Werte in der Erziehung

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Referat auf dem GEW und Histadrut Hamorim Seminar 1996…

Von Till Lieberz-Groß

Bei der Vorbereitung unserer diesjährigen Schwerpunktthemen habe ich den Vorschlag eingebracht, über Werte zu diskutieren, die wir als Pädagoginnen und Pädagogen in und für unsere Arbeit als unabdingbar ansehen. Aus meiner langjährigen Arbeit als Lehrerin in einem multikulturellen und sozial sehr unterschiedlich strukturierten Umfeld stellt sich mir immer dringender die Frage nach einem gemeinsamen Werte-Nenner, einem von Lehrern, Eltern und Schülern gemeinsam entwickelten und getragenen Werterahmen oder Wertemaßstab.

Dass diese Fragestellung eine für mich erstaunlich geringe Resonanz bekommen hat, kann nun verschieden gedeutet werden: entweder ist dies ein marginales und damit vernachlässigbares Problem oder das Problem ist zu heiß, zu wenig vordiskutiert. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur mit einem gemeinsam entwickelten Werte-Rahmen kommunikationsfähig bleiben können, bzw. werden können. Um unsere immer stärker auseinanderdriftende Gesellschaft lebens- und funktionsfähig halten zu können, müssen wir eine gemeinsame Verständigungsebene finden. Erst auf einer solchen Grundlage lassen sich echte Gegensätze und Konflikte von Kommunikationsstörungen unterscheiden, die andere Lösungsstrategien erfordern. Sprachlosigkeit und ein Nebeneinander-Agieren auch auf der Werte-Ebene fördert Segregation und birgt gesellschaftliches Dynamit – Potential – in jeder Gesellschaft und auf jeder gesellschaftlichen Ebene! Unterschwellig oder manchmal auch sehr aggressiv vorgetragen, bestimmen Wertvorstellungen anderer als Machtfaktor ohnedies unser aller Leben – auch in der Schule – warum dann nicht offen darum streiten? Warum den Ideologen und Tricksern das Feld überlassen? (Seit einiger Zeit lernt man beim Fußball z.B. wie man foult, ohne dass man auffällt. Von wegen fair play!) Viele Diskussionen mit Kollegen, mehr noch mit Kolleginnen bestätigen mich darin, dass hier durchaus Diskussionsbedarf vorliegt. Ich fühlte mich deshalb auch bestärkt, diese Thematik aufzugreifen und ein paar Überlegungen  zur weiteren Diskussion vorzulegen.

In einer Diskussion definierte der israelische Philosoph Leibowitz, das Wesen von Werten sei, nicht verwirklicht zu werden. Aber der Mensch müsse danach streben, sie zu verwirklichen, ja, er müsse für die Werte, die er für sich als richtig erkannt habe, kämpfen. Nach meinem Dafürhalten beweisen Werte ohnedies ihre Bedeutung in ihrer Handlungsrelevanz und das impliziert immer auch eine individuelle Verantwortung. Welche Werte, welche kulturellen Traditionen und Errungenschaften bedeuten uns so viel, dass wir sie als tragend, als essentiell für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft ansehen, dass wir sie auch für die Zukunft an die nächste Generation weitergeben möchten?  Ist ein kulturübergreifender Wertestandard überhaupt möglich?  Wir berufen uns gerne auf die „Aufklärung“, auf allgemeingültige Menschenrechte und verweisen auf die UN-Charta. Nicht nur die Terroranschläge der letzten Wochen sind ein Beweis dafür, dass die Menschenrechte keineswegs global akzeptiert sind, dass sogar das primäre Recht auf Leben brutal missachtet wird. Dies zu konstatieren – mit Bitterkeit zu konstatieren – kann uns als Pädagogen und Gewerkschafter, als Staatsbürger allerdings nicht davon befreien, uns immer wieder in die Niederungen der politischen und pädagogischen Arbeit zu begeben, die manchmal unlösbar scheinenden Probleme und Gegensätze „kleinzuarbeiten“ (ein Begriff von Wolfgang Klafki). Auf der einen Seite haben wir die zu allem entschlossenen Fanatiker, die ihre Vorstellung von Wertigkeit ohne Menschenrechtsskrupel durchbomben, aber das Spektrum reicht andererseits bis zu den „knallharten Hedonisten“ (Heitmeyer), die auch schon mal „klauen, rauben, treten für den schnellen Genuss“.

Was kann Erziehung dem entgegensetzen – und dann noch in dem schmalen Gesellschaftssegment „Schule“? Auch wenn es bei mir  Zeiten und Situationen gibt, in denen ich diese Frage recht kleinmütig beantworte, habe ich doch so viel professionelles Selbstbewusstsein, dass ich uns einiges an Einfluss zutraue: wenn wir uns denn zunächst einmal selbst einig sind, was wir an Werten vermitteln und auch leben wollen – und wie viel Anstrengung uns das wert ist. Die Voraussetzung dazu ist ein Selbstbild des Lehrers, der Lehrerin, mit dem wir uns nicht nur als Fachleute für bestimmte Unterrichtsfächer festlegen (lassen), sondern von uns als Teil des Berufsbildes – und zwar für alle Jahrgangsstufen gültig – einen erzieherischen, bewusst Werte vermittelnden Impetus fordern. Unsere Professionalität müsste allerdings sofort in Zweifel gezogen werden, ließen wir uns für eine einseitige, ideologische Wertevermittlung einspannen.

Die Wertediskussion ist in der Bundesrepublik Deutschland (wie die Diskussion um eine „nationale Identität“) leider immer noch weitgehend von rechts belegt. Das liegt zu einem nicht geringen Anteil an unserer unseligen Vergangenheit, in der Wertevermittlung auch in der Schule nur ein Synonym für Indoktrination im Sinne einer menschenverachtenden Ideologie war. Interessanterweise wird aber nach meiner Beobachtung einerseits eine Wertediskussion mit Blick auf unsere Verantwortung in der Vergangenheit – insbesondere die deutsche Verantwortung für den Holocaust und auch auf unsere globale Verantwortung, speziell in bezug auf die „Dritte Welt“ – von linker Seite ständig neu eingefordert und auch heftig geführt. Auf der anderen Seite hat eine den eigenen Alltag direkt berührende Wertediskussion – zum Beispiel in bezug auf den Schulalltag – über einen zu langen Zeitraum zumindest in unseren öffentlichen Diskursen kaum stattgefunden. Diese auf der Linken sonst nicht so zu beobachtende Diskussionszurückhaltung wurde nachhaltig verstärkt durch den Widerwillen, den die konservative „Mut-zur-Erziehung“-Debatte in den Siebzigern hervorrief, weil sie penetrant an die „Werte-Debatte“ vergangener Ideologien um altdeutsche „Tugenden“ anknüpfte. Es ging wieder einmal um „Ordnung, Pünktlichkeit, Sauberkeit, Gehorsam“, sattsam bekannte, mit Pathos vorgetragene Verhaltensforderungen, von denen wir uns genervt absetzten. Dabei hätten wir damals schon viel gelassener erkennen können, dass diese „Mut-zur-Erziehung“-Debatte gar nicht die Wertediskussion war, für die sie sich ausgab. Es ging statt dessen lediglich um „Sekundärtugenden“, zum Teil auch um Kulturtechniken, die als Grundwerte hochgestapelt wurden. Ich werde später noch einmal auf den Unterschied zwischen Werten und Kulturtechniken zurückkommen. Was behindert – verhindert? – eigentlich bis heute die Diskussion? Ist es die Angst vor moralinsaurer Festlegung auf oktroyierte, selbstherrliche, oft genug heuchlerische „Werte“, die man bis in alle Ewigkeit satt hat?

Ich möchte keine abgehobene Wertediskussion führen, sondern eine, die für den pädagogischen Alltag und unsere Profession Relevanz hat. Ausgangspunkt meiner Überlegungen sind Beobachtungen aus dem pädagogischen Alltag. Dort beklagen wir zunehmend rauhe Sitten bis hin zur Gewalt, einen nicht selten barschen Umgangston, der Distanz ausdrückt und ggf. auch schafft, eine Zunahme von Schülern und Schülerinnen, die sich wie „„Prinzen und Prinzessinnen“ so egozentrisch aufführen, als lebten sie alleine auf der Welt, Ellenbogenmentalität im einzelnen bis hin zum nationalistischen „Wir zuerst“ im größeren Zusammenhang. Das alles widerspricht meinen Vorstellungen von Lebenswerten, von einem humanen Umgang miteinander. Die Reaktion unserer Profession ist nicht selten hilflos. Oft genug bleiben Kolleginnen und Kollegen, die sich um einen gemeinsamen Handlungsrahmen für ein menschliches Miteinander mühen, Einzelkämpfer und werden sogar vom eigenen Kollegium aus Müdigkeit, eigenem Überdruss und Mutlosigkeit ignoriert oder sogar entmutigt, fühlen sich wie „Dinosaurier“, weil sie „altmodisch“ auf der Einhaltung bestimmter Wertestandards – manchmal sogar nur in der rudimentären Form von Regeln – bestehen. Schulen, in denen das Kollegium oder sogar die Schulgemeinde zu einem auf Konsens ausgerichteten pädagogischen Diskurs findet, sind leider immer noch Oasen im weiten Niemandsfeld der Pädagogik. Die notwendige „Reibung“, die anstrengende Auseinandersetzung im Ringen um einen gemeinsamen Maßstab wird zu oft vermieden. Es heißt dann: „Gegen die Gesellschaft, die Eltern, die aktuellen Verhaltenstrends (aktueller Jugendhit „Du musst ein Schwein sein in dieser Welt“) kommt man ja doch nicht an; der Slogan „ Schule ist keine Reparaturwerkstatt der Gesellschaft“(wahlweise „des Kapitalismus“) beschreibt die Gefühlslage vieler Kollegen. Die permanente und noch zunehmende Überbelastung der Kolleginnen und Kollegen, der Trend für immer mehr zuständig gemacht zu werden bei gleichzeitiger Image-Demontag  demotiviert und verstärkt die Tendenz, sich zurückzuziehen und den vielfältigen, bunten Garten der Pädagogik verwahrlosen zu lassen: In einem solchen Garten überlebt nur das robusteste Kraut – zurück zum Darwinismus?

Gibt die immer unübersichtlicher werdende Situation zu vielen von uns nicht auch die willkommene Gelegenheit, sich aus der Verantwortung zu stehlen? Ich möchte einmal die zugegebenermaßen provokative Frage stellen: Haben wir als aufgeklärte Pädagogen denn überall, wo dies nötig und möglich gewesen wäre, auf der Diskussion von gemeinsamen Wertestandards bestanden oder haben wir uns gescheut, uns an diesen in früheren Zeit meist nur von konservativer Seite geführten Diskussion die linke Zunge zu verbrennen?

Entgegen der oft gehörten Meinung, die Einigung auf Wertestandards sei in der heutigen zerrissenen Zeit absolut unmöglich, stelle ich die These auf, dass diese Gesellschaft nur mit einem in aller bunten Vielfalt gefundenen Wertekonsens zivilisiert überleben kann.

Dieser Konsens kann mit jeder langfristigen Veränderung immer wieder nur prozesshaft neu gefunden werden. Dies wird mit Sicherheit nicht einfach sein. Jürgen Habermas (in Charles Taylor , Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung“, 1993):“Die Herausforderung wird um so größer sein, je tiefer die religiösen, rassischen oder ethnischen Unterschiede oder die historisch-kulturellen Ungleichzeitigkeiten reichen, die überbrückt werden müssen; sie werden um so schmerzlicher sein, je mehr die Tendenzen zur Selbstbehauptung einen fundamentalistisch-abgrenzenden Charakter annehmen, sei es, weil die um Anerkennung ringende Minderheit aus Erfahrungen der Ohnmacht in Regressionen ausweicht, sei es, weil sie erst auf dem Wege einer Massenmobilisierung das Bewusstsein für die Artikulation einer neuen, konstruktiv erzeugten Identität wecken muss“. Auch J.J. Smolicz, ein australischer Wissenschaftler, fordert ein die verschiedenen ethnischen Gruppen verbindendes „Wertsystem“ als notwendige Grundlage für einen stabilen Multikulturalismus. Diese Notwendigkeit sehe ich ganz allgemein für die auch vielfältiger werdenden sozialen Milieus.

Das oft gehörte „anything goes“ halte ich für Drückebergerei in der Wertediskussion.

Nun, welche Werte halte ich für unabdingbar, um den Bestand einer humanen, zwangsläufig vielfältiger (heterogener) werdenden Gesellschaft zu gewährleisten?

Da ist zunächst ganz allgemein die Erziehung im Sinne universeller Grundrechte wie das Leben in einer Demokratie, die Einhaltung der individuellen Menschenrechte wie die Achtung der persönlichen Freiheit, die nach dem immer noch gültigen Wort von Rosa Luxemburg immer (auch) die Freiheit des Andersdenkenden ist. Einen hohen Wert hat für mich auch die Erziehung zu einer positiven Grundhaltung zum Mitmenschen: die Erziehung zu gegenseitigem Respekt vor der Vielfalt menschlicher Äußerungsformen und zu Verantwortungsbewusstsein sich selbst und anderen gegenüber (Altruismus dagegen ist mir eher suspekt), die Erziehung zu Offenheit und Solidarität, die Achtung vor der Natur, die Akzeptanz von Endlichkeit – und der Mut, diese scheinbare Sisyphusarbeit im Rahmen der Endlichkeit auch anzugehen. Mut zur Erziehung bedeutet in diesem Zusammenhang, Mut zu fragmentarischem Tun, Mut imperfekt zu sein und zu bleiben und nicht schon deshalb von vornherein aufzustecken, weil der erzieherische Erfolg sich nicht so perfekt einstellen kann wie gewünscht. Erziehung ist Beziehungsarbeit, bzw. Arbeit, die heute zumindest in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht von allen Kolleginnen und Kollegen als zu ihrer Aufgabe gehörig akzeptiert wird – auch, weil sie sich dafür als Fachleute für Fächer nicht genügend ausgebildet sehen. Hier ist ohne Zweifel eine wichtige Aufgabe für Ausbildung und Fortbildung, aber auch für die Berufsberatung: Jemand, der nur unterrichten, aber nicht erziehen will, gehört nicht in den Lehrerberuf.

Was tun? Das gemeinsame Ringen um gemeinsame Standards im Kollegium, mit Eltern, mit Schülern ist der notwendige Beginn gemeinsamen Tuns. Dieses gemeinsame Tun kann keiner Rezeptologie folgen. Man kann aber von anderen lernen: Ob es der Versuch eines gemeinsam erarbeiteten „Code of Conduct“ ist, wie er an belgischen und niederländischen Schulen versucht wird oder ob es ein Aufeinanderzugehen via schulbezogener Projekte ist – zum Beispiel über das Projekt „Schule ohne Rassismus“, ob man der Politischen Bildung stärker handlungsbezogenen Raum gibt oder das Curriculum auf den Bezug zu den gemeinsam festgelegten Standards überprüft, verändert und ergänzt – Just do it! Besinnen wir uns auf unsere Stärke: die professionale (und gewerkschaftliche) Solidarität! Und besinnen wir uns auf ein uraltes probates Erziehungsmittel: die Verstärkung gewünschten Verhaltens durch Lob!

Selbstverständlich sind solche Unterfangen nicht unabhängig von vorhandenen Ressourcen.

Das Fehlen von Ressourcen ist aber keine Entschuldigung für Nichtstun – schließlich sind wir auch noch mit Bewusstsein Gewerkschafter und auch als solche für die Qualität von Schule mitverantwortlich. In diesen Seminaren war immer viel die Rede von Verantwortung; von Verantwortung für die Vergangenheit – aber gleichermaßen auch für Gegenwart und Zukunft.

Das Adorno-Wort: „Jede Diskussion über pädagogische Ideale ist nichtig und uninteressant angesichts des einen, nämlich, dass Auschwitz sich nicht wiederhole.“ ist allen hier geläufig. Dieser Anspruch sollte uns nicht mutlos machen, sondern anspornen. Auschwitz begann lange vor Auschwitz , auch durch den langsamen Verlust von moralischen Wertestandards und das Versagen unseres Berufsstandes.

Unsere Profession hat die Kompetenz und auch über unsere Gewerkschaft ein Forum, Vorschläge für Wertestandards in unserer heutigen Gesellschaft zu entwickeln, ohne in die segmentierten, kleingestrickten Muster von Interessengemeinschaften früherer Zeiten zu verfallen – seien sie ausschließlich religiöser, politischer oder gesellschaftlicher Natur – , sondern aus der Vielfalt der vorhandenen ethnischen, ethischen, kulturellen und religiösen Gegebenheiten unserer Gesellschaft gemeinsame Ziel-Standards zu entwickeln und auch im kleinen zu leben – immer in eigener individueller Handlungsverantwortung. Wertemaßstäbe können nur Richtschnur sein, sie entbinden in keiner Weise von persönlicher Verantwortung.

Der gewünschte gemeinsame ethische Grundkonsens ist nach meiner Erfahrung mit der überwiegenden Mehrheit der Eltern aus den verschiedensten sozialen und kulturellen Milieus möglich, solange sie tatsächlich am Prozess beteiligt werden; Schülern können diese Maßstäbe auch eine oft vermisste Sicherheit zu eigenen Suchprozessen geben, eine Hilfe, die sie im Elternhaus allein eben nicht mehr finden. Die notwendige Einigung ist um so eher möglich, als wir tatsächlich zwischen Grundwerten und „Sekundärtugenden“ oder Kulturtechniken unterscheiden und den Grundsatz der Prozesshaftigkeit auch von Werten zugrunde legen. Niemand besitzt die ganze (alleinige)Wahrheit. Sauberkeit, Ordnung, Pünktlichkeit können hilfreiche Techniken sein; sie sind aber erstens kulturgebunden und zweitens nicht ein Wert an sich. Kulturtechniken müssen an Werte angebunden sein, sollen sie nicht sogar in gegen Menschen gerichtetes Verhalten umschlagen können. – Beispiele muss ich in diesem Kreise nicht ausführen.

Aber natürlich sind auch positive Verbindungen zwischen Grundwerten und Kulturtechniken möglich. Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: Als einen für mich wichtigen Wert hatte ich gegenseitigen Respekt und die Akzeptanz von Vielfalt genannt. Zum Verständnis gehört Verstehen, was wiederum Kommunikation voraussetzt. Dies geht oft nicht ohne Konflikt ab: notwendig erlernbare Kulturtechnik muss demnach Konfliktfähigkeit sein, auch mit Hilfe von Konflikttraining. Die Bereitschaft, eine andere Position auch dann gelten zu lassen, wenn man sie nicht akzeptiert, ist erlernbar. Grundkonsens allerdings muss sein, dass das Leben und die Würde des anderen nicht in Frage steht. Das Ringen darum hat Priorität.

Meine Großmutter pflegte mit einer zu ihrer Zeit eher ungewöhnlichen Feststellung zu verblüffen: „Erziehung ist sinnlos, die Kinder machen doch alles nach“. Nur scheinbar paradox, weist uns diese Position eine verantwortungsvolle Rolle zu, als Lehrer und Erzieher auch in schwierigen Zeiten den überlebensnotwendigen Konsens zu suchen und – wenn auch unvollkommen – zu leben und als Gewerkschafter und Staatsbürger für die notwendigen Rahmenbedingungen und Ressourcen zu kämpfen.

Zwei Jahre später setzte Till Lieberz-Groß ihren  Reflexionsprozess mit „Warum „Die deutsch-israelischen Seminare der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Histadrut Hamorim“ fort. Dieser Beitrag wurde in dem von Roland Kaufhold und Till Lieberz-Groß (Hg. 2001) herausgegebenen psychosozial-Band: Deutsch-israelische Begegnungen, psychosozial Heft 1/2001, S. 13f. publiziert.

Literatur

Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (Hg.) (2009): „Die Verantwortung aber bleibt“ (Reader), https://www.hagalil.com/2009/05/27/gew/
Mindestbestellmenge 5 Exemplare) über gew-shop@callagift.de, Fax: 06103-30332-20, Einzelexemplare über: broschueren@gew.de, Fax: 069/78973-70161.

8 Kommentare

  1. werte Jane,
     
    wenn Sie meinen, …
     
    Im Übrigen möchte ich feststellen, dass meine ablehnende Einstellung Ihnen gegenüber sich ausschließlich auf Ihre hier geäußerte Einstellung, insbesondere zu Israel aber auch zum Judentum per se gründet, nicht auf Geschlecht, Familienstand, sexuelle Orientierung, sozialer Status oder was an persönlichem auch immer.
     
    Vom gegenständlichen Thema jetzt einmal abgesehen – Ihr ungebrochener Eifer der völlig einseitigen Schuldzuweisung an Israel ist offensichtlich obsessiv. Ihre permanenten Bemühungen, Israel zu diffamieren, zu dämonisieren, letzten Endes auf diese Weise zu delegitimieren sind, ganz ebenso wie die Ablehnungwürdigkeit Ihres bevorzugten Quellenmaterials vielfach nachgewiesen und legendär seit langem.
     
    Vor Jahren hat es schon gereicht, in Wahrheit.
     
     

  2. ‚Mut zur Erziehung bedeutet in diesem Zusammenhang, Mut zu fragmentarischem Tun, Mut imperfekt zu sein und zu bleiben und nicht schon deshalb von vornherein aufzustecken, weil der erzieherische Erfolg sich nicht so perfekt einstellen kann wie gewünscht.‘ (Beispiel Spielplatz)

    Allen Unkenrufen zum Trotz – ich schrieb hier gleich los, weil mir das Thema auf den Nägeln brennt, weil auch ich Mutter bin.

    ‚Einen hohen Wert hat für mich auch die Erziehung zu einer positiven Grundhaltung zum Mitmenschen: die Erziehung zu gegenseitigem Respekt vor der Vielfalt menschlicher Äußerungsformen und zu Verantwortungsbewusstsein sich selbst und anderen gegenüber‘

    Der Autor spricht mir (und ich habe den Artikel jetzt vollständig gelesen) in der Tat aus der Seele.
    Ich habe viel Verständnis für die Schwierigkeiten von Lehrern älterer Schüler. Es ist sehr schwierig eine negative Gruppendynamik in einer Klasse pubertierender Schüler zu wenden, wenn dies auch, wie der Autor schon sagte, keine Rechtfertigung für nichtstun sein kann.

    Ich finde es auch sehr positiv, dass er den Erziehungsauftrag der Pädagogen betont.
    Mich ärgerte es immer ein wenig, wenn der ewige Spruch – Lehrer wären nicht zum erziehen da – geäußert wird. Natürlich findet und soll Erziehung zunächst mal im Elternhaus stattfinden und natürlich ist das zentral, aber eben in der Schule AUCH. Ich denke, Eltern UND Lehrer haben einen Erziehungsauftrag.

    Was ich aber glaube ist, dass es sehr wichtig ist, dass der Respekt vor dem anderen frühzeitig geweckt wird. Ich glaube pubertierende Kinder lassen sich nur noch sehr eingeschränkt ‚erziehen‘. Sie sind ja dabei sich gewissermaßen ‚abzusetzen‘ und haben in dem Alter auch ein gewisses Bedürfnis sich pädagogischer Einflussnahme zu entziehen, was psychologisch betrachtet zum Teil ja auch Sinn macht. Bei jüngeren Kindern sieht es allerdings ganz anders aus und ich glaube, es ist wertvoll nicht erst da mit der Erziehung zu Respekt dem anderen gegenüber zu beginnen, wenn schon ernste Probleme auftauchen, sprich wenn die Kinder älter sind, sondern da wo Kleine Menschen mitunter mit ihren ‚Kleinen Problemen‘ eben auch schon akut an dieser Diskussion rütteln.

    Wenn sich die Missachtung anderer durch die Beispiele, welche ich zuvor vom Spielplatz gab, durch das schlechte Vorbild der Eltern erst mal festgesetzt hat, und hierzu gehören aber sicher auch Kindergärtner und Grundschullehrer – dann ist es für die Lehrer an weiterführenden Schulen umso schwerer. Ich habe auch erlebt, wie Grundschullehrer sich Mobbingopfern in ihrer Klasse gegenüber sehr gleichgültig verhielten, weil die Probleme kleiner Kinder noch nicht so deutlich sichtbar sind und ich muss sagen, da habe ich dann sehr wenig Verständnis, denn es ist nicht sehr schwierig bei kleinen Kindern lenkend einzugreifen und auch kleine Kinder können sehr unter einer solchen Situation leiden.

    Mir scheint es auch sehr postiv, dass man unterscheidet zwischen Grundwerten, wie Respekt vor dem Anderen und eher allgemeinen Verhaltensregeln unterscheidet.
    Letztere können doch variieren und sollten nicht allzu statisch gesehen werden.

    Ich glaube, dass es sehr wertvoll ist, wenn die Kinder selbst in die Bildung solcher Regeln an den Schulen miteinbezogen werden und ich denke, dass man das auch schon im Kindergarten beginnen kann (und später natürlich auch damit fortfahren kann).

    Und ich denke auch, dass man die Regeln von Zeit zu Zeit eben auch einer Bestandsaufnahme unterziehen kann, an der die Kinder auch beteiligt werden.

    Darüberhinaus glaube ich, dass es auch wichtig ist die Eltern mit ins Boot zu holen. Es gibt eine gewisse Tendenz, dass Eltern und Lehrer sich mit Misstrauen begegnen. Es wäre viel besser, wenn Sie sich als Partner in Sachen Erziehung sehen würden, was ein offenes Ohr beider Seiten erfordert.

    Unabhängig davon, dass Kinder aus dem Bauch heraus, wie ich schon sagte, manchmal kleine Sozialmonster sind, sind sie letztendlich doch sehr interessiert daran, dass es gerecht zugeht und gerecht heisst, dass man dem Einzelnen eben möglichst gerecht wird.
     

  3. Mobbing hat in gewisser Weise mit der Wurzel allen Ãœbels zu tun – der ‚Freude‘ an Macht über andere und dem unvermeidlichen Aufwerten des eigenen Egos dadurch, der Freude andere fertig zu machen, was einem selbst ein gewisses illusionäres Gefühl der Unverletzlichkeit gibt. Es ist ein Angriff auf die Würde des anderen

    z.Bsp. *‘Single’, ‘altjungferlich’, kinderlos, und kinderfeindlich. (was nebenbei gesagt nicht zutrifft)

    Demgegenüber steht eine ebenfalls eigentlich natürliche Fähigkeit von Empathie, die uns mit Freuden mit anderen Teilen lässt – in Leid und Freud – sozusagen.

    Demokratiefähigkeit heisst in hohem Maße auch unterschiedliche Standpunkte auszuhalten, ohne die Würde des vermeintlichen Kontrahenten zu entwerten, das ist nicht immer leicht, man sollte es aber zumindest ‚üben‘.

    Die ‚Freude‘ an Mobbing hat nun auch die Ursache in einer Gruppendynamik –

    Die Leute mobben ja nicht nur weil es ihnen gefällt  – mitunter mobben sie auch, um nicht selbst zum Opfer zu werden und sich vom ‚Mobbingopfer‘ möglichst weit zu distanzieren – Jim – und so entsteht ein Teufelskreis, der einmal in Gang gekommen sich zunehmend zuspitzt.

    ‚Der Mobbingprozess beginnt mit kaum fassbaren aggressiven Handlungen, das Opfer wird zunehmend entwertet und für seine Lage verantwortlich gemacht. In der zweiten Phase wird die Aggression deutlich spürbar, das Opfer wird lächerlich gemacht, ausgegrenzt, es kommt zu Gewaltandrohungen. Mit Hilfe der vorangegangenen Entwertung schaffen es die „Täter“, Schuldgefühle erst gar nicht aufkommen zu lassen („Der hat’s ja eh verdient“). In der letzten Phase werden die Betroffenen als psychisch krank abgestempelt und letztlich hinaus gedrängt. Was bleibt sind seelische und körperliche Wunden.‘

    In deutscher Sprache heisst mobben: „triezen“, „schikanieren“, „intrigieren“, „einschüchtern“, „bloßstellen“, „ignorieren“ oder „fertig machen“
    ‚…Auf die Person bezogen: Nationalität  (das meistgemobbte Volk war bis vor einiger Zeit die Juden, heute vermutlich die Araber oder, als Religion, die Muslime, Geschlecht, sozialer Status (verheiratet, ledig, geschieden, verwitwet), Religion, Krankheit, Behinderung, Kultur, soziale Klasse, politische Partei, äussere Erscheinung (dick, dünn, haarig, blond, rot, schwarz, bunt, schön, hässlich …), ..

    …Nun, auf unsere Gesellschaft bezogen, handelt es sich bei den Abweichungen ja nicht darum, dass plötzlich Menschen mit 3 Augen auftauchten oder dergleichen, aber doch Menschen, die Dinge anders tun, anders sehen, anders darüber denken – was der Kern jeder Innovation ist. Mobbing, und generell der Ausschluss von „Aussenseitern“ aus Arbeitsgruppen ist also ein wichtiger Faktor der zu Verlust an Innovationspotential führt.
    .
    ..Gruppen, genau wie Individuuen, schaffen auch oft ihre eigene Realität. Dummerweise lassen sie sich aber kaum in eine psychiatrische Anstalt einweisen, sonst wäre z.B. die Scientology längst dort gelandet …‘

    http://www.brainworker.ch/psychologie/mobbing.htm

    Mobbing ist ein Angriff auf die Persönlichkeit insbesondere die Würde, diese ist in Deutschland durch die Verfassung geschützt – es gibt also ein Recht darauf nicht gemobbt zu werden.

    Nun betrifft das was ich hier schrieb natürlich eher Erwachsene oder auch Jugendliche.

    Aber wie ich in meinem langen Kommentar zuvor schon ausdrückte, glaube ich dass es noch sehr leicht ist, kleinen Kindern unmissverständlich klar zu machen, dass die ‚Freude‘ am fertig machen anderer – schlichtweg unakzeptabel ist – um es mit dem altmodischen Wort ‚Anstand‘ zu defnieren, für welches ich eine gewisse Vorliebe habe, es verstößt gegen den Anstand und mir geht es gewiss nicht darum Kinder irgend einer Norm ‚zu unterwerfen‘, sondern vorallem ihnen nicht durch eigene zur Schau gestellte Gleichgültigkeit den Gefühlen anderer Gegenüber (wie ich das eben auf Spielplätzen immer wieder sehr deutlich sah), ein ganz miserables Beispiel zu geben, was in Sachen Gewissensbildung sicherlich sehr kontraproduktiv ist.

    Ein Grund für diese Hilflosigkeit ist mitunter auch eine Scham darüber, dass man natürlich manchmal seine 4 oder 5-jährigen einfach nur schwer zur Ordnung bringen kann – sämtliche Mittel schwarzer Pädagogik sind heute nicht mehr gesellschaftsfähig und das finde ich auch gut so, aber Realität ist – Kinder sind eben nicht einfach – gehorsam – und ich finde den ‚preußischen Gehorsam‘ auch nicht erstrebenswert. Aber nichts hindert Eltern einfach dazwischen zugehen – wirklich gar nichts.

    Viele scheuen in einer solchen Situation schlichtweg den öffentlichen Konflikt, oder die Kinder anderer Leute sind ihnen doch relativ egal. Ich weiß es nicht – Fragen eine solche Situation betreffend reagieren viele dann sehr ausweichend.

    Oder sie wollen sich nicht eingestehen, dass ihr Kind halt auch mal gemein ist, und heben es auf einen Podest und schauen nur durch eine rosa Brille auf das eigene Kind, oder sie sind wirklich selber so abgebrüht und es ist ihnen egal – ich weiß es nicht –

    Ich habe es in aller Regel nur nicht verstanden, warum eine Mutter reglos auf der Bank sitzt, wenn ihr 5-jähriger einen 2-jährigen, den er nicht kennt und mit dem er nichts zu tun hat, drangsaliert aus reinem Spaß an der ‚Freude‘.

    Ich springe in so einer Situation einfach auf und zerre mein Kind erst mal weg. Mir geht es da schlichtweg darum auch das andere Kind zu schützen, ganz unabhängig davon wie weit es mir gelingt, meinem eigenen Kind klarzumachen, dass sowas nicht okay ist.

    Ich weiß sehr gut, wie alt einen manchmal so ein kleiner Knirps aussehen lassen kann, aber deshalb in Lethargie verfallen und wegschauen? Das scheint mir doch die schlechteste Antwort auf das Problem zu sein.

    Eltern, die dann nur so gleichgültig dasitzen und warum auch immer, ihre Kinder gewähren lassen, demonstrieren selber eine solche Gleichgültigkeit den Gefühlen anderer gegenüber – es ist schon so, das kann ich nicht verstehen und ich denke, das Beispiel, dass sie ihren Kindern solcherart geben ist fatal.

    Das ist etwas völlig anderes, als wenn sich Lisa und Lena die Schippe auf den Kopf hauen, weil eine aus Versehen die Sandburg kaputt gemacht hat, die andere glaubt es wäre Absicht etc. Da geht es um ein echtes Missverständnis, unterschiedlicher Wille etc., der eben dann auch zu Streit führt. DAS ist kein Mobbing – das ist Streit.

    Mitunter scheint mir auch, dass den Eltern der Unterschied nicht klar ist. Aber so genau kann ich das nicht sagen, ich kann ja nicht in sie rein schaun.
    Ich habe nur beobachtet, dass es sehr unterschiedlich ist, wie Eltern mit solchen Situationen umgehen und auch dass dies völlig unabhängig vom Bildungsgrad und Status ist. Es gibt ganz einfache, ungebildete Leute, die da sehr patent und sozial sind, mit einem guten Sinn für Gerechtigkeit, der eben auch vor den eigenen Kindern nicht halt macht und Leute mit hohem Bildungsgrat, die anscheinend das Offensichtliche nicht begreifen – warum das so ist, ist mir schleierhaft, aber ich fand das ziemlich augenfällig.
     

  4. Wer startet denn hier nicht personen-bezogene ‚ad personam angriffe‘?

    – Jim – ?

    und was soll das mit Single, ‚Altjüngferlich und Kinderlos?????

    Nur um eins klarzustellen – ich verbrachte nicht einige Jahre meines Lebens viel Zeit auf Kinderspielplätzen um den Kindern anderer Leute zuzuschauen.

    Und was soll daran kinderfeindlich sein, den Kindern klarzumachen, dass Mobbing nicht akzeptabel ist, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet? Oder was soll daran kinderfeindlich sein, wenn einem die Kinder anderer Leute  auch nicht egal sind?

    Letztendlich kann man übrigens auch den Faschismus als ultimativen Ausdruck von Mobbing auf nationaler Ebne bezeichnen. Das trifft es ziemlich genau.

    Und diese Art destruktiven Rudelverhaltens findet man zuweilen auch……….
     
     

  5. Dilemmata in der Erziehung zum Frieden

    Und doch reden wir von Erziehung zum Frieden. Erziehung zum Frieden erfordert das Zugeständnis der Legitimität des Anderen, des Mitmenschen, und Legitimierung wiederum hängt zusammen mit der Loslösung von Stereotypen. Auf diese beiden Begriffe möchte ich tiefer eingehen: Legimitation des Mitmenschen und Stereotypen.
    […]
    Die Loslösung von Stereotypen mit gleichzeitiger Legitimierung stellt den Mitmenschen als jemanden dar, der Rechte besitzt, der Ehre besitzt, der auch Gefühle hat, der auch Leid kennt, der ebenfalls eine Geschichte und Symbole besitzt und Trauer kennt. Menschen haben Bedürfnisse, haben Rechte. Die Art und Weise der Umsetzung der Rechte hängt von den Umständen und Zwängen ab, und auch darüber können Meinungsverschiedenheiten auftauchen. Doch es gibt die Rechte …

  6. hi Schlicke, themenbezogen möchte ich Dir beipflichten, es ist mit Sicherheit nicht die „Erziehung“ zu „Anstand“, „Religiosität“ oder was weiß denn ich, zu Konformität, die uns zu guten Menschen machen kann, nur eines, mit Deinen, nun ja, wenig qualifizierten ad personam Angriffen* ists aber auch nicht getan.
     
    Grüße!

    *‘Single’, ‘altjungferlich’, kinderlos, und kinderfeindlich.

  7. Ich haben den Artikel noch nicht zur Gänze gelesen, aber so weit ich mich durchgearbeitet habe, kann ich den Autoren nur bestärken.

    Wie kann man ernst genommen werden, wenn man vor vollständiger Lektüre eines Beitrags diesen bereits kommentiert? Interessiert einen/eine das Thema überhaupt, wenn man es zu Ende zu lesen nicht im Stande ist? Kündet es nicht von bornierter Oberflächlichkeit und maßloser Profilierungssucht, wenn man ohne Kenntnis des vollständigen Artikels bereits, blindlings gleichsam, ‚in die Tasten zu hauen‘, zu kommentieren beginnt?

    Aus den auf diese zweifelhafte Weise zustande gekommenen Wortwürsten und Satzschlangen der Kommentatorin spricht eine frustrierte Frau, eine Frau die nie Kinder hatte, eine Frau, die sich weder in die Situation von Kindern, noch in die von Eltern oder Erziehern hineinversetzen kann.

    „Jane“ ist ganz offensichtlich ‚Single‘, ‚altjungferlich‘, kinderlos, und kinderfeindlich. Dennoch glaubt sie (auch) mitreden zu können, wenn es um familiäre Belange geht.

    „Jane“ müsste einem eigentlich leid tun, wenn sie nicht diesen unstillbaren Drang in sich verspürte, über Dinge zu fabulieren, von denen sie nichts versteht, wenn sie sich ferner nicht beständig durch selektive Wahrnehmung der Welt (nur Israel vergeht sich für sie gegen die Menschenrechte; was, beispielsweise, mit Tschetschenen oder Kurden geschieht, ist ihr vollkommen gleichgültig) als unkompetent erweisen würde.

    Im übrigen: „Anstand, Respekt und Gemeinsinn“ gelten als typische Worthülsen einer ganz bestimmten Klasse deutscher Menschen. Sie sind die erklärten Ideale von autoritätsverliebten Individuen, von deutschen Neonazis und von deren christlich-konservativen Gesinnungsgenossen, von Leuten also, die selbst nie echte elterliche Liebe empfangen haben, die selbst nie in der Lage waren ihren Kindern oder Kindern überhaupt Zuneigung, Sicherheit, Selbtbewusstsein entgegen zu bringen, von Leuten, die ihr persönliches Mit-der-Gesellschaft-nicht-zu-Recht-kommen-können auf ihre Umgebung ausstrahlen und diese zutiefst negativ beeinflussen.

    „Jane“, Sie sind durchschaut!

  8. Ich haben den Artikel noch nicht zur Gänze gelesen, aber so weit ich mich durchgearbeitet habe, kann ich den Autoren nur bestärken.

    Er spricht mir regelrecht aus der Seele.

    ‚Entgegen der oft gehörten Meinung, die Einigung auf Wertestandards sei in der heutigen zerrissenen Zeit absolut unmöglich, stelle ich die These auf, dass diese Gesellschaft nur mit einem in aller bunten Vielfalt gefundenen Wertekonsens zivilisiert überleben kann.‘

    Mir scheint, dass die Kluft, die das Verschwinden der Religion gelassen hat, zu einer Beliebigkeit geführt hat, die viele Eltern relativ lethargisch werden lässt, was Werte anbetrifft. Nicht, dass ich mir die rigiden Regeln unserer Großeltern zurückwünschen würde, aber eine Renaissance des altmodischen Wortes ‚Anstand‘ würde ich mir schon wünschen.

    Die Ergebnisse dieser Lethargie kann man später in der Schule studieren, wenn Kinder sich zu Rudeln zusammen schließen und andere ausgrenzen. Was Kinder damit mitunter anderen Kindern antun ist wirklich schlimm.

    Nun ist es nicht leicht für Lehrer in solche Situationen regulierend einzugreifen und erfordert viel Fingerspitzengefühl auf allen Seiten, wenn die Kinder schon etwas älter, sprich Teenager sind (wenn das auch keine Entschuldigung zum Wegschaun sein kann).
    Ich persönlich habe dazu eine Theorie. Viele Eltern halten es nach meiner Beobachtung für relativ überflüssig ihren Kindern Werte beizubrinen, so lange diese noch ganz klein sind.

    So erstaunlich das ist, aber auch auf den Spielplätzen unter Kindergartenkindern gibt es schon Mobbing und viele Eltern sitzen dabei und halten es nicht für notwendig ihre Kinder zurechtzuweisen. Sie glauben – man muss die Kinder ’streiten lassen‘.

    Nun gehört Streit natürlich dazu und natürlich sollten auch kleine Kinder mitunter ihre Konflikte ganz einfach selber austragen können. Und natürlich sind die lieben Kleinen mitunter die reinsten Sozialmonster. Das braucht ja nicht zu überraschen.

    Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen Streit und Mobbing und Mobbing ist nie tolerierbar, auch nicht wenn es sich um Mobbing unter Kindergartenkindern handelt.

    Mobbing zielt einfach darauf ab, den anderen zu erniedrigen um sich selbst stark und unantastbar zu fühlen. Es ist gewissermaßen ein Machtrausch im Kleinen. Es ist kein Streit der ernstlich um irgend eine Meinungsverschiedenheit ginge, sondern eine Aggression um ihrer selbst willen. Man kann das auch bei kleinen Kindern schon sehr gut unterscheiden.

    Die Gleichgültigkeit, die ich bei nicht wenigen Eltern sah, die untätig dabei saßen, während ihre Kleinen andere Kinder drangsalierten hat mich immer wieder sprachlos gemacht.

    Sie signalisieren ihren Kindern ja damit, dass das in Ordnung wäre.

    Wenn diese Kinder dann Teenager sind, ist es sehr viel schwieriger korrigierend einzugreifen, als dies bei kleinen Kindern der Fall ist.

    Grundsätzlich stellt sich natürlich auch die Frage nach einer Kultur des Miteinanders, wenn man die Wichtigkeit von einem gewissen Maß an Höflichkeit und Achtung des Anderen einfordert – diese Kultur lebt ihnen unsere Gesellschaft natürlich leider nicht unbedingt vor – da herrscht dann das ‚Survival of the Fittest‘, eine pseudo-evolutionäre Auslese und die relative Brutalistät gesellschaftlicher Verhältnisse selbst hier im relativ wohlhabenden Deutschland sind für eine Entwicklung hin zu Anstand, Respekt und Gemeinsinn nicht unbedingt förderlich. Auch das ‚Vorbild‘ unserer Eliten ist kaum gegeben, wenn sich diese am Fiskus vorbei die Taschen vollstopfen und den einfachen Arbeiter, als verschiebbares ‚Humankapital‘ betrachten, denn Respekt sollte nicht vom Kontostand abhängen, einen Umstand den Religionen zumindest noch ein wenig beleuchteten in der Ansage, dass ‚vor Gott alle Menschen gleich sind‘.

    Trotzdem – ich glaube es wäre schon viel gewonnen, wenn Eltern und Kindergärnerinnen einsehen, dass es sinnvoll ist, auch ihre Kleinen, auch die Grundschulkinder durch die Lehrer etc. aufmerksam zurechtzuweisen, sobald diese sich anderen gegenüber wirklich unakzeptable verhalten.

    In diesem Alter sind die unmittelbaren Folgen zwar scheinbar harmlos, langfristig glaube ich aber, sind sie es nicht. Und in diesem Alter ist es auch noch sehr einfach einzugreifen – es würde sich sicher bezahlt machen.

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