Ein Wegbegleiter Israels – Der deutsch-jüdische Fotograf Werner Braun

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„Ich hatte eine glückliche und sorglose Kindheit in Nürnberg“, erinnert sich der deutsch-jüdische Fotograf Werner Braun. Im Juni 1918 in der Frankenmetropole geboren, hatte er in seiner Jugend den Antisemitismus zwar gespürt, aber nicht ernst genommen, obwohl er bei seinem täglichen Weg zur Schule an einem der vielen „Stürmer-Kästen“ vorbeikam, in denen das Hetzblatt des NSDAP-Gauleiters Julius Streicher ausgehängt war…

Von Jim G. Tobias

„Sie veröffentlichten immer diese Horror-Geschichten über uns Juden“, entsinnt sich Werner Braun. „Doch ich habe nur gelacht, weil wir doch nicht so aussahen, wie sie uns auf den Karikaturen dargestellt haben.“ Die Machtübernahme der Nazis beendete seine unbeschwerte Jugendzeit jäh. Eigentlich hätte Werner Braun die Möbelfabrik seines Onkels übernehmen sollen, doch er musste Deutschland verlassen. „Mit der Wahl Hitlers ging meine deutsch-jüdische Philosophie flöten und ich wurde Zionist.“ Auf verschiedenen Hachscharot in Dänemark und Schweden bereitete er sich auf sein zukünftiges Leben in Palästina vor. Fast zehn Jahre verbrachte er auf mehreren dieser Trainingsfarmen, bis er 1946 endlich die Reise nach Erez Israel antreten durfte.

Doch statt Bauer in einem Kibbuz zu werden, erfüllte sich Werner Braun einen Jugendtraum und wurde Pressefotograf in Jerusalem. Bereits in Schweden war er der Faszination der Fotografie erlegen und hatte sich eine gebrauchte Rolleiflex gekauft. „Ich bastelte mir einen Vergrößerungsapparat und kopierte und entwickelte im Badezimmer der Hachschara bis früh um fünf Uhr meine Bilder.“ In Palästina angekommen, übernahm Braun ein kleines Atelier. Es waren unruhige Zeiten. Militärische Auseinandersetzungen zwischen Engländern, Arabern und jüdischen Einheiten bestimmten den Alltag im damals noch britisch verwalteten Palästina. Mit einem Scoop – exklusive Fotos eines Bombenanschlags in der Ben Yehuda Straße –im Jahre 1948 begann Werner Brauns Laufbahn als Pressefotograf. „Krieg und Terrorismus halfen mir bei meiner Karriere“, sagt der heute 91-Jährige rückblickend. Seit über einem halben Jahrhundert begleitet Werner Braun mit seiner Kamera den jüdischen Staat durch alle Höhen und Tiefen. Viele seiner Fotografien sind inzwischen historische Dokumente.

Während des Eichmann-Prozesses war Werner Braun im Auftrag der israelischen Regierung tätig und machte u. a. die bekannten Aufnahmen von Adolf Eichmann im Glaskäfig. „Einmal saß ich auf dem Balkon direkt über ihm und habe mit einer Teleskoplinse seine Notizen abfotografiert“, erzählt er mit einem schelmischen Lächeln. „Das war natürlich verboten; ich musste das Negativ abgeben und es wurde vernichtet.“ Seine Portraits von Ben Gurion, Golda Meir, Moshe Dayan und vielen anderen Politikern wurden dagegen in allen großen israelischen und internationalen Zeitungen veröffentlicht. In seinem Archiv, das über eine halbe Million Negative umfasst, finden sich auch viele einzigartige Schnappschüsse: Vor 43 Jahren, an seinem 49. Geburtstag, machte er eines dieser Fotos, die um die Welt gingen. Nach dem gewonnenen Sechstagekrieg, im Juni 1967, konnten die Juden nach langer Zeit wieder zum Beten an die Klagemauer. Das Bild der tanzenden Soldaten gehört zu seinen Lieblingsfotos. „Ein bisschen patriotisch habe ich schon gefühlt“, erinnert sich der gebürtige Nürnberger. „Ich bin zwar ein Jecke und stolz darauf, aber leben in Deutschland möchte ich nicht, meine Heimat ist Israel.“


Werner Braun vor der Westmauer mit seinem Bild der tanzenden Soldaten von 1967. Foto: Jim G. Tobias

Wie die Pressefotografen Paul Goldmann und David Rubinger bannte Werner Braun über Jahrzehnte den politischen und gesellschaftlichen Alltag im Staat Israel auf Zelluloid. Gleichwohl stand er immer im Schatten seiner Kollegen. Zu Unrecht – denn auch Werner Brauns Fotografien dokumentieren einfühlsam das Lebensgefühl der Menschen in Israel, zeigen die Freude der Neueinwanderer, die Bedrohung des Staates in seinen unzähligen kriegerischen Konflikten und portraitieren die Staatsführung von den Gründern bis in die Gegenwart. Werner Braun gehört außerdem zu den Pionieren der israelischen Unterwasserfotografie. Seine ersten Bilder schoss er im Roten Meer mit einer handelsüblichen Kamera, die er in einen alten Autoreifen steckte. „Ich setzte mich unter Wasser auf einen Felsen und wartete“, getreu seinem Motto: „Nur wenn man Geduld hat, gelingen einem gute Fotos.“ Zur Ruhe setzen will sich der lebenslustige 91-Jährige noch lange nicht. „Ich bin zwar nicht mehr so aktiv, aber immer noch sehr neugierig – schon deshalb möchte ich Hundert werden.“

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