„Fastenpredigt am Nockherberg war unter der Gürtellinie!“

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Als „unbedacht“ bezeichnet die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, die KZ-Anspielung in der gestrigen Fastenpredigt von Bruder Barnabas am Nockherberg…

„Bei allem Respekt für die künstlerische Freiheit des Kabarettisten Michael Lerchenberg ist eine Grenze überschritten worden, die nicht hinnehmbar ist. Scherze, die das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern verharmlosen oder gar der Lächerlichkeit preisgeben, sind eine Schande für die ansonsten gelungene Veranstaltung. Seit Jahren besuche ich mit Interesse und Wohlwollen den Nockherberg, aber einen derartigen Ausrutscher unter der Gürtellinie habe ich bislang noch nicht erlebt“, so die Zentralratspräsidenten, die zu mehr Besonnenheit bei der Auswahl kabarettistischer Inhalte aufruft.

Michael Lerchenberg hatte in seiner satirischen Fastenpredigt gesagt, FDP-Chef Guido Westerwelle wolle nun alle „Hartz IV“-Empfänger bei Wasser und Brot in einem Lager in Ostdeutschland sammeln – „Drumrum ein Stacheldraht – haben wir schon mal gehabt. Zweimal am Tag gibt’s a Wassersuppn und einen Kanten Brot. Statt Heizkostenzuschuss gibt’s zwei Pullover von Sarrazins Winterhilfswerk, und überm Eingang, bewacht von jungliberalen Ichlingen im Gelbhemd, steht in eisernen Lettern: ‚Leistung muss sich wieder lohnen‘.“

33 Kommentare

  1. @ Robert Schlickewitz
    Ihre Einstellung zur CSU können Sie als bekannt voraussetzen. Bemerkenswert ist nur, daß die Berufung auf den bayerischen Innenminister zwar auch ironisch gemeint war, aber eben nicht nur. Mich wundert daher v.a., daß Sie bereit sind, sich auf Leute zu berufen, bei denen Sie das normalerweise niemals täten, nur um Ihre Theorien noch irgendwie halten zu können. Das läßt tief blicken, Herr Schlickewitz.

    „Ãœber die Unmöglichkeit von Vergleichen habe ich mich oben unmissverständlich geäußert.“

    Ja, Thesen aufstellen können Sie, nur begründen können Sie sie nicht.

    Und nun zu Ihrem eigentlichen Thema:
    Ich bin für Sie vermutlich schon seit längerem ein rotes Tuch, an das Sie sich bisher noch nicht herangetraut haben… Nur, muß das jetzt unbedingt in Form von Beleidigungen – „Oma ‚Esther'“, „Quasseltante ‚Esther'“, „Ihre persönliche Umgebung (falls Sie noch eine haben) ist nicht zu beneiden“ – geschehen? Lassen wir das doch einfach weg, o.k.?

    Auch Sie sind mir auf diesem Forum schon seit längerem aufgefallen durch Ihr einzigartiges Talent, sich mit den falschen Leuten ins gleiche Boot zu setzen:

    Erst würdigen Sie Karlheinz als „kritischen Bayern“
    http://test.hagalil.com/2009/06/04/aufmaersche/comment-page-1/#comment-4326

    dann kommt der mit einem Mordaufruf
    http://test.hagalil.com/2009/08/05/nazis-in-bayern/comment-page-1/#comment-5074

    Zum notorischen Sexisten Leser140
    http://test.hagalil.com/2009/10/27/wasserknappheit/comment-page-1/#comment-7042

    von dem Sie sich reichlich spät distanziert haben
    http://test.hagalil.com/2010/01/09/kassam-abwehr/comment-page-1/#comment-8354

    entdecken Sie eine „Seelenverwandtschaft“
    http://test.hagalil.com/2010/01/04/scharon/comment-page-1/#comment-8205

    Gelegentlich fraternisieren Sie dann mit nationalreligiösen Spinnern: Namen möchte ich in diesem Fall nicht nennen, da ich niemanden beleidigen möchte (es handelt sich um niemanden, der bisher an dieser Diskussion teilgenommen hat, Koshiro weiß vermutlich, wen ich meine)…

    Kurzum: Ich habe mir sogar schon überlegt, ob das für Sie so eine Art Sport ist und Sie vielleicht nur testen wollen, mit wievielen Idioten man im gleichen Boot sitzen kann, ohne unterzugehen. Aber nein, Sie meinen es vollkommen ernst. Denn Sie haben eine Mission zu erfüllen: Die Belehrung der Deutschen über ihre dunkle Vergangenheit. Diesem Ziel ordnen Sie bedingungslos alles unter und haben möglicherweise auch in Ihrem Privatleben schon einiges geopfert. Dabei ist es Ihnen wohl sch…egal, mit wem Sie sich verbünden, solange das der „guten Sache“ dient: Wie sehr Sie der „guten Sache“ dadurch schaden, fällt Ihnen anscheinend schon lange nicht mehr auf.
    Ende meiner Fastenpredigt.

    Herr Schlickewitz, ich habe es Ihnen bisher zugute gehalten, daß Sie in Ihrem Leben aufgrund ihrer Einstellung sicherlich auch weit weniger akademischen Anfeindungen ausgesetzt waren, als Sie es hier einmal angedeutet haben. Vielleicht hat dies zur Verhärtung Ihrer Positionen beigetragen. Ich halte Ihnen auch zugute, daß es Ihnen um eine durchaus ehrenwerte Sache geht. Mir gelingt es daher nicht, Sie wirklich als Gegner zu betrachten.

    Wenn Sie mit mir schon keinen Frieden schließen können, wie wäre es dann wenigstens mit einem Waffenstillstand: Ich akzeptiere, daß Sie Ihre Thesen kaum begründen, und Sie akzeptieren, daß ich meine Thesen oft zu langatmig ausführe, einverstanden?

  2. „Westerwelle hat nur eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen, als er verlangte, wer mit seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt verdiene, solle mehr Einkommen haben als ein Transferleistungsempfänger.“

    Das ist aber der Fakt und damit reine Polemik eines Westerwelles, nur scheint ein Politiker in Dtl. das nicht zu wissen (sehr arm), denn wer wenig verdient kann mit Hartz IV aufstocken und damit verdient jeder um circa 300 Euro (Freibetrag: Familien dementsprechend mehr) jeder mehr als ein Hartz IV Empfänger. Vielleicht spricht sich das ja mal irgendwann auch bei einem Politiker oder den Bürgern herum.
    Außerdem sollten sich Politiker um die Schaffung von Arbeitsplätzen kümmern, und da die es nicht schaffen, wird gern auf die Schwächsten geschimpft. Feine Politikerwelt.

    „Der Kapitalismus hat diese Referenzen sehr wohl , Selbst der Sozialhilfe Empfänger lebt in Deutschland besser als Berufstätige in den meisten Ländern dieser Welt .“

    Es kommt sehr darauf an wo, denn die Lebensqualität inDeutschland kann man wohl kaum mit einem sehr armen Land vergleichen. In England und Frankreich zum Beispiel ist der Sozialhilfesatz wesentlich höher.
    Bitte informieren Sie sich ein wenig mehr. Danke.

  3. Westerwelle hat nur eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen, als er verlangte, wer mit seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt verdiene, solle mehr Einkommen haben als ein Transferleistungsempfänger. Der Staat ist zum Umverteilungsstaat mutiert . Dabei sind wir an einem Punkt angelangt, dass demnächst, vielleicht noch in diesem Jahr, ein Produktiver einen Transferleistungsabhängigen versorgt. Der Umverteilungsstaat beginnt, seine Substanz aufzuzehren.
    Der beispiellosen Wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands ist ins Stottern geraten , der neoliberale wurde von den Sozialismus Aposteln als Sündenbock dafür auserkoren . Aber wie kann das sein ? Deutschland gleich heute doch wohl mehr der DDR2.0 als einem Kapitalistischen Staat .
    Der Sozialismus ist vor 20 Jahren gescheitert ist . Und es gibt nirgendwo auf der Welt ein positives Referenz Modell . Sehr wohl gibt es Beweise das der Sozialismus direkt zu Hungersnöten und Gulags führt .
    Der Kapitalismus hat diese Referenzen sehr wohl , Selbst der Sozialhilfe Empfänger lebt in Deutschland besser als Berufstätige in den meisten Ländern dieser Welt . Ein in meinen Umfeld wohnendes Iranisches Ehepaar hat es sogar geschafft das schon drei ihrer Kinder Studieren . Und sie können sogar noch ein Auto mit der Sozialhilfe finanzieren .
    Das der Herr Michael Lerchenberg im Kampf für den Sozialismus den Liberalen Dämonisiert fügt sich nahtlos in die Deutsche Medienwelt . Nicht der Weg von Westerwelle führt uns zu zuständen wie in der NS-Zeit zurück sondern der Herr Lerchenberg und seine sozialsten Freunde würden Deutschland durch die Leugnung einfachster wirtschaftlicher Regeln mit Sicherheit ins Elend führen .
    Es gibt noch eine Parallele zwischen Michael Lerchenberg und den Nationalsozialisten , auch deutsche jüdischen Glaubens wurden in der NS Zeit entmenschlicht in sie wurde die eigene Bösartigkeit projektiert . Ich kann nur dringendst raten verbal abzurüsten und die eigenen Standpunkte zu überprüfen .
    http://www.welt.de/debatte/article6305249/Der-Sozialstaat-pumpt-Geld-und-vermehrt-die-Armut.html

  4. Wenn Sie meinen Artikel über ein CSU-Thema

    http://buecher.hagalil.com/2009/12/schloetterer/

    gelesen hätten, wüssten Sie, dass ich mich nur in höchst ironischer Weise auf den bayerischen Innenminister berufen habe.

    Über die Unmöglichkeit von Vergleichen habe ich mich oben unmissverständlich geäußert.

    Ist es denn wirklich nötig, dass Sie immer das letzte Wort haben müssen, Quasseltante „Esther“? Ihre persönliche Umgebung (falls Sie noch eine haben) ist nicht zu beneiden.

    RS

  5. Ich habe die Roider-Jackl-Anekdote absichtlich so unkommentiert stehenlassen, damit sich jeder seinen Teil dazu denken kann – interessant, welche Eruptionen bei Ihnen dabei herauskommen…

    Der Punkt, Opa Schlickewitz, ist doch folgender: In den 50er Jahren konnten offensichtlich nicht nur KZ-Häftlinge als Kriminelle, sondern auch Strauß als Göring bezeichnet werden – ohne irgendwelche Konsequenzen. Die Zeiten heute sind Gott sei Dank sensibler, nur… ist das auch bei Westerwelle & Co. angekommen?! Sehr selektiv, vermutlich: Während er verzweifelt und höchst sensibel versucht, aus der Fastenpredigt einen Vergleich zwischen seiner Person und einem KZ-Wächter herauszulesen (der da nicht drinsteht), agiert er wesentlich weniger sensibel, wenn’s um’s Austeilen an andere geht. Es geht z.B. also um die Asymmetrie zwischen Einsteckenkönnen und Austeilen, Herr Schlickewitz.

    Die Reaktion Olafs auf die Benennnung des bayerischen Innenministers zu Ihrem Kronzeugen beweist doch, daß Ihnen mittlerweile wohl nicht mehr klar ist, worin Sie sich bei der Verteidigung Ihrer Thesen so alles verstricken. Wissen Sie überhaupt, wie schief die Ebene ist, auf der Sie sich bewegen? Da kommen Sie im Ernstfall nicht mehr ‚runter!

  6. „Und noch etwas: Beim letzten “Sonntags-Stammtisch” im Bayerischen Fernsehen erzählte der Strauß-Darsteller Helmut Schleich, daß der Roider Jackl (bekannter bayerischer Volkssänger) 1954 auf dem Nockherberg folgendes Gstanzl sang (übersetzt ins Hochdeutsche): “Der Strauß geht figürlich ganz schön auseinand’, wenn er so weitermacht, dann paßt ihm bald dem Göring sein G’wand.” Der Roider Jackl mußte nicht gehen.“

    Oje, Oma „Esther“, das war ja wieder mal ein allerpassendster Beitrag von Ihnen.

    Mitte der 1950er Jahre war eine Zeit, in der noch überhaupt keine irgendwie geartete Sensibilität im Umgang mit der damals noch nahen Vergangenheit herrschte, eine Zeit also, die mit der unseren, heutigen nun wirklich nicht vergleichbar ist. Es liegen Dekaden der Aufklärung in allen nur möglichen Medien dazwischen. ‚Man‘ lernte inzwischen allmählich anders zu denken und sich auszudrücken.

    Damals konnte man als Bayer (und Deutscher)über Juden und „Zigeuner“ noch wüst schimpfen und brauchte dabei negative Konsequenzen nicht zu befürchten. Der Dachauer Bürgermeister etwa konnte es sich leisten die Häftlinge des ehem. KZ Dachau als Rechtsbrecher, als Kriminelle, die gegen die Gesetze der „damaligen Regierung“ verstoßen hätten zu bezeichnen(!).

    Das ginge doch wohl heute nimmer, oder Oma „Esther“?

    Man lernt doch hoffentlich im Laufe der Jahrzehnte hinzu und bleibt nicht auf dem alten Froschniveau von vorgestern stehen.

    Oder sind Sie eher in den Fünfzigern zu Hause als in der Jetztzeit, Oma „Esther“?

  7. Auch noch ein Nachtrag:
    „KZ-Vergleich“ ist eben nicht gleich „KZ-Vergleich“: Die Kritik an einer auch vor 1933 und nach 1945 existierenden Geisteshaltung, die u.a. dazu führte, sog. „Asoziale/ Arbeitsscheue“ in Arbeitslager zu stecken, ist etwas völlig anderes, als Guido Westerwelle als „KZ-Wächter“ o.ä. zu bezeichnen. Den Beweis für letzteres werden uns die angeblich so originalzitatverliebten und auf geistige Verkürzungen spezialisierten Dogmatiker natürlich schuldig bleiben. Wenn man sich dieser Thematik nur noch in Form von Gedenkreden und wissenschaftlichen Abhandlungen nähern darf, ist das die beste Methode, um zu verhindern, daß wir Deutschen irgendetwas aus unserer Vergangenheit lernen.

    Und noch etwas: Beim letzten „Sonntags-Stammtisch“ im Bayerischen Fernsehen erzählte der Strauß-Darsteller Helmut Schleich, daß der Roider Jackl (bekannter bayerischer Volkssänger) 1954 auf dem Nockherberg folgendes Gstanzl sang (übersetzt ins Hochdeutsche): „Der Strauß geht figürlich ganz schön auseinand‘, wenn er so weitermacht, dann paßt ihm bald dem Göring sein G’wand.“ Der Roider Jackl mußte nicht gehen.

  8. NACHTRAG
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    Mann Robert,
    Danke für die Sorge um das Ansehen Bayers in der Presse südlich vom braunen Inn. Dem bayerischen Innenminister wirds gefallen! Der lernt gerade in Peking von den Rot-Chinesen was über Terrorbekämpfung. Es ist ja auch an der Zeit, wenn man sich die Zustände in ihrer weiß-blauen Heimat so anschaut. Der Nockherberg als Hort des internationalen Terrorismus! Robert, sie bekommen den Job als ortskundiger Führer für ein chinesisches Rollkommando zur Terrorbekämpfung mit Tibeterfahrung. Nächstes Jahr ist es soweit, beim nächsten Starkbieranstich! Das andere Team kommt nicht in Frage. Die seien mehr auf Hotelzimmer spezialisiert. Aber das haben sie ja inzwischen selbst erkannt.

  9. Nun, in wirtschaftlich schwerer werdenden Zeiten müssen nach deutschen Volksempfinden Schuldige her. Man findet sie am schnellsten gleich um die Ecke. War früher auch so! Die Herren Westerwelle und Sarrazin haben sie ausgemacht und ziehen über sie her. Der Rest klatscht Beifall, Satiriker werden mundtot gemacht, Ergebenheitsbekundungen werden abgegeben (zu DDR-Zeiten wäre weiter oben noch der Aufruf an alle gewesen, dieses Gesülze zu unterschreiben). Und wie es schon früher war, der Nährboden für Ideologie ist wieder da. Da kann sich die schwache Seele an was klammern. Ach ja, abseits will eine Frau Kraft aus NRW auch nicht stehen. Auch ihr fällt nichts mehr ein außer Dienst an der Volksgemeinschaft, wie schwach!

    Liebe Wirtschaftsliberale: Ihrer Ideologie hat bereits Millionen Arbeitsplätze in Europa gekostet. Verraten sie uns bitte, wie wir wieder Arbeitsplätze im gleichen Umfang schaffen können.

    Danke in die Runde für die interressanten Beiträge im oberen Teil. Beim Thema Arbeitshaus stockte mir allerdings der Atem. Da kamen Erinnerungen aus Kindertagen hoch. Leipzig Riebeckstraße, dort standen solche Häuser. Zeit zum nachdenken! Jugendwerkhof wäre auch noch so ein Thema.

  10. Es gab viel problematischere Passagen in der Nockherbergrede als den KZ-Vergleich – z.B. der „Gesundheits-Chinese“ oder die „Stille Hilfe für alte Kameraden“ – wo man sich wirklich fragen konnte, was das eine eigentlich mit dem anderen zu tun hat… Aber anstatt das Kind beim Namen zu nennen oder die Ansicht zu vertreten, daß die Fastenpredigt für’s harmlose „Politiker-Derblecken“ zu hart und zu scharf ausgefallen sei, zog man es vor, Lerchenberg wegen seiner KZ-Anspielung zu Fall zu bringen, wobei Frau Knobloch sicherlich nicht die treibende Kraft war, sondern nur – beabsichtigt oder nicht – die Munition dafür lieferte.

    Bemerkungen wie „Sarrazins Winterhilfswerk“ oder „neoliberale Ichlinge“ weisen darauf hin, daß es Lerchenberg nicht um einzelne Personen oder Parteien, sondern um das Anprangern einer Geisteshaltung ging. Natürlich kann man auch NS-Vergleiche hinsichtlich bestimmter Denk- und Handlungsmuster ablehnen: Es ist das gute Recht von Frau Knobloch, jeden Vergleich als Verharmlosung des Holocaust zu betrachten. Dabei kann sie jedoch nicht unreflektiert lassen, in welcher Form und mit welcher Absicht Parallelen zur NS-Zeit gezogen werden. Auch sie sollte ihre Worte abwägen und nicht mit Formulierungen wie „Schande“ und „das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern der Lächerlichkeit preisgeben“ weit über’s Ziel hinausschießen.

    In diesem Zusammenhang finde ich den Artikel von Michael Stade „Asyl: Die `Lingua Tertii Imperii'“ bedenkenswert, worin er neben der deutschen Asylpolitik auch (sehr) ausführlich auf die Legitimität von Vergleichen mit der NS-Zeit eingeht…
    http://test.hagalil.com/2009/08/26/lingua-tertii-imperii/

    Ich möchte betonen, daß ich mit einigen Ansichten Stades nicht übereinstimme, sie schlichtweg für falsch halte. Doch es ist Bestandteil der Meinungsfreiheit, auch „falsche“ Meinungen vertreten zu dürfen. Und dabei sollte das Ziehen von NS-Vergleichen – sofern sie nicht primär beleidigend oder völlig unbegründet, sondern argumentativ nachvollziehbar sind – erlaubt sein: Ihre Tabuisierung oder Kriminalisierung ist der falsche Weg – ihre Inflationierung natürlich auch, da gebe ich Volker Scheunert vollkommen recht.

  11. … „unter der Gürtellinie“ …????

    Ja, liebe Leute, man wundert sich, wo bei so manchem die Gürtellinie anfängt bzw. aufhört. Wem generell das Herz in die Hose gerutscht ist, bei dem sitzt diese Linie natürlich sehr weit oben.

    Oder mit Martin Luther – bekannt für seine deftige volksnahe Sprache ( Zitat ) : „Aus einem verzagten Arsch kommt auch kein fröhlicher Furz“ … ( Zitatende )

    …. wie es auch von einigen Kommentatoren/Innen bereits geschrieben wurde ist kaum zu unterstellen, daß Herr Lerchenberg jemanden beleidigen wollte – selbst Herrn Westerwelle nicht – und ´mal verschiedene Leute wegen ihres Verhaltens oder politischer Aussagen wachzurütteln oder gar zu warnen – das ist nur gut. Im übrigen werden die Nockherberg-Veranstalteungen eher als Nachspann zur vorangegangenen Faschingszeit empfunden, als daß sie nun besonders ernstgenommen würden. Siehe hierzu die kurzen Reportagen und Aussagen von „gescholtenen Politikern“ im Nachgang zum Auftritt des (großartigen) Bruder Barnabas ( M.L.)

  12. Nun Herr Scheunert, könnte es nicht sein, daß dieses ominöse Schrumpfen der Mittelschicht auch eine Folge von immer höheren Steuern, Abgaben und Sozialbeiträgen ist?

    Wobei die Situation der verbleibenden normalverdienenden Steuerzahler nicht einfacher wird, wenn zunehmend Gutausgebildete ihr Heil „in der Fremde“ suchen, neben Ärzten und Ingenieuren auch viele qualifizierte Facharbeiter…

    Weiter so!?

  13. Dann definieren Sie doch mal selber was spätrömische Dekandenz bedeuted!

    Das:

    „Während die unteren Schichten immer mehr verarmten und das weströmische Reich zu einem Entwicklungsland wurde, hat das Patriziertum in purem Luxus und verschwenderisch gelebt. Städte und Gebäude verfielen langsam und es gab keine neuen Bauvorhaben. Es gab Orgien, Essensschlachten und sogar im Senat Saufgelage. Der Kaiser war bloß mehr eine Marionette einiger Oligarchen und Mätressen, was niemand störte, da das Patriziertum sowieso buchstäblich in Wein badete.“

    Und? Ist das etwa die Situation von Hartz-IV-lern?

  14. Zitate aus ihrem Zusammenhang reißen und dann darüber Aufwiegeln , eine viel gepflegte Übung von Presse und Politik . Daher hier das Originalzitat und der Link zur Welt . „Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst. Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein. „ . http://www.welt.de/debatte/article6347490/An-die-deutsche-Mittelschicht-denkt-niemand.html# Wo im Text beleidigt Herr Westerwelle Hartz IVler ? Was am Text von Westerwelle rechtfertigt diesen Schmähungen Tsunami von Politikern der Linken „sozialpolitischen Brandstifter“ „zündelt so am sozialen Frieden im Land“ „beleidigt Millionen Langzeitarbeitslose“ „Esel“ diffamierer, „ perfide“ .

  15. Liebe Frau Pawlak,
    Ihrer Meinung nach ist also das neoliberale Modell sozusagen ein Naturgesetz, mit der ganz normalen Folge, dass die Mittelschicht schrumpft. OK, das kann man so sehen.
    Dann verstehe ich nicht, wieso Herr Westerwelle (und Sie offensichtlich mit ihm) den aus der Mittelschicht Abgestiegenen und denen, die sich für sie einsetzen, „spätrömische Dekadenz“ unterstellen.
    Und ausgerechnet eine Linkenfresserin wie Sie wirft mir ein „klares Feindbild“ vor.

    MfG, Volker Scheunert

  16. @willow! Wer verrenkt sich hier? Der Punkt ist: Wo wird denn in einer breiten Öffentlichkeit auch nur benannt, dass sowohl unter Hitler als auch unter Stalin, Ulbricht und Mao „Arbeitsunwillige“ (O-Ton Westerwelle) in Lager und Arbeitshäuser kamen? In der DDR wurden z.B. Punks wegen „asozialen Verhaltens“ zu Gefängnis verurteilt.

    Westerwelle, Roland Koch, Sarazin und andere haben eine öffentliche Kampagne gegen „Sozialschmarotzer“ losgetreten, die zeitweise durch entprechende Presseartikel in eine Diffamierung von Migranten umzuschlagen drohte…

    Um das zu kritisieren braucht man allerdings keine NS-Vergleiche zu bemühen:

    „Seit dem 19. Jahrhundert wurden Formen von Kleindelinquenz (wie Bettelei, Prostitution, Verletzungen der Arbeitsdisziplin) als asoziales Verhalten diskutiert und mit Strafe bedroht. Unter Beibehaltung des Sprachgebrauchs war im Recht der DDR die Definition und Behandlung des Asozialen durch eine in der protestantischen Arbeitsethik wurzelnde Mentalität geprägt. Dabei kam es weder zu einer starken Ideologisierung noch zu einer Sowjetisierung dieses Bereichs des Strafrechts. Maßgeblich waren vielmehr allgemeinere Aspekte totalitärer Herrschaftsstrukturen wie Gemeinsamkeiten der kommunistischen Planwirtschaft mit dem NS- Wirtschaftssystem. Hinzu kam die zuweilen kampagnenartige Ausweitung des Verfolgungseifers.“

    Aus: Sven Korzilius: („Asoziale“ und „Parasiten“ im Recht der SBZ/DDR. Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung

  17. Herr Volker Scheunert Herzlichen Glückwunsch für ihr klares einfaches Feindbild , den Neoliberalismus.

    Deutschland ist keine Insel . Jahrzehntelang waren wir auf vielen Feldern konkurrenzlos und konnten höchste Löhne bezahlen das ist durch die Globalisierung entgültig vorbei . In wenigen Jahren wird das ehemals kommunistische China die führende Wirtschaftsmacht werden und den alten Kontinent wirklich alt aussehen lassen . Ihr idealer Unternehmer der nicht Arbeitsplätze wegrationalisiert und Gehälter gekürzt hat der ist da schon längst pleite . Das es immer weiter runter geht sehen Sie doch gerade am Beispiel Westerwelle der sich nur traute Unangenehmes zu sagen , weil seine Partei in den Umfragen verlor . Und deshalb sind die welche jede Diskussion die ihnen nicht behagt mit lautem Geheul unterbinden , wohl am ehesten für die Zustände verantwortlich .

    Sie scheinen zu glauben, wenn man nur die Kassandrarufe der liberalen Ökonomen abstellen würde, würden auch die Zwänge des Marktes nicht mehr existieren. Der Markt wurde aber nicht von den Liberalen erfunden, sondern lediglich von ihnen entdeckt und erforscht. Adam Smith hat die Marktgesetze lediglich beschrieben wie Isaac Newton die Gesetze der Mechanik
    Der Markt kann darum auch nicht abgeschafft oder zurückgedrängt werden, wie etwa der Liberalismus als politische Weltanschauung. Selbst wenn es keinen einzigen „Neoliberalen“ mehr gäbe, sondern nur noch Sozialisten und Sozialdemokraten, so würden die Marktgesetze immer noch gelten. Wer gegen sie handeln würde, würde dennoch für dieses Tun bestraft werden.

    Michael Lerchenberg schwimmt im Fahrwasser eines linken Mainstreams der es nicht nötig hat seine Ansichten zu begründen oder ihre Gegner mit Argumenten zu wiederlegen mit geballter Medienmacht wurden und werden politische Gegner einfach Gerufmordet .
    So etikettierten linke Politiker Westterwelle „sozialpolitischen Brandstifter“ „zündelt so am sozialen Frieden im Land“ „beleidigt Millionen Langzeitarbeitslose“ „Esel“ diffamierer, „unhaltbare, perfide, . Tief sind sie gesunken die linken , mit Verleumdungen und Böswilligkeit wird Politik gemacht . Zahlreiche Anzeigen gingen gegen Sarazzin Westerwelle ein , am liebsten sollen die mit der anderen Meinung auch noch in den Knast .

  18. Interessante Verrenkungen… die Verbrechen des „real existierenden Sozialismus“ auch nur zu benennen wird regelmäßig als „Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus“ abgestraft – „Neoliberale“ als Nazis zu beschimpfen dagegen ist völlig angemessen; die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen unserer sozialen Sicherungssysteme hingegen ist ein Zeichen für den bevorstehenden erneuten Triumph des Faschismus… geht es nicht vielleicht eine Nummerkleiner!?

  19. Zu Herrn Schlickewitz/Frau Knobloch:
    Dass Lerchenberg das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern verharmlost oder „gar der Lächerlichkeit preisgegeben“ hätte, wie Sie ihm unterstellen, sehe ich nicht.
    Lerchenberg verharmlost ja gerade NICHT die Leiden der Naziopfer, sondern sieht Guido Westerwelles Gedankengut, in letzter Konsequenz, dort enden.
    Dass er damit Westerwelle eine ähnliche Menschenfeindlichkeit wie die der Nazis unterstellt, halte ich für weit übertrieben, aber im Rahmen der Satire, die ja von Übertreibungen lebt, grundsätzlich für erlaubt.
    Das Problem dabei ist, dass es seit langem zu einer wahren Inflation von Nazi-Vergleichen gekommen ist: die USA im Vietnamkrieg, die Studentenbewegung von 68, F.J. Strauß, die DDR, Meir Kahane, Saddam Hussein, Ronald Schill, Israel, die Palästinenser, Ahmadinedjad, der Islam an sich, Geerd Wilders und nun eben Westerwelle – alle sahen/sehen sich dem (natürlich schwer hinkenden) Vergleich mit Hitler und den Nazis ausgesetzt. Der brutale irakische bzw. iranische Diktator ebenso wie der deutsche bzw. der holländische Rechtspopulist, diejenigen, die Menschen mit Napalm und Agent Orange auslöschten, ebenso wie diejenigen, die dagegen protestierten. So ist der Vergleich mit den Nazis zu einer stumpfen Waffe geworden, die man, ohne nachdenken oder gar argumentieren zu müssen, bequem gegen jeden in Stellung bringt, dessen Politik einem nicht passt.
    Mein Vorschlag zur Güte (eben auch an Herrn Lerchenberg): Kann man nicht einfach nur kritisieren, was zu kritisieren ist, ohne dazu effekthascherisch den Hitler an die Wand zu malen?!
    Zu Herrn Westerwelle/Frau Pawlak:
    Schon mal darüber nachgedacht, warum die Mittelschicht so geschrumpft ist?! Das liegt nicht daran, dass sie zu hohe Steuern für das faule Hartz-IV-Volk bezahlen muss, auch nicht daran, dass viele ihr anstrengendes Mittelschichtsleben aufgeben, um sich in die bequeme Hartz-IV-Hängematte zu legen, sondern schlicht und einfach daran, dass durch das neoliberale Wirtschaftsmodell (dem besonders Herr Westerwelle und seine FDP anhängen) Arbeitsplätze wegrationalisiert und Gehälter gekürzt werden und so mancher solide Mittelschichtsangehörige schließlich bei Hartz IV landet, weil er seinem Arbeitgeber, bzw. dessen Aktionären, „zu alt“, „zu teuer“ oder beides geworden ist.
    Ach ja, auch Kritiker des Neoliberalismus werden gern in die Nazi-Ecke gestellt – und laut Götz Aly ist der deutsche Sozialstaat eine Erfindung der Nazis, und nicht etwa eine Reaktion Bismarcks auf die „sozialistischen Umtriebe“ des späten 19. Jahrhunderts!

    MfG, Volker Scheunert

  20. „Bei allem Respekt für die künstlerische Freiheit des Kabarettisten Michael Lerchenberg ist eine Grenze überschritten worden, die nicht hinnehmbar ist. Scherze, die das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern verharmlosen oder gar der Lächerlichkeit preisgeben, sind eine Schande für die ansonsten gelungene Veranstaltung.“

    Ich schließe mich diesen Worten von Frau Knobloch uneingeschränkt an.

    Auch wenn es viele von uns Deutschen am liebsten aus ihrem Bewusstsein tilgen wollten, der Holocaust ist (und bleibt!) ein trauriger und wesentlicher Bestandteil unserer Geschichte bzw. unseres kulturellen Erbes. Wir haben daher die Verpflichtung würdevoll mit diesem Erbe umzugehen und in rhetorischen Vergleichen, in der Polemik und in der sog. Kleinkunst gewisse Themen zu meiden.

    Frau Knobloch, Sie haben meinen tiefen Respekt und meine hohe Anerkennung.

    RS

  21. Es ging in der Nockherbergrede, wie von einigen Vorrednern bereits erwähnt, nicht um den Vergleich von Hartz IV-Empfängern mit KZ-Häftlingen oder von Guido Westerwelle mit einem KZ-Wächter, sondern um das Aufzeigen einer ideologischen Tradition des Umgangs mit „asozialen/ arbeitsscheuen Elementen“…

    Man mag diesen Vergleich für richtig halten oder für falsch, für zutreffend oder nicht: Aber zu behaupten, daß dadurch das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern der Lächerlichkeit preisgegeben würde, bedeutet, die Intention des Gesagten mißverstehen zu wollen.

    Nun ja, Michael Lerchenberg ist zurückgetreten und die Wiederholungssendung im Bayerischen Fernsehen war bereits zensiert – ohne die Tatsache und die Stelle kenntlich zu machen, an der zensiert wurde. Bravo, Frau Knobloch!

    P.S.: Ãœbrigens war von „neoliberalen Ichlingen“ die Rede, wenn ich richtig gehört habe.

  22. Mit großem Verwunderung, ja sogar Bestürzung, habe ich heute die Kommentare hier gelesen . Westerwelle ein fundamentalistischer Hassprediger . Wer predigt hier Hass ?
    Mit dem dritten Reich wird Westerwelle hier verglichen . Es stimmt mich nachdenklich, solche Töne gerade auf einer jüdischen Web Seite zu hören .
    Wo die Argumente fehlen da wird in die Mottenkiste der Geschichte gegriffen . Ich möchte nur daran erinnern, welches Leid der Sozialismus über die Menschen gebracht hat – ohne die Gräueltaten der Nazis zu verharmlosen . Ich möchte die Genossen hier nur daran erinnern das jedes Jahr Zehntausende bestausgebildete das Land verlassen , und eine Mauer lässt sich nicht mehr bauen .
    Westerwelle Aussage in der Welt. Das die Mittelschicht in Deutschland sei in den vergangenen zehn Jahren von zwei Dritteln der Gesellschaft auf noch etwas mehr als die Hälfte geschrumpft ist und das es nur noch Bezieher von Steuergeld zu geben scheint .
    Immer weniger Steuerzahler haben immer höhere Lasten zu tragen . Aber wie die Geier haben die Medien mit bösartigen Unterstellungen Westterwelle Dämonisiert um sich nicht mit der Sache auseinander zu setzen .
    Im übrigen kann ich mich Charlotte Knobloch nur zustimmen , deutschen Satire Sendungen sind reinste linke Propaganda Hetze .

  23. Frau Knobloch hat geäußert, was ihr in den Sinn kam.
    Dem kann man zustimmen oder auch nicht.
    Aber die Redaktion von HaGalil ist ja wohl nicht die Zensurbehörde von Zentralratsäußerungen. Wie kommt man denn darauf?
    Ich persönlich finde die Nockerbergäußerung überhaupt nicht problematisch. Frau Knobloch aber eben schon. Soll sie sich nicht äußern dürfen ?
    Blödsinn alles!

  24. ‚Um auf die anfänglichen Fragestellungen zurückzukommen: Um Argumente für die Lösung heutigergesellschaftlicher Probleme zu finden, können, ja müssen wir manchmal – auch ohne unbedingtreligiös zu sein – ganz „altmodisch“ auf historisch gewachsene ethische Begründungskonzeptezurückgreifen, um Menschenrechte, um menschengerechtere gesellschaftliche Verhältnisse für alle Bürger unseres Gemeinwesens einklagen zu können.‘

    Es ist schon seltsam, wenn wir heute den Sozialstaat mit seinen (mehr und mehr schrumpfenden) Errungenschaften nicht mehr als etwas modernes, sondern als etwas altmodisches empfinden, auf dass man sich im Rahmen historischer Werte besinnen müsse.

    Westerwelle hatt leider auf jeden Fall eines bewirkt, der Rahmen in welcher die Diskussion geführt wird, hat eine neue perfide Benchmark erhalten, welche man ja schon zuvor in den Stammtischen gehört haben mag, aber sicher nicht aus dem Mund eines Vizekanzlers. Damit steht zu befürchten, dass das Bestreben in den Köpfen übelwohllender Zeitgenossen, jene endlich ungeniert über die Kante zu stoßen, die unser Wirtschaftssystem in der permanenten Effizienzmühle ausgespuckt hat.

    Herr Lerchenberg hat ja nicht die Situation der Hartz IV Empfänger mit der von KZ-Häftlinen verglichen, sondern in überspitzter Weise dargestellt wohin diese Denke denn noch führen mag.

    Man fragt sich wirklich, was Herr Westerwelle noch so in petto hat.

    Das ist doch völlig legitim.

  25. (Ts, muss ich hier eigentlich als Goy auf hagalil Nachhilfe über jüdische Sozialethik erteilen, oder gibt es hier auch so was wie eine Redaktion?)

    Susanne Zeller. Jüdische Sozialethik:

    „Wir richten den Blick auf einen anderen Focus des Judentums. Und zwar auf einen Aspekt, den wir mit dem Begriff „universale Ethik“ umreißen könnten. Oder wie es der große Rabbiner Leo Baeckdefinierte, den „ethischen Monotheismus“, mit dem er die jüdische Religion charakterisiert hat. Oder -um es auf die Spitze zu treiben -, wie Adolf Hitler in seinen Tischreden bösartig formuliert hat, daß diejüdische Ethik, z. B. mit den 10 Geboten, bzw. das menschliche Gewissen eine rein „jüdischeErfindung“ sei und der „Luxus“ eines menschlichen Gewissens schon allein deswegen für den„arischen Herren – Menschen“ abzulehnen sei“.

    Das Recht auf Unterstützung:

    „Aus der von (Leo)Baeck angenommenen Gottesebenbürtigkeit des Menschen leiteten sich für ihn die ethische Bestimmung des MenschSeins, seine Vorstellungen von Humanität und Menschenwürde aller Menschen und der Glaube an den Menschen ab, wie auch die Tatsache, dass es „im Judentum […] keine Religiosität ohne das Soziale und kein Soziales ohne die Religiosität [gibt]“. Für ihn war Hilfe für Unterstützungs-bedürftige ein Gebot, was sowohl für den Helfenden als auch für den Unterstützten von immenser Bedeutung ist. Nicht die persönliche Einstellung des Gebenden ist
    entscheidend, sondern zedaka(h) wird bei Baeck zur religiösen Pflicht. Für den Hilfenehmenden heißt dies, dass er nicht Bittsteller (NB!) beziehungsweise Almosenempfänger ist, sondern ein Recht auf Unterstützung hat, ein Sachverhalt, der auch heute noch von hoher Relevanz ist und die Diskussionen in der Sozialen Arbeit sowie um das Stiftungswesen wesentlich stärker mit bestimmen sollte.“

    http://www.medaon.de/pdf/A-Stecklina-1-2007.pdf

    Susanne Zeller:

    „Rabbinische Auffassungen zum Problem der Armut

    Bei der Beurteilung von Notlagen muß die spezifische Einstellung der jüdischer Ethik zum Problem der Armut zur Kenntnis genommen werden. In der Hebräischen Bibel finden wir keine Stellen, indenen Armut idealisiert wird. Armut gilt – anders als dies im Christentum der Fall ist – als ein „Erzübel“. Im Babylonischen Talmud lesen wir beispielsweise: Armut „gleicht dem Tode“ und ist „schlimmer als fünfzig Plagen“. Armut bedeutet den unhaltbaren Zustand einer Erniedrigung.

    Wahrung der Selbstachtung von Hilfesuchenden als oberstes ethisches Prinzip

    Nach jüdischer Sozial-Ethik besitzt daher jeder arme oder bedürftige Mensch einen A n s p r u c h auf Leistungen durch die Gemeinschaft. Der Nehmende braucht sich demzufolge durch Spenden undimmaterielle Hilfeleistungen auch n i c h t gedemütigt zu fühlen. Nach talmudischer Vorstellung handelt es sich beim Akt der Hilfe nicht ausschließlich um ein Gefühl,welches leicht in Gefahr geraten kann, sentimental zu werden. Nur eine Hilfe, die real in die Lageversetzt, künftig von Hilfe nicht mehr abhängig zu sein, ist wirklich effektiv. (…) Jede Form von Beschämung des Hilfesuchenden mußvermieden werden. Aus diesem Grund lehnten die in der Wohlfahrtspflege tätigen Sozialreformerinnen in Deutschland mit jüdischer Herkunft auch meist die traditionellen bürgerlichen Wohltätigkeitsbazare, Tanzveranstaltungen und Armenspeisungen zugunsten Notleidender bewußt ab. Denn ihr berufsethisches Credo war nicht „Wohltätigkeit“, sondern „Gerechtigkeit“. Danach bedeutete Soziale Arbeit und soziale Verantwortung nicht die Ausübung von „Gnadenakten“, sondern stellten die Erfüllung von gesellschaftlichen „Pflichten“ dar, denen man sich nicht entziehen kann. Vergegenwärtigen wir uns dagegen aber die Behandlung Hilfsbedürftiger im christlichen Abendlandbesonders seit dem 16. Jh. mit dem Aufkommen der neuzeitlichen Arbeitsethik. Die BehandlungArmer war gekennzeichnet durch Ausgrenzung, Diskriminierung, Bettelverbote, Vertreibung, Prügelstrafe und Ausbeutung als billige Arbeitskräfte in Arbeitshäusern. Hilfsbedürftige bleiben in unserem Kulturkreis Bittsteller öffentlicher Leistungen bis weit in unser Jahrhundert hinein. InDeutschland kam es schließlich zu der inhumansten Verschärfung zwischen 1933 – 1945. Vor dem Hintergrund einer „Rassentheorie“ wird durch die NS-Fürsorge zwischen „würdigen“ Volksgenossen und „unwürdigen“, sog. „Gemeinschaftsfremden“ unterschieden. Und unter dem Euthanasieprogrammab 1939 wird sogar die physische Vernichtung der Schwächsten – der Behinderten – angeordnet undpraktiziert. (…) Zweitens: Ein weiterer Unterschied zwischen jüdischen und christlichen Fürsorgetraditionen liegt inder weniger stark ausgeprägten Verknüpfung von sozialer Verantwortung mit „Kategorien sozial r e ch t l i c h e r Verbindlichkeit“ durch das Fehlen von Rechtsansprüchen bedürftiger Menschen an dieGesellschaft. Die Verknüpfung des Gerechtigkeitsgedankens mit sozialen Maßnahmen zur Beseitigung von gesellschaftlichen Notständen kennzeichnet das rabbinische Judentum im Gegensatz zu den Kirchenvätern. (…)

    Um auf die anfänglichen Fragestellungen zurückzukommen: Um Argumente für die Lösung heutigergesellschaftlicher Probleme zu finden, können, ja müssen wir manchmal – auch ohne unbedingtreligiös zu sein – ganz „altmodisch“ auf historisch gewachsene ethische Begründungskonzeptezurückgreifen, um Menschenrechte, um menschengerechtere gesellschaftliche Verhältnisse für alle Bürger unseres Gemeinwesens einklagen zu können. Wir brauchen Argumente dafür, daß Suppenküchen und Kleiderkammern nicht die Lösung unserer sozialen Probleme sind, nicht sein dürfen. Wir können dies nicht den religiösen Gemeinschaften überlassen. Unsere Gesellschaft besitzt eine Verfassung und Sozialgesetze. Danach und nach den furchtbaren Erfahrungen unserer jüngsten deutschen Geschichte ist die Menschenwürde aller, auch der Hilfsbedürftigen, unteilbar. Es darf nicht sein, daß es Gesellschaftsmitglieder gibt, bei denen es sich noch „lohnt“, Gelder zu investieren, und andere, bei denen sich Bemühungen und finanzielle Mittel kaum noch oder gar nicht mehr „lohnen“. Unsere Geschichte hat uns schmerzhaft gezeigt, wohin solches Denken führen kann. (…)

    Die Sozialethik des Judentums mit ihrer Vorstellung von Egalität und dem Gerechtigkeitsgedanken, der Forderung der unteilbaren Menschenwürde und mit ihrer Ablehnung von Armut ist dabei eines der Basis-Fundamente unseres Kulturkreises, das Christen, Juden, Humanisten und auch Atheistenmiteinander teilen.

  26. In der Art wie der Herr Westerwelle sich ausließ kamen auch bei mir lange vor dem Nockherberg Erinnerungen an den Nazisprachgebrauch hoch.
    Wie sehr ähnelt
    Arbeit muß sich wieder lohnen,
    dem Arbeit macht frei?
    Es ist der gleiche Zynismus der vom Kapitalismus beherrschten Klasse.
    Hier wäre ein guter Ansatz für Kritik gewesen und es hätte dem ZDJ sicher nicht geschadet sich in diese Diskussion einzumischen und Er hätte Ansehen in der breiten Bevölkerung erreichen können.
    Oder vertritt der ZDJ Hotelbesitzer und schweigt deshalb ?

  27. Erhält der Mensch seine Würde durch die Schöpfung, oder aufgrund erbrachter wirtschaftlicher Leistungen?

    Lerchenberg hat nicht das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern verharmlost, sondern satirisch überspitzend Sarrazin und Westerwelles unerträgliche Angriffe gegen Hartz-IV-Empfänger mit der Ideologie gleichgesetzt, die hinter den Maßnahmen der Nazis gegen „Arbeitsscheue“ und „Asoziale“, z. B. „Aktion Arbeitsscheu Reich“, stand.

    Was ist daran falsch oder verharmlosend?

    Die Masseneinlieferung 10.000er „Arbeitsscheuer“ usw in KZs reihte sich ein in eine „Sozialpolitik“, die durch die Zerschlagung der Arbeiterbewegung, sinkende Reallöhne (Fortsetzung der Austeritätspolitik Brünings) und die Statistiken kaschierende Zwangsmaßnahmen wie „Reichsarbeitsdienst“ u.ä. gekennzeichnet war.

    Ãœbrigens hat die DDR den „Asozialenparagraphen“ der Sowjetunion der 30ger Jahre übernommen. Die Maßnahmen der DDR gegenüber sogenannten arbeitscheuen Elementen usw knüpfte, wie die entsprechende Gesetzgebung in der Frühzeit der Bundesrepublik an die NS-Gesetzgebung an. Diese wiederum schloss an die Tradition des Kaiserreichs (z. B. Arbeitshäuser) an, die auch in der „Asozialengesetzgebung“ der Weimarer Republik fortgesetzt wurde. Hintergrund ist eine lange ideologische Tradition in Deutschland (und in totalitären Regimen), die auf der Idee einer Ungleichwertigkeit von Menschen und einer Verzweckung des Menschen für ökonomische Ziele beruht. Die Würde des Menschen anhand ökonomischer Leistungen zu bewerten oder in Frage zu stellen ist mit dem Menschenbild des AT, also dem judisch-christlichen Menschenbild, auf das sich auch die katholische Soziallehre bezieht, grundsätzlich unvereinbar. Der Mensch erhält seine Würde durch die Schöpfung, nicht aufgrund erbrachter wirtschaftlicher Leistungen.

  28. Klar, hintersinnig intelligenter* wäre es die fundamentalistischen Hassprediger Sarrazin und Westerwelle mit solchen Despoten in Nah-Ost zu vergleichen, die mindestens drei mal täglich mit Hitler gleichgesetzt werden; – intelligenter – was den Anspruch an das gedankliche Schlussfolgerungsvermögen der ZuschauerInnen angeht. Andererseits ist davon auszugehen dass Charlotte Knobloch staatstragenderweise keinerlei Problem mit den neoliberalen Ausführungen Westerwelles hat. Leider.

    * http://www.youtube.com/results?search_query=Becker+Westerwelle+&search_type=&aq=f

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