Rechtsgutachten des RaMBaM: Der Universalismus des Judentums

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Die Antwort des RaMBaM an den Proselyten Obadja…

Nach der Übersetzungvon Ismar Elbogen, Das Leben des Rabbi Mosche ben Maimon, Berlin 1935.

Du fragst, wie du es mit den Segenssprüchen und Gebeten halten sollst, wenn du allein oder in Gemeinschaft betest; ob du auch sagen dürftest: „Gott unserer Väter“…, „der Du uns geheiligt hast durch Deine Gebote und uns geboten hast, das und das zu tun“…, „der uns ausgesondert hat“…, „der uns erwählt hat“…, „der Du unsern Vätern vererbt hast“…, „der Du uns aus dem Lande Ägypten geführt hast“…, „der da Wunder an unsern Vätern getan hat“ und ähnliches mehr. Ja, du sollst das alles so sprechen, wie es vorgeschrieben ist, und auch kein Wörtchen verändern. Gleichwie der gebürtige Israelit segnet und betet, hast du zu segnen und zu beten, ob du nun allein oder in der Gemeinde betest. Alles gründet darin, daß es unser Vater Abraham gewesen ist, der das Volk belehrt, zur Erkenntnis geführt und ihm den wahren Glauben wie die Einzigkeit Gottes verkündet hat; er hat die Götzen verworfen, den Götzendienst gestürzt und viele Menschenkinder unter die Fittiche der Gottheit geführt; er hat sie belehrt und unterwiesen und hat seinen Kindern und Hausgenossen für immer anbefohlen, die Wege Gottes zu hüten.

Seit jener Zeit gilt, daß wer zum Judentum übertritt und die Einzigkeit Gottes bekennt – er selbst und sein Haus -, zu den Jüngern Abrahams gerechnet wird. Also ist unser Vater Abraham der Vater sowohl seiner leiblichen Söhne, die da rechtschaffen sind und in seinen Wegen wandeln, wie auch ein Vater seiner Jünger, und unter diesen sind die Bekehrten zu verstehen. Darum mußt du beten: „Gott und Gott unserer Väter“, denn Abraham ist dein Vater. In gleicher Weise hast du zu sagen: „der Du unsern Vätern vererbt hast“, denn Abraham wurde das Land verheißen und gegeben. Aber: „der Du uns aus Ägypten geführt hast“, oder: „der Du an unsern Vätern Wunder getan hast“ – hier darfst du, wenn du willst, den Wortlaut verändern und beten: „der Du Israel aus Ägypten geführt hast“, und: „der Du an Israel Wunder getan hast“. Willst du aber auch hier genauso beten wie wir, so ist darin gleichfalls nichts Unrechtes: seit dem Augenblick, da du dich unter die Fittiche der Gottheit geborgen und zu Gott bekannt hast, gibt es keinen Unterschied zwischen uns und dir, und alle Wunder, die uns geschehen sind, sind gleichsam auch dir geschehen. Darum mußt du auch beten: „der uns erwählt, uns zum Erbe gegeben und uns ausgesondert hat“, denn Gott hat dich ja aus den Völkern erwählt und ausgesondert und dir die Tora gegeben, welche uns und den Fremdlingen unter uns verliehen worden ist.

Wisse, daß unsere Väter, da sie aus Ägypten zogen, in ihrer großen Mehrzahl Götzendiener gewesen sind, da sie die Art und Weise des heidnischen Volkes, unter dem sie lebten, übernahmen. Danach hat Gott ihnen Moses gesandt, den Meister aller Propheten, der uns wieder ausgesondert und unter die Fittiche der Gottheit zurückgeführt hat. Dies geschah uns und allen Proselyten, und uns und allen Proselyten wurde einerlei Satzung gegeben. Verachte darum auch die hohe Abkunft nicht, deren du dich rühmen darfst; denn während wir von Abraham, Isaak und Jakob herstammen, gehst du unmittelbar zurück auf den, der da „Werde!“ sprach, und die Welt entstand auf sein Wort.