Juden in Deutschland

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14 Jahre sind vergangen, seitdem der ehemalige Staatspräsident Ezer Weizmann für Aufregung sorgte, als er die Juden aufrief, Deutschland zu verlassen und in ihre Heimat Israel zurückzukehren. Einen Tag vor dem internationalen Holocaust-Gedenktag empfing die jüdische Gemeinde den jetzigen Präsidenten des Staates Israels. Shimon Peres fand jedoch eine andere jüdische Gemeinde vor, eine Gemeinde mit mehr Selbstbewusstsein, die Israel als Partner betrachtet, nicht als Heimat….

Igal Avidan berichtet in M’ariw von einem neuen Selbstverständnis der Juden in Deutschland

Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, begrüßte den Präsidenten zwar in Hebräisch, sagte dann jedoch auf Deutsch, Deutschland sei keine Durchgangsstation mehr, sondern sei allmählich wieder zu einem Zuhause geworden. Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde von Berlin, der größten Deutschlands, betonte, dass die Juden keine Angst haben, in Deutschland zu leben, und dass sie von den Behörden volle Unterstützung erhalten. Israel sei ein echter Partner, jedoch ein gleichwertiger Partner, der sich nicht in ihr Privatleben einzumischen hat.

Deutschland ist ihr Zuhause, aber die jüdischen Gemeinden betonen bei jeder Gelegenheit, sie fühlten sich auch als Vertreter des Staates Israel, da sie von den meisten Deutschen sowieso als solche betrachtet werden. Sie wären auch gerne eine Brücke für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten, wenn Israel sie nur darum bitten würde. Die Solidarität mit dem Staat Israel ist jedoch kein Schutzgeld für das moralische Recht, in Deutschland zu leben. Früher schämten sich die deutschen Juden dafür, heute nicht mehr, und den meisten Israelis ist es sowieso egal.

Und dennoch, einige Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde befürchteten diese Woche, auch Präsident Peres werde sie zum Kofferpacken aufrufen. In einem Interview im Vorfeld des Besuchs sagte er, Israel sei der beste Ort für die Juden und fragte die jüdischen Gemeinden, warum sie es vorziehen, „im Schatten zu leben, anstatt in der Sonne“. Den Juden Deutschlands ist es in diesem Winter wirklich sehr kalt, sie wollen jedoch selbst entscheiden, wie viel Sonne sie brauchen. Und sie haben es überhaupt nicht gerne, wenn die Israelis sie nach der Religion ihrer Lebenspartner fragen und unbedingt herausfinden wollen, ob auch die Mutter oder nur der Vater Juden sind. In Deutschland ist das ein sehr persönliches Thema.

Im Gegensatz zu früher finden die deutschen Juden heute einen Platz in einer Vielzahl jüdischer Organisationen, von liberalen bis orthodoxen. Sie haben keine Angst, einen Davidstern zu tragen, und sie setzen sich vor allem mit ihrer jüdischen Identität auseinander, weniger mit Holocaust und Antisemitismus. Anstatt Hakenkreuze zu jagen, besuchen sie das jüdische Kulturfestival, lesen Bücher über Zionismus, zünden riesige Hanukkaleuchter am Brandenburger Tor an, gehen auf jüdische Partys und plaudern ein wenig auf Hebräisch. Sie fahren nach Tel Aviv oder Eilat, um sich in die Sonne zu legen oder Souvenirs in der Jerusalemer Altstadt zu kaufen. Manche kaufen eine Wohnung in Israel, obwohl ihre israelische Freunde es vorziehen, in Immobilien in Berlin zu investieren.

Deutschland ist vielleicht ihr Zuhause, aber mit Sicherheit nicht ihre Heimat. Fast kein Jude hier in Deutschland bezeichnet sich als Deutscher. Alle Initiativen, den Namen der Dachorganisation der Juden in Deutschland in „Zentralrat der deutschen Juden“ umzuändern, wurden rigoros zurückgewiesen. Nur wenige Juden dienen bei der Bundeswehr. Die meisten entziehen sich des Wehrdiensts oder leisten Zivildienst. Israel ist höchstens ihr Sommerwohnsitz, auch im kältesten Winter.

3 Kommentare

  1. Worum geht´s  eigentlich ???

    Deutscher zu sein ist eine Frage der Staatsangehörigkeit – nicht des Glaubens.  Jude zu sein ist eine Frage der Religion und Kultur – nicht der Staatsangehörigkeit oder des Gefühls einer ( welcher auch immer ) Volkszugehörigkeit.  Moslem zu sein ist erst auch eine Frage dr Staatsangehörigkeit wenn man sich darum bewirbt – vielleicht weil man „Deutscher“ mit entsprechendem Paß sein will.

    Weltliche Staatszu – oder Angehörigkeit ist zu unterscheiden zur geistigen Glaubens- oder Kulturangehörigkeit.

  2. „Und sie haben es überhaupt nicht gerne, wenn die Israelis sie nach der Religion ihrer Lebenspartner fragen und unbedingt herausfinden wollen, ob auch die Mutter oder nur der Vater Juden sind. In Deutschland ist das ein sehr persönliches Thema.“
    Ist das wirklich so? Worauf bezieht sich das?
    „Deutschland ist vielleicht ihr Zuhause, aber mit Sicherheit nicht ihre Heimat. Fast kein Jude hier in Deutschland bezeichnet sich als Deutscher.“
    Vielleicht bezeichnen sich die meisten in Deutschland lebenden Juden ja als Russen? 😉 Ansonsten wüsste ich nicht, was, zumindest für einen Jugendlichen, der in Deutschland geborenen oder aufgewachsenen ist, dagegen sprechen sollte, sich als Deutscher zu bezeichnen. Abgesehen davon, dass es ihm oder ihr einfach gar nicht so viel bedeutet

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