Senatswahl in Frankreich

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Der politische Niedergang des regierenden Bürgerblocks wird durch den Ausgang der Wahl zum parlamentarischen „Oberhaus“ erneut bekräftigt. Auch das Liebäugeln von Teilen der konservativ-wirtschaftsliberalen Rechten mit dem Front National (FN) bestätigt sich – durch das Verhalten eines Teils ihrer „Wahlmänner“…

Von Bernard Schmid, Paris

„Historischer Sieg“ oder „geschichtliche Niederlage“, „eine Premiere“: An beeindruckenden Adjektiven und Substantiven mangelt es nicht, um den Ausgang der französischen Senatswahlen vom vorvergangenen Sonntag, den 25. September 11 zu benennen. Auch wenn man kein Freund von geschwollenen Ausdrücken ist, so kann man doch nicht bestreiten, dass diesen Bezeichnungen in dem Falle ein wahres Element innewohnt. Tatsächlich signalisieren die Ergebnisse dieser Wahl zum „Oberhaus“ des französischen Parlaments – das bislang oft als Auffangbecken oder Abstellkammer für Elder Statesmen diente – etwas Neues in der französischen Politik. Zugleich scheinen sie zumindest eine Wahrscheinlichkeitsaussage über das zu erwartende Resultat der sehr entscheidenden Wahlen im kommenden Jahr, der Präsidentschaftswahlen von Ende April und Anfang Mai sowie der Parlamentswahlen im Juni 2012, zu ermöglichen. Das Regierungslager unter Präsident Nicolas Sarkozy und Premierminister François Fillon ist offenkundig schwerer angeschlagen denn je.

Ein System der „mittelbaren Wahl“

Jahrzehnte lang galt der Senat als behäbige Institution mit betont „moderatem“ bis konservativem Anstrich, als Hochburg der bürgerlichen Parteien seit den Zeiten Charles de Gaulles, und ferner als eine Art Versorgungsanstalt für politische Rentner. Noch nie hatte die linke Seite des französischen Parteienspektrums bislang ernsthafte Aussichten darauf, dem stabilen bürgerlich-konservativen Mehrheitsblock im Senat Paroli zu bieten. Ursächlich dafür ist der Wahlmodus: Die Verfassung der 1958 durch de Gaulle begründeten Fünften Republik sieht vor, dass die Zusammensetzung des Senats nach einem indirekten Wahlmodus durch „Wahlmänner und -frauen“, genannt grands électeurs, aus den Kommunal- und Regionalparlamenten bestimmt wird. Jeweils ein Drittel bis die Hälfte der Sitze wird dabei auf einmal erneuert, für ein je neunjähriges Mandat. Dient der Senat doch als Vertretung der „Gebietskörperschaften“ – Städte, Gemeinden und Regionen -, was ihnen vermeintlich ein Gegengewicht gegenüber dem Zentralstaat im zumindest historisch stark zentralisierten Frankreich verleiht.

Hauptsächlich aber sorgte das besondere Wahlsystem dafür, dass dieses „Oberhaus“ überwiegend durch politische Vertreter des ländlichen Raums gewählt wird: Die Einwohnerinnen und Einwohner von Städten oder Dörfern mit weniger als 9.000 Bewohnern stellen rund die Hälfte der französischen Bevölkerung, aber ihre politischen Repräsentanten stellen allein 70 Prozent der grands électeurs. Lange Zeit jedoch waren die linken Parteien, die Sozialistische und vor allem die Kommunistische, jedoch überwiegend in der Stadtbevölkerung und in Gebieten mit starker Industriekonzentration besser verankert. Deswegen hatten sie bei den Senatswahlen sehr oft das Nachsehen. Der bisher letzte „sozialistische“ Premierminister Frankreichs, Lionel Jospin, hatte deswegen auch diese Parlamentskammer im April 1998 als „demokratische Anormalität“ bezeichnet. Und nicht wenige Beobachter/innen stimmten ihm, in wachsendem Ausmaß, zu.

Am vorletzten Sonntag (25. September) kam nun, folgt man den Bewertungen vieler Kommentatoren, „der Donnerschlag“. Zum allerersten Mal verfügt die Linke im weiteren Sinne – Sozialdemokraten, Parteikommunisten, Grüne, Linksliberale – über eine eigene, wenngleich relativ dünne, Mehrheit im Senat: Nunmehr stellt sie 177 Sitze von insgesamt 348. Im Jahr 2007, also bei Amtsantritt von Präsident Sarkozy, hatte die regierende Rechte dort noch über ein stabiles und komfortables Stimmenpolster mit 203 Mandaten verfügt. Noch nie seit Gründung der Fünften Republik waren die verschiedenen Linksparteien jemals im Senat mehrheitsfähig gewesen. Zwar hatte dieser sich in der Geschichte bereits in der Händen von Oppositionspolitikern befunden, zwischen 1962 und 69 unter der Präsidentschaft de Gaulles, doch damals hatte es sich um Rivalitäten und Streitigkeiten innerhalb des bürgerlichen Lagers gehandelt. Die Rechte war seinerzeit bezüglich des Ausgangs des Kolonialkriegs in Algerien innerlich zersplittert. An eine Senatsmehrheit der Linken war dabei jedoch nicht zu denken.

Der aus der „bürgerlichen Mitte“ stammende bisherige Senatspräsident, Gérard Larcher – früherer Arbeits- & Sozialminister in den Jahren 2004 bis 2007 glaubte dennoch zunächst, sich im Amt halten zu können. Auch nach dem Urnengang vom 25. September 11 verkündete er von sich selbst überzeugt, er werde er zur Wahl seines eigenen Nachfolgers kandidieren. Dies wurde in breiten Beobachterkreisen so aufgefasst, als versuche er, durch Verhandlungen und Absprachen u.a. mit den kleineren bürgerlichen Parteien (welche, jenseits der Regierungspartei UMP, im politischen „Zentrum“ angesiedelt sind und im Senat eine relativ wichtige Stellung einnehmen) und durch die Einbindung mancher Senatoren aus dem gegnerischen Lager zu tricksen und einer Abwahl zu entgehen. Er setze, so lautete eine weiter Mutmaßung, auch auf eventuelle Spaltungslinien und Rivalitäten unter den Sozialdemokratie, die mit mehreren Kandidat/inn/en für das Amt der Senatspräsidentschaft antreten könnte. Aus der UMP selbst kam es eitere daraufhin zu zorniger Kritik, welche besagte, in dieser Stunde der Niederlage und der politischen Not denke Larcher nurmehr an sich selbst. Allein, es hat nicht funktioniert: Am Samstag, den 1. Oktober wurde jetzt jedoch Jean-Pierre Bel, als (einziger) Kandidat der Sozialdemokratie, mit einem eindeutigen Mehrheitsvotum zum neuen Senatspräsidenten gewählt.

Bürgerblock zerfleddert

Die spektakuläre Verschiebung der Kräfteverhältnisse im Senat erfolgte sicherlich auch deswegen, weil der in Paris regierende konservativ-wirtschaftsliberale Block selbst gespalten in die Wahl ging: An mehreren Orten, darunter die Hauptstadt Paris, traten neben den „offiziellen“ Kandidatenlisten der Regierungspartei UMP auch konkurrierende Listen aus ihrem eigenen Lager an. Als prominentester Rivale der „offiziellen“ Vertreter der konservativen Rechten wurde so Nicolas Sarkozys früherer Berater Pierre Charon für einen Pariser Wahlkreis in den Senat gewählt, und ging am Abend diese 25. September dessen Stufen im Blitzlichtgewitter der versammelten Presse hinauf. Dies allein genügt jedoch nicht, um den Wandel der Mehrheitsverhältnisse zu erklären.

Hinzu kommt auf der einen Seite das gewachsene Gewicht der Oppositionsparteien, vor allem der sozialdemokratischen, in vielen Stadtparlamenten seit den letzten Kommunalwahlen vom März 2008 und in den Regionen seit der letzten frankreichweiten Regionalparlamentswahl (März 2010). Auch dies wäre, allerdings für sich allein genommen, noch keine hinreichende Erklärung. Denn der überwiegende Teil der Kommunalparlamentarier, unter denen die „Wahlmänner und -frauen“ ausgewählt werden, ist besonders in den kleineren Kommunen parteilos und an keine feste politische Richtung gebunden. Als weiterer wichtiger Erklärungsfaktor bietet sich zudem, auf der anderer Seite, der wachsende Unmut unter Kommunalpolitikern über den Umgang der Regierung mit ihren Städten oder Gemeinden an. In den letzten Jahren hatte der Zentralstaat zunehmend Aufgaben auf diese „Gebietskörperschaften“ übertragen, um selbst Einsparungen präsentieren zu können – hatte den Kommunen jedoch keinerlei zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt, um der ihnen aufgehalsten neuen Aufgaben Herr zu werden.

Eine wichtige Rolle spielt ferner aber auch der aktuelle, erbärmliche Zustand des rechten Regierungslagers unter Sarkozy. In den letzten Wochen spitzt sich der Druck von Medien und Justiz zu, den immer neue Enthüllungen über wenige Jahre zurückliegende Praktiken der illegalen Parteienfinanzierung durch Rüstungsgeschäfte auslösten. Besonders der Verkauf von Rüstungsgütern an Pakistan, Saudi-Arabien und in geringerem Ausmaß in jüngerer Vergangenheit auch an Libyen (noch unter Muammar al-Qadhafi) hatte offenkundig zur Zahlung von illegalen „Kommissionen“ an diverse Unterhändler den Anlass gegeben. Letztere flossen dann zum Teil, unter dem Tisch, an französische Politiker zurück. Seit Juli dieses Jahres häufen sich die Ermittlungen. Gegen Sarkozys Ex-Innenminister – der u.a. aufgrund seiner erstinstanzlichen Verurteilung wegen rassistischer Äußerungen über einen vermeintlich arabischstämmigen Parteifreund, Amine Benalia-Brouch, zu Anfang des Jahres 2011 aus dem Amt abgelöst wurde – und jetzigen Berater Brice Hortefeux läuft seit Ende September ein Strafverfahren: Die Untersuchungsrichter hatten herausgefunden, dass Hortefeux einem im Zentrum der Ermittlungen stehenden politischen Vermittler von Waffengeschäften, es handelt sich um Sarkozys Ex-Berater Thierry Gaubert, jüngst am Telefon Tipps erteilt hatte. Über dessen Exfrau – „Prinzessin Helen von Jugoslawien“ – hatte er ihm telefonisch mitgeteilt, dass „Hélène anscheinend ziemlich viel (bei der Polizei) auspetzt“. Von seiner derzeitigen Funktion her konnte Hortefeux keinerlei rechtmäßig erfolgenden Zugang zu diesem Wissen besitzen. Am Donnerstag, den 29. September wurde Hortefeux deswegen polizeilich vernommen. Er bestreitet jedoch alle Vorwürfe in dieser Angelegenheit energisch.

Selbstverständlich spielt auch die Enttäuschung vieler Wählerinnen und Wähler über die unter Sarkozy verfolgte, extrem unternehmensfreundliche und Finanzvermögen begünstigende Sozial- und Wirtschaftspolitik eine Rolle. Die kurz nach der Wahl Sarkozys 2007 beschlossene Absenkung des Spitzensteuersatzes wurde vor wenigen Wochen zurückgenommen, nachdem sein eigener Haushaltsminister – für Steuerpolitik zuständig – sie einige monate zuvor öffentlich als „Symbol der Ungerechtigkeit“ bezeichnet hatte. ((Vgl. dazu http://www.lexpress.fr/actualite/politique/le-bouclier-fiscal-symbole-de-l-injustice-selon-baroin_927271.html)) Allerdings wurden parallel dazu neue steuerliche Schlupflöcher für die Eigentümer von Großvermögen geschaffen. Unterdessen hatten an die 20 Milliardäre sich in einer Zeitungsannonce im Spätsommer 2011 dafür ausgesprochen, dass sie „mehr Steuern bezahlen möchten“ als im Augenblick, ((Vgl. http://www.lefigaro.fr/impots/2011/08/23/05003-20110823ARTFIG00336-seize-hauts-revenus-appellent-a-payer-plus-d-impots.php und  http://www.ladepeche.fr/article/2011/08/24/1152368-meme-liliane-bettencourt-veut-payer-davantage.html oder http://www.atlantico.fr/pepites/taxez-impots-riches-bettencourt-margerie-perdriel-riboud-schweitzer-167384.html)) weil sie im Kontext der aktuellen Krise der Staatsfinanzen bedrohliche Tendenzen für das Gesamtsystem erblicken.

Als Reaktion auf den Ausgang der Senatswahlen erklärte unterdessen der frühere Industrieminister Sarkozys und jetzige Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, man habe im Regierungslager die Wahl, „zwischen einer Beibehaltung der (Anm.: durch die wirtschaftlichen Ratingagenturen verliehenen) Note AAA+ für die französischen Staatsfinanzen und dem Behalten des Senats“ gehabt. Einerseits – andererseits. Offenkundig, so lautet seine implizite Schlussfolgerung, habe man auf das Urteil der wirtschaftlichen „Experten“ – die als so genannte Sachverständigkeit die Solidität der jeweiligen Staatsfinanzen der Einzelstaaten bewerten – höheren Wert gelegt, als auf den der Wähler. (Und seien es, in diesem speziellen Falle, „Wahlmänner und -frauen“.) Auch eine triftige Aussage über das derzeitige politische und wirtschaftliche System. Hinzugefügt sei allerdings, dass selbst vom Standpunkt bürgerlicher Finanzpolitik her die massiven Steuergeschenke an Schwerreiche unter der jetzigen Regierung nicht unbedingt für eine „solide“ Herangehensweise bürgen… Wir haben es da eher mit einem Selbstbedienungsladen für Schwervermögende zu tun.

Auch der FN konnte (in gewissem Ausmaß) absahnen

Neben der Parlamentsopposition, und in erster Linie der Sozialdemokratie – während die Französische kommunistische Partei (PCF) das Scheitern der Senatskandidaturen ihres Vorsitzenden Pierre Laurent in Paris quittieren musste -, profitiert allerdings noch ein anderer politischer Akteur von der aktuellen Krise des konservativ-wirtschaftsliberalen Regierungslagers. Es handelt sich um die extreme Rechte in Gestalt des Front National (FN).

Die seit Januar dieses Jahres durch Marine Le Pen angeführte Partei – sie löste als neue Vorsitzende ihren eigenen Vater ab, der die Partei 1972 gründete und seitdem ununterbrochen leitete – verfügte bei der diesjährigen Senatswahl über 50 Wahlmänner und -frauen. Das stellt prozentual betrachtet einen geringen Anteil dar, welcher sich jedoch aus der Anwendung des Mehrheitswahlrechts erklärt, aufgrund dessen der FN trotz nennenswerter Stimmenzahlen nur in wenigen Kommunalparlamenten vertreten ist. Statt 50 Stimmen von grands électeurs – die ihm aufgrund der Zahl eigener „Wahlmänner & -frauen“ theoretisch „zustanden“ erhielt der FN allerdings am vorvergangenen Sonntag ein Vielfaches dieser Anzahl. In ihrer Ausgabe vom Nachmittag des Montag, den 26. September 11 bezifferte die Pariser Abendzeitung Le Monde diese Stimmenzahl auf 1157. Zwischenzeitlich hat allerdings auch das ungefähr als linkspatriotisch und pseudo-rebellisch einzustufende Wochenmagazin Marianne nachgerechnet und kam seinerseits auf eine Anzahl von 1252 Stimmen für Listen des FN ((Vgl. http://www.marianne2.fr/Senatoriales-le-Front-national-vendange-et-engrange_a210856.html)). Die Differenz erklärt sich vielleicht u.a. auch daraus, dass in zwei Fällen (unter ihnen die Liste des langjährigen rechtsbürgerlichen Stadtverordneten Alain Dumait im zweiten Bezirk von Paris) Kandidatenlisten zwar politisch vom Front National eingereicht oder jedenfalls unterstützt wurden, aber nicht explizit unter dem Etikett der rechtsextremen Partei antraten. Die Liste von Alain Dumait im Zentrum von Paris etwa war formell parteilos, doch kandidierten fünf oder sechs Bewerber des FN auf ihr.

Nicht wenige Konservative und Wirtschaftsliberale oder auch Parteilose hatten offensichtlich der extremen Rechten ihre Stimmen geliehen – während  so manche in ihren Reihen längst auf ein mögliches Bündnis in dieser Richtung für die nähere Zukunft schielen. Zwar bleibt der prozentuale Stimmenanteil des FN, bei diesen Senatswahlen, wo die Voten durch (i.d.R. unter den Bedingungen des Mehrheitswahlrechts gewählte) politische Mandatsträger und nicht durch Stimmbürger/innen abgegeben werden, formell noch immer relativ gering. Am vorletzten Sonntag betrug er rund 4 Prozent. In Anbetracht der Tatsache, dass man – aufgrund des indirekten Wahlsystems, und des „Sperrriegels“ durch das Mehrheitswahlrecht auf vielen Ebenen – nur eine äußerst marginale Präsenz des FN hätte erwarten können, ist dies dennoch ein bedeutender Erfolg für die extreme Rechte. Auch gegenüber den letzten Senatswahlen in denselben Wahlbezirken wie jetzt, welche in den Jahren 2001 und 2004 stattfanden, fällt der Zuwachs zugunsten des FN oft relativ spektakulär aus. So nahm die Stimmenzahl (von Wahlmännern und -frauen) des FN im nordfranzösischen früheren Bergbaurrevier Pas-de-Calais gegenüber 2001 von zuvor 21 auf jetzt 101 Stimmen zu. Im ostfranzösischen Bezirk Moselle, in Lothringen, wuchs sie von zuvor 13 (im Jahr 2004) auf jetzt 87.

Keine Ausrede mehr beim „Ausländer“-Wahlrecht

Sollte die französische Sozialdemokratie, mit oder ohne die übrigen Linksparteien, nunmehr auch die Parlamentswahlen im nächsten Jahr gewinnen, so hat sie dann eine Ausrede weniger – dass sie progressive Reformen aufgrund eines Mangels an Mehrheiten in beiden Kammern nicht vornehmen könne. Zwar hat im Streitfalle zwischen Nationalversammlung und Senat in der Regel Erstere, also das „Unterhaus“, das letzte Wort. Allerdings bedeutet dies bei Konflikten erhebliche Zeitverzögerungen, da, bevor es zu einer Entscheidung per Kampfabstimmung kommt, Vermittlungsausschüsse zwischen beiden Kammern gebildet und Kompromissmöglichkeiten darin erörtert werden müssen. Und bei Beschlüssen, die Verfassungsänderungen beinhalten oder aber dem Volk bei einem Referendum zur Abstimmung vorgelegt werden sollen, benötigt das Regierungslager unabdingbar eine Mehrheit in beiden Teilen des Parlaments.

Im Jahr 2000 hatte die damalige linke Regierungskoalition so das Wahlrecht für „Ausländer/innen“, also in Wirklichkeit für dauerhaft in Frankreich wohnhafte Einwanderer, in der Nationalversammlung beschlossen. Die stillschweigend dagegen opponierenden Politiker innerhalb des sozialdemokratischen Lagers hatten sich damals bequem darauf ausruhen können, dass dieser – in erster Lesung durch das „Unterhaus“ angenommene – Entwurf im Senat ohnehin keine Mehrheit finden würde. Aus diesem Grunde wurde die Vorlage gar nicht erst zur Debatte im Senat eingereicht, sondern blieb seitdem unangetastet in den Schubladen liegen. Aber falls die Sozialdemokratie im kommenden Frühjahr eine Mehrheit in der Nationalversammlung gewinnt, dann kommt diese zu einer bestehenden „linken“ Mehrheit im Senat hinzu. Bislang bestehende strukturelle Blockaden entfallen dann als Ausrede.