Baroness Ashton bedauert

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Am 22. August vertagte die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) die Kommunalwahlen auf unbestimmte Zeit, und Catherine Ashton hatte nichts dazu zu sagen…

Kommentar von Emanuele Ottolenghi, Ha’aretz, 02.09.2011
Übersetzung von Daniela Marcus

Baroness Catherine Ashton, die Hohe Vertreterin der auswärtigen Angelegenheiten der Europäischen Union, scheut sich nicht, ihre Meinung zu äußern. Allein im August veröffentlichte sie nicht weniger als 36 Statements und Reden, die ein breites Spektrum außenpolitischer Themen beinhalteten. Im Juli waren es sogar 56.

Seit Juli hatte sich Ashton in folgende Themen eingeschaltet: Arabischer Frühling, Bahrain, Libanon, Libyen, Marokko, Nordafrika, Syrien und Jemen. Sie beschäftigte sich mit den Beziehungen der EU zu Kasachstan, mit den Spannungen in Südkurdufan, den Wahlen in Thailand, mit dem Beschuss von Protestanten durch die malawische Polizei und mit Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland. Sie prangerte die Verhaftung von Journalistinnen im Iran an und äußerte ihr Bedauern über die Hinrichtung von Humberto Leal Garcia –ein Mexikaner, der der Vergewaltigung und des Mordes an einer Teenagerin überführt worden war– in Texas. Ashton begrüßte die Freilassung von sieben estländischen Radfahrern, die im Libanon entführt worden waren. Sie feierte die Verhaftung des serbischen Kriegsverbrechers Goran Hadzic. Sie verurteilte die Hinrichtung von Robert Jackson –ein Mann, der überführt worden war, eine Frau während eines misslungenen Einbruchs in ihrem Haus mit der Axt erschlagen zu haben– in Delaware. Sie publizierte sogar eine Festrede anlässlich des Internationalen Tages der Indigenen Völker der Welt.

Doch als am 22. August die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) die Kommunalwahlen auf unbestimmte Zeit vertagte, hatte Ashton nichts dazu zu sagen.

Das letzte Mal, als die Palästinenser frei wählen konnten, war im Januar 2006. Angesichts dessen, dass ihr Präsident ein Vier-Jahres-Mandat hat, das im Januar 2010 ohne Neuwahlen endete, dass das palästinensische Parlament ebenfalls eine vierjährige Amtszeit hat, die im Januar 2010 auch ohne Neuwahlen auslief, und dass die Gemeinderäte zwischen Januar und Dezember 2005 ebenfalls für vier Jahre gewählt wurden, besitzt derzeit keine palästinensische Institution irgendeine demokratische Legitimität.

Ashton war diese Woche in Ramallah und hatte eine wunderbare Gelegenheit, die PA daran zu erinnern, dass demokratische Legitimität das Abhalten –und nicht das Verschieben– von Wahlen erfordert. Schließlich ist es schwer verständlich, wie abgelaufene Mandate und aufgeschobene Wahlen mit der erklärten Zusage der Europäer an einen demokratischen palästinensischen Staat übereinstimmen können. Doch Ashton äußerte nicht ein Wort über die Tatsache, dass die PA, ein unermüdlicher Empfänger europäischer finanzieller Großzügigkeit, erneut ihrer Pflicht ausweicht, demokratische Institutionen aufzubauen und aufrecht zu erhalten.

Der Frieden im Nahen Osten bleibt höchste Priorität Europas und es ist ein europäischer Grundsatz, dass israelische Siedlungen dieser Vision im Weg stehen. Deshalb verkündete Ashton „tiefe Enttäuschung“ über die Ankündigung der israelischen Regierung im letzten Monat, den Bau von 900 neuen Wohneinheiten in Ostjerusalem zu genehmigen. In den folgenden Wochen äußerte sie tiefes Bedauern über dieselben Umstände und sagte: „Dies ist das dritte Mal seit Anfang August, dass die israelische Regierung die Erweiterung von Siedlungen im Westjordanland inklusive Ostjerusalem genehmigt hat.“

Zuvor hatte die israelische Regierung drei Ankündigungen gemacht. Und Ashton –die sich auf die Hauptsache konzentrierte– reagierte mit drei zugespitzten und fristgerechten Statements, um das allgemeine Missfallen der EU über das Verhalten Israels in aller Öffentlichkeit aufzuzeigen. Ihre fristgerechte Geschwätzigkeit hat jedoch eine Ausnahme: wenn europäische Kritik an den Palästinensern erforderlich ist.

Baroness Ashton begann ihre Reise als Hohe Vertreterin der EU mit einer Rede im Hauptquartier der Arabischen Liga in Kairo am 15. März 2010 – etwa neun Monate vor Beginn des Arabischen Frühlings. Während sie sich an ein Publikum aus Autokraten wandte, sprach sie zu keiner Zeit über Demokratie in der arabischen Welt. Sie erwähnte nur einmal das Wort „Befreiung“ – in Bezug auf die palästinensische Befreiung von israelischer Besatzung, nicht in Bezug auf menschliche Befreiung von Unterdrückung, ein Thema, das ohne Zweifel einen Nachhall beim gemeinen arabischen Volk gefunden, ihre Gastgeber jedoch vermutlich wütend gemacht hätte.

Achtzehn Monate und mehrere arabische Revolutionen später gerät Europas Top-Diplomatin ins Schwärmen über Demokratie in der arabischen Welt als ob sie oder Europa sich schon immer dafür eingesetzt hätten. Doch die Grundsätze ihrer ersten fehlerhaften Rede, die dazu bestimmt war, Europa bei den arabischen Diktatoren beliebt zu machen, haben sich nicht geändert. Israel, das ein paar hundert neue Wohneinheiten im Westjordanland baut, ist eine Gefahr für den Frieden und erregt Enttäuschung, Besorgnis und Bedauern. Doch dies geschieht nicht, wenn die PA inmitten des Arabischen Frühlings die Demokratie ad absurdum führt. Ashton hätte angesichts dieser Entwicklung Enttäuschung, Besorgnis oder Bedauern ausdrücken können.

Doch stattdessen ist der Zusammenschluss eines weiteren korrupten und autokratischen arabischen Regimes im Westjordanland nicht einmal einen sanften Stups wert.

Emanuele Ottolenghi ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der „Foundation for Defense of Democracies“ und Autor des Buches „The Pasdaran: Inside Iran’s Islamic Revolutionary Guards’ Corps“, das diesen Monat bei FDD Press veröffentlicht wird.

1 Kommentar

  1. Baroness Ashton of Upholland ist sicherlich eine klassische Fehlbesetzung. Aber mal ehrlich, soll die Baroness das Nichtzustandekommen von Wahlen in den PA-Gebieten bedauern? Ist nicht mit der Verschiebung der Wahlen auf unbestimmte Zeit ein Wahlsieg von Hamas-Gefolgsleuten verhindert wurden? Scheinbar glaubt bei der EU auch niemand mehr an ein demokratisch regiertes PA-Gebiet. 

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