Gewalt und Brutalität: Ein ganzer Staat steht Kopf

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Hören wir uns noch selbst? Sind wir uns bewusst darüber, welche Töne aus unserer Richtung kommen? Merken wir noch, wie die Diskussion immer unduldsamer und gewalttätiger wird, wie die Sprache der Gewalt dabei ist, unsere einzige offizielle Sprache zu werden?…

von Gideon Levy, 30.06.2011 — Ha’aretz

Eine Gruppe internationaler Aktivisten ist dabei, mit einer Flotilla an die Küste des Gazastreifens zu segeln. Viele von ihnen sind Sozialarbeiter und Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit, Veteranen im Kampf gegen Apartheid, Kolonialismus, Imperialismus, gegen sinnlose Kriege und Ungerechtigkeit. Allein dies festzustellen, ist hier schwierig, da sie schon alle als Schlägertypen beschrieben wurden.

Unter ihnen sind Intellektuelle, Holocaustüberlebende und Leute mit Gewissen. Als sie gegen die Apartheid in Südafrika kämpften oder gegen den Krieg in Vietnam, wurden sie sogar hier bewundert. Aber jetzt wird jeder, der auch nur ein Wort der Anerkennung für diese Leute übrig hat, unter denen auch Ältere sind, die ihr Leben riskieren und ihr Geld und ihre Zeit für etwas einsetzen, das sie für gerecht erachten, wird hier des Verrats bezichtigt. Es ist nicht unmöglich, dass sich gewalttätige Leute unter sie gemischt haben, aber die Mehrheit sind Menschen des Friedens, keine Hasser Israels, aber Hasser seiner Ungerechtigkeit. Sie haben sich entschlossen nicht still zu bleiben – sondern das bestehende System herauszufordern, das für sie unannehmbar ist und das für jede moralische Person unannehmbar sein kann.

Ja, wir wollen provozieren – es ist der einzige Weg, die Welt an die Situation des Gazastreifens zu erinnern, an dem keiner Interesse hat, es sei denn, wenn Qassamraketen fliegen oder Flotillen sich damit beschäftigen. Ja, die Situation im Gazastreifen hat sich in den letzten Monaten (ein klein wenig) verbessert, wegen der vorangegangenen Flotille. Aber Gaza ist noch immer nicht frei – weit davon entfernt. Es gibt keinen Ausweg weder übers Meer, noch über die Luft, es gibt keinen Export, und seine Bewohner sind zum größten Teil wie in einem Gefängnis. Israelis, die ausflippen, wenn der Ben Gurion-Flughafen für zwei Stunden gesperrt ist, sollten in der Lage sein, die Leute zu verstehen, die keinen (Flug- oder See-)Hafen haben. Gaza hat Anspruch auf Freiheit, und diejenigen auf der Flotille haben ein Recht, so zu handeln, um dies zu erreichen. Israel sollte ihnen erlauben, zu demonstrieren.

Ein ganzer Staat steht Kopf

Aber man schaue sich an, wie Israel handelt. Die Flotille wurde sofort von jedem als eine Sicherheitsbedrohung beschrieben; ihre Aktivisten wurden als Feinde angesehen. Und die lächerlichen Vermutungen, die Offizielle der Verteidigung machten und die von der Presse eifrig übernommen wurden. Wir haben noch die Kampagne der Dämonisierung der letzten Flotilla im Ohr, in der neun türkische Bürger grundlos getötet wurden, und schon hat die neue Kampagne begonnen. Man hört die üblichen Wörter : Gefahr, chemische Substanzen, Kampf von Mann zu Mann, Muslime, Türken, Araber, Terroristen und womöglich auch Selbstmordattentäter. Blut und Feuer und Rauchwolken!

Die unvermeidliche Schlussfolgerung ist, dass es nur einen Weg gibt, gegen die Passagiere an Bord der Flotille zu handeln: durch Gewalt, und nur durch Gewalt, da es eine Sicherheitsbedrohung ist. Es ist ein immer wieder kehrendes Muster: zuerst Dämonisierung, dann Legitimierung (mit Gewalt vorzugehen). Man erinnere sich nur an die Geschichten über die raffinierten iranischen Waffen, die durch die Waffenschmuggeltunnel in Gaza gekommen sein sollen oder daran, dass der Gazastreifen voll versteckter Bomben sei? Dann kam Operation Cast Lead (08/09), und die Soldaten fanden nichts dergleichen.

Die Haltung gegenüber der Flotilla ist eine Fortsetzung desselben Benehmens. Die Kampagne mit Angst machender Taktik und Dämonisierung, zusammen mit heftiger Rhetorik ist inzwischen von der ganzen Öffentlichkeit übernommen worden. Denn was sollen Israelis denken, wenn sie mit gruseligen Geschichten über die Flotilla gefüttert werden, wenn nicht an die Anwendung von Gewalt. Diese Aktivisten wollen die IDF-Soldaten töten, wir werden uns erheben und sie zuerst töten.

Und nun die Politiker, die Generäle und die Kommentatoren sind im Wettstreit mit einander: wer kann die erschreckendste Beschreibung der Flotilla liefern, wer kann die Öffentlichkeit am meisten erzürnen, wer kann die Soldaten, die uns retten, am meisten loben und wer kann die aufgeblasenste Rhetorik bringen, wie man sie vor einem Krieg erwartet. Ein bedeutsamer Kommentator, Dan Margalit, brachte schon Poesie in seine Zeitungskolumne: „Gesegnet sind die Hände,“ und meinte die Hände, die eines der Schiffe sabotierte und fahrunfähig machte. Das ist noch eine gewalttätige und illegale Aktion, die hier unmittelbaren Applaus hervorbringt, ohne dass jemand fragt: mit welchem Recht?

Diese Flotilla wird nicht durchkommen. Der Ministerpräsident und der Verteidigungsminister haben uns dies versprochen. Noch einmal wird uns Israel ihnen, den Aktivisten, zeigen, wer hier das Sagen hat – wer der Stärkste ist und wer die Verantwortung in der Luft, auf dem Land und zur See hat. Die „Lektionen“ der letzten Flotilla sind gut gelernt worden – nicht aber die Lektionen des sinnlosen Tötens oder der gewalttätigen und unnötigen Übernahme des Schiffes, aber der Demütigung des israelischen Militärs.

Aber die Wahrheit ist: die wirkliche Demütigung liegt in der Tatsache, dass Marinekommandos eingesetzt wurden, um die Schiffe abzufangen. Und das ist etwas, das uns alle betrifft: wie wir zu einer Gesellschaft geworden sind, deren Sprache Gewalt wurde, ein Land, das versucht, fast alles mit Gewalt und nur mit Gewalt zu lösen.

Gideon Levy, arbeitet für die Tageszeitung Ha’aretz unter anderem als Chefredakteur der Wochenendbeilage. Übersetzt wurde der Artikel von Ellen Rohlfs.

14 Kommentare

  1. Gunnar Bluhm: Es ist Sache der israelischen Bürger zu entscheiden, wie die Politik ihres Landes geführt werden soll. Jede Kritik an Netanjahu, die vom Ausland kommt nützt ihm nur.

  2. Sehr geehrter Herr Pfeifer,

    ich bin ja grundsätzlich Ihrer Meinung, nur dass ich eher Kadima als dem Likud vertraue. Israel ist in der stärkeren Position, Israel ist eine Demokratie, Israel muss die Initiative ergreifen. B. Netanyahu taktiert nur.

    Freundliche Grüße, Shalom

    G. Bluhm

  3. Gunnar Bluhm. natürlich gibt es genug Grund in Israel Kritik zu üben. Und die israelischen Medien – auch die staatlich-elektronischen  – sind auch voll mit Kritik. Was ich beanstande ist, dieses herauspicken von Israel, diese völlig unsinnigen Behauptungenj, Israel wäre ein faschistischer Staat oder es herrschte dort Apartheid.
    Der Standpunkt von Uri Avnery, Israel würde zuwenig die palästinensische Narrative achten ist meiner  Meinung nach Kern seines Irrtums. Denn die palästinensische Narrative hat wenig mit der wirklichen Geschichte zu tun. Das Kernproblem ist nicht die Achtung einer Narrative, sondern die Fähigkeit einer Führung Kompromisse zu schliessen. Israels Führung hat bewiesen, dass sie dazu fähig und willig ist. Die palästinensische Führung glaubt nicht auf das „Recht auf Rückkehr“ verzichten können. Sie kann auch keinen Frieden und keine Ruhe garantieren, solange sie mit Hamas sich einigt. Denn Hamas will keinen Frieden.
    Und so wie es keine zwei Narrativen über den Zweiten Weltkrieg, eine nazistische und eine alliierte geben kann, so darf es auch keine zwei Narrativen über die Entstehung des Staates Israel und die Politik der palästinensischen Führung geben.
    Während die israelische Historiographie – auch dank der „Neuen Historiker“ – Abschied von altbackenen Mythen genommen hat, werden diese geradezu gepflegt von der pal. Führung. Man ist im Nahen Osten noch Lichtjahre von einer Lage entfernt, die nach 1945 zwischen Frankreich und Deutschland, bzw nach 1989 zwischen Polen und Deutschland herrschte.
    Die Ursache, warum in Israel Linke immer schwächer und schwächer werden liegt in der Erkenntnis der Bevölkerung. Diese wird ja informiert über die Meinungen der Nachbarn und so kommt wenig Vertrauen zustande. Darum bevorzugen die meisten Israelis den status quo, denn dieser garantiert bislang mehr oder weniger, dass keine Terroristen ins Land kommen. Hier auf Hagalil, hat die unmögliche Jane, die israelische Führung „kritisiert“ weil diese nicht auf das saudische Friedensangebot eingeht. Auf meine einfache Frage, wieso diese keinen innerarabischen Frieden garantieren können, z.B. in Syrien, wieso diese nicht die Pogrome gegen die Kopten in Ägypten und den furchtbaren Bruderkrieg in Darfur stoppen können erhielt ich von ihr keine Antwort.
     
     
     
     

  4. Wie Seriös ist der  UNO Menschrechtsrat und kann sich die Freie Welt auf das Unabhängige Urteil wirklichen verlassen?

    Das ist ein Paradebeispiel für den Antijüdischen Charakter des UNO Menschrat,
     
    „Der Sonderberichterstatter für die Rechte der Palästinenser des UNO-Menschenrechtsrats,Richard Falk, hat eine „Entschuldigung“ wegen der Veröffentlichung einer antisemitischen Karikatur veröffentlicht; diese auf seiner Internetseite eingestellte Karikatur zeigte einen Hund, der eine Kippa trug“ (s. unten).

    „Die Entschuldigung ist jedoch genauso beleidigend, da sie sich gleichermaßen sowohl an Juden wie an Tiere richtet, als seien beide durch den Vergleich mit dem andern beleidigt worden.“

    „Die Karikatur erschien auf Falks Blog als Illustration zu einem Eintrag, den er zur angeblichen antiarabischen und proisraelischen Heuchelei der USA und des Internationalen Kriminalgerichtshofs einstellte. Sie zeigt Justitia, die einen Hund Gassi führt. Der Hund trägt ein Hemd mit dem Schriftzug „USA“ und auf dem Kopf eine jüdische Kippa. Er verschlingt einen Haufen blutiger, menschlicher Knochen, während er auf den Fuß der Justitia auf den Fuß pinkelt.“

    „Nachdem er zuerst leugnete, dass er die Karikatur überhaupt einstellte, entfernte Falk ihn von seinem Blog. Er gab diese „Entschuldigung“ aus:“

    „Ich entschuldige mich, ich erkenne, dass die Karikatur … starke antisemitische Symbolik beinhaltet, die ich nicht entdeckte, bevor sie mir gezeigt wurde…
    Trotz meiner starken Kritik an der israelischen Politik und einiger Varianten der zionistischen Unterstützung war es nie meine Absicht Juden als Volk in irgendeiner Weise zu erniedrigen…
    Darüber hinaus müssen wir, wenn wir eine nachhaltige Zukunft der Menschheit haben wollen, auch mit der Natur Frieden schließen und die Tiere mit so viel Respekt behandeln wie möglich…
    Gleichzeitig ist mir bewusst, dass viele der Botschaften davon motiviert waren mich wegen meiner Ansichten zur Politik und Verhalten Israels zu diskreditieren.“

    „Die Karikatur wurde letzte Woche von UN Watch entdeckt; die NGO forderte von UNO-Menschenrechtskomissarin Navi Pillay sich dazu öffentlich zu erklären.“

    https://www.kintera.com/accounttempfiles/account21259/images/falktoday.jpg

    „Falk reagierte am selben Tag damit, dass er sagte: „Das ist eine komplette Lüge. Ich weiß nichts von einer solchen Karikatur und würde so etwas nie veröffentlichen, niemals.“ Später am selben Tag löschte er die Karikatur. Er erklärte: „Vielleicht verstehe ich die Karikatur nicht und falls sie auf diese Weise beleidigt, habe ich sie vom Blog entfernt. Sie mag in einer Art von schlechtem Geschmack sein, die ich vorher nicht wahrnahm, aber ich erkannte natürlich nicht, dass sie als antisemitisch betrachtet werden würde und erkenne das weiterhin nicht.“

    „In einem weiteren Eintrag kommentierte er am Mittwoch: „Ich nahm keinerlei rassistische Konnotation wahr und sicherlich keine antisemitischen Implikationen; und da sie Leute beleidigt, habe ich sich entfernt ohne zu verstehen, warum.“ Er machte auch noch sein unvollkommenes Sehvermögen – im Alter von 80 Jahren – dafür verantwortlich, dass er dachte die mit einem Davidstern versehene Kippa des Hundes sei ein Helm.“

    „Die Kongressabgeordnete Ileana Ros-Lehtinen, Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses, brandmarkte Falks Karikatur im US-Kongress.“

    Der Ablauf des Skandals, wie er von UN Watch aufgezeichnet wurde:
    – 06.07.2011, 23:31: Before he deleted it: Richard Falk’s anti-Semitic cartoon
    – 06.07.2011, 23:52: Timeline: Falk’s reaction
    – 07.07.2011, 01:01: UN’s Falk denies posting anti-Semitic cartoon, then deletes it
    – 07.07.2011, 14:36: After Jewish dog cartoon, UN’s Richard Falk apologizes — to Jews, and animals
    – 08.07.2011, 08:57: Washington endorses UN Watch’s call to fire Richard Falk
     
    Gil Ronen, Arutz Sheva, 10. Juli 2011, Ãœbersetzung: Heplev

  5. Lieber Herr Bluhm,
    danke für Ihre vereinzelten, besonnenen Kommentare, von denen ich nun einige gelesen haben. Ein wirkliches Diskussionsniveau! Ein Brückenbau. Friedens- und Versöhnungsarbeit im eigentlichen Sinne. Weiter so!

    • Danke !!! Danke, Uri Degania, ich / wir geben die Hoffnung nicht auf. Ohne Kompromissbereitschaft, ohne Dialog geht es nicht. Palästina ist zu klein für Konfrontation und Krieg, ja selbst die Welt ist zu klein für Konfrontation und Krieg. Hinter mir im Regal steht – ganz oben – die Torah in der Ãœbersetzung von M. Mendelssohn. Er nannte sie das „Buch der Friedenspfade“. Ich bitte jeden, der hier einen Text veröffentlicht, sich daran zu erinnern. Die Torah, sie ist das „Buch der Friedenspfade“. Wir sind ihr verpflichtet. Grausame Realität hin oder her,

      Shalom !!!

      G. Bluhm

  6. Jane ist ganz begeistert von Mahatma Gandhi. Kein Wunder. Er empfahl den Juden in Deutschland kollektiven Selbstmord zu begehen. Martin Buber antwortete:
    http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/History/buber1.html
    Im Internet fand ich diese Reaktion auf diese Gandhiverehrung:
    Nicht nur das: Orwell hat auch erkannt, dass Banden wie den Nazis, denen der Tod Selbstzweck ist, nicht mit Gewaltverzicht beizukommen ist. Im Einflussgebiet selbst mag das durchaus der Fall sein – den Nationalsozialismus hätte es ohne das Mitmachen der Deutschen nicht geben können. Fakt ist aber: Eine pazifistische Mehrheit fand sich in Deutschland nicht. Deshalb war objektiv pro-nazistisch, wer einen Krieg gegen Nazideutschland ablehnte. Die Nazis wären nicht freiwillig abgetreten und sie hätten sich nicht durch Sitzblockaden der Roten Armee aufhalten lassen. Wie viel den Nazis die Bevölkerung der von ihnen eroberten Gebiete wert war, hat man an der Situation der Polen und Russen deutlich genug gesehen, was die Wirksamkeit von zivilem Ungehorsam, na ja, leicht beeinträchtigte. Ob man in den Lagern arbeitete oder nicht, konnte man sich auch nicht aussuchen. Deshalb nannte sich das ja auch Zwangsarbeit. Stark, nicht wahr?

    Gandhi hatte schlichtweg das Glück, mit Großbritannien einen Gegner zu haben, der gewisse zivilisatorische Standards einzuhalten bereit war. Nichts weiter. Sieht man ja auch an seinen verzweifelten Versuchen, den Massenmord an den Juden in sein dogmatisches Schema zu pressen: Kollektiver Selbstmord, weil ihr sterbt sowieso und dann habt ihr wenigstens ein Zeichen gesetzt und wenn ihr das freiwillig macht, dann ist das Sterben eh ein Hochgenuss, denn wozu gibt’s das Jenseits. Gandhis Methoden funktionieren nur im Umgang mit liberalen Demokratien (siehe auch Martin Luther King). Weil die Welt aber scheiße ist, hat man es bisweilen auch mit Gegnern ganz anderen Kalibers zu tun.

    Mir geht die unkritische Gandhiverehrung, die vor allem in jenen Ländern, die sie sich leisten können, vorherrscht, einfach auf den Keks…
    http://forum.ars-regendi.com/printthread.php?tid=807

  7. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Beiträge wie den von H. Levy oder wie den von H. Avnery lese. Israelische Bürger, die kritisch Ihren Staat sowie die amtierende Regierung betrachten. Wenn ich diese Beiträge lese, dann weiß ich, wieso ich mich für den Staat Israel engagiere, wieso mich das mit Stolz erfüllt.
    Nein, ich teile nicht die Auffassung von H. Levy und auch die letzten Äußerungen des großartigen Schriftstellers U. Avnery kann ich nicht teilen. Die Motivation von jedem einzelnen der pro – palästinensischen Aktivisten kann icht nicht kennen. Aber ob es sich um Naivität oder aber um Hass auf den Staat Israel handelt – ich kann beides nicht akzeptieren. Ich kann hingegen akzeptieren, dass die amtierende israelische Regierung – nach der Gewalt von 2010 – versucht, die Aktivisten fernzuhalten. Das sieht nicht gut aus, eine andere Möglichkeit fällt mir aber auch nicht ein. Nein, H. Avnery, ich bin mir sicher, dass die Aktivisten nicht bloß Olivenbäume auf der Westbank pflanzen wollen.
    Wie gesagt, ich bin stolz, dass es in Israel, trotz mehrerer Kriege, trotz Terror, zahlreiche kritische Geister gibt. Ich wäre aber glücklich und zufrieden, wenn es auf arabischer, auf palästinensischer Seite ebenfalls zahlreiche selbstkritische Geister gäbe, die sich, so wie Sie, H. Avnery, so wie Sie, H. Levy für die Palästinenser, für den Staat Israel einsetzten. Ich kann aber keine erkennen. Auf arabischer, auf palästinensischer Seite erkenne ich nur Selbstmitleid und Hass. Hass auf den Staat Israel, Hass auf die „westliche Demokratie“. Nein, für solche Menschen kann und will ich mich nicht engagieren, solchen Menschen traue ich nicht; ich verstehe jeden Staat und jede Regierung, die mit solchen Menschen keine Verträge schließen will.

    Fanatiker verfolgen stets nur das eine Ziel, das sie sich gesetzt haben. Sie lassen sich davon auch durch Verträge oder durch Zugeständnisse nicht abbringen.

    Freundliche Grüße

  8. Richtig, Jane, man sieht ja in Syrien wie nett die Machthaber mit ihrer eigenen Bevölkerung umgehen. Im Iran kann man beobachten, wie Muslime mit Muslimen umgehen. Und in Deutschland kann man beobachten, wie gewisse „Friedenskämpfer“ den Antisemitismus rechtfertigen:
     
    BgA: Strutynski rechtfertigt antisemitische Ausschreitungen 08.07.11
     Kassel (ms) – Das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel (BgA) hat dem Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski, vorgeworfen, er unterstütze kämpferische Aktionen gegen Israel und habe antisemitische Ausschreitungen in Deutschland gerechtfertigt. Das sagte BgA-Sprecher Jonas Dörge bei einem Pressegespräch der Initiative anlässlich der geplanten zweiten Gaza-Flottille.
     
    Dem Kasseler Politikwissenschaftler wirft Dörge vor, er verwende zwar eine “Rhetorik des Friedens”, richte sich aber in Wirklichkeit kämpferisch gegen den Staat Israel als jüdischen Staat. So unterstütze Strutynski die Neuauflage der Gaza-Flottille und damit die Zusammenarbeit mit Organisationen, die mit der
     palästinensischen Hamas, einer antisemitischen Terrororganisation, verbunden seien.
     “Frieden nur mit Israel als jüdischem Staat”
     “Wer an Frieden im Nahen Osten ernsthaft interessiert ist, der muss Israel als jüdischen Staat akzeptieren”, sagte Dörge am Donnerstagabend. Die Unterstützung von Teilen der Friedensbewegung für die Gaza-Flottille und antisemitische Organisationen wie die Hamas sei daher “scheinheilig”, weil sie eine friedliche Lösung eher verbaue.
     Der vom BgA ebenfalls zum Pressegespräch gebetene Vertreter des “http://www.mideastfreedomforum.org/” Mideast Freedom Forums Berlin (MFFB), Jonathan Weckerle, warf Organisatoren und Unterstützern der zweiten Gaza-Flottille vor, die Öffentlichkeit über den Charakter der Aktion bewusst zu täuschen. “Bei der ersten Flottille kann es sein, dass nicht allen klar war, dass man sich mit Hamas-nahen antisemitischen Organisationen einlässt”, sagte Weckerle. Mittlerweile sei aber bekannt, dass die vermeintliche humanitäre Mission in Wirklichkeit einen antisemitischen Charakter habe, “weil die Existenz eines jüdischen Staates abgelehnt wird”.
     “Strutynski rechtfertigt antisemitische Ausschreitungen”
     Das BgA wirft Peter Strutynski zudem vor, er habe in einem “http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/%3Cspan%20class=%27highlight%27%3EGaza%3C/span%3E/strutynski2.html” rel=” Artikel in der linken Tageszeitung “Junge Welt” antisemitische Ausschreitungen in Deutschland gerechtfertigt. Strutynski bezeichnet in dem Artikel “gelegentliche Hassäußerungen” von Palästinensern oder Türken während der Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg zum Jahreswechsel 2009 als “verständlich”. Tatsächlich habe es im Rahmen der Friedensdemonstrationen in mehreren deutschen Städten antisemitische Äußerungen und vereinzelt auch Ausschreitungen gegeben, sagte Dörge. Im Januar 2009 hatten Demonstranten in Kassel unter den Augen von Strutynski einen proisraelischen Stand angegriffen und zerstört.
    http://www.nordhessische.de/news.php?id=1897&c=2&h=gaza
     
     
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  9. “und vergesst nicht, auch die Faust war einmal eine offene Hand“

    Was die Palästinenser anbetrifft – nicht wirklich auch wenn es natürlich Zionisten gab, die hofften und wünschten, man könne einen jüdischen NationalStaat friedlich in Palästina errichten. Man kann nich friedlich ein Land okkupieren, seinen eigenen Nationalstaat darauf gründen, ohne dies gegen den Widerstand der einheimischen Bevölkerung zu tun und ‚die offene Hand‘ würde von denselben sicherlich in einem ganz anderen Kontext beschrieben.

    In Die eiserne Wand räumt Jabotinsky drastisch mit der frommen Legende auf, die Araber könnten durch nette Gesten dazu bewegt werden, die jüdische Einwanderung ins britische Mandatsgebiet Palästina gutzuheißen oder auch nur zu tolerieren. Alle Ureinwohner, schreibt er, hätten sich gegen fremde Eindringlinge immer mit äußerster Brutalität zur Wehr gesetzt –ganz unabhängig davon, ob diese Ureinwohner barbarisch oder zivilisiert gewesen seien, unabhängig auch davon, ob die Eindringlinge selbst sanft oder rücksichtslos vorgegangen seien. „Jedes Eingeborenenvolk … betrachtet sein Land als sein Nationalheim, dessen vollständiger Herr es immer sein wird. Freiwillig wird es nicht nur keinen anderen Herrn, sondern auch keinen neuen Partner dulden, und das gilt auch für die Araber. Die Kompromissbefürworter unter uns versuchen uns zu überzeugen, die Araber seien Narren, die sich durch eine sanftere Formulierung unserer Ziele hinters Licht führen lassen, oder aber ein Stamm von Geldraffern, die ihr Geburtsrecht an Palästina für kulturelle oder wirtschaftliche Gewinne aufgeben werden. Ich weise diese Einschätzung der palästinensischen Araber rundheraus zurück.
     
    ….Die zionistische Kolonisierung muss – sogar in der eingeschränktesten Form – entweder eingestellt oder gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung durchgeführt werden. Diese Kolonisierung kann darum nur unter dem Schutz einer Kraft fortgesetzt und weiterentwickelt werden, die sich über den Willen der einheimischen Bevölkerung wegsetzt: einer eisernen Wand, die die einheimische Bevölkerung nicht durchbrechen kann.“

    http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/1800

    Wenn Ehud Barak Palästinenser wäre…

    I just wanted to know how a person like Barak, who has spent most of his life in the army, fighting Palestinians and killing more than a few of them, saw the world from their point of view.

    I wanted him to put himself for a minute in the shoes of those who have lived all their life under the crushing boot of the occupation, who have no reason to get up in the morning apart from their despair, and who long to be a free people in their own country.

    As Barak knows full well, even wars are planned using this kind of simulation, an exercise that provides the best means of understanding the other side’s behavior. So I asked Barak my question and Barak replied straightforwardly, „I would have joined a terrorist organization.“

    http://test.hagalil.com/99/05/barak-0.htm

    Und Mahatma Gandhi:
    (in „Vom Gestern zum Morgen“. Zeitgeschichtliche Schriftenreihe. Band 4. 1961 / Erschienen beim NER-Tamid-Verlag; München.)

    ….Palästina gehört den Arabern, so wie England den Engländern, Frankreich den Franzosen gehört. Es ist falsch und unmenschlich, die Juden den Arabern aufzuzwingen.
    Was heute in Palästina vorgeht, lässt sich durch kein Moralgesetz rechtfertigen. Die Mandate beruhen lediglich auf dem letzten Krieg. Es wäre sicher ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die stolzen Araber zu erniedrigen, so dass Palästina den Juden ganz oder teilweise als ihre nationale Heimatstätte wiedergegeben werden könnte.
    Es wäre edler, auf einer gerechten Behandlung der Juden zu bestehen, wo immer sie geboren und erzogen wurden. Die Juden, die in Frankreich geboren sind, sind genau so Franzosen, wie die Christen, die in Frankreich geboren sind.
    Würden sich die Juden, wenn es keine andere Heimat als Palästina haben, mit dem Gedanken befreunden, dass sie gezwungen sind, die übrigen Teile der Welt, in denen sie sich niedergelassen haben, zu verlassen? Oder wollen sie eine doppelte Heimat, wo sie nach belieben bleiben können?

    Dieser Ruf nach der nationalen Heimatstätte liefert eine raffiniert vorgetäuschte Rechtfertigung für die deutsche Judenvertreibung.  (…) Ich habe keine Zweifel, dass die Juden in Palästina sich auf dem falschen Weg befinden. Das Palästina der Bibel ist kein geographisches Gebiet. Es liegt in ihren Herzen.

    Aber wenn sie das geographische Palästina als ihre nationale Heimatstätte ansehen müssen, ist es falsch, es im Schatten der britischen Geschütze zu betreten. Eine religiöse Tat kann nicht mit Hilfe von Bajonetten und Bomben ausgeführt werden. Sie können sich in Palästina nur mit Zustimmung der Araber niederlassen. Sie sollten versuchen, die Herzen der Araber zu bekehren. Derselbe Gott, der die Herzen der Juden beherrscht, herrscht auch über die Herzen der Araber.  (…)

    Es gibt Hunderte von Möglichkeiten, mit den Arabern zu verhandeln, wenn sie nur auf die Hilfe der Bajonetten verzichten. Solange das nicht geschieht, sind sie Spiessgesellen der Briten bei der Ausplünderung eines Volkes, das ihnen nichts Übles angetan hat.

  10.  

    „Erinnert euch, auch das Hinausziehen in die schrecklichen Kämpfe
    Führt immer an Gärten und Fenstern vorbei
    An spielenden Kindern und an einem bellenden Hund.

    Erinnert die fallende Frucht
    Die Blätter und den Zweig,
    Erinnert die harten Dornen
    Die im Frühling zart und grün waren,
    Erinnert euch – und vergesst nicht,
    auch die Faust war einmal eine offene Hand.“
     
    Aus Jehuda Amichais Gedichtband „Zeit“




     
     
     

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