Irans Bombe: Sachlich oder persönlich?

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Nadav Eyal stellt sich in M’ariw die Frage, ob denn der Umgang mit dem iranischen Atomprogramm sich wirklich nur aus der sachlichen Erkenntnis der Bedrohung von Israels Sicherheit, oder vielleicht eher von der Angst ums politische Überleben des Amtsinhabers getrieben wird…

Zuerst geht Eyal davon aus, dass Politiker zwischen ihren persönlichen Strategien und den politischen Bedürfnissen des Staates bzw. der Gesellschaft zu trennen in der Lage sind. Und tatsächlich wird man kaum einen Politiker finden, der nicht vollmundig erklären würde, dass egal ob es sich um eine Kriegserklärung oder um Friedensangebote handelt, seine Motive von breitem nationalen Interesse geprägt sind und nicht von persönlichen Vorlieben.

Wird man einen Entscheidungsträger angreifen, wird er stets behaupten er habe persönliche Überlegungen hintangestellt und die „notwendigen, wenn auch schmerzlichen, Entscheidung getroffen, im reinen Mühen um das Wohl des Staates“.

Selbstverständlich gehen wir als Israelis davon aus, so Eyal, dass existenziell bedeutsame Entscheidungen nach genauen Analysen der politischen und militärischen Interessen des Staates Israel getroffen werden – und nicht, sagen wir mal, nach dem was im politischen Überlebenskampf des einen oder anderen Würdenträgers opportun wäre. Und so stellt sich denn auch die Mehrheit der Israelis immer erstmal auf die Seite eines Führers, der eine „schwere Entscheidung“ fällen musste, egal ob es sich um einen Friedensvertrag, eine Militäraktion oder einen Krieg handelt.

Nach einiger Zeit mag sich zwar Enttäuschung einstellen, und manchmal verschwindet dann auch die Mehrheit. Oft genug müssen wir nämlich feststellen, dass die „schweren Entscheidungen“ überstürzt getroffen wurden, und so beginnen dann Zweifel. So entstehen dann auch Behauptungen wie „Olmert hat die Aktion ‚Gegossenes Blei‘ nur befohlen um seine Karriere zu retten“, oder „Bibis Anerkennen des Palästinenserstaats war nur ein politischer Trick, damit die Amerikaner endlich wieder Ruhe geben“.

Und mit welchem Thema der israelischen Politik wäre der Umgang sachlicher als mit dem des „iranischen Atomprogramms“? Von Rabin bis Netanjahu nehmen wir an, dass unsere Entscheidungsträger sich völlig sachlich mit diesem Problem auseinandersetzen, da es sich ja um eine so schwere Bedrohung handelt. Einer der Lieblinssätze der israelischen Politiker lautet, im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm gäbe es in Israel „keine Parteien und keine Politik“.

Damit haben sie – in gewissem Maße – sogar recht. Es gibt in der Tat keine Partei in Israel, noch nicht einmal unter den nicht-zionistischen Parteien, die glaubt, der Iran stelle keine Bedrohung des Staates Israel dar. Der Iran ist aber dennoch ein politisches Thema.

Es ist nämlich fraglich, ob es sich jemals ein israelischer Premier wird leisten können, vor die Nation zu treten und zu verkünden, dass der Iran über Atomwaffen verfügt. Würde er politisch überleben, wenn er die schicksalsschwere Entscheidung träfe, die Luftwaffe, trotz der Existenz der iranischen Bombe, nicht sofort aufsteigen zu lassen? Die Frage ist eine sehr schwere, und wir müssen uns mit ihr befassen. Womit nicht angedeutet werden soll, dass Israel den Iran nicht angreifen darf. Es soll nur daran erinnert werden, dass unsere Entscheidungsträger manchmal zuerst an sich selbst denken könnten. Manchmal denken sie an sich und glauben dennoch von ganzem Herzen, dass sie an den Staat denken.

Dass wir alle wollen, dass das iranische Atomprogramm verschwindet oder eingestellt wird, sollte klar sein. Und natürlich wäre es uns allen am liebsten, wenn jemand anderes die Arbeit für uns erledigt, ob durch Sanktionen oder andersartige Aktion. Trotzdem, wir müssen uns mit dem Problem befassen, dass Israel eines Tages vor einer sehr schweren Entscheidung stehen könnte. Und in diesem Moment sollten unsere Entscheidungsträger nicht in eine Situation geraten, in der sie sich wegen der öffentlichen Meinung zu einer dramatischen Entscheidung hinreißen lassen könnten. Wir müssen die Möglichkeit zur sachlichen Entscheidung offen halten. Der Premier muss genauso frei sein öffentlich die Entscheidung zum Angriff zu erklären, wie die Entscheidung nicht anzugreifen.