Zur Verurteilung von Katzav

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Ein großer Tag für Israels Demokratie oder eine Schande für den ganzen Staat. Die Urteilsverkündung gegen ex-Staatspräsident Mosche Katzav und das Strafmaß von sieben Jahren Gefängnis bezeugen, dass Israel ein Rechtsstaat ist, in dem weder Polizei noch Anwaltschaft zurückschrecken, sogar ein Staatsoberhaupt vor Gericht zu zerren und zur Verantwortung ziehen zu lassen…

Ein Kommentar von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 22. März 2011

Drei Richter hatten die schwere Aufgabe, sich nicht von dem medialen Hexentanz um Katzav beeinflussen zu lassen. Die Sensationspresse nutzte die Gelegenheit, viele Details seiner sexuellen Vergehen genüsslich auszuschlachten. Am Ende erhielt Katzav eine Haftstrafe, die dem Strafmaß anderer prominenter Sexualtäter entspricht, einem bekannten Schauspieler und einem hohen General.

In Israel ist jeder gleich vor dem Gesetz. Im Gefängnis wird Katzav alte Bekannte wiedertreffen, darunter den ehemaligen Finanzminister Abraham Hirschsohn.

Das Urteil hat auch Bedeutung für die Opfer. Die drei Richter, ein christlicher Araber und zwei Frauen, signalisierten den Frauen, ein Recht auf ihre Würde und ihren Körper zu haben.

Gleichzeitig ist die Verurteilung von Katzav auch ein Schandfleck für die ganze Gesellschaft. Natürlich ist selbst der Staatspräsident nur ein Mensch mit allen Schwächen. Doch muss man fragen, ob die Politiker nicht sorgfältiger prüfen sollten, wen sie aus ihren Reihen zu den wichtigsten Ämtern küren. Neben schon verurteilten Parteichefs wie Arieh Derri, einem Finanzminister und anderen Prominenten steht nach der Verurteilung des ehemaligen Staatspräsidenten demnächst auch ein Prozess gegen den ehemaligen Regierungschef Ehud Olmert wegen Korruption und persönlicher Bereicherung an. Unter Verdacht stehen auch der ehemalige Jerusalemer Bürgermeister Uri Lupoliansky und der derzeitige Außenminister Avigdor Lieberman. Solange deren Schuld von unabhängigen Richtern nachgewiesen werden kann, ist es rechtens, sie ins Gefängnis zu werfen. Gleichzeitig müssen die israelischen Justizorgane aufpassen, nicht selber zu einem politischen Instrument zu werden. Es droht Gefahr, Politiker mit Rechtsmitteln zu stürzen und nicht mit demokratischen Mitteln wegen ihrer Politik. Olmert musste sein Amt quittieren, was nach Neuwahlen Benjamin Netanjahu an die Macht brachte und die Friedensgespräche mit den Palästinensern stoppte. Mangels ordentlicher Anklage gilt Olmert bis heute als „unschuldig“.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com