Straffreiheit für zwei Neonazi-Kader

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Freisprüche für alle Angeklagten: Das Gerichtsverfahren gegen eine Antifaschistin, die zusammen mit zwei Neonazis auf der Anklagebank sitzen musste, ist vor dem Amtsgericht Neustadt am Rübenberge (Region Hannover) ohne Strafen zu ende gegangen…

indi-rex, 9. April 2010

Den beiden Rechtsradikalen Marcus Winter und Marco Siedbürger – beide einschlägig vorbestrafte Schläger – wurde vorgeworfen, vor knapp zwei Jahren die Mitangeklagte vor ihrer Wohnung in Wunstorf (Region Hannover) verprügelt zu haben. Die Neonazis hatten im Gegenzug eine Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und versuchter gefährlicher Körperverletzung gestellt, denn die junge Frau habe versucht sie mit ihrem Wagen anzufahren.

Amtsrichterin Frauke Pleines sprach die Rechten aus Mangel an Beweisen frei. Selbst die Staatsanwaltschaft hatte Freisprüche für alle Angeklagten gefordert. „Aus vollem Herzen“ verkündete die Richterin hingegen den Freispruch für die Nazi-Gegnerin, die seit mehreren Jahren von Mitgliedern der inzwischen im neonazistische Koordinations-Netzwerk „Westfalen-Nord“ aufgegangenen „Nationalen Offensive Schaumburg“ bedroht wird. Selbst wenn sie versucht hätte, die beiden Mitangeklagten anzufahren, wäre dies’ Nothilfe gewesen, hieß es. Denn die vierköpfige Gruppe Rechtsradikaler vor dem Wohnhaus der Wunstorferin marschierte gerade auf ihren Vater zu.

Am zweiten Verhandlungstag am Donnerstag führte die Polizei einen Mann aus Nienburg (Weser) vor, der zum ersten Termin nicht erschienen war. Der Zeuge war ebenso wie ein 22-jähriger Schaumburger an dem Tatabend im Juni 2008 Begleiter von Winter und Siedbürger. Auch er ist der neonazistischen Szene zuzurechnen und nahm bereits am „Stammtisch Nationaler Kräfte“ in Hannover teil – einem überregionalen Vernetzungstreffen der NPD und „Freien Kräften“. Auch die Aussage des Nienburgers konnte nicht wirklich zur Aufklärung der Tat beitragen.

Der Überzeugungstäter Winter, der als Initiator der jährlich in Bad Nenndorf (Kreis Schaumburg) stattfindenden „Trauermärsche“ gilt, wurde vor Gericht von Szene-Anwalt Stefan Böhmer aus Nordbayern verteidigt. Böhmer ist selbst wegen Volksverhetzung verurteilt. Der 28-jährige Siedbürger verbüßt zurzeit eine Haftstrafe wegen Körperverletzung. Winter saß bis vor kurzem unter anderem wegen Volksverhetzung im Gefängnis.