Personalmangel: Terroristen können nicht überwacht werden

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Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass sich die Gefahr von Anschlägen in Deutschland weitgehend erledigt hat. So ruhig schien es in den vergangenen Monaten an der Terrorfront zu sein. Durch die am Mittwoch bekannt gewordenen Erkenntnisse ist allerdings wieder schlagartig bewusst geworden: Das Land ist nach wie vor im Visier des Terrors, die Bedrohung ist real, und sie scheint massiver zu sein, als angenommen…

Terrorgefahr in Deutschland: Die Bedrohung ist real

Cottbus (29.09.2010, Lausitzer Rundschau) – Auch wenn das Innenministerium beruhigt. Man mag sich gar nicht ausmalen wollen, in welchen Ausnahmezustand die Republik gestürzt wäre, wenn Terroristen Hotels, Kaufhäuser oder U-Bahn-Höfe überfallen hätten, um ein Blutbad wie in Mumbai anzurichten. Dass es so nicht gekommen ist, belegt: Den Sicherheitsbehörden sind von der Politik die richtigen Instrumente in die Hand gegeben worden. Und die internationale Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Terror funktioniert. Die Frage der Verschärfung von Sicherheitsgesetzen ist deshalb aber noch lange nicht vom Tisch. Denn die Terrorplaner dieser Welt werden sich andere Wege suchen, ihre Ziele zu verwirklichen – und damit auch immer neue Verbote herausfordern. Die schwarz-gelbe Koalition wird die bestehenden Anti-Terror-Gesetze überprüfen, und Innenminister de Maizière hat in der Schublade bereits neue Ideen, die die FDP derzeit jedoch blockiert. Die simple Wahrheit ist: Es gibt keine absolute Sicherheit. Und genau deshalb darf die Politik nicht nur die Frage nach neuen Sicherheitsvorkehrungen aufwerfen. Sie sollte sich endlich auch stärker als bisher Gedanken darüber machen, wie dem weltweiten Terror der Nährboden entzogen werden kann.

Terrorwarnungen für Berlin: Unnütze Listen

Cottbus (4.10.2010, Lausitzer Rundschau) – Das Hotel Adlon, der Fernsehturm oder der Hauptbahnhof – man muss nicht besonders helle sein, um in Berlin auf mögliche Ziele für terroristische Anschläge zu kommen. Dafür reicht ein Reiseführer. Gleiches gilt für München, Frankfurt, Hamburg. Oder aber für Paris, Rom und London. Soll heißen: Unnütze Listen mit Terror-Zielen zu veröffentlichen, ist eine leichte Übung. Wer das macht, handelt jedoch unverantwortlich und versetzt die Menschen vorsätzlich in Angst und Schrecken. Es war daher notwendig, dass der zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dem Alarm aus Übersee persönlich entgegengetreten ist und dies nicht mehr nur seinen Sprechern überlassen hat.
Zugleich ist unüberhörbar gewesen: Die Bundesregierung ist ziemlich genervt vom Verhalten der USA mit Blick auf Reisehinweise, die die dortigen Behörden für Europa und damit auch für Deutschland ausgesprochen haben. Zu Recht. Denn die USA sind ja nicht minder gefährdet als die europäischen Staaten – im Gegenteil. Nur hat sich die europäische Seite diesbezüglich in der Vergangenheit eher zurückgehalten. Aus Solidarität. De Maizières Botschaft war auch: Es gibt eine Gefährdung, sie ist aber nicht konkret. Fest steht, dass die Beunruhigung der Sicherheitsbehörden in den letzten Monaten zugenommen hat. Das darf man nicht ignorieren. Fakt ist auch, dass die Zahl der Drohungen gegen Deutschland angestiegen ist. Dem widerspricht der Innenminister auch nicht. Er verzichtet aber zum Glück auf Panikmache und markige Worte. Richtig so. Denn Panik hilft nur den perfiden Terroristen.

Terrorgefahr in Deutschland: Ernste Warnung

Essen (29.09.2010, WAZ, Kommentar von Dietmar Seher) – Wir leben im wirtschaftlich stärksten EU-Staat, einem Filetstück des Westens. Hier reiht sich Großstadt an Großstadt. Es gibt eine nennenswerte muslimische Bevölkerung und abgekapselte und undurchsichtige „Parallelgesellschaften“. Die Bundeswehr kämpft am Hindukusch. Das Aufzählen weniger Fakten reicht, um zu erklären: Ja, islamistische Täter könnten hier Bomben zünden. Sie haben es mehrfach versucht.
Warum sollten wir uns also wundern, wenn Warnungen vor möglicherweise drohenden Anschlägen gemeldet werden? Es ist übertrieben, jede für bare Münze zu nehmen. Es ist aber fahrlässig, sie für bloße Propaganda zu halten, mit denen Behörden die Forderung nach schärferen Gesetzen unterfüttern.
Zu dicht sind Erkenntnisse, dass El Kaida und ähnliche Terror-Truppen Deutschland nicht nur als gelegentliches Ziel, sondern als eine Einsatzbasis betrachten. Hunderte von deutschen Islamisten reisen nach Afghanistan und Pakistan, um sich ausbilden zu lassen. Viele wollen, ausgebildet als Selbstmordattentäter, zurück. Täuscht nicht alles, geht es bei dem jüngsten Verdacht genau um solche Fälle. Deutschland hat vor dem 11. September 2001 nicht hingesehen, als Atta in Hamburg seine Pläne schmiedete. Weggucken können wir uns nicht mehr erlauben.

Terroristen können aus Personalmangel nicht überwacht werden

Berlin (WELT online, 5. Oktober 2010) – Während Innenminister Thomas de Maizière nach Meldungen über geplante Terroranschläge in Deutschland vor Panikmache gewarnt hat, nimmt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, die aktuellen Warnungen sehr ernst. „Man muss mit Anschlägen rechnen“, sagte Freiberg der „Passauer Neuen Presse“. Er verwies darauf, dass die Reisen von Islamisten aus Deutschland in Ausbildungslager in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion stark zugenommen hätten. Ein großer Teil sei auch zurückgekehrt und lebe jetzt hier, sagte Freiberg. „Das ist eine große Gefahr für uns.“
Der GdP-Vorsitzende sagte, dass in Deutschland derzeit rund 40 Menschen lebten, die sich in Terrorlagern aufgehalten hätten. Diese hätten Kampferfahrung, seien radikalisiert und wollten auch Anschläge ausführen. Die Polizei sei nicht in der Lage, alle Gefährder zu überwachen. „Eine Rund-um-die-Uhr-Beobachtung ist aus Personalmangel nicht möglich“, beklagte er. Daher könne die Polizei „immer nur hoffen, dass wir die Richtigen im Auge haben und Anschläge nicht von anderen kommen“.