Dimensionen des Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft

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Pädagogische Interventionen – Theoretische Reflexionen, eine Tagung in Köln, Sonntag, 29. Mai 2011, 10:00 bis 18:00 Uhr…

Veranstaltungsort: Volkshochschule der Stadt Köln Forum Volkshochschule im Museum
Cäcilienstraße 29 – 33, 50667 Köln

„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung“ schrieb Theodor W. Adorno im Jahre 1966. Dieses Diktum war und ist ein Leitmotiv der historischen Bildungsarbeit, in der die Beschäftigung mit Nationalsozialismus, Vernichtungskrieg und Shoah eine zentrale Rolle spielt. Seit den 1990er Jahren ist das Lernen über die Shoah zudem ein fester Bestandteil des Schulunterrichts. Auseinandersetzungen über Antisemitismus und Antirassismus, Täter- und Opferdiskurse, Zivilcourage und das Recht auf Widerstand sind zentrale Themen auch in aktuellen demokratietheoretischen Debatten.

Diese veränderte Situation hat Konsequenzen für die wissenschaftliche und pädagogische Praxis und wirft Fragen auf: Wie kommt dieses historische Wissen bei Schüler/innen an, die einen sog. Migrationshintergrund haben? Welche Zugänge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts haben Jugendliche aus verschiedenen nationalen und kulturellen Hintergründen? Wie sind Studien zu bewerten, wonach muslimische Jugendliche eine signifikante Affinität für antisemitische Deutungsmuster aufweisen? Wie wichtig sind religiöse Identitäten im interkulturellen Klassenzimmer? Und welche Auswirkungen hat die Rezeption aktueller politischer Ereignisse wie beispielsweise die des Nahostkonflikts auf das Lernen über den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Shoah?  

Bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen sollen drei Schritte bedacht werden. Erstens ist es wichtig, das Verständnis des Begriffs „Antisemitismus“ zu klären. Zweitens soll eine sorgfältige Kontextualisierung des Zusammenhangs von Judenfeindschaft und interkulturellen Konstellationen in westlichen Einwanderungsländern erfolgen. Drittens ist Rassismus gegen Muslime als eigenständiges Phänomen ernst zu nehmen und auf die Verbindung zum Antisemitismus hin zu befragen. 

Ziel der Tagung ist es, einen Reflexionsraum anzubieten und eine sachliche Klarheit zu einem historisch und politisch zentralen, emotional besetzten und medial vielfach gespiegelten Thema zu erreichen. Die komplexen Zusammenhänge sollen wissenschaftlich betrachtet und auf die pädagogische Praxis bezogen präsentiert werden. Für die pädagogische Debatte gilt dabei: In modernen Einwanderungsgesellschaften existieren verschiedene Zugänge zur Erinnerung, die nicht in einem eindimensionalen Unterrichtskonzept von „Deutscher Geschichte“ aufgehen. Die Kölner Tagung soll den Blick dafür schärfen, dass die Zielgruppe des Schulunterrichts sich verändert und künftig diverse Bezüge und Kontexte das Thema „Antisemitismus in der politischen Bildungsarbeit“ prägen werden. Auch soll die spezifische Relevanz antisemtischer Diskurse in der Einwanderungsgesellschaft herausgearbeitet werden. 

Die Tagung soll nach dem Prinzip Einleitung, Vertiefung und Ausblick ablaufen. Auf den Podien und in den Workshops werden Pädagog(inn)en der Politischen Bildungsarbeit und Wissenschaftler/innen Perspektiven der Theorie und der Praxis vertreten. Das Eröffnungspodium dient der Einführung in die Problemstellung. Hier sollen Vertreter/innen aus Wissenschaft und pädagogischer Praxis Einschätzungen formulieren, die in den folgenden Workshops präzisiert werden. Letztere dienen der Erweiterung der Perspektive, die sich aus der Beschränkung auf den innerdeutschen Blickwinkel lösen und Erfahrungen aus den Nachbarländern reflektieren soll. Abschließend werden Konsequenzen für die politische Bildung zur Diskussion gestellt.

Die Veranstaltung wird für ein breites Publikum konzipiert. Neben den Angehörigen universitärer Berufe richtet sich die Tagung vorzugsweise an Studierende und Lehrende, Journalist/innen, Mitarbeiter öffentlicher Stellen und parteinahen/gewerkschaftlichen Institutionen sowie Multiplikatoren in der Bildungsarbeit (Lehrer/innen vor allem an weiterführende Schulen, Referent/innen in der Erwachsenenbildung, Sozialarbeiter/innen etc.)

I.                    Ablauf und Themen der Tagung

10-12.15 Uhr

            Eröffnungspodium

             „Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft: Theorie – Empirie – Praxis“

Grußwort: Regierungspräsidentin Gisela Walsken

Vorträge und Einschätzungen von:

  • Dr. Juliane Wetzel, Zentrum für Antisemitismusforschung Berlin
  • Professor Dr. Andreas Zick, Universität Bielefeld
  • Christian Brühl, Offenburg

Moderation: Dr. Marcus Meier (Köln)

13.15-14.45 

Workshop 1  Antisemitismus im globalisierten Klassenzimmer

(Die Workshops finden parallel zueinander statt)

A:       Günther Jikeli (Berlin/London)

            Zentrale Aspekte einer theoriegeleiteten Annäherung an den Antisemitismus

            Moderation: Patrick Fels

B:        Mehmet Can (Berlin)

            Erfahrungen im pädagogischen Feld

  Moderation: Hans-Peter Killguss

Kaffeepause

15.15-16.45

Workshop 2  Erfahrungen in westlichen Nachbarländern: Großbritannien und Frankreich

(Die Workshops finden parallel zueinander statt)

A:       Doerte Letzmann (London)  

Was ist Antisemitismus? Zum Verständnis von Judenfeindschaft in Großbritannien  

Moderation: Sandra Vacca, David Stoop

B:        Iannis Roder (Paris)

Die Schule der französischen Republik vor der Herausforderung durch Gruppeninteressen – Erinnerungsarbeit zur Shoah in den Pariser Banlieues  

 Moderation: Dr. Anne Klein, Übersetzung: Alban Werner

17.00  – 18:30 Uhr

Perspektiven und Konsequenzen für die schulische- und außerschulische Bildungsarbeit

Dr. Barbara Schäuble (Berlin)

„Wegen“, „aus“, „gegen“ oder „über“ Antisemitismus lernen? Begründungen und Formen einer Pädagogik in der Auseinandersetzung mit Antisemitismus.

 Prof. Dr. Astrid Messerschmidt (Karlsruhe)

            „Antisemitismuskritische Positionierung“

Moderation: Dr. Anne Klein

 

Dimensionen des Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft
Pädagogische Interventionen – Theoretische Reflexionen
http://www.koelnische-gesellschaft.de/
Tagung in Köln am Sonntag, 29. Mai 2011, 10.00 bis 18.30 Uhr
Anmeldung unter chrjuedzus@aol.com oder 0221 / 61 72 84
Kostenbeitrag (für Essen und Getränke): 10 EUR
Veranstaltungsort: Forum Volkshochschule im Museum, Cäcilienstraße 29-33, 50667 Köln