Skandal um Galliano: Paradiesvogel unter Verdacht

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Das Quartier Marais ist, wenn man so will, ein Viertel, in dem besondere Menschen und menschliche Sonderlinge zu finden sind. Zum Beispiel Juden, Schwule und Lesben. Menschen wie du und ich, die auch in Paris der einen oder anderen Minderheit ingehören…

Etwa der ehrwürdigen religiösen Kultusgemeinschaft der Juden oder einer gar nicht so seltenen sexuellen Orientierung, die dennoch auch in Frankreich nicht zur Mehrheit zählt. Zu den Ausnahmeerscheinungen in Marais gehört auch John Galliano, 1960 als Juan Antonio Guillen in Gibralter geborener Brite. Er soll sich am Abend des 14. Februars, wie etliche Agenturen und Gazetten voneinander abschrieben, daneben benommen haben. Auf der Terrasse eines Restaurants, sagen die einen, in einer Bar, sagen sie anderen, soll der schrille und exquisite Modedesigner aus der Chefetage des Hauses Dior ein Paar oder auch ein Ehepaar «angepöbelt» haben. Dabei soll er «leicht handgreiflich» geworden sein. Fatal vor allem: Er soll «judenfeindliche Beschimpfungen» von sich gegeben haben. Mehr ist den Medien nicht zu entnehmen.

Das vereinfacht die Sache. Die Polizei ermittelte bei Galliano 1,1 Promille Alkohol im Blut und Reuters sagt, ein Beamter habe die Vermutung geäußert, dass der prominente Kleidermacher offenbar im Stress gewesen sei – fünf Tage vor den Pret-ä-porter-Wochen (1. bis 9.März), in denen Paris uns sagt, was wir im Herbst kaufen sollen. Man darf abschließende polizeiliche Aufklärung erwarten, ob dem «jungen Wilden» zugute gehalten werden muss, dass er provoziert wurde, dass er betrunken und deshalb nicht ganz zurechnungsfähig war oder dass er, wie sein Anwalt versichert, bei der Querele keinerlei antisemitische Äußerungen von sich gegeben hat.
Es geht nicht darum, ob ein Jude im Streit als «bescheuerter Idiot» beleidigt oder ein Schwuler als «doofe Sau» beschimpft werden darf.
Pauschale Verunglimpfungen von Juden aber schüren Vorurteile, verhetzen und verletzen komplette Minderheiten und ganze Völker. Sie führen zu Stigmatisierungen, die Millionen unschuldiger Juden den Tod brachten, übrigens auch tausenden Homosexuellen.

Das Haus Dior reagierte am 25. Februar prompt und beurlaubte seinen Chefdesigner bis zum Abschluss der polizeilichen Untersuchung. Dior-Chef Sidney Toledano erklärte: «Das Modehaus Dior bestätigt in aller Entschlossenheit seine Null-Toleranz-Politik gegenüber jeglichen rassistischen und antisemitischen Äußerungen.» Für den Einkauf seiner Herbstkollektion kann sich König Kunde immer noch entscheiden, von diesem als Paradiesvogel gefeierten Modeschöpfer keine Klamotten mehr zu kaufen.

KC, Jüdische Zeitung

2 Kommentare

  1. Auch Galliano ist Spanier. Spanien war auch immer wieder auf Arafats Seite, wenn es darum ging Israel in die engen Grenzen von 1967 zu sperren. Vermutlich ist es die Angst schlecht getaufter Mauren und Maranen, die noch immer Angst vor der eigenen Herkunft haben.

  2. Warum steht in diesem Artikel so vieles im Konjunktiv? DASS Galliano seine Tischnachbarn mit rassistischen und antisemitischen Sprüchen eingedeckt hatte, ist Fakt. Im Internet ist dies längst auf einem Youtube-Video nachzuerleben, dass von der engl. Sun veröffentlicht wurde. Die Schimpfworte sind leider mittlerweile mit lautem Piepton unterdrückt worden:
    Film of Galliano’s racist rant in bar
    http://www.thesun.co.uk/sol/homepage/news/3436757/Film-of-John-Gallianos-racist-rant-in-bar.html

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