Warum haben die Österreicher nicht eingegriffen

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Österreichische Soldaten dienen auf den Golanhöhen als Beobachter im Rahmen der United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF). Seit Mai 1974 haben sie erfolgreich dafür gesorgt, dass es so gut wie keine Zwischenfälle entlang der Grenzzone zwischen Syrien und Israel gibt. Die UNO-Friedenshüter erhielten 1988 sogar den Friedens-Nobelpreis. Doch seit dem 15. Mai kam es im Gebiet unter der Kontrolle der österreichischen UNDOF Truppen, dem AusBatt, zu blutigen Unruhen mit Toten und Verletzten…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 7. Juni 2011

Verteidigungsminister Norbert Darabos bestätigte gemäß Medienberichten, dass österreichische Soldaten nicht in die blutigen Auseinandersetzungen zwischen israelischen Truppen und palästinensischen Demonstranten auf dem Golan involviert waren. Obgleich palästinensische Flüchtlinge, offenbar mit Duldung der syrischen Armee, in das von der UNO kontrollierte Gebiet eindrangen und die israelischen Grenzlinien stürmten, haben die Soldaten des Ausbatt offenbar zurückgezogen und untätig aus der Ferne zugeschaut. „Unsere Soldaten sind wohlauf“, berichtete Darabos nach einem Telefongespräch mit dem Kontingentskommandanten und Stabschef der UNO-Mission UNDOF, Oberst Martin Dorfer.

Israelische Reporter versuchten erfolglos herauszufinden, wieso die österreichischen UNO-Beobachter wie vom Erdboden verschluckt waren, anstatt die blutigen Grenzzwischenfälle zu verhindern. Der israelische Militärsprecher verweigerte jeglichen Kommentar zur Rolle der UNO während der blutigen Vorfälle.

Allein UNO-Soldaten dürfen in der „Weapons Hold Line“ (WHL) leichte Schusswaffen zur Selbstverteidigung tragen und sorgen in „normalen Zeiten“ dafür, dass weder Hirten noch Schmuggler die Linien versehentlich oder absichtlich überschreiten. Das ist der Grund, weshalb ausgerechnet diese Grenze zwischen Erzfeinden die ruhigste aller Grenzen Israels ist. Weder Syrien noch Israel wollen in einen direkten Krieg gezogen werden. Deshalb funktioniert dieses Grenz-Kontrollregime seit fast 40 Jahren bestens, sogar als 1982 die syrische und israelische Armee in und über Libanon heftige Panzerschlachten und Luftkämpfe lieferten. Auf den Golanhöhen blieb alles ruhig.

Seit dem „Nakba-Tag“ am 15. Mai änderte die syrische Regierung ihre Politik, indem sie Zivilisten vorschickte, offenbar in der Annahme, dass „friedliche Demonstrationen unbewaffneter Zivilisten“ legitim seien. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach jedoch von einer „Verletzung der israelischen Souveränität“. Soldaten erhielten die Anweisung, das mit „Zurückhaltung und Bestimmtheit zu verhindern“.

1250 UNDOF-Soldaten aus verschiedenen Ländern überwachen eine von Norden nach Süden 80 Kilometer lange und 300 Meter bis 15 Kilometer breite Zone zwischen der Alpha-Seite (Israel) und der Beta-Seite (Syrien). Nur syrische Zivilisten haben ansonsten Zutritt zu dieser Zone, sowie syrische Polizisten, zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, aber keine Soldaten. Beiderseits der waffenlosen Zone unter UNDOF-Aufsicht gibt es genau abgesteckte Bezirke, in denen Syrien und Israel eine festgelegte limitierte Militärpräsenz haben dürfen. Im Zwei-Wochen-Rythmus prüfen UNO-Beobachter, ob sich beide Seiten an die Abkommen halten. Jahrzehntelang gab es kaum Beschwerden.

Ständige Grenzverletzungen verüben jedoch syrische Hirten mit ihren Schafsherden. Die laben sich mit Vorliebe am üppigen Graswuchs zwischen einem „technischen Zaun“ auf der israelischen Seite und der Demarkationslinie der UNO-Zone. Israelische Soldaten erschießen ohne Warnung die Schafe, „weil sie ein Eindringen von Terroristen in jeglicher Verkleidung“ befürchten. Die Hirten werden von der EGG, der „Ein-Greif-Gruppe“ der UNO, verscheucht.

Schon seit 1967 gibt es einmal im Monat einen zivilen Aufmarsch auf dem „Hügel der Schreie“ auf der syrischen Seite. Hunderte Syrer, meist Drusen, kommen, um per Megaphon ihren Angehörigen auf einem Hügel auf der israelischen Seite die neuesten Familiennachrichten zuzurufen: Geburten, Hochzeiten und ähnliches. Syrische Soldaten wachten über den Zugang zu dem „Hügel der Schreie“ und israelische Soldaten waren beim israelischen Hügel präsent. Die Ein-Greif-Gruppe der UNO fuhr mit Lastwagen vor, verlegte Stacheldraht und sorgte auf dem „Hügel der Schreie“ für Ordnung. Aber niemals zuvor liefen die Hunderten Menschen von dem Hügel in Richtung israelische Grenze. Den UNDOF Soldaten bleib keine Wahl, als dem Geschehen tatenlos zuzuschauen und ihrem Hauptquartier, der UNO in New York, einen Report zu schicken.

Die UNDOF wurde geschaffen, um die partielle Entmilitarisierung der syrischen und israelischen Grenzzonen zu überwachen. So verhindert sie einen direkten militärischen Konflikt. Sollte es dennoch zu einem Krieg kommen, gilt für die UNDOF-Soldaten der stehende Befehl: „Rückzug in Richtung Türkei.“ Da nur leicht bewaffnet, könnten sich die Blauhelme den feindlichen Armee ohnehin nicht entgegenstellen.

Im UNO-Mandat ist ein organisierter Sturm von Zivilisten auf die Grenze nicht vorgesehen. Deshalb haben sich die UNDOF Soldaten offenbar in ihre Stellungen zurückgezogen und „unsichtbar“ gemacht. „Ziviler Ungehorsam“, wie es ein syrischer Demonstrant nannte, oder eine massenhafte Grenzverletzung durch Zivilisten war 1974, bei der Entstehung der UNDOF, noch unvorstellbar. Deshalb gibt es auch kein Völkerrecht, wie sich ein derart „angegriffener“ Staat zu verhalten hat. Bestehendes Kriegsrecht verbietet es, auf unbewaffnete, am Kriegsgeschehen „unbeteiligte“ Zivilisten zu schießen. Andererseits kann von keinem Staat erwartet werden, tatenlos zuzuschauen, wenn Tausende und demnächst vielleicht Hunderttausende oder gar Millionen Palästinenser den Aufrufen folgen und mit einer „zivilen Invasion“ den Staat Israel „zurückzuerobern“. Die syrische Regierungszeitung Tischrin warnte am Dienstag: „Israel sollte nicht überrascht sein, wenn 600.000 Syrer auf Israels Grenze zumarschieren, um in ihre Häuser und Dörfer zurückzukehren.“

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

3 Kommentare

  1. Soweit ich gelesen habe, hat sich die Türkei entschieden gegen das Töten von Demonstranten in Syrien ausgesprochen. Die Türkei ist ein weltoffener, moderner, demokratischer Staat und ist einer Militärherrschaft abgeneigt. Noch dazu ist in Syrien offenbar wieder mal eine Nachwehe des berühmten Feldmarschalls Rommel entflammt. Dieser Rommel. War wirklich eine Katastrophe für die ganze Region. Als aufgeklärter Mensch habe ich den Anspruch, die Menschenrechte weiter zu befördern und bin nun froh, dass sich Rommel aus den meißten Regionen verziehen musste, während man hier in Stuttgart noch immer ein Loblied auf ihn singt. Als Kind spielte ich oft im Sandkasten, in der dritten Klasse hatte ich Mengenlehre, schon als Kind empfand ich dieses Spiel als geradezu lächerlich, heute 40 Jahre später, ist die Welt noch immer ein Sandkasten, was man als Tatsache akzeptieren muss, doch geistig kann man sich darüber hinwegsetzen. Wenn man also, sagen wir mal, drei Mengen haben, grün, rot, blau, und sie sind im Konflikt miteinander, brauch man bloß ein hirarchisch übergeordnetes Grenzgebilde darüberstülpen, so funktioniert gerade Europa. Demokratie ist ein ideales Gebilde hierzu. Es ist ein Fakt, dass es in den entwickelten Demokratien absolut keine Auseinandersetzung zwischen den Ländern gibt, zwar wirtschaftliche Konkurenz, doch keinen einzigen Krieg. Daher braucht jetzt der gesamte Nahe Osten, ganz Afrika, am Besten die ganze Welt Demokratie, und schwups, der Frieden ist da. Anscheinend entwickelt sich das gerade, also sollte man dem syrischen Volk unbedingt helfen, Assad zu stürzen und auch die iranische Bevölkerung endlich befreien.

  2. Die Türkei hat doch verlauten lassen das sie nicht auf Glaubensbrüder schiesst.Und obwohl die Türken doch einer der grössten Armeen haben halten sie sich überall zurück.So wars in Jugoslavien,im Irak,in Afghanistan etc.

  3. Wie wäre es denn, eine Türkisch, Israelische Eingreiftruppe für Syrien zu organisieren. Syrien will auch Demokratie und Menschenrechte. Der alte antisemitische Assad wäre entmachtet, ein weiteres Puzzle Stück des von „Rommel“ initiiertem Nahostkonflikt wäre entmachtet. Ahmadineschad, Hamas, Hisbollah sind auch Gewaltherscher und werden sicherlich entmachtet. Das palästinensische Volk hat auch keine Lust mehr auf Gewaltherrschaft, und Israel will doch auch endlich mal abrüsten und Leben, oder ?

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