jüdische Musiker wie Abe Ellstein, Benny Goodman, Dave Tarras, Sophie Tucker, Aaron Lebedeff oder Al Jolson eine ideale Bühne, die engen ethnischen Grenzen zu verlassen.

Die hier vorgestellten Stücke repräsentieren eine Parallelgesellschaft aus verschiedenen ethnischen Szenen ebenso wie Offenheit und Interesse der Mehrheitsgesellschaft an immer neuen exotischen Impulsen. Diese Entwicklung eines ethnische Schranken überwindenden Massengeschmacks begründet eine Musik-, Film- und Musical-Industrie, die von den 20er-/30er-Jahren an von Amerika aus auszustrahlen beginnt und auch Europa neue Impulse gibt.

Bei seiner Recherche förderte Shantel extrem rare Stücke zutage: Wer weiß schon, dass Connie Francis ein ganzes Album mit jiddischen Liedern aufgenommen hat, oder dass Tom Jones „seiner“ jiddischen Mama huldigte? Shantel stellte sich ebenso die Frage: Gab es neben den kriminellen Geschäften der Mobster ein relevantes musikalisches Umfeld und – welche Musikerkarrieren wurden in dieser Zeit angeschoben? Was waren die berühmtesten jiddischen Songs und Gassenhauer dieser Zeit, zu welchen Rhythmen wurde getanzt? Wer bei den Bucovina Clubs in den letzten Jahren genau hingehört hat, dem ist sicher der eine oder andere Song aus diesem Repertoire schon aufgefallen.

Diese einmalige Zeitreise in die Musikclubs, Revuetheater, Spielkasinos der 20er- bis in die 60er-Jahre beweist eindrücklich: Hier gab es eine große Vielfalt und eine staunenswerte Melange von Stilen. In die Thematik KOSHER NOSTRA und die ausgewählten Stücke führt ein ausführlicher Essay ein.

Shantel & Oz Almog: Kosher Nostra Jewish Gangsters Greatest Hits CD mit 60-seitigem, illustrierten Booklet im Schuber Katalognummer: AY CD 13 (EAN: 4250536400072)

Rich Cohen schrieb über die nicht ganz koscheren Geschäfte in Brooklyn. Sein Buch »Murder Inc.« erzählt die Geschichte der jüdischen Gangsterbanden im New York der zwanziger und dreißiger Jahre.