General Pattons Kriegsbeute

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US-Nationalarchiv erhielt vermeintliches Original der NS-Rassegesetze…

Von Jim G. Tobias

Letzte Woche übergab die kalifornische Huntington Library ein Originalexemplar der „Nürnberger Rassegesetze“, die den Anfang vom Ende der europäischen Juden einleiteten, an das US-Nationalarchiv (NARA). „Nun ist unsere Sammlung über die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse wirklich komplett“, zitierte die Washington Post eine stolze NARA-Sprecherin. „Dies ist genau das Dokument, welches uns fehlt.“

Wie gelangte dieses historisch bedeutsame Schriftstück in die USA? Rückschau: Ein Soldat der 3. US-Armee fand das Dokument 1945 zufällig in einem Bankschließfach im bayerischen Eichstätt und schenkte es seinem Chef, George S. Patton. Der General war als notorischer Souvenirjäger bekannt. Nazi-Dolche, Helme sowie eine druckfrische Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ gehörten zu seinen Trophäen. Bei einem kurzen Heimaturlaub übergab Patton das Papier an die Huntington Library, wo es für Jahrzehnte im Archiv verschwand. 1999 tauchte das vermeintlich verschollene Schriftstück wieder auf und verursachte ein kurzzeitiges Rauschen im internationalen Blätterwald. Auch ein namhafter Historiker, wie etwa Saul Friedländer von der kalifornischen Universität UCLA, erklärte seinerzeit gegenüber der Washington Post: „Es ist als hätten wir eine Originalkopie der US-Verfassung gefunden.“

Unter Fachleuten ist jedoch schon lange bekannt, dass sich das Original-Manuskript des NS-Gesetzes im Nürnberger Stadtarchiv befindet. Gibt es nun mehrere Urschriften? Die Aktenlage ist etwas verzwickt. Von den „Nürnberger Gesetzen“, existierten vier Fassungen, die vermutlich alle von Hitler unterschrieben wurden. Bereits 1961 publizierte der ehemalige „Rassereferent“ im Reichsinnenministerium Bernhard Lösener in den Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte einen Aufsatz zur Entstehungsgeschichte des schändlichen Textes. Hitlers Entschluss, auf dem Nürnberger Parteitag 1935 ein spezielles „Judengesetz“ zu verkünden, scheint eine ziemlich abrupte Entscheidung gewesen zu sein. Es blieben nur zwei Tage, um eine Verordnung zusammenzuschustern, welches Ehen, wie auch den außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Juden und „Ariern“ verbietet. Zusätzlich verlangte Hitler noch ein Reichsbürgergesetz, das eine Vorrechtsstellung für „Deutschblütige“ und eine Entrechtung der jüdischen Bürger enthalten sollte. Für diesen Entwurf hatten wir „nur etwas über eine Stunde Zeit gehabt“, schreibt Lösener in seiner Abhandlung.

Welchen genauen Text Hitler verkünden wollte, erfuhren die Autoren erst während der Reichstagssitzung. Die Verordnung wurde am 15. September 1935 verabschiedet und einen Tag später im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Seit 1938 befindet sich das mit Schreibmaschine getippte Original-Manuskript im Besitz der Stadt Nürnberg. Der damalige Nazi-Oberbürgermeister Willi Liebel hatte die Ausfertigung seinerzeit feierlich überreicht bekommen. Der Völkische Beobachter berichtete ausführlich über die Schenkung.

Im US-Original ist unter Paragraph 2 des sogenannten Blutschutzgesetzes, das eine sexuelle Beziehung zwischen Juden und „Ariern“ untersagt, eine handschriftliche Korrektur eingefügt. Der Ausdruck „außerehelicher Geschlechtsverkehr“ wurde in „außerehelicher Verkehr“ umformuliert. Im Exemplar der Nürnberger ist diese Berichtung bereits übernommen worden. „Wir haben die letzte Fassung und somit das eigentliche Original“, erklärte der Leiter des Nürnberger Stadtarchivs, Michael Diefenbacher. Beiden Dokumenten ist jedoch eines immer noch gemein: Sie bilden die juristische Grundlage zur Vernichtung des europäischen Judentums.


Veröffentlichung des sogenannten Blutschutzgesetzes im Reichsgesetzblatt. Zu den „Nürnberger Gesetzen“ zählt auch das „Reichsbürgergesetz“.


Titelblatt des RGBL

3 Kommentare

  1. zu efem: „Theoretisch hätten lt. “Gesetz”, speziell § 1 bzw. § 5, Abs. 1, ja keine “Mischehen” mehr existiert – oder bestanden sie trotz des Gesetzes weiter?“
    Das Gesetz verbot nur die Schließung neuer Ehen, hob aber bestehende Ehen nicht auf. Sie bestanden nicht „trotz“ des Gesetzes weiter, sondern das Gesetz hat in bezug auf sie überhaupt keine Regelungen getroffen.

  2. Patton meinte übrigens auch bei der Befreiung eines KZs: Macht soviele Aufnahmen wie ihr könnt denn eines Tages wird irgend eine verrücktes Arschloch kommen und sagen das dies alles nicht wahr ist.

  3. Frage am Rande: wie vertrug sich eigentlich mit den Paragrafen dieses oben faksimilierten, 1935 in Kraft getretenen „Gesetzes“ der zumindest temporär rel. erfolgreiche Protest in der Rosenstraße, 8 Jahre später?
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    Theoretisch hätten lt. „Gesetz“, speziell § 1 bzw. § 5, Abs. 1, ja keine „Mischehen“ mehr existiert – oder bestanden sie trotz des Gesetzes weiter? Wurden die Ehepartner zwar „bestraft“, wie jener Absatz 1 es  vorschreibt, waren die Menschen dann aber von weiteren diesbezüglichen Repressalien – relativ gesehen – verschont? Weiß jemand Bescheid darüber?
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    s. dazu z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Rosenstraße-Protest

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