Der Jesus-Skandal

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Ein Liebermann-Bild im Kreuzfeuer der Kritik – Ausstellung der Hamburger Kunsthalle von 18. April bis 18. Juli 2010…

Mit der Ausstellung Der Jesus Skandal widmet sich die Hamburger Kunsthalle einem zentralen Ölgemälde: Der zwölfjährige Jesus im Tempel von 1879. Es handelt sich dabei um eines der bedeutendsten Werke Max Liebermanns (1847-1935), auf das zum 75. Todesjahr des Künstlers die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll.

Als der Künstler das Gemälde erstmals 1879 auf der Internationalen Kunstausstellung in München zeigte, löste es einen Skandal aus. Der jüdische Maler – so die damalige Kritik – habe
sich an dem christlichen Thema des „zwölfjährigen Jesus im Tempel“ vergangen, vor allem, da er den Heiland als „jüdischen Lausebengel“ von der Straße charakterisiere. Zu weit habe sich Liebermann von der traditionellen Darstellungsweise des Christus als göttlichem Knaben und dessen geistiger Überlegenheit gegenüber den jüdischen Schriftgelehrten entfernt. Dabei übersahen die vor allem antisemitisch gefärbten Vorwürfe einerseits, dass Liebermann ein Leben als assimilierter Jude führte. Andererseits verkannten sie seine künstlerische Intention: das Bemühen um eine möglichst realistische Darstellung. Die Empörung über das Gemälde traf Liebermann so sehr, dass er den Jesusknaben in den nachfolgenden Jahren übermalte.


Max Liebermann (1847-1935), Der zwölfjährige Jesus im Tempel, 1879
Öl auf Leinwand, 149,6 x 130,8 cm
Photo: Elke Walford, © Hamburger Kunsthalle / bpk

Der zwölfjährige Jesus im Tempel ist eines der wenigen und zugleich eines der frühesten religiösen Bilder Liebermanns. Es hat bis heute nichts von seiner Bedeutung und seiner Spannung verloren und ist mit seinem Thema, das an die Wurzeln des Judentums wie des Christentums rührt, höchst aktuell. Noch immer wirft das Werk aus der Sammlung der Hamburger Kunsthalle viele Fragen auf, sei es zur Werk-Genese und -Geschichte, als auch hinsichtlich des Skandals bzw. Liebermanns Haltung angesichts der religiösen Debatten und der Veränderungen im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Neben dem Gemälde, Skizzen und Studien Liebermanns, werden Werke mit demselben ikonographischen Thema ausgestellt: ein Holzschnitt Albrecht Dürers, verschiedene Radierungen von Rembrandt Harmensz van Rijn, aber auch Darstellungen von Liebermanns Zeitgenossen, wie das Ölgemälde von Heinrich Hofmann oder das Pastell Adolph Menzels. Es ist bekannt, dass sich Liebermann einige dieser Darstellungen zum Vorbild genommen hat oder sich mit ihnen kritisch auseinandersetzte. Insgesamt werden 25 Kunstwerke gezeigt – darunter neun Leihgaben (u. a. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin; Museum Kunst Palast, Düsseldorf; Stiftung Saarländischer Kulturbesitz/Saarland-Museum; Kunsthaus Zürich; Thomas LeClaire Kunsthandel, Hamburg).

Außerdem werden mit dokumentarischen Exponaten die Geschichte des Werkes und der Skandal neu beleuchtet. Die Hamburger Kunsthalle hatte das 1911erworbene Gemälde im Jahr 1941 aus politischen Gründen verkauft und es 1989 mit Hilfe der Campe’schen Historischen Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder wieder zurück erworben.

Zur Ausstellung, die bis März 2010 in der Liebermann-Villa, Berlin, in etwas anderer Form gezeigt wurde, ist ein Katalog im Eigenverlag der Max Liebermann Veranstaltungs GmbH erschienen.

Weitere Informationen: www.hamburger-kunsthalle.de

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