Undiplomatischer Streik

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Israels Ansehen in der Welt ist derart schlecht, dass die Mitarbeiter des Außenministeriums in Jerusalem die Gelegenheit nutzen, mit diplomatischen Mitteln auch noch die letzten Freunde des Landes zu verprellen…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 30. Juni 2010

Sie halten sich für schlecht bezahlt und sind in den Streik getreten. Vor einer Woche beschlossen sie, in Jeans und mit Sandalen zur Arbeit zu erscheinen, und nicht – wie halt bei Diplomaten üblich – mit Schlips und Anzug. Telegramme der Auslandsvertretungen wurden nicht mehr an das Amt des Regierungschefs weitergeleitet.

Seit Montag eskalieren die Sanktionen. Der russische Außenminister Sergei Lavrov musste nach seiner Landung am Flughafen warten, bis der Vizeaußenminister Dany Ayalon eine russische Flagge aufgetrieben und dem offiziellen Gast den roten Teppich eigenhändig ausgerollt hatte. Denn der Fahrer der Staatslimousine hatte auf dem Weg zum Flughafen die Weisung erhalten, umzukehren. Die wütenden Russen waren nahe dran, die offizielle Visite zu stornieren. Um die russische Delegation und den Minister nach Jerusalem zu bringen, mussten auf die Schnelle ein paar Mietwagen besorgt werden.

Ähnlich erging es Nikolay Mladenov, dem bulgarischen Außenminister. Den hatten seine offiziellen israelischen Begleiter in der Holocaust Gedenkstätte einfach stehen gelassen. Die bulgarische Botschaft musste ebenfalls Mietwagen organisieren, nachdem die Limousinen des Außenministeriums verschwunden waren. Evelin Ilves, Gattin des Präsidenten Estlands, musste sich ein Taxi rufen, als sie plötzlich alleine da saß in einem arabischen Restaurant in Abu Gosch nahe Jerusalems.

Die Forderung nach einer Angleichung ihrer Bezüge mit den Gehältern von Diplomaten im Ausland, könnte peinliche Folgen haben. So weigerten sich die Diplomaten zunächst, den bevorstehenden Besuch des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington vorzubereiten. Aus Rücksicht auf die schon groß angekündigte und natürlich sehr wichtige Visite Netanjahus im Weißen Haus mitsamt einem Treffen mit Präsident Barack Obama wollen die streikenden Diplomaten da wohl eine Ausnahme machen. Andere israelische Politiker müssen ihre Termine selber arrangieren und können nicht mit logistischer Hilfe der Botschaften rechnen. Netanjahus Sicherheitsberater Uzi Arad hat deshalb schon einen Besuch in Moskau abgesagt, während Außenminister Avigdor Lieberman seinen russischen Amtskollegen zum Essen in Jerusalems Nobelherberge King David einladen musste, um nicht vor leeren Tellern bei dem ursprünglich im Außenministerium geplanten Festessen zu sitzen.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

7 Kommentare

  1. „Seit wann sind die Russen Freunde Israels???“

    Populistischer, unsachlicher Einwurf.

    Israel hat bekanntlich einen bedeutenden Anteil von RussInnen in seiner multiethnischen Bevölkerung.

    efem

  2. @HDM
    Nun ja, der Beliebtheitsgrad wird heute offensichtlich anhand der Anzahl der Facebook-friends „gemessen“!?
    Geh, schau mal nach, ob in diesem social network diesbezüglich etwas zu finden ist? 🙂

    Sollte die Betonung des HDM-Statements auf „ehrlich“ liegen, so sind wir bei facebook sicher falsch; da würde ich wohl eher kommentieren:
    „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ 😉

  3. „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich´s gänzlich ungeniert!“
    Sagenhafte Dämlichkeit. So macht man sich ohne Not zum Hanswurst, über den alle Welt lacht. Spricht sich bestimmt rum bei Diplomats. Jede Bananenrepublik verhält sich klüger.
    Die von dieser ganz erstaunlichen Unfähigkeit der jetzigen israelischen Regierung zur Einhaltung von Mindestanforderungen der weltweiten, ungeschriebenen diplomatischen Etiquette betroffenen AusländerInnen werden es zwar achselzuckend hinnehmen, sich aber kaum danach sehnen, der jetzigen Regierung des kleinen, rel. unbedeutenden Mittelmeerstaat mal wieder einen Besuch abzustatten.
    Wer nicht mal das auf die Reihe kriegt, wird, so mögen sie empfinden, wenn sie es auch nicht artikulieren, sich auch sonst nicht unbedingt vernunftgeboten verhalten Jedenfalls dürfte eine gewisse Befremdung als Schaden daraus entstehen: Schade.
    —–
    Ãœbrigens ist die jetzige Regierung des vor 62 Jahren ausgerufenen Staates Israel nicht gleichzusetzen mit dem jüdischen Volk, das weiß sogar ich 🙂
    efem

  4. @Baruch Zion —-

    … und allein schon der Ton und Stil, wie Sie Herr BZ das undiplomatische Verhalten der sogenannten „Diplomaten“ kommentieren zeigt, woran man bei Ihnen seit – wie sie ungerührt verkünden – mehr als 3000 Jahren  ( letztendlich in Folge ) „leidet“.

    Haben aber denn diese 3000 Jahre nicht ausgereicht, um darüber nachzudenken und nachzuforschen, ob es denn nicht besser und für das Volk selber nützlicher wäre ein anderes Verhalten ( vielleicht nur mal so zur Probe ) zu zeigen ??????

  5. Herr Sahm Sie schreiben ja schon wie ein Reporter von der Bild.

    Das was Sie  als sogenanntes schlechtes Ansehen betrachten, kennen wir von der Welt schon seit 3300 Jahren und ist nichts neues fuer uns.

    Vieleicht ist es fuer Sie was neues mit dem schlechten Ansehen aber wir koennen damit leben.

    Und wenn Angestellte streiken wollen dann haben sie einen Grund das zu tun.
    Sie sollten dann lieber darueber schreiben warum Menschen Streiken wollen.

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