Grabeskirche: Bald ohne WC?

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Der Grabeskirche in Jerusalem droht Wasserentzug. Das meldete eine italienische Zeitung. Wie aus der franziskanischen Kustodie, der verantwortlichen katholischen Stelle für die Heiligen Stätten im Heiligen Land, diesem Korrespondenten auf Anfrage bestätigt wurde, soll die Heiligste Stätte der Christenheit künftig ihre Wasserrechnung bezahlen…

von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 12. August 2010

Ein Mitarbeiter der Kustodie sagte, dass bisher die Jerusalemer Stadtverwaltung unter den Osmanen, den Briten, Jordaniern und jetzt unter den Israelis die Grabeskirche mindestens seit 1852 kostenlos mit Wasser beliefert habe, „weil Sie wissen, dass das eine sehr heilige Stätte ist, die auch von vielen Pilgern besucht wird“. Jetzt aber habe die Stadtverwaltung beschlossen, die Wasserversorgung in Jerusalem an eine private Gesellschaft zu übergeben, und die fühle sich an die alten Regelungen aus dem 19. Jahrhundert nicht mehr gebunden. Die Grabeskirche, in der sechs christliche Kirchen vertreten sind, darunter die Griechisch-Orthodoxen, die Armenier und die Franziskaner für die Lateiner neben Äthiopiern, Syrern und Kopten, beherbergt mehrere Klöster und Toiletten. Die christlichen Kirchen sind Untermieter von zwei muslimischen Familien, die seit tausend Jahren den Schlüssel zum einzigen Tor zur Kirche halten.

Der für die Franziskaner verantwortliche, aus Texas stammende, Pater Athenarios, führe nach Angaben der Kustodie mit den israelischen Behörden Verhandlungen über die kostenlose Wasserlieferung. Doch befinde der sich bis Ende August im Urlaub.

Eine Sprecherin der Jerusalemer Stadtverwaltung erklärte nach der erforderlichen Einreichung einer schriftlichen Anfrage, dass die Wasserrechnungen von einer Tochtergesellschaft der Stadtverwaltung eingezogen würden. Weiter sagte sie, dass „der Grabeskirche der Wasserhahn nicht zugedreht worden ist und das wird auch nicht geschehen“.

Sie vermutete, dass die Kirche des Heiligen Grabes, von orthodoxen Kirchen auch „Auferstehungskirche“ genannt, eine automatische, vom Computer hergestellte Drohung erhalten habe. Da stehe eine Standardformulierung, dass im Falle von Nichtbezahlung alter Rechnungen die Wasserzufuhr gestoppt werde. Weiter sagte sie: „Es gibt immer Leute, die aus jedem nichtigen Anlass versuchen, einen Konflikt zu entfachen.“ Innerhalb des seit dem 4. Jahrhundert immer wieder umgebauten und mehrfach zerstörten Kirchengebäudes gibt es mehrere Klöster mit eigenen Küchen für die Mönche und Schlafkammern. Zwischen dem „Gefängnis Jesu“ und einer Kapelle mit der Geiselungssäule Jesu gibt es einen separaten Bereich mit öffentlichen Toiletten für die Pilger.

© Ulrich W. Sahm, haGalil.com

3 Kommentare

  1. Herr Pfarrer, nett ist es ja nicht so etwas zu schreiben: „ist ein Vielschreiber, der sich gelegentlich an der Oberfläche bewegt (ich kann es ja verstehen – er muss schliesslich davon leben).“
     
    Die ganze Geschichte ist zum totlachen witzig – und das ist der Grund warum Herr Sahm sich damit auch in einem Kapitel in seinem neuen Buch beschäftigt. „An der Oberfläche“ bewegen sich die Leute vor Ort und natürlich auch Sie, wenn Sie das Komische darin nicht erkennen.

  2. Erstens: Mishehu hat Recht! Ulrich W. Sahm, den ich selber vor etlichen Jahren bei einer meiner zahlreichen Israelreisen kennen gelernt habe, ist ein Vielschreiber, der sich gelegentlich an der Oberfläche bewegt (ich kann es ja verstehen – er muss schliesslich davon leben). Zweitens: das eigentlich Problem, über das Sahm hier berichtet, hat damit zu tun, dass die sechs beteiligten Kirchen sich seit Jahrhunderten einen beschämenden Streit um ihre Rechte in der Grabeskirche erlauben, der Christenmenschen unwürdig ist. Wenn sie sich endlich an einen vernünftigen ökumenischen Gesprächstisch setzen würden, gäbe es kein Problem. Denn dieses Problem hat nichts mit Israel und den Israelis zu tun. Die Spülwasserkosten für die Klos in und um die Grabeskirche könnten sowohl der Papst in Rom wie auch der griechische Patriarch aus der Portokasse zahlen. Ich habe in den letzten 18 Jahren als Pfarrer 15 – zum Teil auch längere – Gruppenreisen nach Israel organisiert und durchgeführt. Mittlerweile gehe ich in die Grabeskirche gar nicht mehr hinein, denn dieser „Lampenladen“ mit dem dauernden Geschubse der Konfessionen ist mir unerträglich geworden!

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