Sie sehen keinen Antisemitismus

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Der Historiker Yaakov Lozowick, früher Leiter des Archivs von Yad Vashem und Author des Buches “Israels Existenzkampf“ (bpb/Konkret Verlag 2006) hat einen Blog, auf den er am 13. August eine kurze Notiz publizierte, die von Karl Pfeifer übersetzt wurde…

Vor ein paar Wochen führte ich eine faszinierende Diskussion mit einem jungen deutschen Historiker aus Berlin, der den Antisemitismus in der arabischen Welt untersucht. Ein Zeichen seiner Seriösität, er spricht das in Ägypten gebräuchliche Arabisch und hat lange Zeit in Kairo verbracht. Wie er es sieht, ist der Hass gegen Juden in Ägypten sehr extrem, weitverbreitet und kann durchaus mit dem in Nazideutschland [verbreiteten Antisemitismus] verglichen werden.

Jedoch bemerkte er interessanterweise, dass viele Deutsche, die in Kairo leben – Deutschlehrer, Journalisten und ähnliche Leute – diesen [Antisemitismus] nicht sehen. Wenn er sie darauf hinweist, können sie diesen noch immer nicht sehen.

Er war über das Ausmaß des Hasses besorgt und ratlos über die Unfähigkeit der Deutschen (Deutschen!) diesen Antisemitismus zu bemerken.

Es gibt keine Juden in Ägypten, und es gab nie eine große Anzahl von Juden seit der Hellenischen Zeit. So dass man sicher sagen kann, dass tatsächlich 100% der Ägypter nie einen Juden gesehen haben wie auch ihre Vorfahren bis zu einigen Generationen. Polen, die Juden hassen, können sich wenigstens auf die Erinnerungen ihrer Großeltern stützen, nicht so die Ägypter.

Damit Sie nicht denken, dass nur dumme Deutsche nicht den Elefanten im Zimmer bemerken, so fällt mir ein dass Richard Cohens Kritik am Economist zu sanftmütig war.[1] Er beanstandete, dass der Artikel nicht einmal Sayyid Qutbs Antisemitismus erwähnte.

Vor einigen Wochen publizierte der Economist einen zehn Kapiteln umfassenden speziellen Bericht über Ägypten, vielleicht 20-30000 Wörter, einige ganz interessante, andere mild ärgerlich.[2] Im ganzen Bericht kommt das Wort Antisemitismus nicht ein einziges Mal vor. Und es wird auch nicht angedeutet. Der Islamismus wurde in einem der zehn Kapitel abgehandelt als eine verbrauchte Kraft, und da gibt es keine Diskussion über den Inhalt des Islamismus.

Bedeutet das „The Economist“ selbst ist antisemitisch? Nein. Aber es beweist, dass sie Dummköpfe sind.

1) The Economist’s unforgivable silence on Sayyid Qutb’s anti-Semitism
2) A special report on Egypt, The long wait

Quelle: http://yaacovlozowick.blogspot.com/2010/08/see-no-antisemitism.html

3 Kommentare

  1. Dave, was man nicht sehen will, das sieht man nicht. Zum Beispiel wenn an den Ramadan Feiertagen am Abend nach dem Fastenbrechen Filme im TV gezeigt werden, die eine „jüdische Weltverschwörung“ oder „jüdische Ritualmorde“ zeigen. Da müßten doch diejenigen Deutschen, die Arabisch können stutzig werden.

  2. Zitat:
    ….Wenn er sie darauf hinweist, können sie diesen noch immer nicht sehen….
    Er war über das Ausmaß des Hasses besorgt und ratlos über die Unfähigkeit der Deutschen (Deutschen!) diesen Antisemitismus zu bemerken.
    In diesem Bereich sollte unbedingt geforscht werden, dem Phänomen der für mich selektiven Wahrnehmung bin ich auch schon öfters begegnet, auf teils wirklich unglaublich und beinahe zu Fiktion tendierende Art- und Weise. Die Welt sollte auf dieses Phänomen ein Auge werfen und die Quantität untersuchen.

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