Die Demjanjuk-Prozesse

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Holocaust-Cabaret am Heidelberger Stückemarkt…

Von Ramona Ambs

Ein Stück wie „Die Demjanjuk-Prozesse“ zeigt, daß selbst die Juden wissen, was sie vom allgemeinen „Holocaust-Kult“ zu halten haben und daß es selbst unter ihnen inzwischen einige gibt, die es für klug halten, allmählich die Notbremse zu ziehen, ehe die jüdische Allgemeinheit wieder einmal als Ganzes das Bad zu bezahlen hat, das ihre führenden Vertreter ihr angerichtet haben. Die Frage wann sich diese Erkenntnis in einer für gewisse Mitbürger in eher unangenehmer Weise Bahn bricht, lautet nicht Ob? Sondern Wann? Und man sage nicht, sie wären nicht gewarnt worden.“

So lautet das Fazit der rechtsextremen Webseite altermedia zum aktuellen Stück „Die Demjanjuk-Prozesse“ in Heidelberg. Dort  bejubelt man das Werk des kanadisch-jüdischen Autors Jonathan Garfinkel, weil es sämtliche antisemitische Motive aufnimmt: There is no buisness like Shoa-buisness ist eine These, die mal eben so nebenbei fällt, während der israelische Anwalt auf dem Klo kokst. Und die vielen antisemitischen Witze im Stück machen den Nazis auch Spaß…

Ist es also ein antisemitisches Stück ?

In diesem Stück gibt es kein Publikum. Es gibt auch keine Zuschauer, jedenfalls keine, die einfach nur zuschauen dürfen. Entweder wird man zum Voyeur gemacht oder zum Mittäter. Eine andere Wahl hat man nicht.

Noch während sich das Theater nach und nach füllt, erscheinen auf der großen Bühnenwand Mitteilungen:

„Willkommen in der Demjanjuk-Sammelzone. Bitte halten Sie ihr Fotohandy bereit“. Und nachdem Demjanjuk (Klaus Cofalka-Adami) in seinem Rollstuhl auf die Bühne gewuchtet wird, erscheint an der Wand die neue Aufforderung: „Sie haben nun Gelegenheit zu fotografieren“. Der Zuschauer wird  also erst mal sensationslustiger Journalist. Als solcher bekommt man dann auch ein flottes Liedchen geträllert und wird in der „Demjanjuk-Show“ willkommen geheißen.

Neben dem alten Demjanjuk hüpft der junge Iwan (Daniel Stock) in schwarzer SS-Montur durchs Publikum. Er schüttelt Hände, macht Komplimente, er ist der gute Nachbar von nebenan, wie John Demjanjuk stets von seinen Freunden in Ohio geschildert wird. Doch vom freundlichen Nachbarn zum antisemitischen Witzemacher sind es nur zwei Minuten.

„Warum hat VW so wenige jüdische Kunden?- weil die meisten Probleme mit dem den deutschen Vergasern haben“ – und das Publikum lacht und ist plötzlich Komplize. Das Publikum soll beim Kopfrechnen helfen. Gesucht wird die Zahl JPM, Juden Pro Minute: wenn pro Tag in Treblinka 18000 Juden vergast wurden, wieviel  waren es dann pro Minute? Je höher die Zahl, desto besser die Auslastung.

Derart drastische Szenen wechseln mit glossig-schaurigen Liedern über den Himmel, der noch viel mehr Hunger auf Juden hat, als die Kzs ihm Wolken hoch senden können. Dann wieder sieht man den alten Demjanjuk verzweifelt in seiner Zelle sitzen. Rückblenden in sein Leben. Demjanjuk war auch Opfer. Die Hungersnot war groß, die Mutter setzt dem Zehnjährigen seinen Hund als Mittagessen vor, damit er ihr nicht verhungert. Später im Krieg wird er von den Deutschen in Gefangenschaft genommen. Originalaussagen Demjanjuks werden auf die Bühne geworfen. Deutschland ist schuld an seiner Misere. Der Prozeß in Israel wird dokumentarisch nachgespielt. Doch dass Publikum darf nie nur Zuschauer sein, stets wird es genötigt seine Position zu überdenken. Kaum beginnt man Demjanjuk auch als Opfer zu sehen, vergewaltigt der junge Iwan einen blauen Frauenmantel. Sieht man in ihm den Täter, wird gezeigt wie ausgeliefert der junge ukrainische Demjanjuk den Deutschen war. Und immer wieder wird die Szenerie im Brecht`schen Stil durch Lieder unterbrochen. Am Ende bleibt das Publikum betreten und ratlos im Dunkeln des Theaters zurück und es dauert lange bis der verdiente Applaus einsetzt.

Dem Anliegen Garfinkels, die beiden Prozesse gegen Demjanjuk als absurdes Theater darzustellen, wird das Stück im vollen Maße gerecht. Demjanjuk mag zwar schuldig sein, er wird aber für weit mehr instrumentalisiert :

Im ersten israelischen Prozess, um überhaupt eines Täters habhaft zu werden und von den Deutschen im Jahre 2009, um sich durch die Verurteilung als juristisch geläutert darzustellen. Garfinkel konsequent angewendet würde bedeuten, dass Deutschland sich mehr und besser um die eigenen deutschen Täter (z. B. die Vorgesetzten Demjanjuks) hätte kümmern sollen, die ja allesamt mit geringen Strafen davon kamen und dass man sich heute besser mit der Aufarbeitung der schrecklichen Geschichte befassen sollte, anstatt sich stets in dem Gefühl zu sonnen, man sei nicht so ein schrecklicher Demjanjuk. Bei Garfinkel sitzt nicht Demjanjuk auf der Anklagebank, sondern das gesamte deutsche Publikum.

Das Stück ist wieder am 11.5. und am 29.5. 2010 im Zwinger 1 in Heidelberg zu sehen.

Die Demjanjuk-Prozesse
von Jonathan Garfinkel
Deutschsprachige Erstaufführung
Aus dem Englischen von Frank Heibert
Regie: Catja Baumann, Bühne: Anja Koch, Kostüme: Leah Lichtwitz, Musik und Sounddesign: Matthias Engelke, Dramaturgie: Nina Steinhilber, Jan Linders.
Mit: Klaus Cofalka-Adami, Daniel Stock, Simone Mende, Natalie Mukherjee, Heiner Junghans, Frank Wiegard, Grazyna Asam (Akkordeon).

Eine gute, auch anhörbare Kritik zum Stück gibt es unter dradio.de
Fotos: © Markus Kaesler

2 Kommentare

  1. Ein Lesehinweis:

    Die ellenlange und höchst leidvolle, viele Staaten miteinbeziehende Vorgeschichte des Demjanjuk-Prozesses beschreibt die protestantisch-ungarische, nicht judenfeindlich gesinnte Journalistin-Publizistin Gitta Sereny in ihrem Buch „Das deutsche Trauma“(München 2000). Darin behandelt sie auf über sechzig Seiten eine Reihe von Aspekten des Falles, darunter dessen internationale Dimension, dessen Akteure der ersten wie der zweiten Linie, dessen Hintergründe und Opfer der Jahre nach 1945(!).
    Das englischsprachige Original erschien unter dem Titel „The German Trauma. Experiences and Reflections 1938-2001“ (London 2000).

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