Der Krieg im Kopf: Seelische Verletzungen bayerischer Soldaten

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Wenn bayerische Soldaten aus Krisengebieten zurückkommen, tragen sie ein Stück Krieg nach Bayern. Denn manchmal können sie nicht nahtlos an ihr altes Leben anknüpfen. Ihre Familien in Kaufbeuren oder Weiden erleben den Ehemann und Vater (oder die Ehefrau und Mutter) oft verändert, er oder sie ist ungeduldig, rastet schnell aus oder verschließt sich…

Die Rückkehrer leiden an Panikattacken, Schweißausbrüchen, Flash-Backs, Schlafstörungen oder Depressionen; manche Betroffene werden auch süchtig. Trotzdem merken viele erst sehr spät, dass sie unter der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTBS) leiden. Viele traumatisierte Soldaten trauen sich nicht, sich Hilfe zu holen. Schließlich arbeiten sie in einem Beruf, wo es auf Belastbarkeit und Funktionieren ankommt. Keiner will da als „Weichei“ dastehen. So kostet es weitere Kraft, die Fassade zu wahren.

Bei der Behandlung stellt sich dann heraus, dass die Männer beim Kriseneinsatz schlimme Erfahrungen machen mussten, die sie nicht alleine verarbeiten können: Sie wurden Opfer eines Anschlages in Afghanistan, verloren beim Einsatz einen Kameraden, haben Leichen oder Gewalt gesehen, litten darunter, das Leid und Elend der Bevölkerung vor Ort nicht ändern zu können – immer wieder auch bei gleichzeitiger Langeweile und Unterforderung -, oder sie hielten dem ständigen Stress nicht stand. Die Trennung von Heimat und Familie tat ein Übriges. Zu einer weiteren Verschärfung kann es kommen, wenn Soldaten aufgrund ihrer seelischen Erkrankung dienstunfähig und z.B. nicht als Berufssoldat übernommen werden. Dann fühlen sie sich oft entwertet, betrogen und von der Bundeswehr im Stich gelassen. Die Anzahl von seelisch traumatisierten Soldaten hat sich seit 2006 verdreifacht.

Für den Bayerischen Rundfunk berichtet Ulrich Trebbin (Zeit für Bayern – 22.04.2011), was die Betroffenen im Ausland erlebt haben, wie der Krieg im Kopf ihr Leben daheim verändert, wie ihre Familien und Freunde mit dem veränderten Menschen zurechtkommen, inwieweit Heilung möglich ist und wie sich die Soldaten ein neues Leben mit neuen Perspektiven aufbauen.

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1 Kommentar

  1. Ich bin zwar der Ansicht, dass Cannabis oder Drogen
    das Elend nur verlaengern.
    Manche wagen trockenen Entzug zuhause,
    dann kommt es den Symptomen
    oder eben doch Kurzurlaub in einer Klinik…
    was dabei herauskommt?
     

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